Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220621/4/Ga/La

Linz, 16.08.1994

VwSen-220621/4/Ga/La Linz, am 16. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des Ing. J.A., vertreten durch Dr. C.R., Rechtsanwalt in S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L. vom 2. Juni 1993, Zl.

Ge-96.., wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, wenngleich nicht antragsgemäß, so doch in der Weise Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 8.000 S (acht Tage) herabgesetzt wird.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 800 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber als Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) der Arbeitgeberin "S.

Baugesellschaft m.b.H." in E., schuldig gesprochen, er habe die am 13. April 1992 im Zuge einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9.

Aufsichtsbezirk festgestellte Übertretung des § 16 Abs.4 der Bauarbeitenschutzverordnung - ein namentlich genannter Arbeitnehmer war in einem ca. 4,5 m tiefen und 2 m langen, gegen Einsturz nicht gesicherten, in Lehmboden und somit nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführten Künettenabschnitt mit dem Zurechtrücken eines Kanalrohres beschäftigt - zu verantworten.

Deswegen wurde gegen den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) verhängt.

2. Über die dagegen bei der Strafbehörde eingebrachte, von ihr als belangte Behörde ohne Gegenäußerung vorgelegte, auf die Strafe eingeschränkte und die Herabsetzung der Geldstrafe mindestens auf 5.000 S beantragende Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat nach Parteiengehör des Arbeitsinspektorates erwogen:

3.1. Als rechtliche Konsequenz aus der das Strafausmaß bekämpfenden Berufung ist das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld (Spruchelement gemäß § 44a Z1 VStG) rechtskräftig geworden. Der Kognition des unabhängigen Verwaltungssenates unterliegt nur noch das Ausmaß der verhängten Strafe bzw.

die Rechtmäßigkeit des Strafbemessungsverfahrens der belangten Behörde.

3.2. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 31 Abs.2 ANSchG Geldstrafe bis zu 50.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafen festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden, nach den §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwendenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

3.3. Aus der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses ist nachvollziehbar, daß die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgegangen ist. Zwar nicht ausdrücklich, aber immerhin erschließbar hat sie dabei iSd Vorschrift des § 19 Abs.2 VStG auch auf die dem Berufungswerber hinsichtlich der subjektiven Tatseite angelastete Fahrlässigkeitsschuld Bedacht genommen.

Hinsichtlich der übrigen Kriterien des § 19 VStG wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses verwiesen; dort ist auch ausgeführt, warum die belangte Behörde die vom Arbeitsinspektorat beantragte Geldstrafe als überhöht angesehen und deshalb ein niedrigeres Ausmaß festgesetzt hat.

3.4. Der Berufungswerber ist dennoch der Meinung, daß gegen ihn eine wesentlich überhöhte, nicht schuld- und tatangemessene Geldstrafe verhängt worden sei.

So bringt er vor, daß er doch immerhin den Sachverhalt von vornherein wahrheitsgetreu geschildert und dabei Umstände genannt habe, die zumindest einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kämen. Damit plädiert er für das Vorliegen eines besonderen Milderungsgrundes iSd § 34 Z11 StGB, ohne daß er aber zugleich darlegt, worin konkret die die Annahme dieses Milderungsgrundes rechtfertigenden Umstände gelegen wären. Auch im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde - im Strafakt liegt die schriftliche Rechtfertigung vom 27. August 1992 auf - hat der Berufungswerber solche Umstände konkret nicht genannt. Nach Lage des Falles waren solche Umstände auch nicht anzunehmen gewesen, sodaß der Berufungswerber mit diesem Vorbringen für sich nichts gewinnt.

Er wendet ferner ein, daß, was generell nicht übersehen werden dürfe, ihm lediglich fahrlässiges Verhalten, keinesfalls aber Vorsätzlichkeit zur Last falle. Damit übergeht der Berufungswerber, daß ihm hinsichtlich der Erfüllung der Schuldseite in diesem Fall Vorsätzlichkeit gar nicht zugrundegelegt worden ist. Die belangte Behörde hat Fahrlässigkeit angenommen und, wie oben ausgeführt, (nur) dieses Schuldausmaß der Strafbemessung auch zugrundegelegt.

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers liegt auch kein als Milderungsgrund iSd § 34 Z17 erster Fall StGB zu wertendes Geständnis vor. Ein solcher Milderungsgrund wird nämlich mit der "Schilderung der Umstände" (so in der Rechtfertigung vom 27. August 1992) allein oder dem bloßen Zugeben des Tatsächlichen (vgl. VwGH 6.5.1974, 1370/73; 31.3.1993, 93/02/0057) oder mit der vom Berufungswerber reklamierten "Schuldeinsicht" nicht verwirklicht.

