Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220776/15/Ga/La

Linz, 08.05.1996

VwSen-220776/15/Ga/La Linz, am 8. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl.-Ing. R... F..., vertreten durch Dres.

H..., Z... und F..., Rechtsanwälte in W..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10.

November 1993, Zl. Ge-96/121/1993/Gru, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) als verletzte Rechtsvorschrift anzuführen ist: "§ 33 Abs.5 der Bauarbeitenschutzverordnung iVm § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes" und b) die Strafbestimmung zu lauten hat: "gemäß § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und 2.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe als "handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Ing. J... K... B... mit dem Sitz in H..., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der Ing. J... K... B... mit dem Sitz in H... ist, und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG. zur Vertretung nach außen berufene Organ, am 1.6.1993 auf der Baustelle: N... S... ... R...

zwei Arbeitnehmer auf einem Bockgerüst mit dem Verlegen der Bewehrung beschäftigt, wobei der Gerüstbelag des Bockgerüstes nur aus einem ca. 20 bis 25 cm breiten Pfosten bestanden" habe. Gerüstlagen, auf denen gearbeitet wird, müßten dicht hergestellt sein. Es hätte somit das ca. 1,0 m breite Bockgerüst über diese Breite dicht mit Pfosten belegt werden müssen.

Dadurch habe er § 33 Abs.5 der Bauarbeitenschutzverordnung (BArbSchV) verletzt und sei gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) mit einer Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

fünf Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

2. Begründend verweist die belangte Behörde im wesentlichen auf die Anzeige des Arbeitsinspektorats über die im Zuge der Kontrolle am 1. Juni 1993 gemachten Feststellungen. Im daraufhin eingeleiteten ordentlichen Strafverfahren habe der Berufungswerber die aufgezeigten Mängel des Bockgerüstes zwar nicht bestritten, jedoch versucht, auf einen bestimmten Zeitfaktor hinzuarbeiten, der beweisen solle, daß sämtliche Arbeiten nur ohne Wissen des Poliers ausgeführt haben werden können. Übereinstimmend mit der Ansicht des Arbeitsinspektorates ist die belangte Behörde allerdings davon ausgegangen, daß ein solcher Zeitfaktor für die Tatsache des mangelhaft aufgestellten Gerüstes bzw. für den daraus abgeleiteten Tatvorwurf nicht relevant sei. Die Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des § 33 Abs.5 BArbSchV stünde daher fest und werde vom Beschuldigten auch nicht bestritten.

Die subjektive Tatseite betreffend legt die belangte Behörde ein Ungehorsamsdelikt zugrunde und nimmt im Ergebnis an, daß die Tat dem Berufungswerber wegen eines mit Fahrlässigkeit begangenen Sorgfaltsmangels zuzurechnen sei; dies deshalb, weil er nicht habe glaubhaft machen können, daß er in seinem Betrieb zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften solche Maßnahmen vorgekehrt habe, die unter den voraussehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung eben dieser Vorschriften erwarten lassen.

Strafbemessend sei die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd, erschwerend kein Umstand gewertet worden. Entsprechend den zu schätzen gewesenen und ihm vorgehaltenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen 20.000 S; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) habe unter Bedachtnahme auf die zufolge der konkreten Absturzgefahr als erheblich eingestufte Rechtsgutverletzung sowie andererseits darauf, daß keine nachteiligen Folgen der Übertretung bekannt geworden seien, mit der verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden können. Diese Strafhöhe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat; hingegen sei die vom Arbeitsinspektorat beantragt gewesene Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S als überhöht anzusehen gewesen.

3. Der Berufungswerber ficht dieses Straferkenntnis vollinhaltlich an. Auf den Punkt gebracht bringt er hiezu mit näherer Begründung - so macht er einerseits die Bestellung von verantwortlichen Bevollmächtigten und andererseits weisungswidrige Eigenmacht der involvierten Arbeitnehmer geltend - vor, daß der Verschuldensnachweis nicht gelungen sei und ihm daher die Übertretung nicht zugerechnet werden dürfe. Er beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise (erkennbar) den Ausspruch bloß einer Ermahnung. Außerdem beantragt er, drei namentlich angeführte Personen, darunter den Berufungswerber, "zur Verhandlung zu laden", ohne aber diesen Antrag mit näheren Angaben zu erläutern.

4. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. Ge-96/121/1993/Gru vorgelegt. Schon das daraus ersichtliche Ermittlungsverfahren erlaubt dem unabhängigen Verwaltungssenat die abschließende Beurteilung in der Tatfrage. Der Sachverhalt wurde dem Berufungswerber übereinstimmend mit der Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 16. Juni 1993 angelastet und so auch dem Schuldspruch als maßgebend zugrundegelegt. Schon diese Anzeige war dem Berufungswerber abschriftlich bekanntgegeben worden. Die belangte Behörde hat dem Berufungswerber auch das vom Arbeitsinspektorat über den Vorfall angefertigte Lichtbild in Kopie zur Einsicht übermittelt.

Insgesamt hat der Beschuldigte den maßgebenden Sachverhalt schon im Ermittlungsverfahren vor der Strafbehörde nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich zugegeben und die Zuwiderhandlung damit erklärt, daß die involvierten Arbeitnehmer ohne Auftrag des Poliers bzw. aus Nachlässigkeit bzw. aus Bequemlichkeit gegen die Schutzvorschriften verstoßen hätten. Auch in der Berufungsschrift wird der Umstand des vorschriftswidrig hergestellten Gerüstbelages außer Streit gestellt. Dasselbe gilt für die Absturzgefahr vom Bockgerüst, allerdings ist der Berufungswerber der Auffassung, daß diese Absturzgefahr zu relativieren gewesen wäre, weil sich das Bockgerüst nur etwa einen Meter über Grund befunden habe und Haltemöglichkeiten an der Eisenbewehrung vorhanden gewesen seien.

Weil daher im Berufungsfall weitere Beweise zur Tat nicht aufzunehmen und im übrigen nur Rechtsfragen zu beurteilen waren bzw. in Wahrheit nur Rechtsmängel in der Berufungsschrift behauptet wurden, konnte die - vom Berufungswerber (allenfalls nur erschließbar, jedenfalls aber) nicht ausdrücklich verlangte - öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p ANSchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der auf Grund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ... zuwiderhandeln.

Zu den so erfaßten Verordnungen zählt (im Wege des § 33 Abs.1 Z12 ANSchG) die BArbSchV. Die Übertretungen sind mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen (§ 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.7 ANSchG).

Gemäß § 33 Abs.5 erster Satz BArbSchV müssen Gerüstlagen, auf denen gearbeitet wird, dicht hergestellt sein.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

5.2. Mit Blick auf die gegenständlich als verletzt vorgeworfene Gebotsnorm des § 33 Abs.5 BArbSchV enthält der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht nur die maßgeblichen Tatbestandsmerkmale, sondern auch die konkrete Tat selbst mit allen wesentlichen Elementen. Dieser Sachverhalt ist unstrittig und somit erwiesen; er wird als maßgebend auch für dieses Erkenntnis festgestellt.

Vor diesem Hintergrund wurde die Tatbestandsmäßigkeit zu Recht angenommen. Gleiches gilt für die subjektive Tatseite, die die belangte Behörde zwar nicht ausdrücklich, so doch offensichtlich und im Ergebnis zutreffend anhand des § 5 Abs.1 VStG prüfte, sodaß insgesamt dem Schuldspruch, wie nachstehend zu begründen ist, keine Mängel anhaften.

5.3.1. Die rechtliche Beurteilung zur subjektiven Tatseite betreffend wendet der Berufungswerber ein, daß vorliegend nicht nur der Polier, sondern auch der Bauleiter zum Bevollmächtigten iSd § 32 ANSchG (gemeint: § 31 Abs.2 ANSchG) bestellt worden seien, und zwar so, daß die Aufsichtspflicht bei Anwesenheit des Bauleiters von diesem und bei dessen Abwesenheit vom Polier wahrzunehmen gewesen sei. Davon ausgehend, hätte die belangte Behörde daher nicht die sonst nur für Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG angeordnete Umkehr der Beweislast handhaben dürfen, sondern hätte sie vielmehr selbst den Nachweis seines Verschuldens zu führen gehabt.

