Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220927/5/Ga/La

Linz, 27.11.1995

VwSen-220927/5/Ga/La Linz, am 27. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl.-Ing. Dr. E. B., vertreten durch Dr. S., Dr.

B..........., Rechtsanwälte in ........, ................, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Februar 1994, GZ 502-32/Kn/We/80/93k, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) die Einleitung des Schuldspruchs zu beiden Spruchpunkten wie folgt ergänzt wird: "Der Beschuldigte, .... hat es als Mitglied des Vorstandes der Fa. Elektro-Bau AG, Sitz in ......., .............., .... zu verantworten, ...."; b) die im Spruchpunkt 1. zitierte ÖNORM richtig zu lauten hat: "ÖNORM M 9601"; c) das Zitat des § 33 Abs.7 ANSchG in den zu 2. als verletzt angegebenen Rechtsvorschriften (§ 44a Z2 VStG) zu entfallen hat und d) die Anführung der Strafnormen (§ 44a Z3 VStG) wie folgt ergänzt wird: "... wegen dieser Verwaltungsübertretungen 1. gemäß § 31 Abs.2 ANSchG und 2. gemäß § 31 Abs.2 iVm § 33 Abs.7 ANSchG in Anwendung ...".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat je 20 % der verhängten Strafen, d.s. zusammengezählt 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 19, § 44a, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig gesprochen, er habe es als Vorstandsmitglied der Fa. ........... und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß am 2. Dezember 1992 auf einer näher bezeichneten Baustelle 1. drei Arbeitnehmer beim Verlegen eines Niederspannungskabels auf einem bergaufführenden Ortschaftsweg die vom Hersteller angegebenen Sicherheitsbestimmungen für Ladekrane, welche gemäß Punkt 2 der ÖNORM 9601 einzuhalten seien, nicht beachtet hätten, indem anstelle eines stationären Kranbetriebes das Kabel während der Fahrt von der Trommel gezogen worden sei, und 2. drei Arbeitnehmer entgegen § 68 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung eine ca. 500 kg schwere Kabelrolle unsachgemäß am Ladekran eines KFZ befestigt hätten, wobei die Trommel von den Anschlagketten rutschte und ein Arbeitnehmer schwer verletzt worden sei.

Hiedurch sei gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften und zwar jeweils gegen § 31 Abs.2 lit.p ANSchG, zu 1. iVm der Verordnung BGBl.Nr. 505/1981 über die Verbindlicherklärung von ÖNORMEN über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften iVm Punkt 2 der ÖNORM M 9601 bei Kränen, zu 2. iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 ANSchG iVm § 68 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung verstoßen worden.

Über den Berufungswerber wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen Geldstrafen in der Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je fünf Tage) je kostenpflichtig verhängt.

1.2. Begründend hält die belangte Strafbehörde nach Darstellung der in einem umfänglichen Ermittlungsverfahren erzielten Sachverhaltsfeststellungen die Tatbestandsmäßigkeit in beiden Punkten für gegeben. Was die Schuldseite angeht, ist die belangte Behörde vor dem Hintergrund des § 31 Abs.5 ANSchG und des hiezu ermittelten, in der involvierten Gesellschaft zur Gewährleistung des Arbeitnehmerschutzes gehandhabten Kontrollsystems zur Auffassung gelangt, daß dieses Kontrollsystem ungenügend gewesen sei, weil es vorliegend nicht habe verhindern können, daß die Arbeitnehmer bei diesem Vorfall auf der gegenständlichen Baustelle völlig sich selbst überlassen gewesen seien. Damit aber habe der Berufungswerber als Arbeitgeber für die festgestellten Übertretungen des Arbeitnehmerschutzes einzustehen.

Strafbemessend verweist die belangte Behörde auf die Kriterien des § 19 VStG. Konkret sei strafmildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers, straferschwerend jedoch die durch den Unfall hervorgekommene besondere Gefährdung der Arbeitnehmer gewertet worden. Schließlich seien für die Straffestsetzung auch die zu schätzen gewesenen, dem Berufungswerber im Zuge des Strafverfahrens jedoch vorgehaltenen persönlichen Verhältnisse (Monatseinkommen netto 30.000 S, keine Sorgepflichten) berücksichtigt worden.

2. Mit der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen, von der belangten Behörde zugleich mit dem bezughabenden Strafakt, ohne Gegenäußerung, vorgelegten Berufung beantragt der Beschuldigte Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Milderung der Strafe bzw. von einer Bestrafung abzusehen.

2.1. Hiezu bestreitet er nicht in erster Linie den den Schuldsprüchen zugrundegelegten Sachverhalt, wie er sich am Ort der Baustelle zugetragen hat, sondern vielmehr daß er als Mitglied des Vorstandes der Elektro-Bau AG und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener die in Verfolgung gezogenen Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe. Mit näherer Begründung verweist er darauf, daß er als Vorstandsmitglied im Rahmen des Kollektivvorstandes jeweils seinen Beitrag dazu geleistet habe, daß sowohl bei der Auswahl der eigentlich Verantwortlichen als auch bei der Oberaufsicht die entsprechende Sorgfalt beachtet worden sei.

