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VwSen-220670/14/Gu/La

Linz, 25.02.1994

VwSen-220670/14/Gu/La Linz, am 25. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des P.L. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W. vom 30.7.1993, Zl.

Ge.., wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes nach der am 21. Jänner 1994 in Gegenwart des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk zu Recht erkannt:

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 1.000 S an den O.ö.

Verwaltungssenat zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes iVm § 7 Abs.2 der Bauarbeitenverordnung, § 9 Abs.1 VStG, § 19 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft W. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen Berufener der H.

H. Ges.m.b.H. in F., verantworten zu müssen, daß am 27.8.1992 auf der Baustelle "E.

S." zwei Arbeitnehmer auf dem Dach dieser Baustelle (Absturzhöhe 7 m - First; bzw. Absturzhöhe von 5,5 m) mit Zimmererarbeiten beschäftigt waren, ohne daß diese gegen Absturz durch Anseilen gesichert gewesen seien und auch sonst keine Einrichtungen, wie Arbeitsgerüst, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze vorhanden gewesen seien, die den Absturz von Dienstnehmern verhindern oder ein Weiterfallen hintanhalten hätten können.

Wegen Verletzung des § 7 Abs.2 der Bauarbeitenverordnung in Verbindung mit § 31 Abs.2 lit.p und § 33 Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

Nachdem ihm das Straferkenntnis infolge Ortsabwesenheit am Zustelltag erst mit dem Tage nach der Rückkehr wirksam zugekommen ist, hat er anschließend noch rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen dargetan, daß die Arbeitnehmer angehalten gewesen seien, Sicherheitsgurten und Seile anzulegen. Diese seien bei dem Platzmeister immer vorrätig gewesen. Eine lückenlose Kontrolle seitens des Arbeitgebers sei unmöglich, da ansonsten jeder kleinen Partie (zwei bis drei Mann) ein Aufpasser mitgegeben werden müßte. Es müsse der Arbeitnehmer auch bestraft werden (wenn seitens des Arbeitgebers alle Sicherheitsaufklärungen und -einrichtungen vorhanden seien), dadurch würde mehr Vorsicht seitens des Arbeitnehmers geübt werden.

Es sei nicht verständlich, warum ausschließlich der Arbeitgeber verantwortlich sein soll, weil dadurch der Arbeitnehmer unmündig erklärt werde.

Schließlich sei nicht er, sondern der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich gewesen (zu diesem Zeitpunkt sei letzterer allerdings krank gewesen). Jedoch habe ein anderer Meister die Baustelle geleitet.

Aus diesem Grunde beantragt er, das Strafverfahren einzustellen.

Über die Berufung wurde am 31. Jänner 1994 in Gegenwart des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und die Anzeige des Arbeitsinspektorates, verfaßt von Dipl.-Ing. G. und unterfertigt vom Amtsvorstand Dipl.-Ing. H., datiert vom 11. September 1992 samt angeschlossenem Lichtbild, zur Erörterung gestellt.

Auf Grund dessen ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Ein fachkundiges Organ, der mit der Wahrung des Dienstnehmerschutzes betrauten Behörde, nämlich des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, stellte anläßlich einer Kontrolle am 27. August 1992 auf der Baustelle "E.S." fest, daß zwei Arbeitnehmer der H.H. Ges.m.b.H. am Dachstuhl Zimmererarbeiten ausführten, wobei ein Arbeitnehmer sich in einer Höhe von 7 m über Auffangniveau und der andere 5,5 m über Auffangniveau, beide ungesichert, bewegten bzw. mit Arbeiten beschäftigt waren.

Grundsätzlich war durch einen formalen Übertragungsakt vom 5. Februar 1990 dem Herrn H.A. von der nach außen zur Vertretung berufenen Person der H.H.

Ges.m.b.H. in F., die Verantwortung zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzverordnung und der Bauarbeitenverordnung übertragen worden und hatte dieser der Übertragung der Verantwortung gemäß § 9 Abs.4 VStG auch nachweislich zugestimmt.

