Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220488/2/Ga/La

Linz, 19.04.1994

VwSen-220488/2/Ga/La Linz, am 19. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des R B in O , T , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11. Februar 1993, Zl.

Ge96-1427-1992/Ju, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z1 und Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 schuldig gesprochen.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber habe im Standort O , T , H -Garten, laut seiner Getränkesteuererklärung vom 10. Juli 1992 das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar zumindest vom 10. Juli 1992 bis 12. Jänner 1993 auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt, ohne jedoch im Besitz einer Konzession zur Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes (gewesen) zu sein.

Deswegen wurde über den Berufungswerber gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen wendet der Berufungswerber ein, daß die Strafbehörde die unternehmerische Ausübung des Gastgewerbes durch ihn zu Unrecht angenommen habe; gestützt auf den Vorwurf der unrichtigen Beweiswürdigung begehrt er die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Die ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung ist zulässig.

2. Zugleich mit dieser Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde den Strafakt zu Zl. Ge96-1427-1992 vorgelegt. Das daraus ersichtliche, gegen den Berufungswerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Oktober 1992 eingeleitete und mit dem bekämpften Straferkenntnis schließlich abgeschlossene Strafverfahren ist - unbeschadet des Berufungsvorbringens - aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat (auch) obliegenden Gesetzmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

3.1. § 366 Abs.1 Einleitung und Z2 GewO 1973 (in der jedenfalls auch zur Zeit der Fällung des Straferkenntnisses geltenden Fassung) qualifiziert die konzessionslose Ausübung eines konzessionierten Gewerbes (§ 5 Z2 GewO 1973) als - mit Geldstrafe bis zu 50.000 S bedrohte Verwaltungsübertretung.

Verbotsnorm ist hier der verwiesene § 5 Z2 GewO 1973, der per definitionem festlegt, daß konzessionierte Gewerbe erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden dürfen. Die Ausübung des Gewerbes ist somit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal. Unter Ausübung wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden.

Gemäß § 189 Abs.1 GewO 1973 unterliegen der Konzessionspflicht (u.a.) nach Z3 dieser Bestimmung "der Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen" und nach Z4 dieser Bestimmung "der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen". Gemäß § 189 Abs.2 GewO 1973 ist unter Ausschank jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, daß die Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist (hier:

sechs Monate) von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) vorgenommen worden ist.

Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung, u.zw. auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

3.2. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. zB die VwGH-Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19.10.1978, Slg. NF 9664/A, und vom 19.9.1984, Slg. NF 11525/A, sowie die Erkenntnisse vom 16.1.1984, Zl. 10/2883/80 = ZfVB 1984/5/3055, und vom 9.7.1992, Zl. 92/10/0004; zB Erk. UVS vom 27.9.1993, VwSen-220243).

Im Berufungsfall wurden zwei behördliche Akte gesetzt, die als Verfolgungshandlungen in Betracht kommen, nämlich die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Oktober 1992 (abgesendet am 12. Oktober 1992) und das Straferkenntnis vom 11. Februar 1993 (abgesendet am 12. Februar 1993).

Der iSd § 44a Z1 VStG maßgebliche Wortlaut der ersten Verfolgungshandlung lautet:

"Sie üben im Standort O , T , H -Garten, laut Ihrer Getränkesteuererklärung vom 10.7.1992 das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar auf eigene Rechnung und Gefahr aus, ohne jedoch im Besitz einer Konzession zur Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes zu sein." Demgegenüber lautet der Schuldspruch (§ 44a Z1 VStG) des Straferkenntnisses wie folgt:

"Sie übten im Standort O , T , H -Garten, laut Ihrer Getränkesteuererklärung vom 10.7.1992 das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar zumindest vom 10.7.1992 bis 12.1.1993 auf eigene Rechnung und Gefahr aus, ohne jedoch im Besitz einer Konzession zur Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes zu sein." Aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, daß die erste Verfolgungshandlung eine nicht hinreichend konkretisierte Tat vorgeworfen hat. Der Wortfolge: "laut Ihrer Getränkesteuererklärung vom 10.7.1992" ist kein anderer Inhalt beizumessen, als daß ein bestimmtes Beweismittel näher determiniert wird, nämlich eben diese Getränkesteuererklärung durch Angabe ihres Ausstellungsdatums. Zumindest der Tatzeitbeginn jedoch, somit die Angabe des exakten, kalendermäßig bestimmten Datums, von dem weg (mit der ersten Einzelhandlung) die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes begonnen haben soll, ist damit gerade nicht dargetan.

Daß die belangte Behörde den Konkretisierungsmangel offenbar erkannt hatte, kann aus der Formulierung des Schuldspruchs des Straferkenntnisses vermutet werden, indem dort der Beginn der Tatzeit mit der Wendung: "zumindest vom 10.7.1992" ausdrücklich eingefügt wurde.