Zutreffend sei die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der Partieführer H. M. auf der gegenständlichen Baustelle als Bevollmächtigter iSd § 31 Abs.5 ANSchG zu betrachten sei.

Eine über stichprobenartige Überprüfungen, in deren Rahmen auch keine Mißstände festgestellt haben werden können, und die Oberaufsicht hinausgehende Überprüfungspflicht könne dem Vorstand in Anbetracht der Größe des Unternehmens jedoch nicht zugemutet werden; die ständige Kontrolle der einzelnen Baustellen durch den Beschuldigten sei auch schon aus organisatorischen Gründen nicht zumutbar.

Es habe der Beschuldigte daher gemäß § 18 Abs.2 ANSchG geeignete Arbeitnehmer zur Durchführung der für die Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes notwendigen Maßnahmen bestimmt.

Der ihm nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder der Bevollmächtigten sei er mit der erforderlichen Sorgfalt dadurch nachgekommen, daß die Arbeitnehmer durch unzählige Montagerundschreiben und andere Hinweisschreiben zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften angewiesen worden seien. Auch habe sich im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren eindeutig herausgestellt, daß er bei der Auswahl der Bevollmächtigten mit Sorgfalt vorgegangen sei, zumal sämtliche Bevollmächtigte seit langer Zeit bei der Elektro-Bau AG beschäftigt und als verantwortliche und umsichtige Mitarbeiter bekannt seien.

Daher hätten sich für ihn auch keinerlei Zweifel an der Zuverlässigkeit der als bevollmächtigte eingesetzten Arbeitnehmer ergeben und im Rahmen der von ihm ordnungsgemäß vorgenommenen Oberaufsicht auch keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Arbeitnehmer für die ihnen übertragenen Aufgaben nicht tauglich gewesen seien.

Insgesamt sei daher ein lückenloses System zur Überwachung der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften eingerichtet gewesen und könne ihn daher kein wie immer geartetes Verschulden an der allfälligen Mißachtung gesetzlicher Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes treffen.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften stelle überdies die Nichtbeischaffung des den Fahrer des in den Vorfall involvierten Unimogs betreffenden gerichtlichen Strafakts dar, weil daraus Klarheit über den Unfallhergang hätte erlangt werden können.

Schließlich hätte die belangte Behörde zu beachten gehabt, daß nicht nur H. M. als Partieführer, sondern die Herren E. als Gruppenleiter, G. als Gruppenleiterstellvertreter, M. als Abteilungsleiter und D. als Personalleiter jeweils Bevollmächtigte seien und daher auch in diesem Umstand ein ausreichendes und funktionierendes Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften vorliege.

Aus allen diesen Gründen macht der Berufungswerber zusammenfassend geltend, daß er iSd § 31 Abs.5 ANSchG jede erdenkliche und erforderliche Sorgfalt eingehalten habe und ihn daher an der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften in diesem Fall kein Verschulden treffe. Deshalb auch hätte die subjektive Tatseite von der belangten Behörde keineswegs als erwiesen angenommen werden dürfen und sei diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis nicht ausreichend begründet.

2.2. Abschließend bringt der Berufungswerber ausdrücklich vor, daß im Rahmen des Vorstandes der E. für den sachlichen Bereich des Unternehmens, in dem die vorgeworfenen Delikte begangen wurden, nicht er, sondern das Vorstandsmitglied Dr. F. K. gemäß § 9 VStG verantwortlich sei. Wenn er aber zum Tatzeitpunkt weder für den Geschäftsbereich Anlagenbau noch für den Zentralbereich Sicherheitswesen zuständig und verantwortlich gewesen sei, könne er für die zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen nicht zur Verantwortung gezogen werden und sei daher die Auffassung der belangten Behörde, wonach er ungeachtet der internen Aufteilung der Wirkungsbereiche deswegen, weil er gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufen sei, auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, rechtlich verfehlt. Es könne ihm daher auf Grund dieser internen Aufteilung der Wirkungsbereiche kein Sorgfaltsverstoß gemäß § 31 Abs.5 ANSchG vorgeworfen werden und treffe ihn auch aus diesem Blickwinkel kein Verschulden an den angelasteten Delikten.

