Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220951/4/Ga/La

Linz, 31.01.1995

VwSen-220951/4/Ga/La Linz, am 31. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl.-Ing. Dr. W C , vertreten durch Dr. A W , pA A M in GmbH, S Straße L , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juli 1993, Zl.

502-32/Sta/We/1/92a, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Zum Spruchpunkt 1. wird die Berufung, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Soweit sich die Berufung gegen die Strafe in diesem Spruchpunkt richtet, wird ihr Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 3.000 S (36 Stunden) mit der Maßgabe herabgesetzt, daß als Strafnorm anzugeben ist: "gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973"; der Antrag, gemäß § 21 VStG vorzugehen, wird hingegen abgewiesen.

II. Zum Spruchpunkt 2. wird der Berufung zur Gänze Folge gegeben; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 300 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 21, § 44a Z1 und Z3, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 und Abs.2; § 64 Abs.2, § 65, § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

Zum Spruchpunkt 1.

1. Mit diesem Faktum des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerber einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 (idF vor der Novelle BGBl.Nr.

29/1993) schuldig gesprochen und deswegen mit einer Geldstrafe in der Höhe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

sieben Tage) kostenpflichtig bestraft.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A A Ges.m.b.H. in L S Straße , und somit als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß von dieser Gesellschaft in der Zeit von November 1990 bis 6. Februar 1992 im genannten Standort, näherhin im Bau 204, eine gemäß § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich eine Anlage zur Abfüllung und Verpackung von festen und flüssigen Pflanzenschutzmitteln (PSM-Finalisierung) betrieben worden sei, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage wegen ihrer Betriebsweise, insbesondere der eingesetzten Stoffe (sehr giftige und zum Teil brennbare Flüssigkeiten) geeignet sei, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden.

2. Gegen dieses - dem Beschuldigten, wie sich als Konsequenz aus dem h. Erkenntnis VwSen-220655/5 vom 31. März 1994 ergeben hat, erst am 18. April 1994 zugestellten Straferkenntnis richtet sich die gegen Schuld und Strafe (hinsichtlich beider Spruchpunkte) gerichtete, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG beantragende, zugleich mit dem Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung; der Vertreter des Beschuldigten ist durch ausdrückliche schriftliche Vollmacht iSd § 10 Abs.1 AVG (iVm § 24 VStG) ausgewiesen.

3. Aus der Einsicht in den zu Zl. 502-32/Kn/We/1/92d vorgelegten Strafakt hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses zu diesem Spruchpunkt richtig und vollständig dargestellt, sodaß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über den maßgebenden Sachverhalt machen konnte. Die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, nämlich das genehmigungslose Betreiben der gegenständlichen, als genehmigungspflichtig im Grunde des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 beurteilten Betriebsanlage in der angelasteten Tatzeit hat der Berufungswerber schon im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren, aber auch in seinem Rechtsmittel nicht bestritten.

Diese im Spruchpunkt 1. des bekämpften Straferkenntnisses angeführten Tatumstände werden als erwiesen auch der h.

Entscheidung zugrundegelegt. Weil weitere Beweise daher nicht aufzunehmen waren, auch nicht beantragt wurden und im übrigen nur über Rechtsfragen betreffend die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers sowie die Zurechenbarkeit der Tat bzw. über Fragen der Bestrafung/der Strafhöhe abzusprechen war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Berufungswerber erachtet sich zu Unrecht bestraft, weil er für etwas verantwortlich gemacht werde, was er jedoch nicht zu vertreten habe. Er wehrt sich dagegen, daß die belangte Behörde seinen Schuldentlastungsbeweis im Grunde des § 5 Abs.1 VStG nicht anerkannt habe. Im wesentlichen bringt er hiezu vor, die belangte Behörde habe nicht ausreichend gewürdigt, daß er auf Grund seiner arbeitsrechtlichen Situation bis 14. Juli 1992 überhaupt nicht in der Lage gewesen sei, seiner Verantwortlichkeit entsprechende Handlungen zu setzen, wie Anweisungen zu geben oder Kontrollen durchzuführen. Jedenfalls seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für den Bereich Pflanzenschutz bis zum genannten Zeitpunkt gar nicht gegeben gewesen. Er habe nicht, wie von der belangten Behörde zugrundegelegt, über den Umfang seiner Verantwortlichkeit geirrt, sondern es sei ihm unmöglich gewesen, dieser Verantwortlichkeit nachzukommen. Auch könne "auf Grund obiger Ausführungen" (gemeint wohl: wegen der von ihm eingewendeten 'arbeitsrechtlichen Situation') durchaus daran gezweifelt werden, ob eine Verantwortlichkeit überhaupt wirksam bestanden habe. Davon könne höchstens für einen Zeitraum ab dem 14. Juli 1992 gesprochen werden, weil er sich erst von da an (auch) über die Vorgänge im Bereich Pflanzenschutz habe informieren können.

