Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220655/5/Ga/La

Linz, 31.03.1994

VwSen-220655/5/Ga/La Linz, am 31. März 1994 DVR.0690392

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner aus Anlaß des "im Namen" des Dipl.-Ing. Dr. W.C. eingebrachten, jedoch im Auftrag ("iA") der A. Agrarchemikalien Gesellschaft m.b.H. von Mag. H. und Dr. W.

gefertigten und als Berufung bezeichneten Schriftsatzes vom 27. Juli 1993 (im folgenden kurz: Berufung) entschieden:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52.

B e g r ü n d u n g:

1. Dem unabhängigen Verwaltungssenat liegt folgender Sachverhalt vor:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. hat mit Straferkenntnis vom 6. Juli 1993, Zl. ..

Herrn Dipl.-Ing. Dr. W.C.in L.

schuldig erkannt, er sei als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A. Agrarchemikalien Ges.m.b.H. in L., verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß diese juristische Person in zwei Fällen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1973 begangen habe; deswegen wurden über ihn je Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Die dagegen bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung hat diese dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung vorgelegt und zugleich den Strafakt zu Zl. .. angeschlossen.

1.3. Aus dem Strafakt geht hervor, daß für das an Dipl.-Ing.

Dr. W.C. mit der Abgabestelle "p.A. A.

Agrarchemikalien Ges.m.b.H.,L." gerichtete Straferkenntnis die Zustellung zu eigenen Handen durch Organe der Post angeordnet war. Tatsächlich jedoch hat nicht der Beschuldigte als Empfänger die Übernahme des das Straferkenntnis beinhaltenden RSa-Briefes bestätigt, sondern ist, wie aus dem entsprechenden RSa-Rückschein eindeutig hervorgeht, die Briefsendung von einem Postbevollmächtigten für RSa-Briefe übernommen worden.

1.4. Diesen Umstand nimmt die Berufung zum Anlaß für Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zustellung des genannten Straferkenntnisses, indem sie wie folgt ausführt:

"Dieser Bescheid wurde von der gemeinsamen Poststelle der ÖMV Chemie am 13.07.1993 übernommen. Dr. C. befindet sich seit 12.07.1993 im Ausland auf Urlaub. Ein Mitarbeiter der Poststelle hat eine Vollmacht zur Übernahme von RSA-Briefen, die an die Unternehmensadresse gerichtet sind.

Wir sind grundsätzlich der Ansicht, daß sich diese Vollmacht nicht auf die Übernahme von RSA-Briefen, die nicht an das Unternehmen, sondern an Mitarbeiter gerichtet sind, bezieht.

Dr. C. konnte jedenfalls persönlich vom Straferkenntnis keine Kenntnis nehmen." Auf die "irrtümliche" Übernahme des Straferkenntnisses durch diese Poststelle ist die Strafbehörde (noch vor Einbringung der Berufung!) durch das bezeichnete Unternehmen mit Schriftsatz ausdrücklich aufmerksam gemacht worden.

1.5. Aus der vom unabhängigen Verwaltungssenat im Vorverfahren beim Beschuldigten als Beweismittel angeforderten und von diesem (in Kopie) nun vorgelegten Postvollmacht geht hervor:

Die Vollmacht ist auf dem dafür vorgesehenen Formular ordnungsgemäß am 13. Jänner 1988 durch den Vollmachtgeber 'A. Agrarchemikalien Ges.m.b.H.' ordnungsgemäß errichtet worden. Dieser Vollmachtgeber ist zugleich als Empfänger für alle auf dem Formular angeführten Briefsendungen eingesetzt. Weiters sind vier namentlich bezeichnete Mitarbeiter der Poststelle des Unternehmens angeführt, an die die an den Empfänger 'A.

Agrarchemikalien Ges.m.b.H.' mit der Abgabestelle L., gerichteten Briefsendungen mit haftungsbefreiender Wirkung für die Post abgegeben werden dürfen.

Von einer dieser somit zur Übernahme ermächtigten Personen ist das bezeichnete Straferkenntnis, auf dessen RSa-Brief nicht der Vermerk "Nicht an Postbevollmächtigte" angebracht gewesen ist, übernommen worden.

2. Diesen Sachverhalt beurteilt der unabhängige Verwaltungssenat, der über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels abschließend zu befinden hat, wie folgt:

2.1. Gemäß § 150 der Postordnung ("Übernahmsberechtigte kraft Postvollmacht") kann der Empfänger das Abgabepostamt mit einer Postvollmacht ermächtigen, die unter seiner Anschrift einlangenden Postsendungen auch an eine andere natürliche Person abzugeben. In der von der Post aufgelegten Postvollmacht hat der Empfänger die einzelnen Arten der Postsendungen anzugeben, zu deren Abgabe an den Übernahmsberechtigten die Post berechtigt sein soll.

