Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220545/2/Ga/Hm

Linz, 30.04.1993

VwSen - 220545/2/Ga/Hm Linz, am 30. April 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J, gegen das wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 (KJBG) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. März 1993, Zl. Ge-96/54/1991/B, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird - in allen fünf Tatvorwürfen behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis dem Berufungswerber die Übertretung 1.) des § 11 Abs.1 KJGB, 2.) des § 11 Abs.1 KJBG, 3.) des § 14 Abs.2 KJBG, 4.) des § 16 KJBG und 5.) des § 17 Abs.1 KJBG vorgeworfen, weil er, wie anläßlich einer am 23. Jänner 1991 von einem Arbeitsinspektor vorgenommenen Überprüfung in seinem Platten- und Fliesenlegerbetrieb in P festgestellt werden konnte, seinen am 14. Juni 1973 geborenen - namentlich genannten - jugendlichen Arbeitnehmer mehrfach entgegen den Bestimmungen des KJBG beschäftigt habe; deswegen wurden über ihn Geldstrafen von 1.) 5.000 S, 2.) 5.000 S, 3.) 3.000 S, 4.) 2.000 S und 5.) 3.000 S (jeweils ausgemessen: Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens von 1.) bis 5.) je 10 v.H. der verhängten Strafen, das sind zusammengezählt 1.800 S, zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch Schriftsatz bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. Begründend hält die Strafbehörde nach ausführlicher Darstellung des von ihr ermittelten Sachverhalts und der für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (insbesondere jener, die sie veranlaßt haben, den vernommenen Belastungszeugen mehr Glaubwürdigkeit zuzumessen als den Angaben des Beschuldigten selbst und des von ihm namhaft gemachten Entlastungszeugen) die angelasteten Straftatbestände für erfüllt; daß und warum die Strafbehörde ein Verschulden des Berufungswerbers annimmt, kann der Begründung nicht entnommen werden.

2.2. Dem hält der Berufungswerber den in seiner Rechtsmittelschrift näher ausgeführten Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der zu hohen Bestrafung entgegen; er beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben, das Verfahren einzustellen und in eventu die verhängten Geldstrafen schuldangemessen herabzusetzen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Er ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig.

Die Berufung ist zulässig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge96/54/1991/Um. Schon daraus war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. § 31 Abs.1 VStG bestimmt, daß die Verfolgung einer Person dann unzulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. § 31 Abs.2 VStG bestimmt, auch für den vorliegenden Fall maßgebend, die Verjährungsfrist mit sechs Monaten; die Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist.

5.2. Die vom Standort-Arbeitsinspektorat im März 1991 mit Strafantrag an die belangte Behörde angezeigten Übertretungen des KJBG veranlaßten diese, den Berufungswerber mit Schriftsatz vom 23. Juli 1991 unter gleichzeitiger Anlastung der angezeigten Verwaltungsübertretungen zur Rechtfertigung aufzufordern.

Mit gleichem Datum wurde diese im Akt nachweisbare, erste Verfolgungshandlung (im Sinne des § 32 VStG) an den Berufungswerber abgesendet.

5.3. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß die dem Berufungswerber vorgeworfenen Gesetzesübertretungen von der belangten Behörde als Fortsetzungsdelikte qualifiziert worden sind. Unter Zugrundelegung dieses Deliktstypus' ist als jeweils maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist festzuhalten: Zu 1.) der 29. November 1990; zu 2.) das Ende der 47. Kalenderwoche 1990, das ist (werkstägig gerechnet) der 24. November 1990; 3.) das im Akt nachweisbare letzte Abrechnungsdatum, nämlich der 30. November 1990, für die (vorgeworfene) Nichtauszahlung des Zuschlags zur Lehrlingsentschädigung für die gemäß Punkt 2.) erfassten Zeiträume; 4.) der 21. November 1990 und 5.) der 14. November 1990.

5.4. In allen diesen Fällen, deren Tatvorwürfe somit jeweils den Zeitpunkt enthielten, an dem - aus dem Blickwinkel eines fortgesetzten Delikts - die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden war, ist eine (erste) Verfolgungshandlung, und zwar jene vom 23. Juli 1991, erst nach Eintritt der Verfolgungsverjährung erfolgt.

5.5. Der Akteninhalt deutet darauf hin, daß die belangte Behörde einheitlich für alle fünf Tatvorwürfe von der Tatzeit '23. Jänner 1991' ausgegangen ist und daß somit eine am 23. Juli 1991 abgesendete Aufforderung zur Rechtfertigung gerade noch am letzten Tag der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt wäre. Am 23. Jänner 1991 jedoch erfolgte (nur) die Überprüfung des Betriebes des Berufungswerbers durch das zuständige Arbeitsinspektorat. Im Zuge dieser Überprüfung wurden dann die in der Folge angezeigten Gesetzesübertretungen mit den jeweils unterschiedlichen in den Tatvorwürfen auch korrekt festgehaltenen, Tatzeitpunkten (s. vorhin P. 5.3.) festgestellt. Das Datum 23. Jänner 1991 ist somit für die Frage der Rechtzeitigkeit der Strafverfolgung bzw die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ohne Belang.

5.6. Im Ergebnis waren alle fünf angelasteten Verwaltungsübertretungen zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses (1. April 1993) schon verfolgungsverjährt.

6. Deshalb war das Straferkenntnis - weil die Verfolgungsverjährung von Amts wegen wahrzunehmen ist gemäß der angegebenen Rechtsgrundlage aufzuheben. Gleichzeitig war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers ausschließen. Auf den Inhalt der Berufung war nicht mehr einzugehen.

Zu II.:

Der Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens in der ersten Instanz und im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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