Davon abgesehen, habe er entgegen der Annahme der belangten Behörde seine Kontrollpflicht nicht verletzt. So habe er schon im Ermittlungsverfahren darauf hingewiesen, daß er alle größeren Anlagen in seine persönliche Kontrolle einbezogen habe und auch kleinere Anlagen kontrolliert würden. Kontrolle übe er auch dadurch aus, daß eine Berichtspflicht bestehe. Weiters würden in seinem Auftrag laufend Kontrollen der Einhaltung der gewerbebehördlichen Vorschriften durch den Umweltschutzbeauftragten vorgenommen.

Darüber hinaus übe er Kontrolle dadurch aus, daß er den bezüglichen Behördenschriftverkehr studiere und auch regelmäßige Besprechungen mit den Betriebsleitern, die die Einhaltung der Vorschriften zum Gegenstand hätten, abhalte.

Und schließlich sei die ihm angelastete Übertretung gemäß § 6 VStG nicht strafbar, weil das Unternehmen gemäß § 31 WRG verpflichtet gewesen sei, eine Sanierung durch die Errichtung der gegenständlichen Betriebsanlage durchzuführen, somit also die Übertretung vom Gesetz geboten gewesen sei. Insgesamt hätte daher teilweise wegen fehlender Tatbestandsmäßigkeit, sonst wegen fehlenden Verschuldens keine Strafe verhängt werden dürfen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Berufung hinsichtlich der Tatbildmäßigkeit einerseits und der Zurechenbarkeit andererseits zum Erfolg zu führen.

4.2. Vorliegend geht es ausschließlich darum, ob die belangte Behörde für die angelastete Verwaltungsübertretung zu Recht den Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung ziehen durfte.

Was zunächst den Vorwurf des Berufungswerbers anlangt, die belangte Behörde habe nicht ausreichend gewürdigt, daß er auf Grund seiner 'arbeitsrechtlichen' Situation bis 14. Juli 1992 - somit also für die gesamte spruchgemäße Tatzeit überhaupt nicht in der Lage gewesen sei, seiner Verantwortlichkeit entsprechend zu agieren, so bestreitet er weder mit diesem Vorbringen noch insgesamt in der Berufungsschrift, daß er auch schon für Zeiträume vor dem 14. Juli 1992 zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der bezeichneten Gesellschaft bestellt und diese Bestellung der Gewerbebehörde auch angezeigt bzw. von ihr genehmigt gewesen ist. Tatsächlich geht aus einem dem Strafakt einliegenden Erhebungsbericht des Magistratischen Bezirksverwaltungsamtes genügend klar hervor, daß der Berufungswerber laut aktueller Eintragung im Gewerberegister als gewerberechtlicher Geschäftsführer eingetragen ist. Der Berufungswerber selbst hat schon in seiner Rechtfertigung vom 23. April 1992 ausgeführt, daß er gewerberechtlicher Geschäftsführer der A für das Gewerbe der Herstellung chemischer Produkte sowie für das Gewerbe gemäß § 220 GewO 1973 sei; der Großteil der Betriebsanlagen falle demnach in seinen Verantwortungsbereich; darunter seien viele große Anlagen, aber auch sehr viele kleinere.

