Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220867/3/Schi/Ka

Linz, 03.05.1995

VwSen-220867/3/Schi/Ka Linz, am 3. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Beisitzer:

Dr. Fragner; Berichter: Dr. Schieferer) über die Berufung der Frau E S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.

H K, W, A St, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.1.1994, Ge-96/473/1992/Eich, wegen einer Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 20.000 S und die dafür festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt werden. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch bei der Zitierung der Gewerbeordnung 1973 (im Zusammenhang mit der verletzten Verwaltungsvorschrift - § 44a Z2 VStG) die BGBl.Nr.

"532/1993" ersetzt wird durch die BGBl.Nr. "450/1992".

Der Antrag auf Absehen von der Strafe und Erteilung einer Ermahnung wird abgewiesen.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 2.000 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt. Der Antrag auf Zuerkennung der Kosten des Berufungsverfahrens wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 sowie § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.1.1994, Ge-96/473/1992/Eich, wurde wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973, BGBl.Nr.50/1974 idF BGB.Nr.532/1993 über die Berufungswerberin gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973 eine Geldstrafe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) kostenpflichtig verhängt, weil sie es als gem. § 370 Abs.2 Gewerbeordnung 1973 verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin für das Gewerbe "Tiefkühlen von Lebensmitteln in der Form eines Industriebetriebes" der "D S T Ges.m.b.H." im Standort A, Bstraße , zu vertreten hat, daß in A, Bstraße , Gst.Nr. und jeweils KG. A, die mit Bescheid der BH Linz-Land, Ge-10.266/4/1992/Zo/Sk, vom 15.7.1992 genehmigte Betriebsanlage (Errichtung und Betrieb einer Tiefkühlhalle mit Verladerampe, eines Containers für Kälteaggregate und eines Bürogebäudes mit Sanitär- und Sozialräumen, bei einer Betriebszeit von Montag bis Freitag von 6.00 bis 22.00 Uhr und einer Anlieferung von täglich 7 und einer Auslieferung von täglich 8 LKW) nach erfolgter genehmigungspflichtiger Änderung - indem, wie von Organen des Gendarmeriepostens Enns festgestellt wurde, in der gegenständlichen Betriebsanlage auch nach 22 Uhr noch Beund Entladetätigkeiten an LKW sowie Manipulationen in der Tiefkühlhalle durchgeführt wurden, und zwar am 16.12.1992 bis zumindest 24.00 Uhr, in der Nacht vom 17. auf den 18.12.1992 bis 01.00 Uhr, und am 21.12.1992 bis zumindest 23.00 Uhr, wodurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm z.B. infolge von Verladetätigkeiten an LKW, Manipulationen in der Tiefkühlhalle bei der Kommissionierung der Tiefkühlwaren oder beim Zu- und Abfahren von LKW bestand - ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wurde.

1.2. Begründend wurde - nach Zitierung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, daß aufgrund von Anrainerbeschwerden die gegenständliche Betriebsanlage in Asten, Bstraße , von Organen des Gendarmeriepostens E am 16., 18. und 21.12.1992 überprüft und dabei festgestellt wurde, daß die Betriebsanlage auch nach 22.00 Uhr noch betrieben worden sei. Es habe konkret wahrgenommen werden können, daß LKW beund entladen sowie Manipulationen in der Tiefkühlhalle vorgenommen worden seien. Diese konsenslose Ausdehnung der Betriebszeit in die Nachtzeit hinein stelle zweifellos eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs.1 GewO 1973 dar, da dadurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm resultierend aus dem LKW-Verkehr, den Verladetätigkeiten sowie den Manipulationen in der Tiefkühlhalle gegeben gewesen sei.

Dies werde auch dadurch belegt, daß die Überprüfungen durch die Organe des Gendarmeriepostens Enns aufgrund konkreter Beschwerden von Anrainern infolge des Betriebes der Betriebsanlage nach 22.00 Uhr erfolgt seien.

Durch die angeführte und erwiesenermaßen durchgeführte konsenslose Ausdehnung der Betriebszeit beim Betrieb der Betriebsanlage in A, Bstraße , sei die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm resultierend aus dem verstärkten LKW-Verkehr, Verladetätigkeiten, Manipulationen in der Betriebsanlage sicherlich gegeben. Es stehe die Genehmigungspflicht dieser Maßnahme außer Zweifel und werde auch dadurch belegt, daß bei der belangten Behörde Proteste von Anrainern über Lärmbelästigungen einlangten.

Der objektive Tatbestand sei somit als erwiesen anzusehen gewesen. Bezüglich des Grades des Verschuldens hat die belangte Behörde Fahrlässigkeit angenommen.

Bei der Bemessung der Strafe wurde gemäß § 19 Abs.1 VStG auf die aus der gegenständlichen konsenslosen Änderung der genehmigten Betriebsanlage mögliche Belästigung von Nachbarn iSd § 74 Abs.2 GewO Bedacht genommen. Als nachteilig wurde gewertet, daß vehemente Beschwerden von Nachbarn über Lärmbelästigungen erhoben wurden.

