Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220955/2/Kl/Rd

Linz, 14.03.1995

VwSen-220955/2/Kl/Rd Linz, am 14. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des K W , M , K , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 20.4.1994, Ge96-116-1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 20.4.1994, Ge96-116-1993, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen zu je 800 S, Ersatzfreiheitsstrafen zu je 12 Stunden, in fünf Fällen wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm dem Bescheid vom 29.4.1993, Ge-1090-1992, verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Fleischergewerbes der K F GesmbH es zu verantworten hat, daß der Punkt 10. des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides vom 29.4.1993, Ge-1090-1992, nicht eingehalten worden ist, und zwar am 1. 26.01.1994 um 5.16 Uhr fuhr ein LKW der Molkereigenossenschaft G n von der Nordrampe weg; 2. 03.02.1994 um 3.49 Uhr fuhr ein Kleinbusfleischwagen weg, der auf der Nordseite neben der Konfiskatrampe abgestellt war; 3. 10.02.1994 um 3.45 Uhr fuhr ein Kleinbusfleischwagen weg, der auf der Nordseite abgestellt war; 4. 12.02.1994 um 5.30 Uhr hat ein LKW Strasser "Goldring" auf der Nordrampe entladen; 5. 18.02.1994 um 4.04 Uhr fuhr ein Klein-LKW der Molkereigenossenschaft G an der Nordseite vorbei.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 400 S verhängt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welchem die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß lediglich der zu Punkt 4. ergangene Vorwurf Ladearbeiten und daher einen Verstoß gegen die Betriebsanlagengenehmigung bildet. Im übrigen handelte es sich um betriebsfremde Fahrzeuge, die aus einem ihm nicht bekannten Grund auf der Nordrampe weggefahren sind oder dort vorbeifuhren. Es kann dem Berufungswerber aber nicht zugemutet werden, Wachposten aufzustellen, die ein Befahren des zum Betrieb gehörenden Geländes unterbinden. Die Zusage, eine entsprechende Abschrankung vorzunehmen, stelle lediglich eine freiwillige Maßnahme dar, sei aber keineswegs eine Verpflichtung. Dem zur Last gelegten Verhalten liege aber kein wie immer geartetes Verschulden zugrunde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

4.3. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Wie nämlich der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. VwGH vom 29.3.1994, 93/04/0255 mwN) ausgeführt hat, wird "dadurch, daß § 367 Z26 GewO 1973 (nunmehr § 367 Z25 GewO 1994) auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträgen verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z26 (nunmehr Z25) GewO gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen, der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen reicht nicht aus.

Die belangte Behörde verkannte nun schon insoweit die Rechtslage, daß der ergangene Schuldspruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage nicht aufweist, sondern einen bloßen Hinweis auf die ziffernmäßig bezeichnete Auflage enthält. Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid nicht dem dargestellten Sprucherfordernis, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird." Weil weder im Ladungsbescheid vom 15.3.1994 (als erster Verfolgungshandlung) noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch überhaupt im Akteninhalt eine wörtliche Anführung des einen Teils des Straftatbestandes bildenden Auflagepunktes 10. vorliegt, und im übrigen die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, konnte eine entsprechende Ergänzung auch vom O.ö.

Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.4. Dessen ungeachtet wird auch darauf hingewiesen, daß iSd vorzitierten Ausführungen gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch auch hinsichtlich des Tatortes zu konkretisieren ist. Aus der Adressierung des Strafbescheides allein kann noch nicht auf einen Tatort geschlossen werden.

Im Hinblick auf § 44a Z2 VStG hat der VwGH darauf hingewiesen, daß nach § 367 Z26 (nunmehr Z25) GewO die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, aus der Strafbestimmung des § 367 Z25 GewO iVm der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheides, in dem die betreffende Auflage vorgeschrieben wurde, besteht (vgl. VwGH vom 24.11.1992, 90/04/0350).

Als Strafnorm gemäß § 44a Z3 VStG ist "§ 367 Einleitungssatz GewO 1994" zu zitieren.

Schließlich wäre im Hinblick auf die gleichartige Begehungsform und den doch sehr nahen zeitlichen Zusammenhang der Umstand einer fortgesetzten Tatbegehung ins Auge zu fassen gewesen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren nach der im Spruch angeführten Gesetzesstelle keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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