In seiner Stellungnahme vom 27. Oktober 1992 an die belangte Behörde zu dem bis dahin vorliegenden Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hält der Berufungswerber konkretisierend fest, daß er (nach dem Ausscheiden seines Funktionsvorgängers) "mit Wirksamkeit 12. April 1990 auch zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für das Gewerbe gemäß § 220 GewO bestellt" worden sei.

Diese Angaben hat der Berufungswerber auch in seinem Rechtsmittel nicht widerrufen.

4.3. Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 sind die in diesem Gesetz vorgesehenen Strafen gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde. Danach besteht kein Zweifel, daß vorliegend die Strafe gegen den Berufungswerber, der jedenfalls schon mit Wirkung für den Tatzeitraum zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt und dessen Bestellung angezeigt/genehmigt gewesen ist, zu verhängen war, weil die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit vom Gewerbeinhaber auf ihn in eben seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer übertragen gewesen ist.

Die vom Berufungswerber eingewendete 'arbeitsrechtliche' Situation ist im Grunde des (§ 9 Abs. 1 VStG iVm) § 370 Abs.

2 GewO 1973 für diesen Übergang sui generis der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit unbeachtlich.

Wenn nach der Behauptung des Berufungswerbers Schwierigkeiten im Innenverhältnis einer klaglosen Wahrnehmung seiner ihm übertragenen Verantwortlichkeit tatsächlich entgegenstehen, dann hätte er seine Bestellung zum Geschäftsführer zurücklegen müssen; solange das aber nicht geschehen ist, muß sich im Außenverhältnis die Strafbehörde darauf verlassen können, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer seiner aufrechten Verantwortlichkeit wirksam nachkommen kann. Mit anderen Worten: Die Strafbehörde hat bei angezeigter und genehmigter Bestellung und solange der Geschäftsführer aus seiner Funktion auch noch nicht ausgeschieden ist, vor der Verhängung einer Strafe nicht nachzuforschen, ob der bestellte - und ihr gegenüber für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften allein verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer im Innenverhältnis über ein entsprechendes Pouvoir verfügt oder nicht.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, daß der GewO 1973 aus dem Blickwinkel des § 370 Abs. 2 ein bloß partieller Übergang der Verantwortlichkeit - wie hier vom Berufungswerber offenbar verstanden: nur für den Produktionsbereich Düngemittel, nicht jedoch für den Produktionsbereich Pflanzenschutz - fremd ist. Wegen seiner Gesamtverantwortung kann nämlich (abgesehen vom Fall des Filialgeschäftsführers) für jede Gewerbeberechtigung nur ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden. Eine dem § 9 Abs. 2 VStG nachgebildete Bestellung von Verantwortlichen für einzelne Befugnisse oder Bereiche ist demnach nicht möglich (so die hL und gesicherte Rspr., zB PAUGER, Gewerberecht [1993], 84 mwF). Hingegen ist davon auszugehen, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer entsprechend § 39 Abs.2 GewO 1973 in der Lage ist, sich im gesamten - Betrieb entsprechend zu betätigen; insbesondere auch muß eine Scheinerfüllung dieses Erfordernisses ausgeschlossen sein (vgl. REBHAHN, Der gewerberechtliche Geschäftsführer [1994], 22f).

Und schließlich geht jenes Vorbringen des Berufungswerbers, das sich auf Zeiträume ab dem 14. Juli 1992 bezieht, schon deswegen ins Leere, weil diese Zeiträume außerhalb der spruchgemäßen Tatzeit (die als solche im übrigen nicht bestritten wurde) liegen.

Im Ergebnis ist die objektive Tatseite auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit verwirklicht.