Die tatsächlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse konnten bei der Strafbemessung nicht entsprechend berücksichtigt werden, da diese trotz Aufforderung vom 9.9.1993 der belangten Behörde nicht bekanntgegeben wurden.

Die belangte Behörde ist daher davon ausgegangen, daß die Berufungswerberin kein Vermögen besitzt, keine Sorgepflichten hat und ihr monatliches Nettoeinkommen S 30.000,-- beträgt.

2.1. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach anficht und beantragt, der Berufung stattzugeben und 1.) die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen; in eventu 2.) die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dahingehend abzuändern, daß eine Ermahnung gemäß § 21 VStG ausgesprochen wird; in eventu 3.) die angefochtene Entscheidung aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, 4.) die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 5.657,40 S zuzuerkennen.

2.2. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß zunächst nicht bestritten werde, daß es tatsächlich in den drei angeführten Nächten zu Überschreitungen der Betriebszeiten gekommen sei. Das gegenständliche Verfahren sei aber vor allem deshalb mangelhaft, weil keine Beweise zu der Frage aufgenommen worden wären, wie es zu den Überschreitungen der Betriebszeit tatsächlich gekommen sei; dies sei insbesondere im Hinblick auf § 19 Abs.2 VStG relevant, da auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen wäre. Dieses mangelhafte Verfahren lasse darüber hinaus eine Beurteilung der Frage, ob hier gemäß § 21 VStG ein Absehen von der Strafe angezeigt sei, nicht zu.

2.3. Die D S T Ges.m.b.H. hätte aufgrund der bevorstehenden Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel im Dezember 1992 den Personalstand fast verdoppelt, um den besonders zu dieser Zeit enorm hohen Auftragsstand bearbeiten zu können. Trotzdem hätten nicht alle Arbeiten in der genehmigten Zeit zwischen 6.00 und 22.00 Uhr durchgeführt werden können, da für den Betrieb völlig unvorhergesehenerweise aufgrund von enorm hohen Krankenständen die Personalressourcen sehr eng gewesen seien. Da jedoch die Bevölkerung mit Lebensmittel für die bevorstehenden Feiertage genügend versorgt hätte werden müssen, hätte die Betriebszeit an den drei genannten Tagen überschritten werden müssen. Die D S T Ges.m.b.H. betreue nicht nur Lebensmittelgeschäfte und Märkte, sondern auch die Gastronomie, deren Lagerbestand die D S T quasi führe. Die Überschreitung der Betriebszeit hätte aus dem Umstand resultiert, daß das vorhandene Personal aufgrund der hohen Krankenstände sämtliche Aufträge nicht in der genehmigten Zeit hätte abwickeln können. Es habe zumindest ein dem entschuldigenden Notstand naheliegender Umstand vorgelegen. Weiters würde infolge der Errichtung des neuen Tiefkühlhauses der D S T Ges.m.b.H. das Objekt Bstraße aufgelöst, sodaß in Zukunft weitere Störungen der Nachbarschaft ausgeschlossen seien. Aus diesem Grund könne mit einer Ermahnung das Auslagen gefunden werden.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c VStG - da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 5. Kammer.

3.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen von der Berufungswerberin gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81 leg.cit.).

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Geräten oder Maschinen, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, ua. zufolge Z2 die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

4.2. § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 erfaßt mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" jede - durch die erteilte Genehmigung gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Einrichtung verändernde Maßnahme des Betreibers der Betriebsanlage, durch die sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 ergeben können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von der Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon dann gegeben, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (VwGH 5.3.1985, 84/04/0191).

4.3. Hinsichtlich der Schuldfrage ist im Berufungsfall somit von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 auszugehen. Diese Übertretung stellt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG dar. Für die Strafbarkeit genügt alleine schon fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist diesfalls (bei Nichtbefolgung eines Gebotes) dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.4. Die Berufungswerberin macht nun das Vorliegen von Umständen, die einem entschuldigenden Notstand nahekommen, geltend. Nach § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Was nun genau unter Notstand zu verstehen ist, wird vom VStG nicht definiert. Es ist daher auf § 10 StGB (entschuldigender Notstand) zu verweisen. Gemäß § 10 Abs.1 StGB ist entschuldigt, wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt, als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war. Gemäß § 10 Abs.2 erster Satz StGB ist der Täter nicht entschuldigt, wenn er sich der Gefahr ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund bewußt ausgesetzt hat.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß sich die Berufungswerberin insofern bewußt der Notstandslage ausgesetzt hat, als sie die Änderungen der Betriebsanlage durchführte bzw die geänderte Betriebsanlage betrieben hat ohne eine gewerbebehördliche Genehmigung hiefür erlangt zu haben. Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, daß die Berufungswerberin infolge der besonderen Situation (Weihnachtsgeschäft sowie Krankenstände des Personals) dringend gehalten war, dennoch die Aufträge auszuführen; in diesem Zusammenhang hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß wirtschaftliche Nachteile nur dann als relevant angesehen werden, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (14.11.1978, Zl. 1840/78; 12.5.1989, Zl. 87/17/0153). Die somit von der Berufungswerberin aufgezeigten Entschuldigungsgründe können daher nicht die Schuld als solche aufheben; sie können lediglich als besondere Milderungsgründe angesehen werden und als solche die Strafe entsprechend herabsetzen.

5. Zum Absehen von Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG:

5.1. Die Berufungswerberin beantragt hilfsweise, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden möge, weil sie davon ausgeht, daß die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG erfüllt seien. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Weder das eine noch das andere kann die Berufungswerberin für sich in Anspruch nehmen.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs 1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

5.2. Das sorgfaltswidrige Verhalten der Berufungswerberin kann - obzwar es als solcher Umstand angesehen werden kann, der als besonderer Milderungsgrund greift (siehe Punkt 4.4.) - jedoch nicht als minderes Versehen beurteilt werden, zumal die oben näher dargestellte Verhaltensweise der Berufungswerberin doch immerhin einem durchschnittlichen fahrlässigen Handlungsunwert entspricht. Von einem erheblichen Zurückbleiben hinter dem im § 366 Abs.1 Z4 GewO typisierten Unrechts- und Schuldgehalt kann daher keine Rede sein.

Ebensowenig können bloß unbedeutende Folgen der Übertretung angenommen werden. Angesichts der mehrmaligen Anrainerbeschwerden und der Feststellung der Betriebszeitenüberschreitungen durch Organe des Gendarmeriepostens E liegt auch ein nicht ganz unbeträchtlicher Erfolgsunwert vor.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973 sieht eine Höchststrafe von 50.000 S vor. Die belangte Behörde hat in ihrem Straferkenntnis eine Geldstrafe von 30.000 S (10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, wobei als straferschwerend gewertet wurde, daß die Berufungswerberin wegen des gleichen Deliktes bereits mehrmals rechtskräftig bestraft wurde. Dazu ist festzustellen, daß aus dem im Akt erliegenden Vorstrafenauszug folgende einschlägige Vorstrafen ersichtlich sind:

Ge96/194/1991 vom 1.8.1991 3.000 S; Ge96/258/1991 vom 8.4.1992 10.000 S; Ge96/127/1992 vom 1.6.1993 20.000 S.

Wenn auch in diesen Fällen die Berufungswerberin - genauso wie im gegenständlichen Verfahren - nach § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 bestraft wurde, so ist ja dennoch zuzugestehen, daß es sich hier im Ergebnis "lediglich" um eine Überschreitung der Betriebszeiten handelt; hingegen in den oben angeführten Fällen (deren letzter beim O.ö. Verwaltungssenat unter VwSen-220459/9 protokolliert und mit Erkenntnis vom 1.6.1993 entschieden wurde), es um eine viel gravierendere Tat ging, nämlich um die konsenslose Erweiterung der Betriebsanlage und des nachfolgenden Betriebes dieser solcherart erweiterten Betriebsanlage. Es bedarf daher keiner weiteren Begründung, daß jene Taten vom Unrechts- und Schuldgehalt her weitaus schwerer wiegen, als die im vorliegenden Fall geahndete Überschreitung der genehmigten Betriebszeiten. Es war daher keinesfalls zulässig, für die Betriebszeitenüberschreitungen an drei Tagen eine derartig hohe Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen. Dazu kommt noch, daß die Berufungswerberin ihr Möglichstes getan hat (Ersetzung des gegenständlichen Tiefkühlhauses im Objekt Breitwiesenstraße 1 bzw Auflösung desselben und Errichtung eines neuen Tiefkühlhauses an anderer Stelle), um weiteren ähnlichen Problemen zu entgehen.

6.3. Die nunmehr festgesetzte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe erscheint dem O.ö. Verwaltungssenat als tat- und schuldangemessen und entspricht auch im Hinblick auf die angeführten Vorstrafen dem Gedanken der General- und Spezialprävention. Ebenso erscheint sie im Hinblick auf die von der belangten Behörde angenommenen persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin entsprechend angemessen und nicht überhöht.

7. Wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wird, sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungswerberin nicht aufzuerlegen (§ 65 VStG), weswegen eine weitere Kostenentscheidung nicht zu treffen war; da andererseits im Verwaltungsstrafverfahren ein Kostenersatz für die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht stattfindet, konnte dem Kostenersatzantrag der Berufungswerberin nicht entsprochen werden, bzw mußte dieser als unzulässig zurückgewiesen werden (VwGH vom 26.5.1993, Zl.92/03/0124).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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