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VwSen-220913/4/Gu/Atz

Linz, 19.05.1994

VwSen-220913/4/Gu/Atz Linz, am 19. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz, Bauwirtschaftsamt, vom 21.2.1994, Zl. 502-32/Li/Fu/70/93h, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht:

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Fakten bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 2 x 500 S, das sind 1.000 S, an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 31 Abs. 2 lit. p AnSchG iVm der Verordnung BGBl.Nr. 505/1981 und Punkt 17) der ÖNORM M 9601, § 68 Abs. 4 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr.

267/1954, § 31 Abs. 2 letzter Teilsatz, Arbeitnehmerschutzgesetz, § 19 VStG, § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister (Magistrat der Landeshaupstadt Linz) als Bezirksverwaltungsbehörde hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als gemäß § 31 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes Bevollmächtigter der x, für die Baustelle "ÖMV-Chemie, Bau 37a, St. Peter Str.

25" und somit als für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher vertreten zu müssen, daß am 5.4.1993, (wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei) 1) zwei Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit dem Versetzen von Doka-Faltbühnen (Arbeits- und Schutzgerüst) von einer Höhe von 7,3 m auf eine Höhe von 10,5 m an der Außenfassade des Baues 37a mittels Kran beschäftigt gewesen seien, wobei der Arbeitnehmer KARADZA Philip nach dem Einhängen des Krangehänges nicht die Bühne verlassen habe, sondern mit der Bühne entlang der Fassade nach oben gefahren sei und andererseits 2) die Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit dem Herstellen der Attika auf der Geschoßdecke in einer Höhe von 10,5 m beschäftigt gewesen seien und sie diese Arbeitsplätze mittels Kran und Personentransportkorb erreicht hätten, wobei der vorhandene Kran Liebherr, Typ 35 KR, Nr.

3351604, Baujahr 1989, nur für den Transport von Lasten vorgesehen und zugelassen gewesen sei.

Einerseits habe dadurch der Beschuldigte § 31 Abs. 2 lit.p AnSchG iVm der Verordnung über die Verbindlicherklärung von ÖNORMEN über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften für Kräne BGBl.Nr.

505/1981 iVm Punkt 17) der ÖNORM M 9601 verletzt und andererseits die Verbotsnorm des § 68 Abs. 4 Bauarbeiterschutzverordnung, wonach die Beförderung von Personen mit Vorrichtungen, die nur für den Transport von Lasten bestimmt sind, verboten ist, in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. p AnSchG übertreten.

In Anwendung des § 22 VStG wurden über den Beschuldigten für jedes der beiden Delikte Geldstrafen von 2.500 S, insgesamt sohin 5.000 S, verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen von je 2 Tagen sowie Verfahrenskostenbeiträge von 500 S ausgesprochen.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte unter Anfechtung des Straferkenntnisses seinem gesamten Inhalt nach geltend, daß im Verwaltungsstrafverfahren zu einem mißverständlichen Ergebnis gelangt worden sei, wonach in der Chemie Linz zwar insgesamt 6 - 7 kleinere Baustellenteile zu betreuen gewesen wären, daß dies aber im Ergebnis nicht anders zu werten sei, als läge eine Gesamtbaustelle vor. Er sei auf dieser Gesamtbaustelle durchgehend anwesend gewesen, habe aber nicht überall gleichzeitig sein können. Dies treffe für jede Baustelle, insbesondere für jede Großbaustelle zu. Er habe sich verlassen können und müssen, daß seine Mitarbeiter die erteilten Anweisungen befolgen. Er habe die weisungswidrige Handlungsweise des x sofort, als er diese bemerkte, abgestellt. Er könne auch bei Anwesenheit nicht ununterbrochen jeden Mitarbeiter laufend kontrollieren, sondern müsse sich auf Stichproben beschränken. x sei ihm bisher noch nie als Arbeiter aufgefallen, der sich an Anweisungen nicht halte. Es liege somit kein Verschulden vor.

Richtig sei, daß der Förderkorb noch nicht vom Magistrat abgenommen gewesen sei und daß er vom Arbeitsinspektor darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß eine gesonderte Abnahme für jede einzelne Baustelle erforderlich sei.

Wenngleich diese Unkenntnis nicht entschuldige, sei allerdings sein Verschulden so gering, daß die Verhängung einer Geldstrafe nicht erforderlich gewesen wäre.

Aus diesem Grunde beantragt er, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle nach allfälliger vorgängiger mündlicher Verhandlung und allfälliger Ergänzung des Beweisverfahrens a) das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsbehörde vom 21.2.1994, GZ 502-32/Li/Fu/70/93h, beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen; b) von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand nehmen oder die verhängte Geldstrafe, die im Hinblick auf seine Unbescholtenheit unangemessen hoch sei, herabsetzen.

