Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220704/9/Ga/La

Linz, 29.11.1994

VwSen-220704/9/Ga/La Linz, am 29. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des B.C. in ........

gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt .... vom 24. Juni 1993, Zl. ........, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 5 Z2 GewO 1973 schuldig erkannt: Er habe es als Obmann des Vereins ".........." und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ dieses Vereins zu verantworten, daß zumindest am 18. April 1993 um 16.05 Uhr im Standort L..., das Gastgewerbe in der Betriebsart eine Buffets in näher geschilderter Weise ausgeübt worden sei, ohne im Besitz einer entsprechenden und erforderlichen Konzession gewesen zu sein.

Deswegen wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Auf Grund der ohne Gegenäußerung vorgelegten, die Aufhebung beantragenden Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Der Berufungswerber wendet sich gegen die von der belangten Behörde angenommene Erfüllung des Tatbildes und bestreitet erkennbar vor allem, daß die Betriebsart eines Buffets vorgelegen wäre. Keineswegs habe der Verein dem Erscheinungsbild eines einschlägigen Gastgewerbebetriebes entsprochen, weil er nach außen überhaupt nicht in Erscheinung trete. Das Zusammentreffen der Vereinsmitglieder sei allein religiös motiviert; es werde dabei nur rituell reine (eben nicht "serbische", Schweinefleisch enthaltende) Bohnensuppe gereicht, für die es außerhalb des Vereins kein vergleichbares Angebot gäbe. Insgesamt sei das Straferkenntnis unbegründet.

Im Ergebnis ist der Berufungswerber mit diesem Vorbringen im Recht.

2.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ... 2. ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Nach § 1 Abs.2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

Zufolge Abs.6 dieser Gesetzesstelle liegt bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist.

2.3. Nun enthält zwar der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses keine Angabe, wer das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets ausgeübt haben soll, doch ist klarstellend zu ergänzen, daß der Vorwurf der unbefugten Ausübung an den Verein gerichtet ist. Zum einen hat diesbezüglich der Berufungswerber jedenfalls keinen Fehler des Schuldspruchs gesehen und den eigentlich den Verein treffenden Tatvorwurf offenbar auch so aufgefaßt; zum anderen ist der Begründung des noch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen Straferkenntnisses unschwer zu entnehmen, daß vom Tatvorwurf allein der Verein als Ausübender ins Auge gefaßt sein sollte.

Nicht zielführend ist der Einwand des Berufungswerbers, wonach für Fremde jeder Anreiz und auch jede Möglichkeit zur Teilnahme an "dieser Verpflegung" (gemeint offensichtlich:

an der Verabreichung einer rituell reinen Bohnensuppe) fehle. Zufolge der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine unbefugte Ausübung des Gastgewerbes durch einen Verein grundsätzlich nicht dadurch verhindert, daß die angebotenen Leistungen nur Mitgliedern zugänglich gemacht werden.

Nicht geholfen wäre dem Berufungswerber weiters mit seinem Vorbringen, wonach der Verein dem Erscheinungsbild eines einschlägigen Gastgewerbebetriebes deswegen nicht entspreche, weil es ein solches Erscheinungsbild nach außen überhaupt nicht gebe. Der Berufungswerber übersieht, daß es für Verwaltungsübertretungen der angelasteten Art auf das nach außen tretende Erscheinungsbild allein nicht ankommt.

Das hier einschlägige Tatbild kann auch dann verwirklicht sein, wenn wenigstens eine nach innen gerichtete Betrachtungsweise das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufzeigt. Unter dieser Voraussetzung erwiese sich der spruchgemäße Tatvorwurf als rechtsrichtig formuliert, wenn - wie hier - zugleich auch eine bestimmte Betriebsart in den Schuldspruch ausdrücklich aufgenommen worden ist.

3. Im übrigen jedoch ist der Berufung der Erfolg nicht zu versagen.

3.1. Aus der nach Art eines Bescheidschimmels formulierten Begründung des bekämpften Straferkenntnisses können nämlich - entgegen der Vorschrift des § 60 AVG (§ 24 VStG) wesentliche, dh. für den Schuldspruch unverzichtbare Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht nachvollzogen werden. Mehr noch: Hinsichtlich maßgebender Tatmerkmale ist aus der Aktenlage nicht erkennbar, daß diesbezüglich ein Ermittlungsverfahren überhaupt geführt worden ist.

