Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220952/2/Schi/Ka

Linz, 02.06.1995

VwSen-220952/2/Schi/Ka Linz, am 2. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des H R , E , B I , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P V , S , Dr.

F Platz , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30.3.1994, Ge96-2640-1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm §§ 24, 31 Abs.1 und 2, 32 Abs.2, 44a, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr.52/1991; II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 30.3.1994, Ge96-2640-1993, über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 126 Z22 GewO 1973 kostenpflichtig verhängt, weil er zumindest am 15.7.1993 im Standort Bad Ischl, Stifterkai 5, das Masseurgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt habe.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in der der Antrag gestellt wird, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw allenfalls eine Ermahnung gemäß § 21 VStG zu erteilen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Berufungsvorentscheidung erlassen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich beider Fakten aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl.

Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen.

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 29/1993 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer Z1 ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

5.3. Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit wie auch über die Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 GewO 1973. Es wurde daher unterlassen, die als einem nicht bewilligungspflichtigem gebundenem Gewerbe unterliegend gewertete "Tätigkeit" des Berufungswerbers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf der Ausübung des Masseurgewerbes allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 indiziert, insbesondere zumal die unbefugte Ausübung des Masseurgewerbes niemals an sich festgestellt wurde, sondern lediglich wegen der einschlägigen Hinweistafel iVm § 1 Abs.4 GewO, wonach das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird, (zu Recht) angenommen wurde.

5.4. Es wurde demnach unterlassen, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anzuführen, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt das Masseurgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung insofern ausgeübt habe, als an der Hausfront des Hauses Stifterkai 5 durch eine Hinweistafel mit dem Text: "M , Physik-Therapie, Sport- und Physiotherapie, Solarien, Öffnungszeiten etc." die Tätigkeit des Masseurgewerbes einen größeren Kreis von Personen angeboten hat.

5.5. Diesen Mangel hat auch schon die Strafverfügung vom 5.8.1993 (als erste Verfolgungshandlung) aufgewiesen. Da eine diesen Konkretisierungsanforderungen entsprechende (weitere) Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, konnte daher der O.ö. Verwaltungssenat das diesbezügliche Straferkenntnis nicht mehr ergänzen, zumal es sich um einen von vornherein wesentlich unvollständig vorgeworfenen Tatbestand, der in dieser wesentlich verkürzten Fassung keine Verwaltungsübertretung bildet, handelt.

6. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VStG einzustellen.

zu II. Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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