Mit diesem Einwand gelingt es dem Berufungswerber nicht, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses darzutun. Wie der Verwaltungsgerichtshof für die Fälle der gewillkürten Ausstattung mit verwaltungsstrafrechtlicher Haftung (insbesondere hinsichtlich des verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG; vgl. etwa VwGH 7.4.1995, 94/02/0470; in den hier belangvollen Punkten ist diese Judikatur auch für den schlicht Bevollmächtigten heranzuziehen) wiederholt ausgesprochen hat, setzt eine wirksame Bevollmächtigung iSd § 31 Abs.2 ANSchG (alte Rechtslage) voraus, daß eine von vornherein eindeutig bestimmte und feststehende Person für die (nicht bloß technisch, sondern strafrechtlich) verantwortliche Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt worden sein muß. Diese Bestellung kann zwar auch formlos, sie muß aber jedenfalls ausdrücklich und mit unzweideutigem Inhalt erfolgen; ihr Nachweis allerdings ist nicht an die strengen Vorschriften des § 9 Abs.4 VStG gebunden. Konträr jedoch zu der aus der Berufungsschrift (Seite 4, zweiter Absatz) hervorleuchtenden Rechtsmeinung, verdrängt selbst eine wirksame Bevollmächtigung iSd § 31 Abs.2 ANSchG die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers nicht grundsätzlich. Die Bestellung kann weiters nur durch den Arbeitgeber bzw. das Vertretungsorgan iSd § 9 Abs.1 VStG selbst erfolgen (vgl. VwGH 9.6.1988, 88/08/0104); eine Subdelegierung scheidet danach ebenso aus, wie eine Doppel- oder Mehrfachbestellung mit identen oder sich überschneidenden Verantwortungsbereichen.

5.3.2. Aus dieser Rechtslage ist für den Berufungsfall zu folgern, daß eine wirksame Bevollmächtigung iSd § 31 Abs.2 ANSchG nicht stattgefunden hat. Wenn schon nicht überhaupt - gemäß den eigenen Angaben des Berufungswerbers eine unzulässige Doppelbestellung des Bauleiters und des Poliers für ein und denselben Verantwortungsbereich erfolgte, so ist jedenfalls dadurch, daß die Verantwortlichkeit je nach Anwesenheit bzw. Abwesenheit des einen dann auf den anderen wechselt, eine von vornherein feststehende Person mit eindeutigem Verantwortungsbereich schon deshalb nicht bestimmt gewesen, weil bei diesem Modell, so wie vom Berufungswerber selbst beschrieben, die jeweiligen Anwesenheiten bzw. Abwesenheiten der bestellten Personen nicht zugleich im voraus fixiert worden sind bzw. im voraus nach objekiven Kriterien auch nicht fixierbar scheinen (ungeklärt ist etwa: Worauf bezieht sich die Anwesenheit - auf die konkrete Baustelle oder nur auf die Erreichbarkeit in der "Firma"? Was gilt für bloß kurzzeitige Abwesenheiten? Was gilt, wenn - aus welchen Gründen immer - eine gleichzeitige Anwesenheit oder Abwesenheit von Bauleiter und Polier stattfindet?).

Ist aber der nach den Angaben des Berufungswerbers die gewillkürte Verantwortlichkeit auslösende Faktor schon unbestimmt, so zieht dies auch die Unbestimmtheit dieser Verantwortlichkeit selbst nach sich; dies mit der Konsequenz, daß eine wirksame Bestellung ex tunc nicht vorgelegen ist.

5.3.3. Im Ergebnis war daher der Einwand des Berufungswerbers, er habe Bevollmächtigte bestellt gehabt, zu verwerfen, sodaß die Verwirklichung der subjektiven Tatseite durch den hier als verantwortliches Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich allein haftbaren Berufungswerber nicht im Lichte der Tatbestandselemente des § 31 Abs.5 ANSchG amtswegig zu prüfen gewesen ist. Vielmehr hat der Berufungswerber für ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG einzustehen, sodaß den schuldseitigen Entlastungsbeweis - entgegen seiner Rechtsmeinung - er selbst als Täter zu erbringen hat - und nicht die Behörde gemäß dem Prinzip der materiellen Wahrheit den Nachweis seines Verschuldens führen muß.

5.3.4. Daraus aber folgt für diesen Fall, daß der Berufungswerber als Täter mit der grundsätzlich widerlegbaren, jedoch eben nur von ihm zu widerlegenden Vermutung seines Verschuldens in der Form fahrlässigen Verhaltens konfrontiert ist. Bei gegebener Tatbestandsmäßigkeit hätte daher der Berufungswerber, weil im Hinblick sowohl auf sein eigenes Vorbringen als auch auf die Aktenlage Anhaltspunkte, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, nicht vorliegen (vgl. VfGH 20.6.1994, B 1908/93-10 uwZ), der gesetzlichen Schuldvermutung durch eigenes initiatives Tatsachenvorbringen entgegenzuwirken gehabt.