Desgleichen kann in der der Feststellung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit dienenden Zeugenaussage des Berufungswerbers vom 26. Mai 1992 keine Aussage, die iSd § 34 Z17 zweiter Fall StGB wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte, gesehen werden, weil die (mit allen wesentlichen Sachverhaltsmerkmalen in der Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 22. April 1992 schon umschrieben gewesene) Tat als solche überhaupt nicht Gegenstand dieses Zeugenbeweises gewesen ist (idS vgl. auch das h. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 250193/8/Ga).

Unerheblich ist im übrigen, daß der zuständige Strafreferent der belangten Behörde dem Berufungswerber nach seinen Angaben eine Geldstrafe in der Höhe von höchstens 5.000 S in Aussicht gestellt hätte. Abgesehen davon, daß darüber aus dem Strafakt nichts hervorgeht, wäre eine informelle Ankündigung dieser Art nach den einschlägigen Regeln des Verfahrensrechtes weder präjudiziell noch sonst in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich.

Auch darin, daß der Berufungswerber den Umstand der schon "über ein Jahr" zurückliegenden Tathandlung in Verbindung mit seinem seitherigen Wohlverhalten als Anerkennung des Milderungsgrundes iSd § 34 Z18 StGB begehrt, ist ihm nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des OGH (zB E vom 2.7.1992, 15 Os 21/92) verlangt nämlich dieser Milderungsgrund, daß seit der Tat - in Entsprechung der Vorschrift des § 39 Abs.2 StGB - schon mindestens fünf Jahre vergangen sind.

Mit der nicht näher spezifizierten Behauptung eines "an sich geringen objektiven Unrechtsgehalts" der Tat ist der Berufungswerber auf die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses zu verweisen. Dort hat - zutreffend - die belangte Behörde nicht nur die (abstrakte) Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes (diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens), sondern das Ausmaß, in dem dieses Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde (vgl. VwGH 5.11.1991, 91/04/0102), dargestellt. Die erfolgreiche Bestreitung des in dieser Weise hinreichend erläuterten Unrechtsgehalts der Tat hätte zur - hier jedoch nicht erfüllten - Voraussetzung gehabt, daß der Berufungswerber diesbezüglich ein konkretes Tatsachenvorbringen geltend macht.

Und schließlich ist auch der Umstand, daß, wie die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses schon festgehalten hat, nachteilige Folgen der Tat nicht eingetreten sind, im Berufungsfall für die Strafbemessung deswegen ohne Bedeutung, weil es auf nachteilige Folgen iSd § 19 Abs.1 VStG bei sogen. Ungehorsamsdelikten (ein Delikt dieser Art liegt hier vor) nicht ankommt (§ 5 Abs.1 zweiter Satz VStG).

3.5. Hingegen ist der Berufungswerber mit seinem Einwand, wonach die belangte Behörde seine völlige Unbescholtenheit zwar als Milderungsgrund gewertet, jedoch ungenügend gewichtet habe, im Recht.

Tatsächlich hat die belangte Behörde mit der Verhängung gleich eines Fünftels der Höchststrafe etwas zu hoch gegriffen. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates rechtfertigt die absolute Unbescholtenheit des Berufungswerbers bei gleichzeitigem Fehlen von Erschwerungsgründen die Herabsetzung der verhängten Strafe:

Eine Gesamtwürdigung der Umstände dieses Falles läßt auch eine Geldstrafe von nur (annähernd) einem Sechstel der Höchststrafe als tat- und schuldangemessen erscheinen. Wegen der gänzlichen Vorstrafenfreiheit des Berufungswerbers konnten spezialpräventive Überlegungen in den Hintergrund treten (idS vgl. VwGH 17.6.1994, 94/02/0097); die Bedachtnahme auf die generelle Abschreckungswirkung hingegen ist auch mit dem herabgesetzten Strafbetrag ausreichend gewahrt.

3.6. Einer weiteren Herabsetzung der Geldstrafe, insbesondere auf das mit dem Berufungsantrag begehrte Ausmaß von höchstens 5.000 S, steht jedoch der immerhin beträchtliche Unrechtsgehalt der Tat entgegen.

4. Gemäß § 16 Abs.2 letzter Satz VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe zur Wahrung des ausgewogenen Verhältnisses ihres Ausmaßes zur herabgesetzten Geldstrafe entsprechend zu mindern.

5. Dieses Verfahrensergebnis hat auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von seinem 20%igen Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Herabsetzung des Kostenbeitrags im Straferkenntnis vom 2.

Juni 1993 zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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