Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220541/2/Ga/La

Linz, 24.05.1993

VwSen - 220541/2/Ga/La Linz, am 24. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Ing. H, gegen das wegen Übertretung des Bundesstatistikgesetzes 1965 erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 31. März 1993, Zl. Ge96/25/1993-3/93/H, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und die Geldstrafe auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 100 S, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 und § 55 Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 8 des Bundesstatistikgesetzes 1965 iVm § 8 lit.b der Verordnung BGBl.Nr. 58/1977 (richtig wohl: BGBl.Nr. 406/1969) schuldig erkannt, weil er es in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 30. September 1992 verabsäumt habe, den durch diese Verordnung vorgeschriebenen Jahresbericht 1991 für seinen Gewerbebetrieb im Standort G, an das Österreichische Statistische Zentralamt zu erstatten; deswegen wurde über ihn gemäß § 11 des Bundesstatistikgesetzes 1965 eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 300 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde durch Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2.1. Begründend stützt die Strafbehörde ihren Tatvorwurf auf die im Akt einliegende Anzeige des Österreichischen Statistischen Zentralamtes vom 26. Februar 1993 und rechtfertigt die Höhe der verhängten Geldstrafe damit, daß erschwerend zu bewerten gewesen sei, daß der Beschuldigte seit 1989 insgesamt schon vier Mal wegen Übertretungen des Bundesstatistikgesetzes bestraft worden sei.

2.2. Der Berufungswerber wendet unter Hinweis auf seine Einkommens- und Familienverhältnisse dagegen ein, daß ihm die Strafe "stark überhöht" erscheint und beantragt ihre Herabsetzung.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c VStG durch (nur) eines seiner Mitglieder; er hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde zu Zl. Ge96/25/1993-3/93/H, erwogen.

4.1. Der Berufungswerber bestreitet mit seinem Vorbringen weder die ihm angelastete Gesetzesübertretung, noch behauptet er seine Schuldlosigkeit. Er wendet sich allein gegen die Schwere der Strafwürdigkeit seiner Unterlassung, wie sie in der Höhe der verhängten Geldstrafe zum Ausdruck kommt. Weil die Berufung sich somit nur gegen die Strafhöhe richtet, ist das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden. Die gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) für den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorliegende "Sache" ist nur die Höhe der verhängten Geldstrafe bzw. ob die belangte Behörde bei der Bemessung der Strafe rechtmäßig vorgegangen ist. Die Berufung ist begründet.

4.2. Der Strafbehörde obliegt es, auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört stets die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2.1. Tatsächlich hat die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat nicht bewertet. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß die hier anzuwendende Strafdrohung dem Schutz folgender Interessen dient: Schutz des öffentlichen Interesses an der Gewinnung von statistischen Kenndaten in solcher Qualität und Quantität und so rechtzeitig, daß - darauf gestützt - die amtliche Statistik der Verwaltung und ihren Organen die erforderlichen Grundlagen für die Besorgung von Staatsaufgaben in gesetzlich vorgesehenem Umfang/vorgesehener Weise anbieten kann. Diese Interessen hält der unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsfall für verletzt, wobei der Unrechtsgehalt der Tat durch die nicht bloß kurzfristige Dauer des deliktischen Verhaltens (immerhin sieben Monate) nicht als vernachlässigbare Größe einzustufen ist. Sonst nachteilige Folgen aus der Tat sind nicht bekannt geworden.

4.2.2. Hinsichtlich des dem Berufungswerber vorgeworfenen Ausmaßes seines Verschuldens (nämlich: schlichte Sorgfaltsverletzung) gibt das bekämpfte Straferkenntnis hinreichend Auskunft.

4.3. Dennoch erweist sich die Geldstrafe in der verhängten Höhe als nicht gerechtfertigt. Die belangte Behörde hat nämlich auf der subjektiven Tatseite keinen Milderungsgrund, hingegen ausdrücklich als erschwerend vier einschlägige Vorstrafen berücksichtigt. Die das Verschulden erschwerende Wertung vier einschlägiger Vorstrafen kann jedoch aus der Aktenlage nicht begründet werden. Aus keiner Urkunde des vorgelegten Strafaktes der belangten Behörde geht hervor, daß und welche Verwaltungsvorstrafen gegen den Berufungswerber verhängt worden sind. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß er grundsätzlich von der Vollständigkeit der einer Berufungsvorlage angeschlossenen Strafakten ausgeht. Der unterbliebene Nachweis der vier einschlägigen Verwaltungsvorstrafen ist rechtlich wie folgt zu werten: Dürfen gemäß § 55 Abs. 2 VStG getilgte Verwaltungsstrafen nicht bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigt werden, gilt dies umso mehr, wenn schon die Verhängung der Verwaltungsstrafen nicht nachgewiesen ist.

Im Ergebnis ist die Berücksichtigung nicht nachgewiesener Vorstrafen als Erschwerungsgrund ein inhaltlicher Mangel der Strafbemessung, der im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Herabsetzung der verhängten Geldstrafe führen muß.

4.4. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Berufungswerber mit seinem Einwand gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe im Recht ist. Eine im Einklang mit den objektiven und subjektiven Kriterien des § 19 VStG stehende Strafbemessung rechtfertigt - wegen des Wegfalls des Erschwerungsgrundes auf der einen Seite und des Hinzukommens des Milderungsgrundes der absoluten und relativen Unbescholtenheit des Berufungswerbers auf der anderen Seite - die Herabsetzung der Geldstrafe auf das im Spruch dieses Erkenntnisses festgesetzte Ausmaß.

5. Die nunmehr - ohne daß gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen wäre - verhängte Strafe erfüllt die Strafzwecke, wobei auch generalpräventive Gesichtspunkte nicht außer Acht gelassen werden dürfen; die Bezahlung der Strafe ist dem Berufungswerber im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse und seine in der Berufungsbegründung geltend gemachten persönlichen Verhältnisse (entgegen der Annahme der belangten Behörde im bekämpften Straferkenntnis besteht Sorgepflicht für die Ehefrau) zumutbar.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war deswegen herabzusetzen, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun geminderten Geldstrafe zu wahren.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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