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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220912/8/Kon/Fb

Linz, 23.06.1995

VwSen-220912/8/Kon/Fb Linz, am 23. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Dipl.-Ing. E H, L, Dstraße vertreten durch Rechtsanwälte Prof. Dr. A H, DDr. H M, Dr. P W, Dr. W M, Dr.

W G-W, L, Kgasse , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21.2.1994, GZ: 502-32/Li/Fu/70/93f, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG), BGBl.Nr.

234/1972 idgF, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird einschließlich seines Ausspruchs über die Kosten des Strafverfahrens behoben und das Strafverfahren mit der Feststellung, daß Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z2 (zweiter Fall) und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten Dipl.-Ing. E H in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Baugesellschaft mbH Linz und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zur Last gelegt, am 5.4.1993, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, auf der von der genannten Gesellschaft betriebenen Baustelle "Cmie, Bau , St.

1): die Bestimmungen des § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm der Verordnung über die Verbindlicherklärung von ÖNORMen über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften für Kräne, BGBl.Nr.

505/1981 iVm Punkt 17) der ÖNORM M 9601 und 2): die Bestimmungen des § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm § 68 Abs.4 Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 idgF, verletzt zu haben.

Die Verletzungen der gesetzlichen Bestimmungen sind unter Faktum 1) und Faktum 2) des angefochtenen Straferkenntnisses ausreichend umschrieben.

Über den Beschuldigten wurde pro Übertretung eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen treten an deren Stelle Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils 5 Tagen.

Der erstbehördliche Schuldspruch wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschuldigte seiner Überwachungspflicht in bezug auf den als Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.2 ASchG eingesetzten Polier nicht ausreichend nachgekommen sei.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung bringt der Beschuldigte im wesentlichen vor:

Er sei zum Tatzeitpunkt (5.4.1993) handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen. Für die Überwachung und Organisation der Baustellen sei der gewerberechtliche Geschäftsführer Herr Direktor H zuständig gewesen. Genannter sei auch zum Tatzeitpunkt verantwortlicher Beauftragter entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen gewesen. Das vom Arbeitsinspektorat gewünschte, ab 1.4.1993 erforderliche Formular, sei zum Tatzeitpunkt allerdings noch nicht zur Post gegeben worden, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, daß bei durchschnittlich 50 Baustellen und einer Mitarbeiterzahl von 700 in ganz Österreich es einer entsprechenden Organisation bedurft hätte, eine Anpassung an das im Jänner 1993 verlautbarte und am 1.4.1993 in Kraft getretene Arbeitsinspektionsgesetz 1993 vorzunehmen.

Es treffe ihn auch in bezug auf Direktor H kein Überwachungsverschulden. So sei der Genannte jahrelang im Betrieb mit außergewöhnlicher Sorgfalt und Umsicht tätig gewesen. Abgesehen von der Rechtsfrage, inwieweit der handelsrechtliche Geschäftsführer verpflichtet sei, einen mit Teilbetriebsaufgaben beauftragten gewerberechtlichen Geschäftsführer zu überprüfen und wie weit eine solche Berechtigung gegeben sei, stehe jedenfalls fest, daß auch die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer laufend Baustellen besuchten und somit auch den gewerberechtlichen Geschäftsführer, gleichgültig ob eine Verpflichtung bestehe oder nicht, überwachten und seine pflichtgemäße Sorgfalt festgestellt sei. Es liege sohin weder ein Auswahl- noch ein Überwachungsverschulden noch ein Organisationsverschulden seinerseits in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer vor.

Das Beweisverfahren hätte weiters ergeben, daß Direktor H verantwortlicher Beauftragter gewesen sei und täglich zumindest einmal alle Baustellen in seinem Bereich besucht habe. Weiters hätte sich ergeben, daß Herr P als Bauleiter eingesetzt gewesen sei und dieser täglich zumindest dreimal die gegenständliche Baustelle besucht habe. Weiters sei erwiesen, daß ein Polier, nämlich Herr M als Bevollmächtigter für die Einhaltung der Vorschriften eingesetzt gewesen wäre.

Wenn im Straferkenntnis angeführt werde, daß es sich um 6 bis 7 Baustellen gehandelt habe, so entspreche dies insofern nicht den Tatsachen, als es sich im Bereich der C Linz um eine Gesamtbaustelle gehandelt habe, wenngleich gelegentlich an 6 bis 7 Stellen gearbeitet worden sei. Der Polier M sei ausschließlich dieser Gesamtbaustelle zugeordnet gewesen und habe auf dieser Baustelle gearbeitet.

Wenn er angebe, daß er täglich ein bis zweimal jede richtigerweise - Teilbaustelle kontrolliert habe, so sei dies insoweit zu ergänzen, daß er ja den ganzen Tag jeweils auf dieser Gesamtbaustelle tätig gewesen sei und sich seine Tätigkeit daher nicht bloß auf Kontrollen beschränkt habe.

Es ergebe sich sohin eine täglich mehrfache Kontrolle durch verschiedene Personen, sodaß eine bessere Organisation kaum denkbar sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs.5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Aufgrund des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Angaben des Bauleiters H P und des Poliers M, steht fest, daß Letztgenannter als Bevollmächtigter iSd § 31 Abs.5 ASchG eingesetzt war und seinerseits wiederum vom Bauleiter P, der die Baustellen durchschnittlich dreimal täglich besuchte, kontrolliert wurde. Darüber hinaus wurde die Baustelle vom gewerberechtlichen Geschäftsführer der Hr GmbH, Herrn Direktor H, ebenfalls Kontrollen unterzogen. In bezug auf die Kontrollintensität ist es dabei nicht von Bedeutung, ob Direktor H oder der Bauleiter P die Stellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG formell innehatten oder nicht. Dies auch deshalb, weil jedenfalls Direktor H und Bauleiter P dem Bevollmächtigten gegenüber übergeordnet und anordnungsbefugt waren. Insbesondere in bezug auf den Umstand, daß neben dem als Bevollmächtigten wirkenden Polier P für die gegenständliche Baustelle noch ein Bauleiter, nämlich Herr P eingesetzt war, und dabei die Baustelle zwei bis dreimal täglich besuchte, kann dem Beschuldigten unzureichende Überwachungstätigkeit des Bevollmächtigten nicht vorgeworfen werden. Umstände, denenzufolge der Polier M als ungeeignet für die Funktion des Bevollmächtigten gewesen wäre, sind im Verfahren nicht zutage getreten, sodaß auch ein Auswahlverschulden in bezug auf den Genannten nicht anzunehmen ist. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, daß die gegenständlichen Über tretungen mit Wissen des Beschuldigten begangen wurden.

Sofern ein unzureichendes Kontroll- und Überwachungssystem damit begründet wird, daß keine anordnungsbefugten Dienstnehmer iSd § 3 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung für die gegenständliche Baustelle bestellt worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, daß diesbezüglich kein Beweisverfahren vorgenommen wurde bzw dieser Umstand einen eigenen Straftatbestand bilden würde.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes vermag der unabhängige Verwaltungssenat keine Gründe festzustellen, denen zufolge der Beschuldigte im Sinne der eingangs zitierten Gesetzesstelle strafbar wäre. Aus diesem Grund war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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