Nachdem das Mitfahren x auf einer von einem Krangehänge bewegten Arbeitsbühne in einer Höhe von 7,3 10,5 m einerseits und das Hinaufbefördern von Arbeitnehmern auf eine Geschoßdecke von 10,5 m Höhe mittels nicht abgenommenem Kran und Personentransportkorb andererseits, und zwar zur Tatzeit am Tatort nicht bestritten wurde und auch die Eigenschaft als für die Einhaltung der diesbezüglichen Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlicher Bevollmächtigter im Sinn des § 31 Abs. 2 AnSchG nicht in Abrede gestellt, sondern vor der ersten Instanz ausdrücklich bekräftigt worden ist und auch sonst in der Berufung keine konkreten Beweisanträge gestellt wurden, war die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich und war als Rechtsfrage nur die subjektive Tatseite und die Strafhöhe zu beurteilen.

Für die Strafbarkeit des vorliegenden Ungehorsamsdeliktes genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG die Schuldform der Fahrlässigkeit.

Für den Arbeitnehmerschutz ist es belanglos, ob eine Firma groß oder klein ist, ob sie eine kleine Baustelle, mehrere kleinere Baustellen oder Großbaustellen betreibt, der Schutz von Leib und Leben jeden einzelnen Arbeitnehmers ist vom Blickwinkel des Gesetzgebers gleich hoch anzusetzen.

Gewiß können sich verantwortliche Personen tüchtiger und ausreichender Erfüllungsgehilfen bedienen. Sie müssen jedoch derart intensiv und häufig instruiert und kontrolliert werden, daß ein sorgloses Mißachten von Schutzvorschriften durch Arbeitnehmer wirksam vermieden wird (vergl. die ständige Kontrollnetzjudikatur des VwGH). Nimmt ein Bevollmächtigter eine zu große Aufgabe auf sich, sei es, daß der Überwachungsrayon zu groß angesetzt ist und daß ihm hiefür zu wenig Erfüllungsgehilfen für die Kontrolltätigkeit zur Seite gestellt werden, dann hat er auch diese Einlaßfahrlässigkeit zu verantworten, wenn den Arbeitnehmerschutzvorschriften zuwidergehandelt wird.

Im übrigen muß ein Bevollmächtigter von der Abnahmepflicht eines Förderkorbes, der durch Hebezeug bewegt wird, (und zwar für jede Baustelle) Bescheid wissen und hat er den Förderkorb vor Zulassung verläßlich außer Betrieb zu halten.

Das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers war nicht geeignet, seine Entlastung zu bewirken und ist der Schuldspruch der ersten Instanz daher zu Recht erfolgt.

Bezüglich der Strafbemessung war - wie die erste Instanz bereits zutreffend und erschöpfend ausgeführt hat - gemäß § 19 VStG als Grundlage maßgebend das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsund Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wer ein gemäß Punkt 17) der ÖNORM M 9601 (verbindlich erklärt durch die Verordnung BGBl.Nr. 505/1981) verbotenes Mitfahren von Personen auf Last oder Lastaufnahmemittel zu verantworten hat, ist gemäß § 31 Abs. 2 letzter Teilsatz mit Geld bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Mit der selben Strafe ist bedroht, wer die Beförderung von Personen mit Vorrichtungen, die nur für den Transport von Lasten bestimmt sind, im Sinne des § 68 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung zu verantworten hat.

Ein Absehen von einer Bestrafung kommt gemäß § 20 VStG nur in Betracht, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Die beiden Ungehorsamsdelikte bedurften zur Verwirklichung des Tatbestandes keines Schadens oder einer Gefährdung, dessen ungeachtet war das Maß der Gefährdung von Dienstnehmern nicht unbeträchtlich und auch die subjektive Tatseite angesichts des Bewegens von Arbeitnehmern mit Hebezeugen, nicht so gering einzustufen, daß von einem Strafausspruch hätte abgesehen werden können.

Die erste Instanz hat den Strafrahmen im unteren Bereich mit nur 5 % ausgeschöpft, als strafmildernd die Unbescholtenheit bereits berücksichtigt und keine straferschwerenden Umstände in Anschlag gebracht sowie das monatliche Nettoeinkommen des Beschuldigten von 20.000 S, die Sorgepflichten für zwei Kinder und Schulden von 500.000 S berücksichtigt, wodurch ihr bei der Strafbemessung kein Ermessensmißbrauch vorzuwerfen ist.

Die Erfolglosigkeit der Berufung brachte es auf der Kostenseite mit sich, daß der Berufungswerber einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafen zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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