Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220874/2/Kl/Rd

Linz, 28.11.1994

VwSen-220874/2/Kl/Rd Linz, am 28. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der I W, G, A, vertreten durch RA Dr. W M, Rstraße , L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 18.2.1994, Ge-96/162/1993/Gru, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG sowie § 366 Abs.1 Z1 Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.

50/1974 idF BGBl.Nr. 29/1993.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 126 Z11 GewO 1973 verhängt, weil sie vom 14.9.1993 bis 27.9.1993 in G, A, durch den Ausschank von alkoholischen und alkoholfreien Getränken das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar ausgeübt hat, obwohl sie hiezu keine erforderliche Gewerbeberechtigung besitzt. Diese Tätigkeit wurde mit der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher unrichtige Sachverhaltsfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und die Aufhebung des Bescheides beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß eine Gewerbeberechtigung nur erforderlich sei, wenn die Ausschank der alkoholischen Getränke nur in unverschlossenen Gefäßen vorgenommen wird. Das angefochtene Straferkenntnis bzw. dessen Spruch kommt diesem wesentlichen Erfordernis nicht nach, weshalb das Verwaltungsdelikt nicht begangen wurde. Auch könne aus einem am 9.12.1993 durchgeführten Lokalaugenschein nicht auf einen Sachverhalt zum angelasteten Tatzeitpunkt rückgeschlossen werden.

Entsprechende Feststellungen für den Tatzeitraum fehlen aber dem angefochtenen Straferkenntnis.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und auf das parallel laufende Strafverfahren gegen den Lokalvorbesitzer hingewiesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Eine öffent liche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 29/1993, (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 148 Abs.1 Z3 und Z4 leg.cit. bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 126 Z11) für den Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

4.3. Im Sinne dieser ständigen Judikatur des VwGH ist es daher zum einen erforderlich, daß die belangte Behörde die von ihr als einem Gastgewerbe unterliegend gewerteten Tätigkeiten der Berufungswerberin im Spruch unter Anführung dieser Tätigkeiten umschreibt. Wesentlich für das Erfordernis einer Gewerbeberechtigung ist der Ausschank von alkoho lischen und nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen. Dies wurde trotz einer diesbezüglichen Stellungnahme der Berufungswerberin im erstbehördlichen Verfahren weder in der Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung) noch im weiteren Ermittlungsverfahren noch im angefochtenen Straferkenntnis der Berufungswerberin vorgeworfen. Da es sich dabei um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für das Erfordernis einer Gastgewerbeberechtigung und somit für die angelastete Verwaltungsübertretung handelt, war schon aus diesem Grunde, weil eine darauf bezogene Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.4. Wesentlich ist aber auch, daß die Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wird, weshalb auch der die Gewerbsmäßigkeit umschreibende Sachverhalt dieser angebotenen Tätigkeit in den Spruch aufzunehmen ist (vgl. VwGH vom 24.11.1992, 92/4/0156). Es indiziert nämlich der Vorwurf der bezeichneten dem Gastgewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der im Spruch angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973.

Dieses essentielle Sprucherfordernis kann durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden. ISd der vorbezeichneten Sprucherfordernisse wäre es daher der belangten Behörde weiters oblegen, im Spruch auch jene Sachverhaltsumstände, die die Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 GewO 1973 ausmachen, konkret vorzuwerfen (vgl. vorzit. Judikatur des VwGH). Es genügt daher nicht, den Gesetzestext gemäß § 1 Abs.2 GewO 1973 im Spruch zu zitieren, sondern es sind alle jene Sachverhaltselemente (Abgabe gegen Entgelt, Preisliste usw.) in den Spruch aufzunehmen, die eine Subsumtion unter den vorgeworfenen Tatbestand ermöglichen. Nur so wird der Beschuldigte in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Es fehlt daher dem Spruch eine Umschreibung dahingehend, wodurch die Absicht, einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gegeben war.

5. Unbeschadet dieses Verfahrensergebnisses wird angemerkt, daß die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen aufgrund der vorgegebenen Relation - Höchststrafe von 50.000 S und höchstmögliche Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs.2 VStG von 14 Tagen - als nicht gerechtfertigt erscheint.

6. Gemäß der im Spruch zitierten Gesetzesstelle entfällt bei diesem Verfahrensergebnis die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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