Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220882/5/Kon/Fb

Linz, 09.02.1995

VwSen-220882/5/Kon/Fb Linz, am 9. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des E W, St. G, Kweg, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21.2.1994, GZ: 502-32/Sta/76/93d, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 4.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 2 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf den Betrag von 400 S herabgesetzt werden.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

In seiner rechtzeitig erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte gegen seine Bestrafung rechtserheblich im wesentlichen ein, daß zeitgerecht ein Genehmigungsansuchen betreffend die Eigenbedarfstankstelle eingebracht worden sei. Es seien jeoch bei der Gesuchstellung immer wieder Hindernisse in der Form aufgetreten, daß die Projektsunterlagen von der Behörde ständig in diesen oder jenen Punkten bemängelt worden seien. Es sei auch nicht richtig, daß die im Straferkenntnis angeführten Mängel an der Tankstellenanlage, wie ein elektrisch leitender Zapfschlauch, ein Peilstab aus funkenziehendem Material und fehlender Hinweistafeln für Rauchverbot bestanden hätten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind 1) das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs.1 Z4 lit.g angeführten Nutzungsrechte; 2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in sonstiger Weise zu belästigen; 5) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilli gung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Die Errichtung einer Betriebstankstelle auf dem Gelände einer genehmigten Betriebsanlage stellt zweifellos eine der Genehmigungspflicht unterliegende Änderung (Erweiterung) dieser Betriebsanlage dar. Dies deshalb, weil die Aufstellung einer Betriebsanlage geeignet ist, die vorangeführten Interessen iSd § 74 Abs.2 Z1 bis 5 zu gefährden.

Im vorliegenden Fall sind dabei insbesondere die Fälle der Z1 und der Z5 in Betracht zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nicht allein darauf an, ob von der Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen, sondern ist die Genehmigungspflicht vielmehr schon dann gegeben, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (VwGH vom 5.3.1985, 84/04/0191). Es genügt sohin bereits die bloß abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung der durch die Verwaltungsvorschrift geschützten Interessen, um eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht zu begründen. Dies gilt sinngemäß für Änderungen an bestehenden gewerblichen Betriebsanlagen. Unabhängig davon, ob die verfahrensgegenständliche Betankungsanlage die in Rede stehenden Mängel aufgewiesen hat oder nicht, wäre es zufolge der zitierten Gesetzesstelle Pflicht des Beschuldigten gewesen, um die gewerbebehördliche Genehmigung für die mit der Aufstellung der Betankungsanlage verbundene Änderung seiner Betriebsanlage anzusuchen. Sollte der Beschuldigte Zweifel an der Genehmigungspflicht gehabt haben, wäre es ihm zumindest im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht zuzumuten gewesen, sich diesbezüglich bei der Gewerbebehörde zu erkundigen. Nur diesfalls wäre es der Gewerbebehörde möglich gewesen, die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Änderung überhaupt beurteilen zu können. Als Gewerbetreibenden und Inhaber einer bereits gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage wäre ihm die Kenntnis der einschlägigen gewerbebehördlichen Vorschrift in bezug auf Betriebsanlagengenehmigungen auch zuzumuten gewesen.

Da sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite (das Verschulden) an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung voll erfüllt sind, erfolgte der Schuldspruch der Erstbehörde zu Recht.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt ergab, daß die Bewertung des Unrechtsgehaltes allein auf einer Gefährdung der durch § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 geschützten Interessen beruht (siehe hiezu Stellungnahme des Amtes für Technik vom 12. Jänner 1994, GZ: 506 b Lee/Gr/94, ON 27 des erstbehördlichen Aktes). Nach dem zitierten Bericht des Amtes für Technik bzw nach dessen Formulierung:

"eine Gefährdung des Gewerbetreibenden, mittätiger Familienangehöriger .... kann bei Betrieb der Eigenbedarfstelle aufgrund ihrer Ausstattung und Betriebsweise nicht ausgeschlossen werden, wenn im wesentlichen nachfolgende sicherheitstechnische Mängel vorhanden sind:

- fehlender Blitzschutz für die Tankstelle - kein elektrisch leitender Zapfschlauch - Peilstab aus funkenziehendem Material - fehlende Hinweise auf das Verbot des Hantierens mit 'offenem Licht und Feuer' usw".

Ob Mängel der angeführten Art bei der gegenständlichen Betankungsanlage tatsächlich gegeben waren, kann dem erstbehördlichen Verfahrensakt insbesondere auch dem zitierten Bericht des Amtes für Technik nicht mit gebotener Eindeutigkeit entnommen werden. Festzuhalten ist, daß der Bericht ausdrücklich festhält, daß eine Gefährdung der Nachbarn aufgrund der örtlichen Situierung der Betriebsanlage nicht in Betracht kommt.

Aufgrund der aufgezeigten Umstände ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, daß die verhängte Geldstrafe im Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat gemessen am Ausmaß der dadurch erfolgten Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, beträchtlich überhöht ist und auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen war.

Auch das verminderte Strafausmaß ist geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft vor der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen wirksam abzuhalten und den Schutz der durch die Verwaltungsvorschriften geschützten Interessen zu gewährleisten.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch (Abschnitt I.) zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch der Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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