Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220537/9/Kon/Fb

Linz, 17.08.1994

VwSen-220537/9/Kon/Fb Linz, am 17. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der C.J., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K.L., E., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G. vom 18. Februar 1993, Ge.., wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum a) (Übertretung des § 9 AZG) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß es die Beschuldigte zu verantworten hat, daß die von ihr gemäß § 9 Abs.1 VStG nach außen vertretene und im erstbehördlichen Spruch angeführte Kommanditgesellschaft den Arbeitnehmer J.L. am 21.1.1992 11 Stunden und am 23.1.1992 12 Stunden beschäftigt hat, obwohl gemäß § 9 AZG die Arbeitszeit 10 Stunden täglich nicht überschreiten darf.

II. Hinsichtlich Faktum b) (Übertretung gemäß § 26 Abs.1 AZG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

III. Zufolge Spruchabschnitt II (Faktum a) hat die Beschuldigte 20 % der gegen sie verhängten Geldstrafe, ds 100 S, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Hinsichtlich Faktum b) (Spruchabschnitt II) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 9 AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 473/1992; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z1 (erster Fall) VStG.

zu III.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. und II.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigten unter Faktum a) zur Last gelegt, es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der "J.-MontagegesmbH", mit dem Sitz in A., welche persönlich haftende Gesellschafterin der "J. KG" mit dem Sitz in A. ist, zu verantworten zu haben, daß diese Kommanditgesellschaft den Arbeitnehmer J.L. am 21.1.1992 11 Stunden und am 23.1.1992 12 Stunden, sohin an diesen Tagen jeweils länger als 10 Stunden beschäftigt hat, wodurch sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 AZG begangen hat.

Unter Faktum b) wurde der Beschuldigten in ihrer obzitierten Eigenschaft zur Last gelegt, zumindest am 2.4.1992 keine Aufzeichnungen über die von den Arbeitnehmern H.

K., P.G., J.S. und P.S. in den Monaten 1991 bis Februar 1992 geleisteten Arbeitsstunden geführt zu haben.

Über die Beschuldigte wurden gemäß §§ 9 und 26 Abs.1 AZG jeweils Geldstrafen in der Höhe von 500 S verhängt. Insgesamt wurde der Beschuldigten ein Gesamtstrafbetrag von 1.000 S vorgeschrieben. Weiters wurde die Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, insgesamt 100 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Begründend führt die Erstbehörde aus, daß aufgrund der vom Landesarbeitsamt Oberösterreich getätigten Feststellungen und des Umstandes, daß sich die Beschuldigte nicht gerechtfertigt habe, die ihr angelasteten Taten als erwiesen anzusehen seien. Bei der Bemessung der Geldstrafe sei von einem monatlichen Einkommen von 20.000 S ausgegangen worden. Die in dieser Höhe verhängten Geldstrafen entsprächen dem Schuldund Unrechtsgehalt der ihr angelasteten Tat.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Zu Faktum a) (Überschreitung der gemäß § 9 höchstzulässigen Tagesarbeitszeit):

Sie habe die geringfügigen Überschreitungen der täglichen Arbeitszeit durch J.L. weder angeordnet, noch von dieser Überschreitung Kenntnis erlangt. Erst durch die Übermittlung des Stundenberichtes, der ihr nach Ablauf der Arbeitswoche, also erst im nachhinein übermittelt worden sei, habe sie von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung könne ihr daher nicht zugerechnet werden. Vorsätzliches Handeln sei ihr von vornherein nicht vorgeworfen worden; fahrlässig habe sie jedoch nicht gehandelt.

Zu Faktum b) (Nichtführen von Arbeitszeitaufzeichnungen gemäß § 26 Abs.1 AZG):

Unter Bezugnahme auf den Tatvorwurf laut Spruch bringt die Beschuldigte vor, daß am 2.4.1992 keine Verpflichtung bestand, Aufzeichnungen über die geleistete Arbeitsstunden von Arbeitnehmern in vorangegangenen Monaten zu führen, sondern bestand allenfalls an diesem Tag die Pflicht, die am 2.4.1992 geleisteten Arbeitsstunden aufzuzeichnen. Dies wäre allerdings nicht Verfahrensgegenstand. Zum anderen bestimmt § 26 Abs.2 AZG, daß die Arbeitgeber dem Organ der Arbeitsinspektion die erforderlichen Auskünfte erteilen und auf Verlangen Einsicht über die Aufzeichnung über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben haben. Die Organe des Landesarbeitsamtes Oberösterreich, die dies von ihr verlangt hätten, gehörten aber nicht zum Kreis der hiezu ermächtigten. Es hätte also gegenüber dem Landesarbeitsamt Oberösterreich keine Auskunftspflicht iSd § 26 Abs.2 AZG bestanden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu Faktum a):

