Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220674/11/Kon/Fb

Linz, 18.11.1994

VwSen-220674/11/Kon/Fb Linz, am 18. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des F.H. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W.L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S. vom 13. Juli 1993, Ge96.., wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß anstelle der im Spruch aufscheinenden Bezeichnung "Komplementär" die Bezeichnung: "als zur Vertretung nach außen befugter Gesellschafter" zu treten hat.

II. Der Berufungswerber hat 20 % der gegen ihn verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 2.200 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 51 Abs.1 VStG und §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch: "Sie haben als Komplementär und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Gebrüder H. OHG, zu vertreten, daß der Arbeitnehmer F.E., geb. 24.2.1948, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates G. anläßlich einer Kontrolle am 8.10.1992 um ca 14.55 Uhr auf der L 407, km 0,0, Fahrtrichtung St. im M.tal, festgestellt wurde, wie folgt mit dem Lenken des LKW mit dem Kennzeichen XX mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 20 t beschäftigt wurde:

1. am 6.10.1992 mit einer Lenkzeit von 10 Stunden und 2 Minuten und am 7.10.1992 mit einer Lenkzeit von 10 Stunden und 4 Minuten, obwohl gemäß § 14 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) die gesamte Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten acht Stunden nicht überschreiten darf, 2. am 6.10.1992 mit einer Einsatzzeit von 15 Stunden und 24 Minuten und am 7.10.1992 mit einer Einsatzzeit von 16 Stunden und 58 Minuten, obwohl gemäß § 16 Abs. 2 AZG die Einsatzzeit zwölf Stunden nicht überschreiten darf, 3. am 8.10.1992 mit einer ununterbrochenen Lenkzeit von 6 Stunden und 28 Minuten, obwohl gemäß § 15 Abs. 1 AZG nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von höchstens 4 Stunden eine Lenkpause einzulegen ist, gemäß § 15 Abs. 3 AZG hat die Lenkpause bei einem KFZ ohne Anhänger oder mit einem Anhänger oder Sattelanhänger, sofern das höchste zulässige Gesamtgewicht des KFZ 20 t nicht überschreitet, mindestens eine Stunde zu betragen, die Lenkzeit gilt auch dann als ununterbrochen, wenn sie durch kürzere Zeiträume unterbrochen wird, als dies nach § 15 Abs. 3 AZG für Lenkpausen vorgesehen ist, 4. entgegen § 12 Abs. 1 AZG ohne Gewährung einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 11 Stunden nach Beendigung der Tagesarbeitszeit, und zwar betrug die Ruhezeit von 6.10.92 auf den 7.10.92 acht Stunden und acht Minuten und vom 7.10.92 auf den 8.10.92 acht Stunden und vier Minuten.

5. ohne daß dem Arbeitnehmer als Lenker eines LKW ausgerüstet mit einem mechanischen Kontrollgerät zur Erfassung der Zeitwerte - ein persönliches Fahrtenbuch ausgegeben wurde, gemäß § 17 Abs.1 AZG haben Lenker und Beifahrer, die nicht im Kraftliniendienst eingesetzt sind, während des Dienstes ein persönliches Fahrtenbuch mit sich zu führen, gemäß § 17 Abs. 2 AZG obliegt dem Arbeitgeber die Ausgabe der persönlichen Fahrtenbücher.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) § 28 i.V.m. § 14 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (AZG) 2.) § 28 i.V.m. § 16 Abs. 2 AZG 3.) § 28 i.V.m. § 15 Abs. 1 und 3 AZG 4.) § 28 i.V.m. § 12 Abs. 1 AZG 5.) § 28 i.V.m. § 17 Abs. 1 und 2 AZG Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § Schilling ist, Ersatzarrest von 1.) 3.000,-- 36 Stunden 28 leg.cit.

2.) 3.000,-- 36 Stunden 28 leg.cit.

3.) 1.000,-- 12 Stunden 28 leg.cit.

4.) 3.000,-- 36 Stunden 28 leg.cit.