3.2. In seinem Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß ein Tatvorwurf der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes dem in § 44a Z1 VStG grundgelegten Konkretisierungsgebot durch Anführung der Betriebsart hinlänglich entspricht; zusätzlicher, die Merkmale der Selbständigkeit und Regelmäßigkeit der Gewerbeausübung weiter konkretisierender Ausführungen bedürfe es dann im Spruch nicht. Damit aber stellt diese Rechtsprechung auch für den vorgelegten Fall klar, daß die Zuordnung des in Rede stehenden Betriebes zu einer bestimmten Betriebsart sich selbstverständlich auf ein entsprechendes Ermittlungsergebnis stützen können muß. Ihre diesbezügliche Aussage kann dabei die Strafbehörde auch bloß auf Umstände, die zwar nicht nach außen, so doch immerhin nach innen in Erscheinung treten, stützen (wie zB:

Beleuchtung und Einrichtung der Räumlichkeiten, sonstige Infrastruktur des Lokals, Vergleich des festgestellten Angebots an Getränken und Speisen mit dem in Buffets herkömmlich anzutreffenden Angebot). Sind aber solche Feststellungen auf der Grundlage eines Beweisverfahrens getroffen worden, dann ist es nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht rechtswidrig, wenn davon abgeleitet werde, daß die Tätigkeit des Vereines das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise (wobei dann - wie oben schon ausgeführt - für diese rechtliche Beurteilung ohne Belang ist, ob der Zutritt nur Mitgliedern oder auch vereinsfremden Personen möglich ist).

Im übrigen ist das weitere Tatbestandsmerkmal, nämlich die Absicht des Vereines, mit der gegenständlichen Tätigkeit einen Ertrag zu erzielen, auch, so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis, schon dadurch erfüllt, wenn (bloß) die Absicht besteht, aus der in Rede stehenden Tätigkeit den Vereinsmitgliedern in sonstiger Weise (irgend)einen vermögenswerten Vorteil zuzuwenden.

3.3. Den dargelegten Anforderungen genügt jedoch der vorgelegte Fall nicht.

So erweist sich schon als aktenwidrig, wenn in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt wird, daß bei der Kontrolle festgestellt worden sei, daß Tee und 'serbische Bohnensuppe' entgeltlich ausgeschenkt bzw.

verabreicht worden seien. Gerade aus der Anzeige der BPD L... vom 18. April 1993 kann nämlich nur entnommen werden, daß anläßlich der Kontrolle an diesem Tag die Entgeltlichkeit des Ausschanks bzw. der Verabreichung gerade nicht festgestellt worden ist. Andere Ermittlungsergebnisse diesbezüglich liegen dem vorgelegten Akt nicht ein, der weiters auch keinerlei Feststellungen darüber enthält, daß den Mitgliedern des Vereins wenigstens irgendein vermögenswerter Vorteil (etwa dadurch, daß die verabreichten Speisen zum Selbstkostenpreis konsumiert werden können) zugewendet worden wäre. Und schließlich ist auch nicht zu erkennen, auf welche Feststellungen die belangte Behörde die Anführung der Betriebsart eines Buffets im Schuldspruch gestützt haben könnte. Hiefür geeignete Beschreibungen, u.zw. weder bezüglich eines Erscheinungsbildes nach außen noch bezüglich eines solchen nach innen, dokumentiert weder die schon genannte Anzeige vom 18. April 1993 noch ein sonstiges Aktenstück.

Im übrigen verkennt die belangte Behörde die Rechtslage gänzlich, wenn sie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses davon ausgeht, daß der Berufungswerber nicht nachweisen habe können, daß das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes nicht gegeben sei. Die somit deklarierte Umkehr der Beweislast zum Nachteil des Beschuldigten verstößt gegen die auf Verfassungsebene durch Art.6 Abs.2 MRK abgesicherte Unschuldsvermutung.

4. Aus all diesen Gründen erweist sich, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich wesentlicher Tatbestandselemente eines Ermittlungsverfahrens ermangelt. Ein solches Ermittlungsverfahren nicht schon von der Strafbehörde erster Instanz geführt zu haben, darf sich nicht dahin auswirken, daß der maßgebende Sachverhalt zum ersten Mal somit erst vom unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt wird. Eine derartige Konsequenz nämlich brächte den Berufungswerber in verfassungswidriger, weil den Anklagegrundsatz des Art.6 Abs.1 MRK verletzender Weise um den ihm zu garantierenden Rechtszug in Tatfragen.

Zusammenfassend war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG im Zweifel einzustellen.

5. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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