3. Wegen derselben zwei Verwaltungsübertretungen (oben 1.1.) ist auch das weitere Mitglied des Vorstandes der Elektro-Bau AG, Dipl.-Ing. Dr. F. K., gleichfalls aus dem Titel der Vorstandshaftung verfolgt und mit Straferkenntnis derselben belangten Behörde vom 2. Februar 1994, GZ 502-32/Kn/We/80/93i, mit übereinstimmend festgestellten und angelasteten Sachverhalten sowie übereinstimmender Begründung wegen Verletzung derselben Rechtsvorschriften in derselben Weise bestraft worden. Über die dagegen erhobene, bis auf die Ausführungen zur internen Aufteilung der Wirkungsbereiche (Punkt 5. auf Seite 12 des gegenständlichen zu prüfenden Rechtsmittels) wortgleiche Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied im zweiten Rechtsgang nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. Oktober 1995 mit Erkenntnis vom 7. November 1995, VwSen-220928/46/Le/La, entschieden und der Berufung keine Folge gegeben, sondern die verhängten Strafen bestätigt. Den dabei im Zuge der Berufungsverhandlung festgestellten Sachverhalt hat der unabhängige Verwaltungssenat dahin beurteilt, daß in beiden Spruchpunkten des angefochtenen (gleichlautenden) Straferkenntnisses das objektive Tatbild verwirklicht wurde und auch das Kontrollsystem lückenhaft war, weshalb die Übertretungen, für die das Vorstandsmitglied als Arbeitgeber einzutreten hat, ihm auch als schuldhaft begangen vorzuwerfen waren.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Hinblick auf die besonderen Umstände dieses Falles - es liegen, wie dargelegt, idente Schuldsprüche und (mit der vorerwähnten Ausnahme) idente Berufungsbegründungen vor und es sind keine anderen, sondern dieselben Taten und kein anderes, sondern dasselbe Kontrollsystem wie im h.

Verfahren zu VwSen-220928 zu beurteilen - war die separate oder gemäß § 51e Abs.5 VStG verbundene Durchführung einer, im übrigen vom Berufungswerber auch nicht beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich. Es hätte dem Grundsatz der Verfahrensökonomie gemäß § 39 Abs.2 letzter Satz AVG (iVm § 24 VStG) widersprochen, ein- und denselben Sachverhalt zweimal zu ermitteln.

Weil somit von vornherein feststand, daß vorliegend die objektive Tatseite nicht anders hat verlaufen können und ein anderes Kontrollsystem nicht eingerichtet gewesen sein kann, genügt es, die diesbezüglich im h. Verfahren zu VwSen-220928 ermittelten Ergebnisse auch für diesen Berufungsfall heranzuziehen und demgemäß die dort ausgeführten Entscheidungsgründe wie folgt wiederzugeben:

"3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat daher über die eingebrachte Berufung des Dipl.-Ing. Dr. K. neuerlich zu entscheiden.

Zu diesem Zweck wurde für den 17.10.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage unter Beiziehung aller Verfahrensparteien auch durchgeführt. Dabei wurden die Zeugen H. R., H. W., H. U., H. M. und Ing. W. G.

vernommen; überdies wurde Einsicht genommen in den Strafakt des Bezirksgerichtes Mauthausen 2 U 31/93 sowie in die in diesem Akt enthaltenen beiden Lichtbilder, die den Unimog sowie die beschädigte Kabeltrommel in der Position nach dem Arbeitsunfall vom 2.12.1992 zeigen.

Folgender Sachverhalt steht demnach als erwiesen fest:

3.1. Herr H. Maringer war bei der Baustelle "4311 Schwertberg, Ortschaftsweg Raffetseder" als Partieführer eingeteilt. Weil für den 2.12.1992 ein größerer Arbeitsanfall zu erledigen war (es wurden alle Kabel eingezogen), forderte er von der Betriebsleitung der EBG-AG eine größere Anzahl von Arbeitspartien an, die ihm am 2.12.1992 auch zur Verfügung gestellt wurden. Bei jeder dieser Arbeitspartien war jeweils auch ein Partieführer vorhanden; insgesamt waren etwa 16 bis 17 Arbeitnehmer auf der Baustelle anwesend.

(Der Zeuge Untermayr konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, einen anderen Partieführer als Herrn Maringer gesehen zu haben, doch ist seine Erinnerungslücke durch die glaubwürdigen Aussagen der Zeugen Herbert Maringer, Hubert Ruhmer und Hubert Waidhofer geschlossen). Herbert Maringer hatte jedoch die Oberaufsicht über die gesamte Baustelle; er war nach eigenen Aussagen zum Unfallzeitpunkt (das entspricht in etwa dem Zeitpunkt der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen) mit der Ampelregelung sowie mit den Vertretern der ESG beschäftigt, sodaß er sich "um so kleine Sachen wie die Kabelverlegung nicht mehr kümmern konnte".

Fest steht, daß auf einem bergaufführenden Teil des Ortschaftsweges "Raffetseder" drei Arbeitnehmer, nämlich Herr Ruhmer als Fahrer des Unimog sowie die Herren Waidhofer und Untermayr ein Niederspannungskabel verlegten. Zu diesem Zweck wurde durch die Kabeltrommel eine Trommelwelle geschoben und diese mit zwei Ketten am Kran des Unimog befestigt; sodann wurde mit dem Kran die Kabeltrommel gehoben. Zwei Arbeitnehmer, nämlich Hubert Waidhofer und Helmut Untermayr, zogen sodann - während der Unimog langsam bergauffuhr - das Kabel von der Trommel und legten es in eine neben der Straße befindliche Künette.