3.3. Indem nun - es handelt sich um ein fortgesetztes Delikt - die belangte Behörde dadurch, daß im Schuldspruch die Tatzeit durch die Angabe eines bestimmten Zeitraumes konkretisiert worden ist, Beginn und Ende des von ihr ersichtlich angenommenen Fortsetzungszusammenhanges festgelegt hat, hat sie zugleich auch die Zeitpunkte des ersten und des letzten Begehungsaktes der zu einer Deliktseinheit verbundenen, offenbar unterstellten Vielzahl von Einzeltathandlungen bestimmt. Damit ist für den unabhängigen Verwaltungssenat die "Sache" iSd § 66 Abs.4 (iVm § 24 VStG) vorgegeben (s. VwSlg. 10.186 A/1980), die sich jedoch für den Berufungswerber - im Vergleich mit der (unbestimmt gebliebenen) Tatanlastung der ersten Verfolgungshandlung - als erstmals konkret belastender Tatvorwurf darstellt.

Damit aber hat die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.

Oktober 1992 als erste Verfolgungshandlung wesentliche, der Bestrafung zugrundeliegende Sachverhaltselemente nicht enthalten gehabt. Das Straferkenntnis mit diesem Inhalt hätte nicht mehr erlassen werden dürfen, weil zum Erlassungszeitpunkt der Bestrafung des Berufungswerbers bereits Verfolgungsverjährung entgegengestanden ist.

3.4. Eine Berichtigung des Schuldspruchs dahin, daß der Beginn des Tatzeitraumes mit der Wendung: "seit Mai 1992" (siehe unten P. 5.) festgesetzt wird, ist dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, weil dies ein die Sachbindung verletzender Vorwurf einer anderen Tat wäre.

4. Im Ergebnis war aus Anlaß der Berufung das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen. Inhaltlich war über die Berufung nicht mehr zu entscheiden.

5. Zu dem dem Schuldspruch des Straferkenntnisses vom 11.

Februar 1993 zugrundegelegt gewesenen maßgebenden Sachverhalt wird jedoch noch bemerkt:

Wenngleich in der Begründung des Straferkenntnisses zutreffend dargelegt ist, daß im Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes - wie hier - die Gewerbeausübung nicht der Gesellschaft, sondern nur unmittelbar ihren Mitgliedern zugerechnet werden muß, von denen jedes einer eigenen Gewerbeberechtigung bedarf, bleibt für den Übertretungsfall wesentliche Voraussetzung der Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes, daß der betreffende Gesellschafter das Gewerbe tatsächlich ausgeübt hat und ihm diese Gewerbeausübung auch nachgewiesen werden konnte. Hiefür jedoch vermögen ausgefüllte Formulare über eine Steueranmeldung gemäß § 8 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes nur mehr oder minder taugliche Indizien bieten. Dabei ist beachtlich, daß der Unternehmerbegriff in der Finanzverwaltung mit jenem nach der Gewerbeordnung nicht von vornherein kompatibel ist. Der gewerbliche Unternehmerbegriff stellt auf den das Gewerbe Ausübenden ab. Für die Ausübung des Gewerbes, im besonderen hier des Gastgewerbes, sind die oben (P. 3.1.) dargestellten Kriterien maßgeblich.

Aus der mit einem bestimmten Datum erfolgten Ausstellung einer Getränkesteuer-Anmeldung allein kann daher noch nicht mit Sicherheit auf die tatbildliche Ausübung des Gastgewerbes geschlossen werden. Hinweise auf die Ausübung des Gastgewerbes ergeben sich vielmehr daraus, daß mit der Steueranmeldung der steuerpflichtige Betrieb selber angibt, in einem bestimmten Monat Entgelte aus dem Verkauf von (alkoholischen und nichtalkoholischen) Getränken in bestimmter Höhe erzielt zu haben. Bezogen auf die für den Schuldspruch herangezogene Steueranmeldung vom 10. Juli 1992 bedeutet dies, daß daraus auf den (ganzen) Monat Mai 1992 als Tatzeit hätte geschlossen werden können. Die Schlußziehung hingegen auf die dann auch vorgeworfene Tatzeit "10.7.1992" war unbegründet, weil die bloße (an diesem Tag vorgenommene) Ausfüllung der Steueranmeldung für sich noch keine gewerblich- unternehmerische Handlung im Sinne des gesetzlichen Tatbildes (wie oben aufgezeigt) ist.

Irgendwelche konkreten Ausübungstätigkeiten mit Inhalten iSd § 189 Abs.1 Z3 und Z4 GewO 1973 sind aktenkundig jedoch weder für eine Tatzeit "10.7.1992" noch eine andere Tatzeit ermittelt worden.

Aber auch das im Schuldspruch angegebene Ende des Tatzeitraumes mit "12.1.1993" ist aus dem vorgelegten Strafakt nicht nachvollziehbar. Zwar wird in der Begründung des Straferkenntnisses hiezu ausgeführt, daß sich dieser Zeitpunkt (als angenommener letzter Tag der unbefugten Gewerbeausübung) aus der "entsprechenden" Eingabe des Berufungswerbers ergäbe. Aus der verwiesenen und im Akt einliegenden, "entsprechenden" Eingabe des Berufungswerbers vom 12. Jänner 1993 ergibt sich aber diesbezüglich nämlich: selbstbekennende oder sonst eindeutige und schlüssige Hinweise auf die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes bis zu diesem Zeitpunkt - nichts.

Die daraus insgesamt abzuleitenden Feststellungsmängel hätten in diesem Fall auch in einem Beweisverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr behoben werden können.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist bundesgesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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