Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220699/2/Kl/Rd

Linz, 14.07.1994

VwSen-220699/2/Kl/Rd Linz, am 14. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J.W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft U. vom 10.8.1993, Ge96.., wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.1 und 2, 32 Abs.2, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft U. hat mit Straferkenntnis vom 10.8.1993, Ge96.., über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 verhängt, weil er als Kommandant der FF O. das Hallenfest der FF O. am 22.5.1993 im Veranstaltungsort A.

ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung durchgeführt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen ausgeführt wurde, daß für die Durchführung von Festen durch die Freiwillige Feuerwehr es in den letzten Monaten eine erhebliche Rechtsunsicherheit in gewerberechtlichen Belangen gegeben hat. Es wird auf die Feuerwehrzeitschrift "Der Brennpunkt", Heft 3/93, Seite 3, verwiesen. Auch sei die Veranstaltung nicht zur persönlichen Bereicherung des Feuerwehrkommandanten, sondern ausschließlich zum Wohl der Allgemeinheit, durchgeführt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft U. als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und auch mitgeteilt, daß eine Berufungsvorentscheidung als nicht notwendig erachtet wird.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 447/1992 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer Z1 ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; Z2 ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

5.2.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht.

Es war daher die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden.

5.2.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit wie auch über die Gewerbsmäßigkeit nach § 1 GewO 1973. Es wurde daher unterlassen, die als einem konzessionierten Gewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Berufungswerbers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben (Ausschank von Getränken, Verabreichung von Speisen) sowie anzuführen, daß die Tätigkeit selbständig, dh auf eigene Rechnung und Gefahr, regelmäßig und in der Absicht einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeführt wurde. Die einem bestimmten Gewerbe zugerechneten Arbeiten indizieren nämlich für sich allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit (VwGH vom 24.11.1992, 92/04/0156; vom 10.9.1991, 91/04/0098).

Da eine diesen Konkretisierungsanforderungen entsprechende Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung, Straferkenntnis) innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, war das diesbezügliche Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5.3. Abschließend wird angemerkt, daß nach der nunmehr ständigen Judikatur des VwGH in allen Fällen des § 366 Abs.1 GewO 1973 die für die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung iSd § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973" zu lauten hat.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG - weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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