Der Kran ragte zu diesem Zeitpunkt hinten über den Unimog hinaus. Weil der Unimog bergauf fuhr, war der Kranarm, der auf der Ebene sonst schräg nach oben ragt, eher waagrecht, sodaß die aufgehängte Trommel waagrecht hing. Der Zeuge Ruhmer gab an, daß die Trommel mit gleichlangen Ketten befestigt wurde und sich die waagrechte Stellung der Trommel daraus ergab, daß einerseits der Kranarm schräg nach oben ragte, andererseits aber der Unimog bergauf stand, wobei sich die beiden Schrägen praktisch ausgeglichen hätten.

Den Ausführungen des Arbeitsinspektors zufolge, der den Sachverhalt an Ort und Stelle aufgenommen und auch die Anzeige verfaßt hatte, wurde die Trommel jedoch mit unterschiedlich langen Ketten befestigt. Den am Unfallort aufgenommenen Fotos ist ebenfalls zu entnehmen, daß die beiden Ketten ungleichlang waren; zumindest war auf den Lichtbildern zu sehen, daß die äußere Kette, die sich etwa an der Spitze des Kranarmes befand, länger war als die innere Kette, wobei diese innere Kette möglicherweise zwar gleichlang war, nicht aber in der vollen Länge aufgehängt war, weil auf dem Foto ein loses, herabhängendes Ende zu sehen ist. Damit wird als erwiesen angenommen, daß die Kabeltrommel mit unterschiedlich langen Ketten befestigt wurde.

Fest steht, daß die Trommel nach Erreichen des horizontalen Wegstückes in eine Schräglage kam und von der Trommelwelle rutschte. Dieses Abrutschen wurde darauf zurückgeführt, daß die Trommelwellensicherung nicht ausreichend fest angezogen worden war, was sowohl der Zeuge Ruhmer als auch der im strafgerichtlichen Verfahren vom Bezirksgericht Mauthausen beigezogene Sachverständige für Sicherheitstechnik, Herr Dipl.-Ing. Fiala, bestätigt bzw. festgestellt hatten.

Die Zeugen Ruhmer, Waidhofer und Untermayr gaben in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat an zu wissen, daß zum Verlegen von Kabeln die Kabeltrommel entweder auf einem Kabelwagen oder auf einem Kabelbock (der eventuell auch am Unimog befestigt ist) montiert sein muß.

Erst von einer dieser Einrichtungen ist ein sicheres Verlegen des Kabels möglich (Zeuge Ruhmer).

Alle beteiligten Arbeitnehmer, nämlich die Herren Ruhmer, Waidhofer und Untermayr, bestätigten weiters gewußt zu haben, daß ein Verlegen von Kabeln in der Form, daß die Kabeltrommel am Kran des Unimogs frei aufgehängt und das Kabel während der Fahrt des Unimogs von der Kabeltrommel gezogen wird, nicht erlaubt ist.

Zu dem in der Firma Elektro-Bau AG installierten Informations- und Kontrollsystem betreffend Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gaben alle Zeugen an, daß die Arbeitnehmer immer wieder schriftlich durch ein Schreiben der AG an die Heimatadresse hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen für ihren Tätigkeitsbereich belehrt werden. Die Kenntnisnahme dieser Schreiben ist durch eigenhändige Unterschrift zu bestätigen; diese Bestätigungen sind jeweils an die Betriebsleitung zu richten.

Allerdings herrschte bei den befragten Zeugen Uneinigkeit über die Häufigkeit derartiger Informationen: Die Zeitangaben schwankten zwischen "halbjährlich" bis "ab und zu - das letzte Mal vor ca. 2-3 Jahren". Ein Zeuge gab an, daß diese Arbeitsbestimmungen oftmals nicht in die Praxis umgesetzt werden können.

Zum Kontrollsystem befragt gaben die Zeugen Ruhmer, Untermayr und Waidhofer an, daß sie grundsätzlich alle wüßten, was zu tun wäre und wie die Arbeiten auch im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durchzuführen sind.

Grundsätzlich würde ihnen der Partieführer die Arbeit zuweisen und auch auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen achten. Gelegentlich würden sie auch von Herrn Ernst oder von Herrn Ing. Gruber kontrolliert. Der Zeuge Ing. Gruber gab dagegen an, daß sein Aufgabenbereich vorwiegend die betriebswirtschaftliche Abwicklung der Baustellen und der Verkehr mit den Kunden sei. Die Arbeitnehmerschutzvorschriften beachte er bei den Baustellenbesuchen lediglich am Rande. Er gab auch an, in den Informationsfluß von der Betriebsleitung zu den Arbeitnehmern bezüglich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingebunden zu sein.

Zum Kontrollsystem gab der Zeuge Herbert Maringer an, daß er bei seinen Baustellen für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen Sorge zu tragen habe. Er selbst werde mit anderen Partieführern immer wieder zu Partieführerbesprechungen zu Herrn Ernst geladen. Diese Besprechungen fänden insbesonders statt, wenn Änderungen der Sicherheitsbestimmungen erfolgt sind. Herr Ernst komme auch unregelmäßig auf die Baustellen und kontrolliere; die Kontrollen würden vorher nicht angekündigt.

Zur Kontrolle am Unfalltag gab der Zeuge Herbert Maringer an, daß er es sich nicht erklären könne, warum an diesem Tage die Arbeiter vom Unimog aus das Kabel verlegt haben. Er sei schon seit 25 Jahren bei der EBG beschäftigt und hätte die am Unfall beteiligten Arbeitnehmer schon öfter als Partieführer zu leiten gehabt. Beim Verkabeln allerdings hätten sie noch nie zusammen gearbeitet. Er hätte sich aber darauf verlassen, daß diese Arbeitnehmer, die ebenfalls schon viele Jahre bei der EBG in diesen Bereichen tätig waren, diese Tätigkeiten auch beherrschen.

Der Zeuge Maringer gab an, nie förmlich als Bevollmächtigter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestellt worden zu sein.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat hierüber erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Da der angefochtene Bescheid vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde erlassen wurde, ist die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates begründet.

4.2. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.

234/1972 idgF, begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen. Derartige Verordnungen sind sowohl die Verordnung über die Verbindlicherklärung von ÖNORMEN über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften, BGBl.Nr. 505/1981, als auch die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 idgF.

4.3. Hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ist folgendes auszuführen:

4.3.1. Zur Unterscheidung der beiden Tatvorwürfe des angefochtenen Straferkenntnisses ist zunächst klar zu stellen, daß beim ersten Tatvorwurf zur Last gelegt wurde, daß mit dem auf dem Unimog montierten Ladekran mobil Kabel verlegt wurden, obwohl der Kran laut Betriebsanleitung für Hebearbeiten nur dann verwendet werden darf, wenn die Stützbeine ausgezogen und bodenschlüssig ausgefahren sind.

Das Unerlaubte der Handlung beim zweiten Tatvorwurf war die Befestigung der Kabeltrommel am Kran in der Form, daß die Trommelwelle, die durch die Kabeltrommel geschoben war, mit unterschiedlich langen Ketten am Kran erfolgte. Damit war die Kabeltrommel nicht ausreichend sicher befestigt.

4.3.2. Mit der im Tatvorwurf 1. des angefochtenen Straferkenntnisses dargestellten Handlungsweise wurde gegen die vom Hersteller angegebenen Sicherheitsbestimmungen für Ladekräne verstoßen. Im einzelnen ist dort festgelegt, daß der Kranbetrieb nur mit seitlich ausgezogenen und bodenschlüssig ausgefahrenen Stützbeinen erlaubt ist.

Weiters ist dort festgelegt, daß mit im Haken hängender Last nicht gefahren werden darf.

Genau gegen diese beiden Vorschriften der Betriebsanleitung wurde im vorliegenden Fall verstoßen, weil die Kabeltrommel aufgehoben wurde, ohne daß die Stützbeine seitlich ausgefahren und am Boden aufgestanden sind, und weil anschließend der Unimog - wenn auch langsam, aber doch immerhin - mit der am Kranarm hängenden Kabeltrommel gefahren ist.

Dies haben die am Unfall beteiligten Arbeitnehmer als Zeugen im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat eindeutig bestätigt. Die Verantwortung der Arbeitnehmer, daß auf der Kabeltrommel nur mehr etwa 10 m Kabel gewesen wären, ändern an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes deshalb nichts, da die Betriebsanleitung für den Kran weder auf das Aufheben von Kabeltrommeln noch auf die Länge des darauf befindlichen Kabels abstellen.

Gemäß der ÖNORM M 9601, die durch die Verordnung BGBl.

505/1982 für verbindlich erklärt wurde, ist die Betriebsanleitung des Herstellers einzuhalten. Dies geschah im vorliegenden Fall nicht, sodaß alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurden.

4.3.3. Auch mit der unter Tatvorwurf 2. des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebenen Handlung wurde gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen verstoßen:

Gemäß § 68 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr.

267/1954 idgF sind sperrige Gegenstände so anzubinden, daß ein Herabfallen sicher vermieden wird. Die Beförderung solcher Gegenstände ist mit besonderer Umsicht durchzuführen; insbesondere ist auf die Gefahr des Auspendelns oder Kippens der Last zu achten.

Wie der den Unfall aufnehmende Arbeitsinspektor Dipl.-Ing.

Totzauer glaubhaft ausführte, war die Kabeltrommel wegen der Geneigtheit des Ortschaftsweges mit unterschiedlich langen Ketten am Kran befestigt. Dies geschah offensichtlich deshalb, damit die Trommel während der Bergauffahrt waagrecht hing, sodaß das Kabel ohne weiteres abgerollt werden konnte. Nach dem Erreichen des Wegstückes, das horizontal gelegen ist, kam die Trommel in eine Schräglage.

Der Arbeitnehmer Waidhofer gab als Zeuge an, bemerkt zu haben, daß das Kabel über die Kante der Kabeltrommel lief.

Um eine Beschädigung des Kabels zu verhindern, zog er daraufhin kräftig am Kabel an, wobei er mit dem Rücken zur Kabeltrommel stand. Aufgrund des unvermuteten Lösens der Trommelwellensicherung stürzte die Kabeltrommel sodann herunter und verletzte ihn am Rücken schwer.

Wenn der Zeuge Ruhmer anläßlich seiner Aussage vor dem unabhängigen Verwaltungssenat darauf hinwies, daß die Kabeltrommel mit gleich langen Ketten befestigt war, so ist ihm entgegenzuhalten, daß die Aussage des Arbeitsinspektors Dipl.-Ing. Totzauer, daß die Kabeltrommel mit unterschiedlich langen Ketten befestigt war, deshalb als objektiver und richtiger gewürdigt wurde, als einerseits die Darstellung des Arbeitsinspektors durch die beiden im Gerichtsakt vorhandenen Lichtbilder bestätigt wurde, und andererseits der Arbeitsinspektor von seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung im Analysieren von Unfallhergängen besser geschult ist, als der Zeuge, der als Arbeitnehmer in den Arbeitsunfall involviert war.

Damit aber steht fest, daß auch dieser Sachverhalt sich so ereignet hat und damit der objektive Tatbestand verwirklicht wurde.

4.4. Der Bw hat in seiner Berufung ausdrücklich bestritten, als Mitglied des Vorstandes und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen verantworten zu müssen. Der Vorstand der Firma Elektro-Bau AG habe die Auswahl der auf den jeweiligen Baustellen verantwortlichen Arbeitnehmer mit größter Sorgfalt durchgeführt, um zu gewährleisten, daß diese Arbeitnehmer die jeweiligen Arbeitnehmerschutzvorschriften auch einhalten. Es sei bei dieser Auswahl darauf Bedacht genommen worden, daß die ausgewählten Arbeitnehmer auch in der Lage seien, für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Sorge zu tragen. Es wären von der Elektro-Bau AG als Gruppenleiter Herr Markus Ernst sowie als Gruppenleiterstellvertreter Herr Gruber und als Partieführer Herr Herbert Maringer bestellt worden, wobei letzterer auf der gegenständlichen Baustelle als Bevollmächtigter iSd § 31 Abs.5 ANSchG zu betrachten sei.

Damit ist es dem Bw aber nicht gelungen, seine Schuldlosigkeit an den vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen glaubhaft zu machen:

Zunächst ist bezüglich dieser seiner Verantwortung auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2.5.1995, Zl. 95/02/0026, zu verweisen, aus dem hervorgeht, daß der VwGH das dargestellte Kontrollsystem für nicht ausreichend erachtete.

Das im zweiten Rechtsgang durchgeführte Ermittlungsverfahren hat überdies ergeben, daß sowohl das Informationssystem als auch das Kontrollsystem nicht in der Klaglosigkeit funktionierten, wie dies der Bw in seiner Berufung dargestellt hatte:

Zum Informationssystem gaben die als Zeugen befragten Arbeiter recht unterschiedliche Antworten. Es steht zwar fest, daß alle Arbeitnehmer derartige Informationsschreiben bekommen und deren Kenntnisnahme auch schriftlich bestätigen müssen, doch wurden diese Informationen offensichtlich nicht ausreichend beachtet. Das geht daraus hervor, daß die Zeugen recht unterschiedliche Angaben über die Häufigkeit dieser Informationen machten und überdies deren Inhalte nicht ernst nahmen. Dies geht etwa aus der Zeugenaussage des Hubert Waidhofer hervor, der angab, daß in diesen Rundschreiben oft etwas drinnen stehe, was man in der Praxis nicht verwirklichen könne.

Daraus ergibt sich, daß diese Informationsschreiben offensichtlich nicht geeignet waren, bei den dadurch informierten Arbeitnehmern ein entsprechendes Problembewußtsein für die Arbeitssicherheit und die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu schaffen, was aber wohl Sinn und Zweck derartiger Informationen sein sollte.

Aber auch das Kontrollsystem funktionierte nicht in der Art, wie dies der Bw darzustellen versuchte:

Der VwGH hat in seinem oben zitierten Erkenntnis darauf hingewiesen, daß keine Feststellungen getroffen worden seien, inwieweit der Bw, obwohl an der Spitze des Kontrollsystems stehend, in dieses überhaupt entsprechend eingebunden war.

Außer den in der Berufung vorgebrachten, im wesentlichen aber nicht näher begründeten oder bewiesenen Behauptungen hat der Bw jedoch nicht glaubhaft gemacht, daß ihn an den beiden Verwaltungsübertretungen kein Verschulden iSd § 5 Abs.1 VStG trifft. Trotz des Hinweises in dem auch ihm zugegangenen Erkenntnis des VwGH hat er es unterlassen, allfällige weitere Unterlagen vorzulegen, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

Der Hinweis in der Berufung, daß Herr Herbert Maringer als Bevollmächtigter iSd § 31 Abs.5 ANSchG anzusehen sei, wurde im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn Maringer widerlegt.

Dieser gab - unter Wahrheitspflicht stehend - an, daß er sich nicht erinnern könne, jemals schriftlich oder förmlich als Bevollmächtigter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestellt worden zu sein.

Lediglich von Herrn Ernst sei er immer wieder bei den jeweiligen Partieführerbesprechungen darauf hingewiesen worden, daß die Partieführer für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verantwortlich wären.

Damit steht aber fest, daß Herr Maringer nicht vom Arbeitgeber, das ist im vorliegenden Fall der Bw, zum Bevollmächtigten bestellt wurde. Der Bw hat diesbezüglich im übrigen auch keinen Nachweis vorgelegt, der aus der Zeit vor den beiden Verwaltungsübertretungen stammt. Damit bleibt aber die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bei ihm.

Im durchgeführten Verfahren kam zutage, daß auf der gegenständlichen Baustelle das Kontrollsystem nicht funktionierte: Aus den Zeugenaussagen des Herbert Maringer und des Hubert Ruhmer geht zwar hervor, daß nicht nur Herr Maringer am 2.12.1992 bei dieser Baustelle als Partieführer eingesetzt war, sondern daß Herrn Maringer mehrere Arbeitspartien mit einigen Partieführern zugewiesen waren.

Er hatte jedoch die Oberaufsicht über diese 16 bis 17 Personen, wobei er sich laut eigenen Angaben aufgrund seiner Aufgabenbereiche "Ampelregelung" und "Gespräche mit ESG-Vertretern" usw. um "so kleine Aufgaben wie das Kabelverlegen" nicht mehr kümmern konnte.

Daher kam es auch dazu, daß sich an der gegenständlichen Baustelle, an der der Unfall später passierte, drei Arbeitnehmer, nämlich die Herren Ruhmer, Waidhofer und Untermayr trafen und mehr oder weniger zufällig zusammenarbeiteten, obwohl sie keiner gemeinsamen Arbeitspartie angehörten (siehe die Zeugenaussagen Ruhmer und Waidhofer). Der Zeuge Waidhofer sah damals Herrn Maringer als Partieführer an. Der Umstand, daß sich dieser um "so kleine Aufgaben wie das Kabelverlegen" gar nicht kümmern konnte, bedeutet aber, daß diesbezüglich eine wirksame Kontrolle gar nicht möglich war, weil ein entsprechender Partieführer für diesen Baustellenabschnitt gar nicht vorgesehen war.

Daraus ist erkennbar, daß das Kontrollsystem lediglich auf stichprobenartigen Kontrollen beruhte, die gelegentlich von Herrn Ernst oder vom Baustellenleiter durchgeführt wurden, daß man sich im wesentlichen aber auf die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer verlassen hat.

Dieses Verlassen auf die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer stellt iVm stichprobenartigen Kontrollen jedoch kein ausreichendes Kontrollsystem dar, zumal den Partieführern aus Gesprächen mit den einzelnen Arbeitnehmern (zB Zeugen Waidhofer und Untermayr) bekannt sein mußte, daß diese die Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht ernst nehmen. Das ergab sich eindeutig aus den Aussagen über den Inhalt der Gespräche über die Informationsschreiben, daß "diese Bestimmungen zum Teil in der Praxis nicht zu verwirklichen seien". Auch der Zeuge Ruhmer hatte angegeben, die Betriebsanleitung des Kranes nicht gelesen zu haben, weil er den Kran ohnedies bedienen konnte. Er hat sich damit offensichtlich auch nicht mit den erforderlichen Sicherheitsbestimmungen und der Betriebsanleitung vertraut gemacht; diese Informationslücke ist dem "Kontrollsystem" entgangen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß das vorgefundene Kontrollsystem nicht so funktionierte, wie dies der BW dargestellt hat, sondern daß es vielmehr in weiten Bereichen lückenhaft war, sodaß dem Bw auch ein Verschulden an den beiden Verwaltungsübertretungen anzulasten war." 4.2. Der in diesen Entscheidungsgründen wiedergegebene Sachverhalt und die daraus ersichtlichen Erwägungen zur Beweiswürdigung werden auch für das vorliegende Verfahren als Bestandteil der Begründung übernommen und als maßgebend festgestellt; die darin zusammengefaßte rechtliche Beurteilung hinsichtlich der objektiven Tatseite einerseits und des Verschuldens andererseits gilt mit demselben Ergebnis auch für diesen Berufungsfall. Dies aber zieht die Abweisung der Berufung nach sich.

4.3. Auch mit seinem ausdrücklichen Einwand, daß nämlich zur Tatzeit zwischen ihm und dem Vorstandsmitglied Dr.

Friedrich Koiner die Wirkungsbereiche des Vorstandes intern aufgeteilt gewesen seien und er daher weder für den Geschäftsbereich Anlagenbau noch für den Zentralbereich Sicherheitswesen zuständig und verantwortlich gewesen sei, kann der Berufungswerber die Bestätigung des Straferkenntnisses nicht abwenden.

Allein mit der Behauptung der internen Aufgabenteilung und mit der bloßen Bezeichnung jener Geschäftsbereiche, für die er demnach nicht zuständig gewesen sei, vermag der Berufungswerber aus dem Blickwinkel des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG noch nicht darzutun, daß wegen des Verhaltens des genannten Vorstandskollegen ihm selbst die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften unmöglich gewesen sei. Dazu hätte es geeigneter, konkreter Angaben darüber bedurft, welche Konsequenzen an die sachliche Aufteilung der Wirkungsbereiche geknüpft wurden, damit er mit gutem Grund darauf vertrauen durfte, daß sein Vorstandskollege die diesem intern zugewiesenen Aufgaben ohne sein eigenes Zutun verläßlich erledigt.