Gemäß § 13 Abs.1 erster Satz des Zustellgesetzes (ZustG) ist die Briefsendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Gemäß § 13 Abs.2 ZustG darf bei Zustellungen durch Organe der Post .... auch an eine gegenüber der Post .... zur Enmpfangnahme solcher Sendungen bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf der Sendung ausgeschlossen ist.

Letztere Regelung macht insbesondere das Rechtsinstitut der Postvollmacht für Zustellungen mit Zustellnachweis nach dem ZustG anwendbar (s. die FN 13 zu § 13 ZustG; in Walter/Mayer, Zustellrecht, Manz 1983, 79).

2.2. Vor dieser hier maßgeblichen Rechtslage ist die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung des bezeichneten Straferkenntnisses zu beurteilen. Danach ist im Zweifel davon auszugehen, daß das an Dipl.-Ing. Dr. W.C.

als Beschuldigten gerichtete Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 6. Juli 1993 wirksam nicht zugestellt worden ist.

Ist nämlich der Beschuldigte weder Vollmachtgeber noch Empfänger der Postvollmacht (s. P. 1.5.), dann kann diese Vollmacht auch keine Grundlage für die Zustellung von Briefsendungen sein, die eindeutig nur Dipl.-Ing. Dr. W.

C.als Empfänger festlegen.

Ohne Belang dabei ist, daß auf dem Straferkenntnis für den Beschuldigten dieselbe Abgabestelle verzeichnet ist, wie sie in der Postvollmacht für den dort eingetragenen Empfänger 'A. Agrarchemikalien Ges.m.b.H.' aufscheint.

Weil weiters die die RSa-Sendung übernehmende Person kein im Sinne des § 13 Abs.2 ZustG Bevollmächtigter des Empfängers Dipl.-Ing. Dr. C.gewesen ist, war die Übernahme eben deswegen unzulässig und als Zustellung unwirksam. Rechtens hätte, da nach den Umständen des Falles Hinterlegung, Nachsendung und Ersatzzustellung ausgeschlossen waren (und tatsächlich auch nicht stattgefunden haben), der RSa-Brief mit dem Straferkenntnis an die belangte Behörde gemäß § 19 ZustG zurückgestellt werden müssen.

Und schließlich muß im Zweifel auch die Heilung von Zustellmängel iSd § 7 ZustG verneint werden, weil vorliegend die Zustellverfügung jedenfalls keine Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten (§ 9 ZustG) oder bevollmächtigten Vertreter (§ 10 AVG) angeordnet hat und alles in allem auch nicht mit Gewißheit festgestellt werden kann, ob und wann genau das Schriftstück dem Empfänger allenfalls selbst zugekommen sein mag.

Andererseits besteht zwar, wie der unabhängige Verwaltungssenat ermitteln konnte, eine vom Beschuldigten zugunsten des Dr. A.W. am 16. April 1992 errichtete, allgemeine (somit auch die Zustellungsbevollmächtigung iSd § 9 ZustG einschließende) Vertretungsvollmacht für das zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren. Nach der Aktenlage muß jedoch davon ausgegangen werden, daß diese Vertretungsvollmacht gegenüber der Strafbehörde gar nicht wirksam geworden ist:

die Vollmacht ist im Akt formell nicht - weder vermittels schriftlichen Ausweises (§ 10 Abs.1 AVG) noch wenigstens durch sonst geeignete Erklärung (§ 9 Abs.1 erster Satz ZustG) - auffindbar. Damit freilich scheint auch erklärt, warum das Straferkenntnis an den Beschuldigten direkt und nicht an seinen Vertreter adressiert worden ist. Jedenfalls aber hat deswegen auch die Heilungswirkung gemäß § 9 Abs.1 zweiter Satz ZustG von vornherein nicht stattfinden können.

2.3. Ist aber das Straferkenntnis dem Beschuldigten (als formellen und materiellen Empfänger) noch gar nicht zugestellt worden, bedeutet dies verfahrensrechtlich, daß dieses Straferkenntnis noch nicht erlassen worden ist und infolgedessen der Rechtsordnung noch nicht angehört. Es steht deshalb auch kein Rechtsmittel zur Verfügung, weil das Substrat für die rechtliche Gegenwehr fehlt.

3. Bei diesem Ergebnis war - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - die dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegte Berufung vom 27. Juli 1993 als unzulässig zurückzuweisen.

Einer inhaltlichen Prüfung ist die zurückgewiesene Berufung von Gesetzes wegen nicht zugänglich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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