Am 27. August 1992 war A. jedoch im Krankenstand, weil er zuvor, am Ende der ersten Augustwoche 1992 bis 7.

September 1992 zufolge eines Unfalles als arbeitsunfähig erklärt war.

Handelsrechtlicher Geschäftsführer der bauausführenden Firma war P.L., der Beschuldigte.

Für eine förmliche Vertretung des H.A. war nicht vorgesorgt.

Die Verantwortung für die Einhaltung der Dienstnehmerschutzbestimmungen lag daher beim Beschuldigten.

Gesprächsweise war dem Beschuldigten auch bekannt, daß Herr A. bereits früher drei Beanstandungen auf anderen Baustellen hatte.

Im gegenständlichen Fall überwachte ein Meister namens O. die Baustellte, ohne daß er jedoch extra dafür angesprochen oder förmlich damit beauftragt war.

Bei diesem Sachverhalt ist unbestritten, daß die ungeschützten Zimmermannsarbeiten einerseits tatsächlich durchgeführt wurden und andererseits, daß der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer eine Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem er sich nicht hinreichend um die Wahrnehmung des Dienstnehmerschutzes gekümmert hat, insbesondere zumal er aus früheren Gesprächen wissen mußte, daß es auch früher, unter der Verantwortung des Herrn A.

schon wiederholt Beanstandungen gegeben hatte.

Somit ist auch die subjektive Tatseite erfüllt. Die schädliche sorglose Haltung des Beschuldigten ist im übrigen auch aus seinem Berufungsvorbringen ersichtlich.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der auf Grund des § 24 dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder den auf Grund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Die Bauarbeitenschutzverordnung ist eine solche Vorschrift, deren Nichtbeachtung mit der vorstehenden Geldstrafe zu ahnden ist.

Ist der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, haben hiefür, sofern nicht verantwortliche Beauftragte in Betracht kommen, die zur Vertretung nach außen berufenen Personen einzustehen (§ 9 Abs.1 VStG). Da es sich bei den Dienstnehmerschutzbestimmungen um keine gewerberechtliche Vorschrift im engeren Sinn handelt, kommt dafür nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer, sondern der handelsrechtliche Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. in Betracht.

Gemäß § 7 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung, sind an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze. Bei Arbeiten an besonders gefährlichen Stellen, müssen die Dienstnehmer überdies angeseilt sein. Das gleiche gilt für das Anbringen oder Entfernen von Schutzeinrichtungen an besonders gefährlichen Stellen. Gemäß § 7 Abs.2 leg.cit. kann die Anbringung der vorgesehenen Schutzeinrichtungen unterbleiben, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch ist, gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit. In solchen Fällen sind die Dienstnehmer durch Anseilen gegen Absturz zu sichern. Fest steht, daß bei den vorgenommenen Zimmererarbeiten nicht einmal die Mindesterfordernisse, nämlich das Anseilen gegeben war.

Der Schuldspruch war daher gerechtfertigt.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Gelstrafen zu berücksichtigen.

Fest steht, daß der objektive Unrechtsgehalt der Tat gewichtig war, zumal ein Absturz aus dieser Höhe eine bedeutende Verletzungsgefahr der Dienstnehmer bedeutet hätte. Auch die offenbare Sorglosigkeit - die subjektive Tatseite - war bedeutsam, sodaß ein Absehen von der Bestrafung im Sinne des § 21 VStG nicht in Betracht kam.

Wenn die belangte Behörde den Strafrahmen nur bis zu einem Zehntel ausgeschöpft hat, kann ihr deswegen auch unter Bedachtnahme auf dem Umstand, daß der Beschuldigte mit dem Bezug eines mittleren Einkommens einzuschätzen ist, darüber hinaus zur Hälfte Eigentümer eines allerdings belasteten Bauernhauses ist, im übrigen aber keine besonderen erschwerenden aber auch keine besonders mildernden Umstände zu Tage traten, kein Ermessensmißbrauch angelastet werden.

Die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Berufungswerber 20 % der verhängten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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