4.4. Dem Berufungswerber ist aber die Verwaltungsübertretung auch zuzurechnen.

Da es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 um ein Ungehorsamsdelikt handelt, träfe den Berufungswerber - als gewerberechtlichen Geschäftsführer des involvierten, gewerbeausübenden Unternehmens - gemäß § 5 Abs.1 VStG nur dann kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift, wenn er - wie dies schon die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses richtig und ausführlich aufgezeigt hat - ein Kontrollsystem vorgekehrt hätte und im Rahmen dieses Kontrollsystems seine Überwachungspflichten gegenüber allen Personen, die er mit bestimmten Aufträgen betraut hat, nachgekommen wäre. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht jedenfalls nicht aus; vielmehr muß auch eine angemessene Kontrolle hinzutreten (vgl. VwGH 20.9.1994, 93/04/0095 mwN).

Der Berufungswerber irrt, wenn er meint, mit dem Hinweis auf eine bestehende Berichtspflicht die geforderte Effizienz des Kontrollsystems darzutun, solange er nicht auch beschreibt, worin die Maßnahmen im Gefolge eines erstatteten Berichtes im einzelnen bestehen und daß solche Maßnahmen auch gesetzt werden (idS VwGH 13.10.1993, 93/02/0181). Sinngemäß Gleiches gilt für die übrigen vom Berufungswerber aufgezählten Umstände (laufende Kontrolle durch den Umweltschutzbeauftragten; eigenes Studium des bezüglichen Behördenschriftverkehrs; regelmäßige Besprechungen mit dem Betriebsleiter), die sämtliche - schon wegen ihrer bloß rudimentären Darstellung - den Berufungswerber im Lichte der ständigen Judikatur des VwGH nicht zu entlasten vermögen.

Nach dieser Rechtsprechung (vgl. zB die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992] zu § 5 Abs.1 VStG angeführte Judikatur) wäre es bei Ungehorsamsdelikten allerdings Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Diese Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

Gerade aber darin, daß der Berufungswerber seine Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer schon mit Wirksamkeit 12. April 1990 hingenommen hat, ohne jedoch gleichzeitig sicherzustellen, daß er in der Folge die ihm übertragene Verantwortlichkeit auch innerbetrieblich durchsetzen kann, ist die Zurechenbarkeit des Tatvorwurfs begründet, weil er nicht den ihn als Geschäftsführer treffenden besonderen Sorgfaltsmaßstab angelegt hat.

4.5. Schließlich gewinnt der Berufungswerber auch mit dem in Verbindung mit § 6 VStG vorgebrachten, allerdings nicht näher ausgeführten Hinweis, wonach sein Unternehmen auf Grund § 31 WRG verpflichtet gewesen sei, eine Sanierung durch die Errichtung der gegenständlichen Anlage durchzuführen, nichts für sich. Er übersieht, daß die Sanktionsnorm des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 zwei alternative Tatbestände - errichtet oder betreibt - enthält. Vorliegend wurde dem Berufungswerber das genehmigungslose Betreiben (nicht die Errichtung) der Betriebsanlage angelastet. Einen Rechtfertigungsgrund iS des § 6 zweiter Fall VStG begründet dieser Einwand nach den Umständen des Falles daher von vornherein nicht.

4.6. Aus allen diesen Gründen erfolgte die Bestrafung des Berufungswerbers grundsätzlich zu Recht und war seinem Antrag, gemäß § 21 VStG vorzugehen, nicht stattzugeben.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Strafbehörde ohne weiteres Verfahren - im Berufungsfall auch der unabhängige Verwaltungssenat - von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gleichzeitig jedoch kann die Strafbehörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Auf die Anwendung dieser Bestimmung hätte der Berufungswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann einen Anspruch, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall, weil von einem bloß geringfügigen Verschulden im Sinne des ersten Tatbestandes dieser Gesetzesvorschrift im Hinblick auf den oben dargestellten beträchtlichen Sorgfaltsmangel nicht die Rede sein kann. Immerhin muß der Berufungswerber gegen sich gelten lassen, daß er mit seiner Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer auch eine erhöhte Verantwortung übernommen hat.

Unter diesen Umständen aber ist das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers nicht, wie dies die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG verlangt, hinter dem in der hier zugrundegelegten Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben (vgl. zB VwGH 14.1.1988, 86/08/0073 uva). Der Antrag war daher abzuweisen.

