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VwSen-220944/9/Gu/Atz

Linz, 13.06.1994

VwSen-220944/9/Gu/Atz Linz, am 13. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des G P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 25.3.1994, Zl. Ge96-178-1993-Fr/Gut, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, nach der am 9.6.1994 in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Linz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 8 Abs. 1 AAV iVm § 31 Abs.

2 lit. p ASchG, § 5 Abs. 1 und 2 VStG, § 45 Abs. 1 Z.2 VStG, § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als Arbeitgeber verantworten zu müssen, daß, wie im Zuge einer Überprüfung des von ihm geführten Gastronomiebetriebes in B K Nr. , am 2. August 1993 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei, die Küche des Gastgewerbebetriebes keine ins Freie führende Lichteintrittsflächen aufweise und hiemit nicht natürlich belichtet sei.

Wegen Verletzung des § 8 Abs. 1 AAV iVm § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 2.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber das Straferkenntnis hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung, insbesondere hinsichtlich der Verschuldensfrage.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung über die Lokaleignung im Rahmen des Konzessionsverfahrens am 29.8.1991 habe weder die Gewerbebehörde noch ein Vertreter der Marktgemeinde Bad K als Eigentümerin des Objektes darauf hingewiesen, daß in der Küche unzureichende Lichteintrittsflächen bestünden. Er habe sich verlassen, daß die gewerbebehördliche Genehmigung den Zustand abdecke. Es könne ihm daher nicht als Verschulden vorgeworfen werden, wenn es sich nun herausgestellt habe, daß die Lichteintrittsfläche in der Küche zu klein sei und der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AAV nicht entspreche. Er beantragt schließlich die zeugenschaftliche Vernehmung der seinerzeitigen Amtsabordnung zum Beweis seiner Schuldlosigkeit und begehrt die Behebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Aufgrund der Berufung wurde am 9. Juni 1994 in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen die erschienenen Parteien gehört und der Bürgermeister der Marktgemeinde B K dem Augenschein zugezogen.

Folgender Sachverhalt steht fest und außer Streit:

Der Beschuldigte hat einen Teil (der als Gastgewerbebetrieb eingerichtet ist) der Freizeitanlage der Marktgemeinde Bad K Nr. zivilrechtlich gepachtet, nachdem diese unter teilweise Einbeziehung eines Altbestandes großzügig ausgebaut worden war und übt diese Konzession seit dem Jahre 1991 aufgrund einer von der Bezirkshauptmannschaft P verliehenen Konzession auch tatsächlich aus. Am 29.8.1991 wurde der Betrieb von der Bezirkshauptmannschaft P einer gewerbebehördlichen Überprüfung unterzogen.

Ein Vertreter des Arbeitsinspektorates war diesem Augenschein nicht zugezogen. Die Gewerbebehörde erachtete ein Betriebsanlagenverfahren nicht als notwendig.

Der Betrieb wurde vom Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk am 2. August 1993 erstmals einer Inspektion unterzogen, zu der im dazu ergangenen Bericht festgestellt wurde, daß die Küche keine ins Freie führende Lichteintrittsfläche besitze und somit nicht natürlich belichtet sei.

Bei dem vom UVS am 9.6.1994 durchgeführten Augenschein fand sich ein nach den Angaben der Beteiligten bezüglich der Küche unveränderter Zustand und ist weiterhin unbestritten, daß nachwievor drei Dienstnehmer im Betrieb beschäftigt sind, wobei in der Regel täglich, insbesondere ab 17.00 Uhr, in der Küche Speisen zubereitet werden.

Die Küche ist im Haupteingangsbereich zum Gastgewerbebetrieb hinter dem Durchgang eines weitläufigen Schank- bzw.

Barpultes angeordnet, ist in den Bereich eines aus Ortbeton errichteten Altbauteiles integriert und weist eine Bodenfläche von knapp unter 10 m 2 auf. Im nördlichen Bereich wurde in einem bestehenden Betonpfeiler auf eine Breite von ca. 25 cm und eine Höhe von 1,20 m eine Öffnung ausgebrochen und mit einem Kunststoffenster, dessen Glasbreite ca. 10 cm und Höhe ca. 1 m beträgt, versehen. In der Küche finden neben einem vierflammigen Gasherd zwei Friteusen, ein Toaster und mehrere sonstige Geräte Verwendung. Über dem Gas wurde eine Abzughaube mit angeschlossener mechanischer Entlüftung installiert.

Objektiverweise wurde demnach § 8 Abs. 1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung nicht erfüllt, wonach Arbeitsräume - das sind Räume von Betrieben, in denen nach ihrer Zweckbestimmung Arbeiten ausgeführt werden und in denen mindestens ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet ist, wobei als ständiger Arbeitsplatz ein Bereich gilt, an dem Arbeitnehmer entweder an 30 oder mehr Tagen im Jahr beschäftigt sind oder ein Bereich anzunehmen ist, an dem Arbeitnehmer an weniger als 30 Tagen im Jahr, aber in der Regel länger als vier Stunden täglich beschäftigt sind - ins Freie führende Lichteintrittsflächen wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln besitzen müssen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes betragen muß. Mindestens eine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien in einer Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes muß vorhanden sein.

Arbeitsräume müssen möglichst gleichmäßig natürlich belichtet sein.

Wenn aus zwingenden, vor allem in den örtlichen Verhältnissen, gelegenen Gründen, wie bei Gebäuden in dicht verbauten Ortskernen, eine ausreichende und möglichst gleichmäßige natürliche Belichtung der Arbeitsräume nicht erreicht werden kann, müssen die Arbeitsräume zusätzlich durch eine künstliche Beleuchtung erhellt sein, die den Erfordernissen des § 9 AAV entsprechen muß.

Wenn in der Anzeige des Arbeitsinspektorates, in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter und im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft P von "keinen" Lichteintrittsflächen die Rede ist, dann entspricht dies nicht den Tatsachen. Festgestellt werden konnte nur keine ausreichende und keine gleichmäßige natürliche Belichtung.

Eine künstliche Beleuchtungseinrichtung war vorhanden.

Wenngleich § 8 Abs. 2 AAV unter den entsprechenden Bedingungen als vom Gesetz ohnedies vorgesehene Alternativlösung angesehen werden kann - was nach dem bloßen Sprachgebrauch verstanden werden könnte - so wird gemeinhin doch die Genehmigungspflicht von Ausnahmen bzw. Abweichungen im Sinn des § 97 Abs. 1 und 2 leg.cit. (durch die Behörde) angenommen (vergl. VwGH 14.1.1994, Zl. 93/020144). Prima facie fällt auf, daß bei den durch Lokalaugenschein des UVS festgestellten Sachverhalt im Vergleich zum Straferkenntnis dem Beschuldigten eine andere Tat zur Last gelegt wurde, weil die Lichteintrittsfläche nicht gänzlich fehlte, sondern nur unzureichend waren und eine Ausnahmebewilligung für die kompensando eingesetzte künstliche Beleuchtung nicht vorlag.

Die Bestrafung ist jedoch insbesondere mangels Erfüllung der subjekiven Tatseite nicht zu Recht erfolgt.

Nachdem die Bezirkshauptmannschaft P für den in Rede stehenden Gastgewerbebetrieb, sowohl die Gewerbebehörde erster Instanz ist als auch - nachdem sie keine Betriebsanlagengenehmigung für erforderlich hielt - im Sinne des § 30 Abs. 1 ANSchG jene Behörde ist, die im Sinne des § 27 Abs. 1 ANSchG für eine Betriebsbewilligung unter dem Blickwinkel des Arbeitnehmerschutzgesetzes allenfalls in Betracht kommt, konnte es dem Beschuldigten nicht zur Fahrlässigkeit gereichen, wenn er nach der am 29.8.1991 durchgeführten Überprüfung durch die Behörde bezüglich der Küchenbelichtung nicht beanstandet wurde, diese nicht veränderte und vom verordnungswidrigen Zustand erst durch das Erscheinen des Arbeitsinspektors am 2. August 1993 erfuhr.

Eine andere Tatzeit als der 2. August 1993 kommt aber aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter und des Spruches des Straferkenntnisses auch für das Berufungsverfahren nicht in Betracht.

Dem Rechtsmittelwerber ist somit ein Schuldausschließungsgrund zuzubilligen und war aus all diesen Gründen das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber weder für das erstinstanzliche Verfahren noch für das Berufungsverfahren Kostenbeiträge zu leisten hat (§ 66 Abs. 1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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