5.) 1.000,-- 12 Stunden 28 leg.cit.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 1.100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 50,-- angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 12.100,--." Nach ihrer hiezu ergangen Begründung erachtet die Erstbehörde die Übertretungen aufgrund der Feststellungen des Arbeitsinspektorates für erwiesen und den Beschuldigten für diese verantwortlich. Bei der Strafbemessung sei berücksichtigt worden, daß der Beschuldigte als Gesellschafter der Gebrüder H. OHG über ein entsprechendes Einkommen verfüge und die über ihn verhängten Strafen in Anbetracht des Umstandes, daß die Nichteinhaltung der Arbeitszeiten bei Fahrzeuglenkern zu schweren Unfällen führen kann, als angemessen anzusehen seien.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Zunächst werde darauf hingewiesen, daß eine OHG schon begrifflich keinen Komplementär haben könne, sondern nur eine Kommanditgesellschaft. Die Ableitung der Erstbehörde, daß der Beschuldigte in seiner Eigenschaft als Komplementär auch strafrechtlich Verantwortlicher iSd § 9 Abs.1 VStG sei, treffe rechtlich nicht zu. Im übrigen fehle es dem Beschuldigten aber tatsächlich an der Sachlegitimation, weil der LKW mit polizeilichem Kennzeichen XX der Baustelle "In der Leiten und Bruck-Beigütl" zugeordnet gewesen wäre und für diese Baustelle A.E. als verantwortlicher Bauleiter, der die Verantwortung iSd § 9 VStG zu tragen gehabt hätte, bestellt gewesen wäre.

Die unter Punkt 1) und 2) erhobenen Tatvorwürfe betreffend den 6.10.1992 und den 7.10.1992 werden vom Beschuldigten unter Hinweis auf ein der Berufung beigeschlossenes Tachografenblatt hinsichtlich ihrer Richtigkeit bestritten.

In bezug auf den unter Punkt 3) erhobenen Tatvorwurf bringt der Beschuldigte vor, daß eine ununterbrochene Lenkzeit von 6 Stunden und 28 Minuten für den 8.10.1992 aus der Tachografenscheibe nicht erkennbar sei. Diese weise vielmehr Unterbrechungen der Lenktätigkeit zwischen 6.30 Uhr und 8.30 Uhr auf, eine Viertelstunde lang um 11.00 Uhr, etwa eine Viertelstunde lang um 13.00 Uhr und ferner zwischen 13.45 und 14.15 Uhr, 14.44 bis 16.45 und 16.30 bis 17.15 Uhr sowie von 19.15 Uhr bis 20.00 Uhr und von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr.

Auch diesbezüglich verweist der Berufungswerber auf das Tachografenblatt.

Der unter Punkt 4) erhobene Tatvorwurf der Unterschreitung der 11stündigen Ruhezeit zwischen den jeweiligen Tagesarbeitszeiten wird vom Beschuldigten als objektiv richtig anerkannt. Betreffend den unter Punkt 5) erhobenen Tatvorwurf bringt der Berufungswerber vor, es sei unrichtig, daß dem Kraftfahrer kein persönliches Fahrtenbuch ausgehändigt worden sei; richtig sei lediglich, daß dieser das ihm ausgehändigte Fahrtenbuch offensichtlich nicht mitgeführt habe. Auf diesen Umstand habe aber der Beschuldigte jedoch keinen unmittelbaren Einfluß; einem Unternehmer obliege lediglich die Ausgabe des Fahrtenbuches.

Zum Strafausmaß bringt der Berufungswerber vor, daß § 28 AZG keine Untergrenze vorsehe, weshalb die Behörde darzulegen und zu begründen habe, aufgrund welcher konkreter Gegebenheiten und aufgrund welcher Strafzumessungsgründe die verhängte Strafe als angemessen anzusehen sei. Die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses weise diesbezüglich keine substantiierten Ausführungen auf.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den erstbehördlichen Akt Einsicht genommen und einen ausreichend ermittelten Sachverhalt festgestellt, der insbesondere durch die Stellungnahme des im Berufungsverfahren zu beteiligen gewesenen Arbeitsinspektorates Graz vom 25. Jänner 1994 auch ausreichend unter Beweis gestellt ist. Aus diesem Grund waren die in der Berufung beantragten Zeugenvernehmungen entbehrlich. Bemerkt wird, daß die erwähnte Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Graz dem Vertreter des Berufungswerbers in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die dem Beschuldigten unter Punkt 1) bis 4) angelasteten Über- und Unterschreitungen der Einsatz-, Lenk- und Ruhezeiten sind aufgrund der Tachografenauswertungen des Arbeitsinspektorates G. als erwiesen zu erachten. Erwiesen ist auch der unter Punkt 5) erhobene Tatvorwurf des Nichtführens eines der Fahrtenbuchverordnung entsprechenden Fahrtenbuches.

Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist daher voll erfüllt.

Was die subjektive Tatseite dieser Verwaltungsübertretungen betrifft, ist zunächst festzuhalten, daß es sich bei diesen um sogenannte Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 VStG handelt, bei denen, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Handeln genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Beschuldigte vermochte mit den Ausführungen in seiner Berufung in keiner Weise glaubhaft darzulegen, daß ihn an der Über- und Unterschreitung der Einsatz-, Lenk- und Ruhezeiten kein Verschulden trifft. Dies gilt auch hinsichtlich des Tatvorwurfes, der Nichtausgabe eines der Fahrtenbuchverordnung entsprechenden Fahrtenbuches. So hat der Beschuldigte in seiner Berufung in keiner Weise auf ein in seinem Betrieb bestehendes Kontrollsystem verwiesen, welches seiner Beschaffenheit nach die Einhaltung der Bestimmungen des AZG mit ausreichender Sicherheit gewährleistet. Aus diesem Grunde ist von einer schuldhaften Verletzung der Vorschriften des AZG auszugehen, weshalb auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungs übertretung voll erfüllt ist. Die vom Berufungswerber eingewandte Bestellung des Andreas Etzelstorfer zum Bauleiter beseitigt seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht, da die bloße Bestellung zum Bauleiter keine Delegation der strafrechtlichen Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs.2 bewirkt. Aus der mit Schreiben des Beschuldigten vom 10.6.1994 vorgelegten Bestellungsurkunde zum Bauleiter geht nicht hervor, daß A.E. zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt worden ist.

Der erstbehördliche Schuldspruch war daher zu bestätigen. In diesem Zusammenhang wird bemerkt, daß vom Berufungswerber zu Recht die Bezeichnung des Beschuldigten als Komplementär gerügt wurde. Da es sich jedoch bei der gesellschaftsrechtlichen Bezeichnung des Beschuldigten um kein Sachverhaltselement handelt, konnte dieser Mangel auch noch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist durch die Berufungsinstanz saniert werden.

Zur Strafhöhe:

Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 19 VStG und dem im § 28 Abs.1 normierten Strafrahmen, welcher Geldstrafen von 300 S bis 6.000 S oder Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen vorsieht, ist festzuhalten, daß nach gesicherter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung darstellt. Diese ist nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen. Demnach liegt eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes (§ 19 VStG) Gebrauch macht.

In Anbetracht der Strafobergrenze und des Umstandes, daß für Übertretungen des AZG auch Primärarreststrafen verhängt werden können, sind die zwischen dem Betrag von 1.000 S und 3.000 S sich bewegenden Geldstrafen als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten angemessen zu erachten. Der Unrechtsgehalt der unter Punkt 1) bis 4) angeführten Taten ist im wesentlichen darin gelegen, daß durch die Über- bzw Unterschreitung der gesetzlichen Einsatz-, Lenk- und Ruhezeiten keine körperliche Gefährdung durch Übermüdung erfahren, die letztlich auch, wie von der Erstbehörde angeführt, zu Unfällen führen kann. So gesehen werden auch die Interessen der Allgemeinheit, sowohl was die Sicherheit im Straßenverkehr betrifft als auch volkswirtschaftlich gefährdet. Wenngleich der Schutzzweck der Strafnorm des AZG nicht unmittelbar darauf abstellt, ist doch zu bemerken, daß der Einsatz von Fahrzeuglenkern über die nach dem AZG zulässigen Zeiten hinaus, geeignet ist, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb einer Branche herbeizuführen. Auch unter dem Gesichtspunkt der General- und Spezialprävention sind die verhängten Strafen von der Höhe her als entsprechend anzusehen. Die von der Erstbehörde angestellten Überlegungen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Strafen werden geteilt. Es war sohin nicht festzustellen, daß die Strafbemessung entgegen den Bestimmungen des § 19 VStG erfolgte.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle be gründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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