Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220508/2/Schi/Shn

Linz, 01.07.1993

VwSen - 220508/2/Schi/Shn Linz, am 1. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Christian Schieferer über die Berufung des Dr. R, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt (Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), vom 10. Dezember 1992, GZ 100-1/16, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I.: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 73a iVm § 368 Z17 GewO 1973.

II.: Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis vom 12. Dezember 1992 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 73a iVm § 368 Z17 GewO 1973 verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H-Märkte in den Standorten Linz, H zu verantworten hat, daß in diesen Betriebsstätten keine Waagen zur Verfügung stehen, die es dem Käufer ermöglichen, die Masse der von ihm gekauften Ware nachzuprüfen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, eingebracht; die belangte Behörde hat diese Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Nach § 44 Abs.1 Z1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, daß einerseits die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und daß andererseits die Identität der Tat - insbesondere nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht (vgl zB VwSlg 11.466 A/1984). Diesem Gebot ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntisses zum einen die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch zum anderen geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl zB VwSlg 11.894 A/1985).

3.2. Im vorliegenden Fall enthält der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses - wie oben unter Punkt 1. angeführt - überhaupt kein zeitliches Element hinsichtlich des Tatvorwurfes.

Weiters ist zu bemerken, daß es sich bei den in Rede stehenden Anforderungen um Sprucherfordernisse handelt, es daher gleichgültig ist, ob sich die Behörde und Beschuldigter im Verfahren über Tat und Zeit "einig" waren (es könnte ja auch ein Irrtum auf beiden Seiten vorliegen) bzw daß sich der ausreichende Konkretisierungsgrad eventuell aus der Begründung ergibt (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S 940 m.w.N.), was im vorliegenden Fall freilich ohnehin nicht der Fall ist. Umso weniger kann daher berücksichtigt werden, daß in den im Akt befindlichen Anzeigen der Arbeiterkammer eine ausreichende zeitliche Konkretisierung (je nach Filiale: 15. Oktober 1992 oder 16. Oktober 1992) vorgenommen wurde.

3.3. Eine "Richtigstellung des Abspruches" iS der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 25.9.1992, 92/09/0178) kommt im vorliegenden Fall mangels Offenheit der Verfolgungsverjährungsfrist bzw einer ausreichend konkretisierten Verfolgungshandlung während dieser - nicht in Betracht.

3.4. Der Vollständigkeit halber muß darauf hingewiesen werden, daß das angefochtene Straferkenntnis - selbst wenn es die genauen Tatzeitpunkte enthalten hätte - aus folgendem Grund wegen Rechtswidrigkeit hätte aufgehoben werden müssen: § 73a GewO 1973 idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, lautet: Gewerbetreibende, die Waren zum Verkauf feilhalten, deren Preis nach der Masse berechnet wird, oder die Waren zur Entnahme durch den Käufer feilhalten und hiefür eine bestimmte Masse angeben, müssen über eine geeignete Waage verfügen, die es dem Käufer ermöglicht, die Masse der von ihm gekauften Waren nachprüfen zu lassen.

Aus dieser Formulierung geht hervor, daß der Berufungswerber lediglich über eine geeignete Waage verfügen muß; dies hat er aber immer behauptet bzw sogar nachgewiesen. Dem Berufungswerber wäre somit ein Verhalten als strafbar vorgeworfen worden, das zum Tatzeitpunkt überhaupt nicht strafbar war. Erst mit der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr.29/1993, die in ihren wesentlichen Teilen erst am 1. Juli 1993 in Kraft getreten ist, wäre das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten strafbar, weil § 73a GewO 1973 - eben gerade wegen derartiger Unzukömmlichkeiten, daß sich die Waage nicht im Verkaufsraum befindet - ausdrücklich auf die Verkaufsstelle bezug nimmt.

4. Es war daher aus den dargelegten Gründen der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, ohne daß auf das weitere Berufungsvorbringen einzugehen war.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß den §§ 65 und 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer 6

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