Die Beschuldigte ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen des AZG, sohin auch die des § 9 über die höchstzulässige Tagesarbeitszeit zwingendes Recht sind und selbst mit Einverständnis des Arbeitnehmers oder sogar auf dessen Wunsch nicht in der Weise abgeändert werden können, daß das Ausmaß der nach dem Gesetz höchstzulässigen Arbeitszeit überschritten werden kann. Den Arbeitnehmer trifft dabei die Pflicht, die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AZG vorzunehmen. Dieser Überwachungspflicht des Arbeitgebers ist aber durch die bloße Erteilung der Weisung an die Arbeitnehmer, die Bestimmungen des AZG einzuhalten, nicht Genüge getan. Ebensowenig reicht eine nur stichprobenartige Kontrolle aus, den Arbeitgeber in bezug auf seine Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Arbeitszeit zu entlasten, sondern es muß auch eine wirksame Kontrolle betreffend die Beachtung der von ihm erteilten Weisungen erfolgen. Der Arbeitgeber ist darüber hinaus noch gehalten, alle sonstigen, im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es beispielsweise gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz der Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen.

Aufzuzeigen ist, daß, untermauert durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 21.11.1984, 82/11/0091) der Arbeitgeber selbst dann strafbar ist, wenn Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen ohne sein Wissen und seinen Willen begangen wurden, es sei denn, er hat solche Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften haben erwarten lassen.

Das Vorbringen der Beschuldigten in ihrer Berufung vermag daher nicht die objektive Tatseite der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung zu beseitigen. Ebensowenig vermochte die Beschuldigte anhand ihrer Berufungsausführungen - was gemäß § 5 Abs.1 VStG ihr oblegen gewesen wäre - glaubhaft darzulegen, daß sie kein Verschulden an der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung trifft.

Zur Strafhöhe:

In Anbetracht des Strafrahmens gemäß § 28 Abs.1 AZG, der Geldstrafen von 300 S bis 6.000 S oder Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen vorsieht, ist die mit 500 S bemessene Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und nähert sich der gesetzlich nicht unterschreitbaren Mindeststrafe. Bemerkt wird, daß auch die Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden die diesbezügliche Strafuntergrenze darstellt. In diesem Ausmaß entspricht die Strafe voll dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und ist keinesfalls als überhöht anzusehen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe oder gar ein Absehen von dieser, wäre im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm, der im wesentlichen im gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer in bezug auf dessen Gefährdung durch überlange Arbeitszeiten dient, nicht vertretbar gewesen.

Aus den dargelegten Gründen war bezüglich Faktum a) der Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Faktum b):

Die Berufungswerberin wendet zutreffend ein, daß die den Arbeitnehmer treffende Verpflichtung gemäß § 26 Abs.2 AZG nur gegenüber Organen der Arbeitsinspektion besteht. Dies hat zur Folge, daß Übertretungen gemäß § 26 Abs.1 leg.cit.

letztlich nur durch Wahrnehmungen aufgrund von Kontrollen der Arbeitsinspektionsorgane stichhältig unter Beweis gestellt werden können. Keinesfalls kann der Beweis für diese Übertretung schon darin gesehen werden, daß sich die Beschuldigte im erstbehördlichen Verfahren zu diesem Tatvorwurf nicht gerechtfertigt hat. Unabhängig davon hat der unabhängige Verwaltungssenat die Beschuldigte mit Schreiben vom 30. Juni 1994, VwSen-220537/7/Kon, eingeladen, innerhalb festgesetzter Frist die gegenständlichen Arbeitsaufzeichnungen vorzulegen. Dieser Einladung hat die Beschuldigte nicht Folge geleistet. Allerdings kann auch aus diesem Verhalten nicht zwingend der Schluß gezogen werden, sie habe keine Aufzeichnungen geführt. Dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz war es mangels entsprechender Erhebungsergebnisse des Arbeitsinspektorates nicht möglich, den Beweis für die objektive Tatbestandsmäßigkeit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zu erbringen, weshalb diesbezüglich das Verfahren, mit der Feststellung, daß die der Beschuldigten angelastete Tat nicht erwiesen werden kann, einzustellen.

zu III.:

Der Kostenspruch ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum