Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220932/19/Le/La

Linz, 03.10.1994

VwSen-220932/19/Le/La Linz, am 3. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R K , A , W , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E M , G , L , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 26.1.1994, GZ:

502-32/Sta/We/14/92c, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß im ersten Absatz des Spruches nach der Wendung "... in ca.

12 m Höhe auf den zum Teil noch nicht befestigten Regalschienen mit Regalbauarbeiten im Tiefkühlhochregallager beschäftigt war" der Punkt entfällt und die folgende Ergänzung angefügt wird:

"und dabei nur mangelhaft gesichert (angeseilt) war.".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds. 1.200 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.

52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 26.1.1994, GZ 502-32/Sta/We/14/92c, wurde Herr R K als gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG) Bevollmächtigter und somit als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher wegen Übertretung des § 7 Abs.1 der Bauarbeiterschutzverordnung mit einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Tagen) bestraft; gleichzeitig wurde ihm aufgetragen, 10 % der verhängten Strafe, d.s. 600 S, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

1.2. Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, daß am 11.8.1992 auf der von der Firma E P K , L , betriebenen Baustelle "D II, Gewerbegebiet, St " ein Arbeitnehmer dieser Firma, nämlich Herr J M , mit weiteren Arbeitnehmern dieser Firma in ca. 12 m Höhe auf den zum Teil noch nicht befestigten Regalschienen mit Regalbauarbeiten im Tiefkühlhochregallager beschäftigt war.

Dies stelle eine Übertretung des § 7 Abs.1 der Bauarbeiterschutzverordnung dar, wonach an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen sind, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze. Bei Arbeiten an besonders gefährlichen Stellen müssen die Dienstnehmer überdies angeseilt sein. Das gleiche gilt für das Anbringen oder Entfernen von Schutzeinrichtungen an besonders gefährlichen Stellen.

1.3. Der angenommene Sachverhalt gründete sich auf eine Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 14. Aufsichtsbezirk, das diesen Sachverhalt an Ort und Stelle festgestellt hat.

Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde zunächst der Inhaber der Firma K , Herr P K , als Beschuldigter zur Anzeige befragt. In seiner Stellungnahme vom 18.11.1992 teilte er mit, er habe Herrn R K (den nunmehrigen Beschuldigten) als Montageleiter eingesetzt und hätte dieser persönlich darauf geachtet und seinen Montagearbeitern die Weisung erteilt, sich zu sichern bzw. anzuhängen; dies sei auch befolgt worden. Die Firma K hätte die Sicherheitseinrichtungen zum Zwecke der Sicherung zur Verfügung gestellt.

Das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk legte mit der Stellungnahme vom 15.12.1992 drei Fotos vor, die an der Baustelle angefertigt wurden und aus denen hervorgehen sollte, daß sich Arbeitnehmer ungesichert auf den zum Teil noch unbefestigten Regalschienen bewegt hätten. In dieser Stellungnahme wurde weiters ausgeführt, daß es zwar richtig sei, daß die Arbeitnehmer einen 5-Punkte-Gurt getragen hätten, doch hätten sie sich anläßlich der Inspektion nicht durch Einhängen des Sicherungsseiles bei den jeweiligen Stehern gesichert. Vom Arbeitsinspektorat wurde als taugliche Sicherung das Auflegen von Pfosten bezeichnet, da damit sicher begehbare Laufstege errichtet werden könnten, die im Baufortschritt wieder entfernt werden könnten. Die Konstruktionsweise des Regalbaues sei, da die einzelnen Regalschienen in gleichen Höhen (Lagen) verlegt würden, geradezu prädestiniert, Pfosten aufzulegen.

Der Beschuldigte gab anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Stadtgemeindeamt Leibnitz am 26.2.1993 an, daß er am 11.8.1992 Montageleiter bei der Firma K gewesen sei. In dieser Funktion hätte er die Aufsicht gehabt und hätte er auch angeordnet, den 5-Punkte-Sicherheitsgurt zu tragen. Bei seinen Beobachtungen habe er stets festgestellt, daß diese Anweisungen auch befolgt worden seien. Auch Herr M sei, solange er ihn beobachtet habe, stets angeschnallt gewesen. Er könne jedoch nicht ausschließen, daß er kurzfristig den Gurt gelöst habe, um in die nächste Etage zu gelangen.

Zu der vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagenen Sicherungsweise durch Anbringen von Pfosten vertrat er die Ansicht, daß dies im vorliegenden Arbeitsbereich vom Arbeitsablauf her gesehen nicht möglich sei.

Weiters wurde Herr Ing. W St , der zum Tatzeitpunkt Bauleiter auf der gegenständlichen Baustelle gewesen war, zeugenschaftlich einvernommen. Er gab an, daß er den Arbeitsinspektor bei dieser in Rede stehenden Kontrolle begleitet habe. Er gab an, daß er im wesentlichen die Meinung des Arbeitsinspektors hinsichtlich der Sicherungsmöglichkeit mittels Pfosten teile.

In seiner Eingabe vom 22.6.1993 äußerte Herr P K Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Ing. S , da es zwischen ihm und dem Beschuldigten wegen anderer Angelegenheiten persönliche Differenzen gegeben habe. Weiters vertrat er die Auffassung, daß die vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagene Sicherungsweise mittels Pfosten technisch einen absolut untauglichen Versuch darstelle, da dies die Konstruktionsweise des Regalbaues nicht zulasse und die Arbeiter beim Aufstellen der entsprechenden Pfosten einer genauso großen akuten Gefährdung für Leben und Gesundheit ausgesetzt wären.

Der Arbeitnehmer J M gab anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Marktgemeinde N . am 12.8.1993 an, daß er zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat den 5-Punkte-Gurt getragen hätte. Der Aufstieg in die Höhe von 12 m sei auf einer mit Rückenschutz gesicherten Leiter erfolgt. Der Gurt sei von ihm immer getragen worden, jedoch sei es manchmal notwendig gewesen, den Gurt beim Umsteigen zu entsichern. Das Sicherungsseil sei, wenn dies möglich gewesen sei, von ihm am Regal eingehängt worden. Er habe seine Anweisungen von seinem unmittelbaren Vorgesetzten, Herrn R K erhalten, der - abgesehen von kurzen Telefonanrufen oder Besprechungen immer auf der Baustelle anwesend gewesen wäre.

1.4. In der rechtlichen Würdigung ging die belangte Behörde von einer Erfüllung der angelasteten Verwaltungsübertretung des § 31 Abs.2 lit.p ANSchG iVm § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung in objektiver Hinsicht aus.

Hinsichtlich der Schuldfrage verwies sie auf § 5 Abs.1 VStG und stellte im Hinblick auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren fest, daß dem Beschuldigten der Schuldentlastungsbeweis im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung nicht gelungen sei.

Weiters setzte sich die belangte Behörde mit der Strafbemessung auseinander.

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das am 1.4.1994 persönlich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung, die rechtzeitig beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt ist. Es wird damit das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und beantragt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn K einzustellen.

Im einzelnen wird behauptet, daß der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung zustande gekommen sei. Die Aussage des Zeugen Ing. W S gehe nämlich nur dahin, daß er sich an den Vorfall insoferne erinnern könne, als er den Arbeitsinspektor bei der in Rede stehenden Kontrolle begleitet habe. Er hätte weiters ausgeführt, daß er mit dem Arbeitsinspektor hinsichtlich der Errichtung weiterer Sicherungsmaßnahmen, nämlich mittels Pfosten sicher begehbare Laufstege zu errichten, übereinstimme. Von der Tatsache, daß der Arbeitnehmer J M sowie weitere Arbeitnehmer völlig ungesichert mit Regalbauarbeiten beschäftigt gewesen wären, erwähne der Zeuge nichts. Es sei somit unrichtig, daß die Aussagen des Arbeitsinspektorates mit jenen des Zeugen Ing. W S übereinstimmten.

Auch aus der Zeugenaussage des J M lasse sich nicht schließen, daß die Arbeitnehmer völlig ungesichert am Hochregal gearbeitet hätten, da dieser ausgesagt hätte, ständig einen 5-Punkte-Gurt getragen und diesen, wenn möglich, am Regal eingehängt habe; beim Umsteigen sei es jedoch manchmal notwendig gewesen, das Sicherungsseil zu lösen.

Die Klärung der Frage, ob bei ordnungsgemäßer Verwendung des Sicherungsgeschirrs der Arbeitnehmer immer, d.h. auch bei einem Umsteigen in eine andere Etage, durch einen Karabiner gesichert sein müsse, wäre von einem technischen Sachverständigen zu lösen gewesen. Die belangte Behörde schließe sich in diesem Punkte, ohne irgendwelche Würdigung vorzunehmen, der Ansicht des Arbeitsinspektorats an. Es wäre zu klären gewesen, ob es technisch möglich sei, in eine andere Etage des Hochregallagers umzusteigen, wenn ein Karabiner ständig am Sicherungsseil eingehängt ist.

Nochmals wurde darauf hingewiesen, daß die vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagene Sicherungsweise, nämlich mittels Pfosten sicher begehbare Laufstege zu errichten, technisch einen absolut untauglichen Versuch darstelle, da dies die Konstruktionsweise des Regalbaus nicht zulasse und die Arbeiter bei Aufstellen der entsprechenden Pfosten einer genau so großen akuten Gefährdung für Leben und Gesundheit ausgesetzt wären.

Hinsichtlich des Verschuldens vertritt er die Auffassung, daß die Tatsache, daß er nicht ständig an der Baustelle anwesend gewesen sei, durchaus nachvollziehbar und glaubhaft wäre und ihn daher in dem Sinn, daß er in diesen Zeiten die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen selbstverständlich nicht überwachen konnte, entlaste.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat führte am 19.9.1994 eine mündliche Verhandlung durch, bei der folgender Sachverhalt festgestellt wurde:

Herr J M war an diesem 11.8.1992 als Ferialarbeiter der Firma K damit beschäftigt, mit anderen Arbeitnehmern das Tiefkühlhochregallager zu errichten. Zu diesem Zweck arbeitete er entsprechend dem Baufortschritt in ca. 12 m Höhe. Die Sicherung bestand aus einem Fünf-Punkte-Gurt, von dem ein Seil mit einem Karabiner wegführte. Damit sicherte er sich in der Form, daß er an jedem Arbeitsort das Seil um einen Steher oder eine Regalschiene schlang und mit dem Karabiner in das vom eigenen Körper wegführende Seil sicherte. Beim Verlassen eines derartigen "Standes" mußte er den Karabiner lösen, das Seil vom Steher (oder der Regalschiene) entfernen, sodann zum neuen Arbeitsort gehen, wo er sich dann in der oben beschriebenen Weise wieder sichern konnte. Die Arbeitsorte waren ca. 1 m auseinander. Herr M bewegte sich dabei auf einer Schiene mit liegendem Z-Profil und konnte sich bei diesem Stellungswechsel überdies sowohl am Steher festhalten, an dem er bisher gearbeitet hatte, als auch am Steher, an dem er die nächste Arbeit verrichten wollte. Die Fläche des Z-Profils, auf dem er ging, war aufgrund der liegenden Bauweise des Z-Profils schräg.

Andere Sicherheitseinrichtungen, wie beispielsweise Leitseile, die eine ständige Sicherung des Arbeitnehmers ermöglicht hätten, waren nicht gespannt; auch wurden keine Doppelseile mit zwei Karabinern verwendet, die ein ständiges Angeseiltsein ermöglicht hätten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Als Tatort gilt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in vergleichbaren Angelegenheiten der Standort des Betriebes, dessen Verantwortlichen die Verwaltungsübertretung zuzurechnen ist. Da der Beschuldigte nicht bloß auf der Baustelle "D II, Gewerbegebiet, St " als Montageleiter eingesetzt war, sondern in ganz Österreich tätig ist, ist daher der Unternehmenssitz der Firma E P K in L als "Tatort" anzunehmen.

4.2. Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die p) den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen... zuwiderhandeln, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen (§ 31 Abs.2 lit.p ANSchG).

Herr R K ist auf Grund seiner Eigenschaft als Montageleiter auf Baustellen der Firma K als derartiger Bevollmächtigter anzusehen. Er hat diese seine Funktion auch nicht in Abrede gestellt.

Die Bauarbeiterschutzverordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr.262, die gemäß § 33 Abs.1 lit.a Z12 des Arbeitnehmerschutzgesetzes als Bundesgesetz weitergilt, ordnet in ihrem § 7 Abs.1 folgendes an:

(1) An allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, sind Einrichtungen anzubringen, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze. Bei Arbeiten an besonders gefährlichen Stellen müssen die Dienstnehmer überdies angeseilt sein. Das gleiche gilt für das Anbringen oder Entfernen von Schutzeinrichtungen an besonders gefährlichen Stellen.

(2) Die Anbringung der im Abs.1 vorgesehenen Schutzeinrichtungen kann unterbleiben, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch ist gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit. In solchen Fällen sind die Dienstnehmer durch Anseilen gegen Absturz zu sichern.

Daraus folgt, daß der Gesetzgeber eine ständige Sicherung der Arbeitnehmer vorgeschrieben hat, damit diese jederzeit (also an jedem Ort und zu jeder Zeit) während der Ausführung von Arbeiten bzw. während der Zeit des Aufenthaltes an diesen besonders gefährdeten Stellen vor dem Abstürzen gesichert sind.

Bei der vorliegenden Baustelle handelte es sich um die Errichtung eines Tiefkühlhochregallagers. Nach den übereinstimmenden Angaben des Beschuldigten, des Zeugen J M sowie des Arbeitsinspektors werden dazu Steher mit deren Bodenplatten am Boden verschraubt und sodann untereinander mit Z-Profilen verbunden. Der Arbeitnehmer J M war am Tattag in 12 m Höhe damit beschäftigt, derartige Querträger zu befestigen. Er bewegte sich dabei auf Z-Profilen, die ca. 20 bis 30 cm breit waren.

Es steht aus dem Ermittlungsverfahren fest, daß er nicht ständig angeseilt war, sondern beim Wechsel von einem Arbeitsort zum anderen (von einem Steher zum anderen) eben nicht angeseilt war. Um nämlich von einem Steher zum anderen zu kommen, mußte er die beim ersteren eingehängte Sicherung lösen und konnte sich erst dann wieder sichern, wenn er beim nächsten Steher war. Die ca. 1 m breite Distanz zwischen den Stehern mußte er dabei völlig ungesichert überwinden. Wenn der Beschuldigte damit argumentiert, daß sich der Arbeitnehmer bei diesem Stellungswechsel mit der einen Hand am ersten Steher und mit der anderen am nächsten Steher jeweils festhalten konnte, so ist dem entgegenzuhalten, daß dies keine taugliche Sicherung im Sinne der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen darstellt. Im Falle einer plötzlichen Übelkeit, eines plötzlichen Schwindelgefühles des Arbeitnehmers, wäre dieser mit Sicherheit wegen der fehlenden Sicherung abgestürzt. Ein Sturz aus 12 m Höhe auf einen Betonboden (der Zeuge gab an, daß die Bodenplatten im Betonboden verschraubt wurden) hat nach der allgemeinen Lebenserfahrung tödliche Folgen. Besonders zu erwähnen ist auch, daß Herr J M als Ferialarbeiter beschäftigt war, sodaß davon auszugehen war, daß er hinsichtlich dieser Arbeiten keine besondere Routine mitbrachte.

Die vorgenommene Sicherung war daher zweifellos nicht geeignet, das Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer in der vom Gesetz verlangten Weise zu erfüllen.

Damit ist aber der Tatbestand in objektiver Weise erfüllt.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens brachte der Berufungswerber vor, daß die Tatsache, daß er nicht ständig an der Baustelle gewesen sei, durchaus nachvollziehbar und glaubhaft wäre und ihn daher in dem Sinn entlaste, daß er in diesen Zeiten die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen selbstverständlich nicht überwachen konnte.

Hier befindet sich der Beschuldigte in einem Rechtsirrtum:

Beim vorgeworfenen Delikt handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt. Bei diesem besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Das Verhalten ist hier die mangelhafte Kontrolle der Arbeitnehmer bzw. das Zurverfügungstellen lediglich einer mangelhaften Sicherheitsausrüstung. Zufolge der gesetzlichen Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG wäre es Sache des Beschuldigten gewesen, selbst initiativ alles darzulegen, um seine Schuldlosigkeit in diesem Fall glaubhaft zu machen. Auf Grund dieser gesetzlichen Schuldvermutung war es nicht Aufgabe der Behörde, dem Beschuldigten sein Verschulden nachzuweisen.

Diese Glaubhaftmachung ist dem Beschuldigten nicht gelungen.

Eine fahrlässige Begehung dieser Verwaltungsvorschrift ist insbesonders daran zu erkennen, daß er es als verantwortlicher Montageleiter und damit auch für die Sicherheit verantwortlicher Bevollmächtigter unterlassen hat, Arbeitnehmern, die in derart schwindelerregender Höhe beschäftigt waren, entsprechende Sicherheitseinrichtungen (zB Leitseile, Doppelseile mit 2 Karabinern) zur Verfügung zu stellen.

Damit ist auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen.

4.4. Zur vorgenommenen Spruchergänzung:

Im gesamten Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, daß Herr J M und andere Arbeitnehmer völlig ungesichert auf diesen Regalschienen beschäftigt waren; auch der Beschuldigte zitiert auf den Seiten 1 und 2 das Tatbestandsmerkmal "völlig ungesichert", sodaß davon ausgegangen werden kann, daß die Erstbehörde lediglich aus Flüchtigkeit dieses Tatbestandsmerkmal nicht in den Spruch expressis verbis aufgenommen hat. Aus dem zweiten Teil des Spruches sowie aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht jedenfalls das Merkmal "völlig ungesichert" deutlich hervor.

Damit war es dem unabhängigen Verwaltungssenat möglich, den Spruch entsprechend zu ergänzen.

Zu II.:

Die Bestätigung des Straferkenntnisses hat zur Folge, daß der Berufungswerber auch mit dem gesetzlichen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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