Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420346/11/Gf/An

Linz, 27.11.2002

VwSen-420346/11/Gf/An Linz, am 27. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des I B, U, L, vertreten durch RA Dr. J P, M. L, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerdeführer ist durch seine Festnahme und Anhaltung am 3. September 2002 durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden.

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 1.385,20 Euro zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. In seinem am 15. Oktober 2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Schriftsatz bringt der Beschwerdeführer vor, am 3. September 2002 durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz grundlos festgenommen sowie gefesselt und dadurch in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden zu sein. Begründend führt er dazu im Wesentlichen aus, dass der Polizeieinsatz in Wahrheit seinem Bruder gegolten habe und insofern eine Verwechslung vorgelegen sei; dass er diese schon zu Beginn seiner Festnahme aufklären wollte, sei von den Beamten ebenso ignoriert worden wie sein mehrmaliges Ersuchen, die Fesseln zu lockern. Durch das Einschreiten der Sicherheitsorgane habe er Verletzungen an der Hüfte und an seinen Handgelenken erlitten.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der polizeilichen Maßnahme beantragt.

1.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass zwar tatsächlich eine Verwechslung vorgelegen, diese jedoch darauf zurückzuführen gewesen sei, dass die Einsatzkräfte nur über ein veraltetes Foto verfügt hätten, auf dem der Bruder des Beschwerdeführers, gegen den sich der Polizeieinsatz (Vollziehung eines richterlichen Haftbefehls) richtete, dem Rechtsmittelwerber täuschend ähnlich gesehen habe. Unmittelbar nach der Aufklärung des Irrtums sei der Beschwerdeführer freigelassen worden.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. P-2013 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. November 2002, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter einerseits sowie Dr. A N als Vertreter der belangten Behörde erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 3. September 2002 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Bruder D B und deren Cousin D M telefonisch unter dem Vorwand, dass das KFZ seines Bruders von einem Dritten beschädigt worden sei, zum Haus H in L gelockt. Ziel dieser polizeilichen Maßnahme war es, den Bruder des Rechtsmittelwerbers - hinsichtlich dessen zudem der dringende Verdacht bestand, dass er im Besitz einer Faustfeuerwaffe sein könnte - auf Grund eines richterlichen Haftbefehles festzunehmen.

Gegen 19.00 Uhr trafen am Einsatzort drei Zivilfahrzeuge des Einsatzkommandos C ein, denen mehrere Sicherheitsorgane mit gezogenen Pistolen entstiegen, die auf die Personengruppe des Beschwerdeführers mit dem Zuruf "Ihr seid verhaftet !" zuliefen. Der Beschwerdeführer wurde von einem Beamten (nur) nach seinem Familiennamen gefragt und als er darauf "B I" antwortete, informierte dieses Sicherheitsorgan seine Kollegen - trotz des offenkundig mit jenem im Haftbefehl nicht übereinstimmenden Vornamens - mit der Feststellung: "Das ist er !". Darauf kamen zwei weitere Beamte zum Rechtsmittelwerber, der auf den Boden geworfen und dem in der Folge mit sog. "Kabelbindern" die Hände auf den Rücken gefesselt wurden. Obwohl der Beschwerdeführer die Beamten sowohl umgehend als auch in der Folge mehrmals darauf aufmerksam machte, dass die Fesseln zu stark angezogen seien, wurde ihm nur bedeutet, dass diese nicht gelockert, sondern nur noch fester angezogen werden könnten. Außerdem versuchte der Beschwerdeführer mehrfach, den Grund für das polizeiliche Einschreiten in Erfahrung zu bringen bzw. darauf hinzuweisen, dass eine Verwechslung vorliegen müsse, was von den Sicherheitsorganen jedoch stets damit quittiert wurde, dass er nur zu schweigen habe. Nach erfolgter Personendurchsuchung wurde er zu einem Polizeifahrzeug verbracht, wo sich schließlich die Verwechslung aufklärte. Unmittelbar danach wurden die Handfesseln durchgeschnitten und die Freilassung ausgesprochen.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdige, von der belangten Behörde insoweit auch unbestritten gebliebene Zeugenaussage des Beschwerdeführers.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass jedenfalls hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers im Ergebnis keiner der in Art. 2 des Gesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im Folgenden: PersFrSchG) genannten Gründe für einen Freiheitsentzug vorlag.

Könnte hinsichtlich des Beginnes der Amtshandlung allenfalls noch ins Treffen geführt werden, dass es für die einschreitenden Sicherheitsorgane gleichsam einer gewissen "Orientierungsphase" deshalb bedurfte, weil auf den ersten Blick keine der angetroffenen Personen jener auf dem Foto, über das die belangte Behörde verfügte, ähnlich sah, so gilt dies aber jedenfalls nicht mehr ab dem Zeitpunkt, wo der Beschwerdeführer deutlich seinen Namen nannte. Da dieser nur hinsichtlich des Familiennamens, nicht aber auch in Bezug auf den Vornamen mit jenem, auf den sich der richterliche Haftbefehl bezog, übereinstimmte, waren bereits hier zumindest Zweifel daran, ob sich die Festnahme tatsächlich auf die richtige Person bezogen hatte, offensichtlich geboten. Jedenfalls war aber die nach der (ergebnislosen) Personendurchsuchung vorgenommene weitere Aufrechterhaltung der Anhaltung im gefesselten Zustand - insbesondere unter Einbeziehung des Umstandes, dass (sowohl) der Beschwerdeführer (als auch dessen Bruder) mehrfach darauf hingewiesen hat (haben), dass es sich um eine Verwechslung handeln müsse - überschießend. Insoweit erweist sich daher der behördliche Eingriff als unverhältnismäßig i.S.d. Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG, wobei in diesem Zusammenhang sowohl die Zeitdauer der rechtswidrigen Anhaltung als auch die Art und Schwere der erlittenen Verletzungen unerheblich ist; diese Fragen sind vielmehr ausschließlich Gegenstand eines allfälligen, in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden Amtshaftungsverfahrens, wobei und weil insoweit (im Gegensatz zur Rechtswidrigkeitsfeststellung) für das Gericht von vornherein keine Bindungswirkung besteht.

3.2. Aus diesen Gründen war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch seine Festnahme und Anhaltung am 3. September 2002 durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Rechtsmittelwerber nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 4 AufwandsersatzV-UVS Kosten in Höhe von 1.385,20 Euro (Schriftsatzaufwand: 610 Euro; Verhandlungsaufwand: 755 Euro; Barauslagen: 20,20 Euro) zuzusprechen. Da es sich hiebei um Pauschalersätze handelt, war das Umsatzsteuerbegehren nicht zu berücksichtigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Für diese Eingabe sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Dr. G r o f

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