5. Zur Strafbemessung 5.1. Das Ausmaß der über ihn verhängten Geldstrafe bekämpft der Berufungswerber nicht konkret.

In der ihr für die Straffestsetzung obliegenden Ermessensentscheidung ist die belangte Behörde offensichtlich nach dem in § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG niedergelegten Kriterien vorgegangen. Sie hat dabei zu schätzen gewesene Einkommens- und Vermögensverhältnisse in nachvollziehbarer Weise zugrundegelegt und Sorgepflichten des Berufungswerbers für seine Ehefrau und zwei unversorgte Kinder berücksichtigt. Als strafmildernd hat sie die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als straferschwerend keinen Umstand gewertet.

5.2. Nun hat weitere Milderungsgründe der Berufungswerber nicht geltend gemacht, jedoch ist ein weiterer solcher Grund durch die Sachlage angedeutet, sodaß ihn der unabhängige Verwaltungssenat für die Berufungsentscheidung aufzugreifen hatte (vgl. VwGH 29.3.1994, 93/04/0086).

Zwar nicht als überhaupt schuldausschließend, wie der Berufungswerber erkennbar meint, so doch aber immerhin als mildernd iSd § 34 Z15 StGB ist die hinsichtlich des gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahrens für die gegenständliche Betriebsanlage schlüssig und detailreich vorgetragene, lange Dauer des schon am 3. Juli 1989 eingeleiteten Verfahrens zusammen mit dem vom Berufungswerber zugleich dargestellten, glaubwürdigen Bemühen um Wahrung bzw. wenigstens nachträgliche Herstellung der Rechtsordnung anzuerkennen (insoweit ist dieser Fall nicht mit jenem vergleichbar, der dem vorhin zit. VwGH-Erk.

zugrundeliegt und für den der Gerichtshof die Anerkennung eines Milderungsgrundes der langen Verfahrensdauer versagt hat; vgl. auch die Rechtsprechung des UVS , zB Erk. vom 25.10.1994, VwSen-220656/15).

In diesem Zusammenhang übersieht die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf Seite 8 Mitte, daß sie mit diesen Ausführungen insbesondere auf die detaillierte Darstellung der langen Verfahrensdauer in der Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 23. April 1992, aber auch auf die diesbezügliche Ausführung in seiner Stellungnahme vom 18. August 1992 nicht wirklich, jedenfalls nicht aus dem Blickwinkel der Bedeutung dieses Vorbringens für die Strafbemessung eingegangen ist. Vor allem ist unerklärt geblieben, warum es im Zuge dieses Genehmigungsverfahrens von der - immerhin fast ein halbes Jahr vor Beginn der Tatzeit erfolgten! - Übermittlung von Plänen für die Heizung, Belüftung und Abluftsysteme durch den Konsenswerber am 28. Juni 1990 dann noch ganze 13 Monate dauerte, bis die Gewerbebehörde erst am 31. Juli 1991 eine Nachforderung weiterer Unterlagen hinsichtlich sicherheitstechnischer Maßnahmen erhob. Auch der im Strafakt einliegende Vermerk mit der OZ 21 dokumentiert diesen auffallend langen Zeitraum zwischen jener Eingabe des Konsenswerbers und nächstfolgender behördlicher Reaktion, ohne aber daß der Darstellung eine einsichtige Erklärung hiefür entnommen werden kann. Vielmehr geht daraus nur hervor, daß die alleinige Ursache für die Verzögerungen - in evidentem Widerspruch zur Aktenlage - dem Konsenswerber überbürdet wird.

5.3. Im Ergebnis ist durch den aufzugreifen gewesenen, zusätzlichen und gewichtigen Milderungsgrund die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nun bestimmte, deutlich geringere Ausmaß begründet, zumal auch besondere Abschreckungszwecke der Strafe wegen der Unbescholtenheit des Berufungswerbers in die Strafbemessung nicht einzufließen hatten.

Die Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe war im Grunde des § 16 Abs.2 VStG zur Herstellung ihrer Verhältnismäßigkeit zur Geldstrafe vorzunehmen.

6. Die der ständigen Rechtsprechung des VwGH folgende Vervollständigung des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG hatte der unabhängige Verwaltungssenat - ohne Überschreitung seiner Sachbindung - zu verfügen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war der dem Berufungswerber strafbehördlich vorgeschriebene Kostenbeitrag entsprechend zu mindern; ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens war von Gesetzes wegen nicht vorzuschreiben.

Zum Spruchpunkt 2.

8. Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, er sei schuldig, (wiederum) in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantworten zu müssen, daß diese Gesellschaft in der Zeit von November 1991 bis 6. Februar 1992 im gleichfalls schon genannten Standort eine gewerbebehördlich in bestimmter Weise genehmigte Betriebsanlage, nämlich eine Anlage für die Erzeugung und Verpackung sowie Zwischenlagerung von Herbizidpulver nach Durchführung von gemäß § 81 iVm § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 genehmigungspflichtigen Änderungen (zusätzliche maschinelle Einrichtungen bei gleichzeitiger Kapazitätserhöhung) betrieben habe, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage auf Grund der zusätzlichen maschinellen Einrichtungen geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden.

Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 sowie § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 zu vertreten, weshalb er kostenpflichtig bestraft wurde.

9. Der Berufungswerber bekämpft mit seinem Rechtsmittel das Straferkenntnis auch in diesem Spruchpunkt wegen fehlender Tatbestandsmäßigkeit infolge der von der belangten Behörde zu Unrecht angenommenen Verantwortlichkeit; im übrigen macht er auch hier fehlendes Verschulden geltend.

10. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

10.1. Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z4 GewO 1993 (idF vor der Novelle BGBl.Nr. 29/1993) - ändert oder nach der Änderung betreibt - ergibt, enthält diese Gesetzesstelle gleichfalls zwei alternative Straftatbestände. Daraus leitet die Rechtsprechung mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG zwingende Erfordernisse ab, denen der Spruchpunkt 2. jedoch - irreparabel - nicht entspricht. Die belangte Behörde stellt nämlich im so formulierten Schuldspruch (und damit übereinstimmend auch schon in der ersten Verfolgungshandlung, d.i. der Ladungsbescheid vom 25.

August 1992) darauf ab, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach Änderung durch Einbau zusätzlicher (welcher?) Maschinen bei gleichzeitiger (nicht näher konkretisierter!) Kapazitätserhöhung betrieben wurde, versäumte es jedoch darzulegen, WORIN dieses Betreiben nach der Änderung bestanden haben sollte. Damit aber hat die belangte Behörde - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - die Tat nicht hinlänglich iSd § 44a Z1 VStG dargestellt (vgl. VwGH vom 26.4.1994, 93/04/0243; UVS : Erk. VwSen-220995/3/Ga vom 19.8.1994, -220797/5/Kon vom 17.11.1994, -220698/2/Ga vom 30.11.1994, -220798/2/Ga vom 30.12.1994, -221101/2/Kl vom 12.1.1995).

Diese Darlegung ist aber schon deshalb erforderlich, um aus dem konkret beschriebenen Betrieb nach vorgenommener Änderung die Eignung der (geänderten) Betriebsanlage zur Gefährdung der in § 74 Abs.2 Z1 GewO 1973 genannten Interessen in eindeutiger Weise ableiten zu können, und dies immer im Hinblick auf die jeweils vorgenommene Änderung.

10.2. Konnte aber die Unbestimmtheit des Tatvorwurfs wegen hier schon zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten gewesener Verfolgungsverjährung auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht saniert werden, war daher das Straferkenntnis im Spruchpunkt 2. - diesfalls gemäß § 51e Abs.1 ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben. Gleichzeitig war die Einstellung des bezüglichen Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

11. Die Aufhebung und die Einstellung im Spruchpunkt 2.

bewirken hiezu auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum bezüglichen Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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