Diese Widerlegung ist dem Berufungswerber jedoch schon behauptungsmäßig nicht gelungen. Im Zusammenhang mit dem nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG von einem Unternehmer, einem Arbeitgeber oder ebenso von einem nach § 9 Abs.1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab, ist es ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß die im Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung - zumal bei Großbetrieben - es zwar nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bzw. strafrechtlich Verantwortliche aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt, es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. etwa VwGH 19.5.1994, 93/17/0332; ua).

Nach dieser Rechtsprechung reicht allerdings die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus; vielmehr ist entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgte. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, der Arbeitgeber bzw. das verantwortliche Organ die Ursache der Übertretung in einer weisungswidrigen Eigenmacht involvierter Arbeitnehmer sieht.

Wie dieses Kontrollsystem zur Sicherstellung der Befolgung erteilter Weisungen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes in seinem Betrieb eingerichtet ist, beschreibt der Berufungswerber nicht konkret. Er beruft sich nur pauschal auf eine ständige Ausbildung von verantwortlichen Arbeitnehmern, auf stichprobenartige Kontrollen von erteilten Weisungen einerseits und darauf, daß "an sich verläßliche Dienstnehmer außerhalb des Gesichtsfeldes der Aufsicht eigenmächtig und vorschriftswidrig und offensichtlich nach eigenem spontanen Sicherheitsempfinden agieren" andererseits, daß weiters die Einrichtung einer Rundumbewachung der Baustelle durch mehrere Aufseher während der Gesamtzeit der Bauführung den Zumutbarkeitsgrad übersteige und dies auch weder vom Gesetzgeber noch von der Rechtsprechung verlangt werde und auch wirtschaftlich gar nicht machbar wäre, und schließlich daß angesichts der Größe seines Betriebes der Geschäftsführung nur mehr Leitungsaufgaben zukämen.

Mit diesen Ausführungen hat der Berufungswerber ein iSd Judikatur (vgl. zuletzt etwa VwGH 26.1.1996, 96/02/0005) hinreichendes Kontrollsystem schon deshalb nicht dargestellt, weil er nicht angibt, inwieweit er selbst, obwohl als gemäß § 9 Abs.1 VStG Verantwortlicher an der Spitze des Kontrollsystems stehend, in dieses entsprechend eingebunden war. Mit dem Vorbringen, daß ihm als Geschäftsführer nur mehr Leitungsaufgaben zukämen, ist gerade nicht im Detail dargestellt, WIE durch das Kontrollsystem im Betrieb sichergestellt ist, daß die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Schutzvorschriften auf der Baustelle auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene, nämlich Baupolier und die ihm unterstellten Arbeitnehmer gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Auch der bloße Hinweis auf eine ständige Ausbildung und auf die Vornahme stichprobenartiger Kontrollen ersetzt diese Darstellung nicht.

Beruft sich zudem, wie hier, der Arbeitgeber bzw. das verantwortliche Organ auf die weisungswidrige Eigenmacht der involvierten Arbeitnehmer, dann hätte er zwecks Glaubhaftmachung der Einrichtung eines dieser Eigenmacht wirksam begegnenden Kontrollsystems umso mehr und insbesondere darzustellen gehabt, daß er die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet und solche disziplinäre Maßnahmen angedroht und durchgeführt hat, um damit für die Arbeitnehmer keinen Anreiz zur Verletzung der Schutzvorschriften zu geben, auch dann nicht, wenn der "mit überdurchschnittlicher Sorgfalt tätige Aufsichtspflichtige, gleichgültig ob Polier, Bauleiter oder Geschäftsführer," durch welchen Umstand immer - von der Baustelle kürzer oder länger abwesend ist. Aber auch eine solche Darstellung enthält die Berufungsschrift nicht.

5.3.5. Darin aber, daß der Berufungswerber, wie aus allen diesen Gründen zu folgern ist, hinsichtlich des in seinem konkreten Großbetrieb erforderlichen, effizienten Kontrollsystems nicht das bei Ausnutzung aller ihm tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel Mögliche und Zumutbare vorgekehrt hat (vgl. VwGH 6.12.1983, 11/2999/80), liegt der haftungsauslösende Sorgfaltsmangel.

Im Ergebnis nahm die belangte Behörde zu Recht an, daß der Berufungswerber für die in Rede stehende Übertretung mit Fahrlässigkeitsschuld einzustehen hat.

5.4. Der Berufungswerber hat auch beantragt, den Polier und den Bauleiter (je namentlich bezeichnet) sowie ihn selbst "zur Verhandlung zu laden". Darin sieht der unabhängige Verwaltungssenat ein nach den Umständen dieses Falles jedoch nur verfahrensverzögerndes Begehren.

So sind zum einen die maßgeblichen Tatumstände (oben 1.) durch den Berufungswerber ausdrücklich außer Streit gestellt worden. Zum anderen konnte die alleinige Verantwortlichkeit des Berufungswerbers schon aus der Aktenlage unter besonderer Berücksichtigung der Berufungsschrift eindeutig und abschließend beurteilt werden (oben 5.3.2.). Und zuletzt sind dem Vernehmungsbegehren auch keinerlei Beweisthemen beigefügt. Insgesamt war diesem Antrag, der im übrigen auch kein ausdrückliches Verlangen auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung formuliert, daher nicht zu entsprechen.

5.5. Aus allen diesen Gründen war der Schuldspruch zu bestätigen.

Die gleichzeitig verfügte Ergänzung der Spruchteile gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG bedeutet keine unzulässige Erweiterung des Abspruchsgegenstandes und entspringt der Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates.

6. Zur Strafbemessung gibt der Berufungswerber nur unspezifiziert an, daß er das Strafausmaß ebenfalls bekämpft. In Verbindung mit seinem Vorbringen, wonach die Absturzgefahr wegen der geringen Gerüsthöhe - etwa nur einen Meter über dem Grund - zu relativieren gewesen wäre, bringt er vor, daß keine Bestrafung notwendig gewesen wäre, sondern die Abstellung des vorschriftswidrigen Zustandes durch den Arbeitsinspektor und in der Folge die Erteilung einer Ermahnung genügt hätten.

Den damit angesprochenen § 21 VStG ("Absehen von der Strafe") hat jedoch zutreffend schon die belangte Behörde unter Hinweis auf den Unrechtsgehalt der Tat nicht angewendet. Ausgehend nämlich von der unstrittigen konkret-aktuellen Absturzgefahr vom schmalen Pfostenbelag wies schon das Arbeitsinspektorat zu Recht auf die unter Umständen tödliche Gefahr hin, die - aus dem dem Berufungswerber zur Einsicht vorgelegenen Beweisfoto klar ersichtlich - im unmittelbaren Bewegungs- und daher Absturzbereich der Arbeitnehmer durch senkrecht aufragende Steckeisen gegeben war, hin. An dieser Beurteilung des beträchtlichen Gewichts der Verletzung des Schutzzweckes der Gebotsnorm vermag die Darstellung des Berufungswerbers, wonach die Arbeitnehmer auf dem absturzgefährlichen Gerüst nach seiner Berechnung tatsächlich nur höchstens 10 Minuten gearbeitet hätten, nichts zu ändern, weil nach Lage des Falles die prinzipielle Gefährdungsbefindlichkeit der Arbeitnehmer nicht von der Zeitdauer der vorschriftswidrig vorgenommenen Arbeit abhängig gewesen sein konnte; eine längere Zeitdauer hätte nur die proportional wachsende Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Unfalls zur Folge gehabt (vgl. Erk. UVS 21.12.1994, VwSen-220984/10/Ga/La).

Daß im übrigen aber die belangte Behörde bei der Strafbemessung die hiefür maßgeblichen Kriterien des § 19 VStG ermessensmißbräuchlich gehandhabt hätte, bringt der Berufungswerber konkret nicht vor. Angesichts der nachvollziehbar dargestellten, nicht als rechtswidrig zu erkennenden Erwägungen der belangten Behörde - insbesondere hat sie den für die Strafbemessung in erster Linie maßgeblichen Unrechtsgehalt der Tat bewertet und auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers in Übereinstimmung mit dem Strafakt berücksichtigt - besteht kein Grund zur Annahme, die verhängte Strafe sei in unangemessener Höhe festgesetzt worden. Im Gegenteil: Die belangte Behörde hat begründet dargelegt, daß insgesamt die vom Arbeitsinspektorat beantragt gewesene Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S als überhöht habe angesehen werden müssen.

Aus allen diesen Gründen kann der unabhängige Verwaltungssenat nicht finden, daß die verhängte und den hier vom Gesetz vorgesehenen Strafrahmen nur zu einem Zehntel ausschöpfende Geldstrafe nach den Umständen dieses Falls nicht tat- und schuldangemessen ist.

Auch die Höhe der Strafe war zu bestätigen.

7. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Berufungswerber zusätzlich der gesetzlich bestimmte Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzulegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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