Ein solches Vorbringen hat der Berufungswerber jedoch nicht erstattet (vgl. das schon im angefochtenen Straferkenntnis zitierte Erk. des VwGH vom 2.7.1990, Zl.

90/19/0178, zur internen Aufteilung der Wirkungsbereiche zweier Geschäftsführer, das nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates auch für den hier gegebenen Fall des aus zwei Mitgliedern bestehenden Kollektivvorstandes der AG anwendbar ist; vgl. weiters die wie vorstehend beurteilte Frage der Auswirkung einer internen Aufgabenaufteilung des Kollektivorgans auf das Verschulden im VwGH-Erk. Nr. 5854 (A) vom 10.7.1962, Zl. 914/61).

Aus allen diesen Gründen war daher der Schuldspruch zu bestätigen.

4.4. Gleichzeitig war gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) die spruchgemäße Tatgrundlage mit der im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG erforderlichen Angabe des Sitzes des Unternehmens als Tatort für die beiden vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zu ergänzen. Daß der Sitzort des hier involvierten Unternehmens in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Februar 1993 als erste Verfolgungshandlung nicht enthalten war (auch nicht in der Adressierung; dort ist nur die Privatadresse des Berufungswerbers angeführt), hindert vorliegend deren Eignung zur Unterbrechung der Verjährung deswegen nicht, weil wenigstens die konkrete BAUSTELLE (als jener Ort, an dem die Verstöße festgestellt wurden) angelastet ist und darüber hinaus alle hier wesentlichen Sachverhaltselemente zweifelsfrei umschrieben sind (vgl. etwa VwGH 16.12.1991, 91/19/0289). Im Hinblick darauf war daher der unabhängige Verwaltungssenat berechtigt und verpflichtet, den insoweit fehlerhaften Schuldspruch richtig zu stellen (vgl. idS VwGH 30.5.1995, 95/11/0102).

Auch die gleichzeitig verfügte Korrektur bzw. Ergänzung der Spruchteile gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG bedeutet keine unzulässige Erweiterung des Abspruchsgegenstandes und entspringt der Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates.

4.5. Die zu beiden Fakten verhängten Strafen werden vom Berufungswerber konkret nicht bekämpft und hat die belangte Behörde bei der Strafbemessung die Kriterien des § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG offensichtlich angewandt. Der Berufungswerber hat auch gegen die strafbemessend zugrundegelegten persönlichen Verhältnisse nichts vorgebracht und auch nicht weitere, von der belangten Behörde rechtswidrig nicht berücksichtigte Milderungsgründe aufgezeigt. Solche Gründe hatte nach der Sachlage auch der unabhängige Verwaltungssenat nicht aufzugreifen.

Zu Unrecht allerdings hat die belangte Behörde den "Umstand der besonderen Gefährdung der Arbeitnehmer, welche insbesondere durch den vorgefallenen Unfall dokumentiert wird," als straferschwerend gewertet. Dieser Umstand nämlich erschwert nicht das Verschulden, sondern trifft eine Aussage zum Unrechtsgehalt der Tat; dies mit der Wirkung, daß insoweit ein nicht unbeträchtlicher Erfolgsunwert für die Strafbemessung beachtlich ist. Dadurch auch kann der Wegfall des Erschwerungsgrundes allein eine Herabsetzung der mit je 5.000 S nur im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzten Geldstrafen nicht bewirken.

Im übrigen aber hat der Berufungswerber nicht näher ausgeführt, welche Gründe nach seiner Ansicht für ein Absehen von der Strafe (§ 21 VStG) sprechen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist jedoch schon wegen der nicht bloß unbedeutenden Folgen der Taten von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Die vom Berufungswerber gleichfalls hilfsweise beantragte Strafumwandlung hingegen ist im VStG nicht mehr vorgesehen; die außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG ist hier wegen des Fehlens einer gesetzlichen Mindeststrafe von vornherein nicht anwendbar.

Im Ergebnis waren daher auch die verhängten Strafen zu bestätigen und mußte insgesamt die Berufung wie im Spruch abgewiesen werden.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Beschuldigten der Beitrag zum Berufungsverfahren in der gesetzlich vorgesehenen Höhe aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht je gesondert an:

A. Herrn Dipl.-Ing. Dr. Ernst BÜHL, zH Rechtsanwälte Dr.

Saxinger, Dr. Baumann & Partner, Fadingerstraße 15, 4020 Linz; B. Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk, Pillweinstraße 23, 4020 Linz, zu Zl. 1160/135-9/94 vom 4.5.1994; C. Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) Hauptstraße 1-5, 4041 Linz, unter Aktenrückschluß zu (BWA) GZ 502-32/Kn/We/80/93m vom 7. April 1994 mit dem Ersuchen um Einbringung auch des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum