Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220872/3/Kl/Rd

Linz, 19.12.1994

VwSen-220872/3/Kl/Rd Linz, am 19. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des G W, Kgasse ,G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27.1.1994, Ge96-2-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2 und Z3 und 51 VStG.

zu II.: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27.1.1994, Ge96-2-1994, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 81 Abs.1 und 366 Abs.1 Z4 GewO idF der Gewerberechtsnovelle 1992 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäfts führer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der P Fleisch GesmbH, welche im Standort W Nr. die Gewerbeberechtigung "Fleischergewerbe in der Form eines Industriebetriebes" besitzt und deren gewerberechtlicher Geschäftsführer am 15.6.1993 ausgeschieden ist, wie anläßlich einer am 29.12.1993 in der mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27.2.1962, Ge-904-1962 sowie vom 26.3.1993, Ge-1593-1991, genehmigten gewerblichen Betriebsanlage in W, auf Gst.Nr. und der KG W, durchgeführten Kontrolle festgestellt worden ist, a) in der aus zwei nebeneinander gebauten Räucherkammern bestehenden Selchanlage im Nebengebäude in W, auf Gst.Nr. der KG W, ca. 60 kg Karreefleisch sowie ca. 30 kg Bauch- und Schopffleisch geräuchert hat sowie b) im Kellergeschoß des Gebäudes in W, auf Gst.Nr. der KG W, eine Ölfeuerungsanlage in Betrieb gehabt hat, ohne daß hiefür eine zur Wahrung der im § 74 Abs.2 GewO 1973 idgF umschriebenen Interessen erforderliche Genehmigung für die Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs.1 GewO 1973 idgF erteilt worden ist.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher vorgebracht wird, daß zum Selchbetrieb keine Veranlassung mehr bestehe, weil aufgrund der Stillegungsarbeiten die Ware anderweitig zugekauft wird. Zur Heizanlage führte die Berufung aus, daß diese schon mehrmals abgeschaltet wurde, aber vom im ersten Stock wohnenden A P zum Zweck der Beheizung seiner eigenen Wohnung immer wieder eingeschaltet wurde. Auch sei von der P Fleisch GesmbH kein Heizöl mehr auf Vorrat gekauft worden.

Im übrigen wird darauf verwiesen, daß Herr P zur Betriebsführung als gewerberechtlicher Geschäftsführer de facto und wirtschaftlich wirksam bestellt sei, daß seiner Bestellung Mängel entgegenstehen, die aber zur erheblichen Rechtsunsicherheit beigetragen hätten, und daher das diesbezügliche Strafverfahren bis zur endgültigen Klärung der Verantwortlichkeit auszusetzen wäre.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Mit Schreiben vom 18.3.1994 teilte sie weiters mit, daß nach nunmehr vorliegendem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8.3.1994 festgestellt ist, daß ein gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Ausübung des Fleischergewerbes in der Form eines Industriebetriebes durch die Pöppl Fleisch GesmbH mit Wirkung vom 4.2.1994 zur Kenntnis genommen wurde, und daher in der Zeit vom 15.6.1993 bis zum 4.2.1994 kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen ist.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Da schon aufgrund der Aktenlage (insbesondere Verhandlungsschrift vom 22.3.1993, Bescheid vom 26.3.1993 zu Ge-1593-1991, Niederschrift vom 29.12.1993) ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat folgende entscheidungserhebliche Feststellungen seiner Entscheidung zugrundegelegt:

Die P Fleisch GesmbH in W Nr. hat bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für eine Betriebsanlagenänderung in W auf den Gst.Nr. und der KG W angesucht. Über dieses Ansuchen wurde eine mündliche Lokalverhandlung am 22.3.1993 anberaumt und durchgeführt. Laut Befund der aufgenommenen Verhandlungsschrift beabsichtigt die Antragstellerin Umbauarbeiten im bestehenden Betriebsobjekt Wernstein Nr. 102, worin auch der Einbau eines Arbeitsraumes mit zwei Selchen im Nebengebäude enthalten ist. Laut Gutachten des technischen Amtssachverständigen für Lärm- und Strahlenschutz kann aber der Genehmigung für diese Selchanlage nicht zugestimmt werden, weil sie nicht dem Stand der Technik entspricht und mit einer geeigneten Rauchgasreinigung auszustatten wäre.

Mit dem im Grunde dieser mündlichen Lokalverhandlung ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.3.1993, Ge-1593-1991, wird die "gewerbebehördliche Genehmigung für eine Betriebsanlagenänderung in W auf Gst.Nr. und der KG W nach Maßgabe der bei der mündlichen Lokalverhandlung vom 22.3.1993 vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektunterlagen beinhaltend einen Einreichplan über die Adaptierung und den Umbau des bestehenden Nebengebäudes, ..., einen Einreichplan über den Umbau, Erweiterung und Sanierung der Betriebsstätte, ..., einen Beratungsbericht des Zivilingenieurs Dipl.-Ing. W G, ... und der in der angeschlossenen Verhandlungsschrift vom 22.3.1993, deren Befund einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, festgelegten Beschreibung und unter den nachstehenden Auflagen erteilt." Die sodann aufgeführten 23 Auflagenpunkte des Genehmigungsbescheides beinhalten weder das Erfordernis einer Rauchgasreinigungsanlage (für die Selchanlage) noch eine noch erforderliche Genehmigung für diese Selchanlage sowie für die im Kellergeschoß auf Gst.Nr.

befindliche Ölfeuerungsanlage. Auch ist eine Einschränkung der Genehmigung für eine Betriebsanlagenänderung in der Betriebsstätte und im Nebengebäude aus dem Spruch des genannten Bescheides nicht ersichtlich.

Laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Schärding, aufgenommen am 29.12.1993, Ge-1593-1991, wurde an diesem Tage eine Überprüfung der Betriebsanlage vorgenommen, "wobei entsprechend den Bescheidauflagen vorgegangen wird". Dabei wurde festgestellt: "Im Nebengebäude sind im Erdgeschoß die Selche, der Konfiskateraum sowie ingesamt zwei Lagerräume gewerbebehördlich genehmigt. Bei der Überprüfung wurde nun festgestellt, daß im Arbeitsraum die Selche in Betrieb ist, obwohl, wie im Bescheid gefordert, keine Rauchgasreinigungsanlage installiert ist. ... Im Keller befindet sich der Heizraum und sind darin ein Ölkessel sowie ein Holzkessel aufgestellt. Eine gewerberechtliche Genehmigung für die Ölfeuerungsanlage ist nicht existent." 6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 der Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.

50/1974 idF der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 81 Abs.1 leg.cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung iSd vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

6.2. Wie bereits festgestellt wurde, wurde mit dem auch im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Genehmigungsbescheid der belangten Behörde vom 26.3.1993, Ge-1593-1991, betreffend Betriebsanlagenänderung auf den Gst. Nr. und der KG W auch die Adaptierung und der Umbau des bestehenden Nebengebäudes, also auch die darin befindliche Selche, genehmigt. Dies hat im übrigen auch die belangte Behörde bei der anläßlich der Überprüfung am 29.12.1993 aufgenommenen Niederschrift festgestellt. Es liegt somit für den unter Spruchpunkt a) gemachten Tatvorwurf sehr wohl ein gewerbebehördlicher Genehmigungsbescheid für den Umbau des Nebengebäudes vor. Partielle Einschränkungen sind dem zitierten Bescheid nicht zu entnehmen.

Es hat daher der Berufungswerber den Tatbestand des Betriebes einer geänderten Betriebsanlage nach Änderung ohne erforderliche Änderungsgenehmigung nicht erfüllt, weshalb der diesbezügliche Teil des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG aufzuheben war.

Sollte hingegen die belangte Behörde der Auffassung sein, daß die gegenständliche Selche rechtswidrig ohne den Einbau einer Rauchgasreinigungsanlage betrieben worden sei, so stellt dies aber eine andere Verwaltungsübertretung (§ 367 Z26 GewO) dar, welche aber dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen wurde. Dies war daher nicht weiter zu prüfen.

6.3. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1974 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 23/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH verst.Sen. vom 13.6.1984, SlgN.F.Nr. 11466/A). Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs.2 leg.cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 muß daher, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zu lassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO 1973 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (VwGH vom 5.11.1991, 91/04/0167). Einen derartigen Hinweis weist der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht auf (siehe auch jüngste Judikatur des VwGH vom 26.4.1994, 93/04/0243).

Die Anführung derjenigen Interessen, die eine Genehmigungspflicht begründen, in der Begründung des Straferkenntnisses reicht hingegen nach dieser Judikatur nicht aus.

Gegenständliches Straferkenntnis ist noch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen und weist auf Seite 3 der Begründung global auf die Genehmigungspflicht hin. Dieser Hinweis reicht aber - im Hinblick auf eine allfällige Spruchkorrektur durch den Verwaltungssenat - deshalb nicht aus, weil aus einer solch globalen Feststellung ohne nähere Anführung der begründenden Tatsachen, wie zB Bodenbeschaffenheit, Beschaffenheit der Ölfeuerung, Beschaffenheit des Tanks etc, eine Genehmigungspflicht nicht schlüssig nachgewiesen werden kann. Es hat nämlich der VwGH wiederholt ausgesprochen, daß zur Genehmigungspflicht auch erforderlich ist, daß auch konkret eine Eignung der Beeinträchtigung der geschützten Interessen vorhanden sein muß, was zumindest aus der Begründung des Straferkenntnisses hervorzugehen hat (vgl. VwGH vom 23.11.1993, 93/04/0131, worin die Anführung gefordert wird, ob und allenfalls in welcher Entfernung von der Betriebsanlage Nachbarn vorhanden sind, die gefährdet, beeinträchtigt oder belästigt werden könnten).

Unabhängig von diesen Darlegungen ist es aber auch erforderlich, entsprechend dem Tatbestandsmerkmal "ändert" bzw. "Änderung" im § 366 Abs.1 Z4 GewO jene baulichen oder sonstigen die genehmigte Anlage betreffenden Maßnahmen des Inhabers der Betriebsanlage durch eine konkretisierte Umschreibung anzuführen, durch die sich die in § 74 Abs.2 Z1 bis Z5 bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen ergeben können.

Es war daher auch der diesbezügliche Spruchteil aufzuheben.

6.4. Hinsichtlich der in der Berufung angefochtenen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers wird hingegen auf die rechtlichen Ausführungen in dem parallel ergangenen Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates zu VwSen-220871 vom 19. Dezember 1994 verwiesen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil das Straferkenntnis aufgehoben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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