Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220748/7/Kon/Fb

Linz, 21.11.1994

VwSen-220748/7/Kon/Fb Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des KR H H , W , S , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B , E , K , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1.10.1993, GZ:

MA2-Ge-4061-1993, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß 1) der Beschuldigte strafrechtlich Verantwortlicher iSd § 9 Abs.2 VStG ist; 2) die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils in der Dauer von 21 Stunden festgesetzt werden.

II. Der Beschuldigte hat 20 % der insgesamt gegen ihn verhängten Geldstrafen, ds 6.400 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 51 Abs.1 VStG und §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, 16 namentlich angeführte Arbeitnehmer jeweils an datumsmäßig bestimmten Tagen über die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit beschäftigt und dadurch die Bestimmungen des § 9 AZG verletzt zu haben.

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 leg.cit wurden über den Beschuldigten Geldstrafen im Ausmaß von 2.000 S für jeden der angeführten Arbeitnehmer verhängt (16 x 2.000 S), ds insgesamt 32.000 S.

Für den Uneinbringlichkeitsfall wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gesamtausmaß von 14 Tagen verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen ausgeführt:

In seiner Rechtfertigung habe er dargelegt, daß im Tatzeitraum eine Ausnahmesituation vorgelegen sei, auf die die geleisteten Arbeitszeiten zurückzuführen seien. Es habe sich dabei um Inventurarbeiten in Verbindung mit Regalumbauarbeiten gehandelt. Diese Arbeiten seien notwendig gewesen, um einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb des von ihm geführten Unternehmens zu gewährleisten. Insbesondere sei es erforderlich gewesen, die Inventur zu erstellen, um dem gesetzlichen Auftrag der Bilanzvorlage entsprechen zu können. Aus diesem Grund berühre ihn der angefochtene Bescheid in seinem verfassungsgewährleisteten Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung. Einfachgesetzlich hätte die Erstbehörde zu überprüfen gehabt, ob nicht der Tatbestand des § 20 Abs.1 lit.a bzw b AZG vorgelegen wäre. Die angeführten Arbeiten seien erforderlich gewesen, um schwerwiegende finanzielle Nachteile vom Unternehmen abzuhalten. Die Erstbehörde gehe in ihrem Straferkenntnis darauf nicht ein. Mit ihrem Hinweis, daß eine entsprechende Interessensabwägung im AZG nicht vorgesehen sei, habe sie sein Vorbringen in bezug auf § 20 AZG übersehen. Im übrigen seien die Arbeiten in einer Weise durchgeführt worden, wie sie die Arbeitnehmer selbst gewünscht hätten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Überschreitung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit bei den im Spruch angeführten Arbeitnehmern ist aufgrund der Feststellungen des Arbeitsinspektorates für den 5. Aufsichtsbezirk erwiesen.

Dem Einwand des Berufungswerbers, daß eine Ausnahmesituation iSd § 20 Abs.1 lit.a bzw b AZG vorgelegen wäre, ist nicht zu folgen, da die angeführten Inventur- und Regalarbeiten nicht solche sind, die für die Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder für die Gesundheit von Menschen erforderlich gewesen sind. Ebensowenig waren sie wegen eines Notstandes, noch zur Behebung einer Betriebsstörung oder zur Verhütung des Verderbens von Gütern oder eines sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens erforderlich. Der objektive Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen ist sohin voll erfüllt. Da der Beschuldigte auch anhand seiner Berufungsausführungen iSd § 5 Abs.1 VStG nicht dargelegt hat, daß ihn an der Verletzung der Bestimmungen des § 9 AZG, kein Verschulden getroffen hat, ist auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen. Aus diesen Gründen war der Schuldspruch der Erstbehörde zu bestätigen.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 28 Abs.1 AZG sind Arbeitgeber, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Zunächst ist aufzuzeigen, daß die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber festgelegten Kriterien (§ 19 VStG) vorzunehmen ist.

Die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen sind noch im unteren Drittel des oben angeführten Strafrahmens gelegen und entsprechen in dieser Höhe voll dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat. Zu bedenken ist dabei, daß das Ausmaß der jeweiligen Arbeitszeitüberschreitungen nicht unbeträchtlich ist und hiedurch die durch die Strafnorm geschützten Interessen der Arbeitnehmer, nämlich nicht durch überlange Arbeitszeiten eine Gefährdung der Gesundheit zu erleiden, im erheblichen Ausmaß gefährdet wurden. Die verhängten Strafen sind in diesem Ausmaß auch notwendig, um den Zwecken der General- und Spezialprävention zu entsprechen. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verhängten Strafen für den Beschuldigten wird als gegeben erachtet.

Da sohin von der Erstbehörde auf die Bestimmungen des § 19 VStG ausreichend Bedacht genommen wurde, war auch der Strafausspruch zu bestätigen.

Die Erstbehörde wird darauf hingewiesen, daß die von ihr vorgenommene undifferenzierte Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe den Bestimmungen des § 16 Abs.1 VStG widerspricht.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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