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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220829/8/Kon/Fb

Linz, 17.05.1995

VwSen-220829/8/Kon/Fb Linz, am 17. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der R G, L, Hstraße , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G E, L, Mstraße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. November 1993, Ge-96/359/1992/Tr, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 7.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 60 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf 700 S herabgesetzt werden.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG, §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben als verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin der 'M + P Interfashion Ges.m.b.H.' für das 'Handelsgewerbe' im Standort T, Zstraße, zu vertreten, daß am 8. September 1992, wie von Organen der BH Linz-Land und einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Genehmigungsverhandlung festgestellt wurde, und am 4. Februar 1993, wie von Organen der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anläßlich einer unangemeldeten Überprüfung beim Betrieb in T, Zstraße, festgestellt wurde, der Auflagenpunkt (zum Schutze der Arbeitnehmer) Nr. 1 auf Seite 2 des ha. Genehmigungsbescheides Ge-9465/1/1990 vom 9.2.1990 für die ggstdl.

Lagerhalle samt Büro in T, Zstraße Gst. Nr.

KG T, wonach sämtliche nach außen führende Tore im Lagerhallenbereich so zu gestalten sind, daß mindestens zwei Drittel der Gesamtfläche dieser Tore mit Klarsichtverglasung ausgestattet werden, nicht erfüllt wurde, indem am 8.9.1993 die nach außen führenden Tore im Lagerhallenbereich nicht in Klarsichtverglasung (d.h. überhaupt nicht verglast) und am 4.2.1993 zumindest das an der westlichen Außenseite gelegene Tor der gewerbebehördlich genehmigten Lagerhalle nicht in Klarsichtverglasung (überhaupt nicht verglast) ausgeführt waren.

Sie haben dadurch folgende Rechtvorschriften verletzt:

§ 31 Abs. 2 lit. p in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 i.d.F. BGBl.Nr.

650/1989 und i.V.m. dem Genehmigungsbescheid der Bezirks hauptmannschaft Linz-Land Ge-9465/1/1990 vom 9.2.1990 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der Strafe, das sind S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 11.000,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." Begründend führt die Erstbehörde aus, daß die objektive Tatseite der der Beschuldigten angelasteten Tat aufgrund der Wahrnehmungen der Organe der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk erwiesen seien. Mit ihren Rechtfertigungsangaben sei es der Beschuldigten nicht gelungen, glaubhaft darzutun, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sodaß auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt sei.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Bereits in der Verhandlung vom 14.2.1991 sei gemäß § 24 Abs.3 ASchG beantragt worden, in Abweichung von § 8 AAV zuzulassen, daß im Lagerhallenbereich, von der natürlichen Beleuchtung durch die vorhandenen Lichtkuppen abgesehen, ausschließlich künstliche Beleuchtung erfolge. Dieser Antrag sei damit begründet worden, daß der Einbau neuer Tore mit erheblichen Kosten verbunden sei und durch den von außen möglichen Durchblick nach innen eine erhöhte Einbruchsgefahr gegeben wäre. So liege die Betriebsstätte in einer fast unbewohnten Gegend, welche außerhalb der Arbeitszeiten ebenso wie die gesamte Nachbarschaft völlig unbeobachtet sei. Weiters sei darauf hingewiesen worden, daß sich in der Lagerhalle keine ständigen Arbeitsplätze befänden, sondern daß sich Arbeitnehmer nur vorübergehend und kurzfristig in der Lagerhalle aufhielten und bei ihrer Arbeit in der Lagerhalle wesentlich in Bewegung seien und diese nicht stationär ausübten. Bei dieser Verhandlung seien einige Mängel festgestellt worden, für deren Behebung eine Frist bis 30.4.1991 eingeräumt worden sei. Grundsätzlich sei festgestellt worden, daß gegen den Weiterbetrieb der Anlage gewerbebehördliche Bedenken nicht bestünden. Im Jahr 1992 sei um die gewerbebehördliche Genehmigung der durch Erweiterung der Lagerhalle entstehenden Änderung der Betriebsanlage angesucht worden. Im Zuge der Erweiterung der Lagerhalle seien vorerst der Expedit von dem Bereich, für welchen im Bescheid vom 9.2.1990 die Ausgestaltung der nach außen führenden Tore mit mindestens 2/3 der Klarsichtverglasung vorgeschrieben worden sei, in den Bereich der Tore des Erweiterungsbaues verlegt worden. Bezüglich dieses Bereiches sei in der Verhandlung vom 8.9.1992 festgelegt worden, daß die bestehenden Fenster zwischen den Achsen 3 und 4 der Hallenerweiterung über die gesamte Achsenbreite auf ca 7,5 m 2 zu vergrößern seien.

Im Hinblick darauf, daß die Verlegung des Expedites beabsichtigt gewesen wäre, sei in der Verhandlung am 8.9.1992 und in der am 14.2.1991 der auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellte Antrag bezüglich der verfahrensgegenständlichen Klarsichtverglasung der Tore im alten Bestand zurückgezogen worden.

Mit Eingabe vom 2.3.1993 sei letztlich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bekanntgegeben worden, daß der Expedit nicht, wie bei der Verhandlung am 8.9.1992 bekanntgegeben worden sei, in den Bereich der Achsen C-E/3-5 des Neubaues verlegt worden sei, sondern - wie vor der Erweiterung der Lagerhalle - im Bereich der Achsen H-I/3-5 des Altbaues verbliebe. Weiters sei bekanntgegeben worden, daß in der Zwischenzeit die Ausgestaltung der Tore mit Klarsichtverglasung von mindestens 2/3 der Gesamtfläche erfolgt sei und daß die Montage dieser Tore deswegen erst Mitte Februar 1993 möglich gewesen wäre, weil die im Herbst 1992 beauftragte Firma ihrerseits die hiefür notwendigen Torteile nicht hätte früher geliefert bekommen. In diesem Zusammenhang müsse erwähnt werden, daß die bei der Verhandlung am 8.9.1992 anwesenden Techniker (Amtssachverständiger und Vertreter der Baufirma H) den für die Konsenswerberin einschreitenden Vertreter Dr. G E gegenüber erklärten, daß die Vergrößerung der Fenster über die gesamte Achsenbreite technisch ohne weiteres und finanziell mit keinem besonderen Aufwand möglich sein würde. Daraufhin sei sofort die Baufirma H beauftragt worden, einen Kostenvoranschlag für die erforderlichen Umbauarbeiten zu erstellen. Es hätte sich dabei herausgestellt, daß bei Vergrößerung der Fenster über die gesamte Achsenbreite erhebliche statische Probleme entstünden und umfangreiche zusätzliche Baumaßnahmen zu deren Bewältigung erforderlich sein würden, sodaß, abgesehen von der Unmöglichkeit, diese Arbeiten in der kalten Jahreszeit auszuführen, weit höhere Kosten als ursprünglich angenommen, entstehen würden. Die Baufirma H sei nicht bereit gewesen, für die Kosten des Umbaues eine Kostengarantie zu übernehmen. Naturgemäß wären auch diese Umstände für die weitere Entscheidung der Beschuldigten von Bedeutung gewesen.

Es erscheine demgemäß nicht gerechtfertigt, eine Übertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG am 8.9.1992 vorzuwerfen, da bis zu diesem Tag über den bereits am 14.2.1991 gestellten Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung betreffend die Klarsichtverglasung noch nicht entschieden worden wäre.

Bezüglich des 4.2.1993 sei nochmals darauf zu verweisen, daß der Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung erst wenige Monate vorher zurückgezogen worden sei, daß anschließend die Festlegung, daß der Expedit an der alten Stelle verbleibe und nicht in den Neubau verlegt würde, erfolgte und daß sodann unverzüglich die Tore mit 2/3-Verglasung bestellt worden seien und daß sich deren Montage durch Lieferschwierigkeiten der Firma, die die Tore erzeuge, bis Mitte Februar 1993 verzögert habe.

Unter Hinweis auf alle diese Umstände sei in der Äußerung vom 8.3.1993 beantragt worden, das Verfahren mit Erteilung einer Ermahnung gemäß § 21 VStG abzuschließen.

Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid erschienen aber aufgrund des vorher geschilderten Sachverhaltes nicht geeignet, die Verhängung einer Strafe, insbesondere in der Höhe von 10.000 S zu rechtfertigen.

Die Berücksichtigung des Umstandes, daß "durch die fehlende Sichtverglasung eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die im Bereich des gegenständlichen Tores beschäftigten Arbeitnehmer verursacht wurde und nachteilige gesundheitliche Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden können" sei sicher verfehlt. Für eine derartige Feststellung fänden sich einerseits im Verfahren keine Anhaltspunkte, andererseits sei aus der Bestimmung des § 8 Abs.1 AAV eindeutig zu erkennen, daß das Vorhandensein einer etwa in Augenhöhe gelegenen Sichtverbindung mit dem Freien für die Gesundheit der Arbeitnehmer in Wirklichkeit ohne Belang sei, bestenfalls für das Wohlbefinden eines Arbeitnehmers an seinem Schreibtisch, sofern dieser ein stationärer, also ein Schreibtischarbeitsplatz mit praktisch ständiger Anwesenheit des Arbeitnehmers an diesem, von Bedeutung sein könne. Für die Gesundheit der Arbeitnehmer sei eine ausreichende natürliche oder künstliche - Belichtung sowie eine ausreichende Belüftung des Arbeitsplatzes von Bedeutung, keinesfalls aber das Vorhandensein einer ausreichenden Sichtverbindung nach außen aus einer Lagerhalle, in der sich die Arbeitnehmer ständig von einem Teil der Halle in den anderen bewegten.

Die Berufungswerberin verweist auf mehrere Betriebsstätten im Bereich Linz und Umgebung ohne Sichtverbindung vom Arbeitsplatz nach außen. Keinesfalls sei es aber gerechtfertigt, bei einer Höchststrafe von 20.000 S und den richtig beurteilten Strafzumessungsgründen, eine Geldstrafe im Ausmaß von 50 % des Höchstsatzes zu verhängen.

Die Berufungsausführungen wurden gemäß den einschlägigen Bestimmungen des ArbIG dem Arbeitsinspektorat für den 9.

Aufsichtsbezirk in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. In seiner Stellungnahme vom 11. April 1994, Zl.

1160/69-9/94, teilte das genannte Arbeitsinspektorat mit, daß anläßlich einer Erhebung am 22. März 1994 festgestellt wurde, daß das verfahrensgegenständliche Tor entsprechend der vorgeschriebenen Auflage (2/3-Verglasung) ausgeführt worden sei. Das vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafausmaß von 20.000,-- werde deshalb auf den Betrag von 7.000,-- herabgesetzt.

Zu dieser Stellungnahme des Arbeitsinspektorates wurde von der Berufungswerberin mit Schriftsatz vom 15.5.1995 eine abschließende Gegenäußerung erstattet, in der im wesentlichen das Berufungsvorbringen wiedergegeben wird.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unstrittig ist, daß die Beschuldigte zu den im Tatvorwurf angeführten Zeitpunkten, der rechtskräftigen Auflage des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides vom 9.2.1990, Ge9465/1/1990, nicht entsprochen hat, als sämtliche nach außen führende Tore im Lagerhallenbereich nicht wie vorgeschrieben mit einer 2/3 der Gesamtfläche ausmachenden Klarsichtverglasung ausgestattet waren. Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist sohin voll erfüllt und wird deren Vorliegen auch nicht bestritten.

In bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite, ist die Beschuldigte darauf hinzuweisen, daß ihrem Berufungsvorbringen nach nicht davon ausgegangen werden kann, daß ihr die Befolgung der rechtskräftigen Bescheidauflage unverschuldetermaßen nicht möglich gewesen ist. Ebensowenig läßt sich aus dem Berufungsvorbringen eine Rechtfertigung für die Nichteinhaltung der Bescheidauflagen begründen. Sofern die Begründetheit der Auflage als solche bestritten wird, wäre dies im Rahmen einer Berufung im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren geltend zu machen gewesen. Ins Leere geht auch der Einwand, daß über den in der mündlichen Verhandlung am 14.2.1991 gestellten Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 8 Abs.3 AAV, am 8.9.1992 noch nicht entschieden worden sei, weil durch diesen Antrag die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides vom 9.2.1990 samt dessen Auflage, nicht berührt wird. Sohin hat der rechtswidrige Zustand durch Nichtbefolgung der Auflage bereits am 14.2.1991 bestanden. Zudem kommt, daß der Antrag auf Ausnahmegenehmigung eben am 8.9.1992 auch zurückgezogen wurde. Da mit obigem Vorbringen die Berufungswerberin nicht glaubhaft darzulegen vermag, daß sie an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes, der durch die Nichtbefolgung der rechtskräftigen Bescheidauflage herbeigeführt wurde, kein Verschulden trifft, ist auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt. Der erstbehördliche Schuldspruch ist sohin zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Die Herabsetzung der Strafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß konnte insofern vorgenommen werden, als zusätzlich als strafmildernd der Umstand zu werten ist, daß sich die Beschuldigte, wie sich aus der Aktenlage ergibt, jedenfalls bemüht hat, eine ausreichende Belichtung der Lagerhalle, nämlich durch Vergrößerung der Fensterflächen herbeizuführen. Daß dieses Vorhaben sich in weiterer Folge als undurchführbar und mit einem unzumutbaren Kostenrisiko behaftet erwiesen hat, war nicht von vornherein erkennbar.

Letztlich war in bezug auf die Höhe der zu verhängenden Strafe auch zu berücksichtigen, daß die vorgeschriebene Auflage von der Beschuldigten doch noch befolgt wurde. Das so festgesetzte Strafausmaß erscheint ausreichend, die Beschuldigte in Hinkunft vor der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung des Strafausmaßes bzw ein Absehen von der Strafe wäre sowohl aus spezial- wie aus generalpräventiven Gründen nicht vertretbar. Weiters stünde dem die lange Dauer des rechtswidrigen Zustandes, der von der Erstbehörde zu Recht als erschwerend gewertet wurde, entgegen.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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