Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220966/14/Kl/Rd

Linz, 11.04.1995

VwSen-220966/14/Kl/Rd Linz, am 11. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des F W , Hgasse , L , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8.4.1994, GZ:100-1/16, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 4.4.1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß bei der Übertretungsnorm iSd § 44a Z2 VStG die Gewerbeordnung mit "GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 450/1992" und die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG mit "§ 368 Einleitungssatz leg.cit." zu zitieren ist.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 3.000 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab der Zustellung zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8.4.1994, GZ: 100-1/16, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 15.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 368 Z11 iVm § 198 Abs.2 der GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 und § 1 Abs.1 lit.f sowie § 3 Abs.1 lit.c der O.ö. Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl.Nr. 73/1974, verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F W Gastronomie GesmbH & Co KG zu verantworten hat, daß er - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer L , festgestellt wurde zumindest am 6.1.1993 von 7.15 Uhr bis 7.50 Uhr (Kontrollzeitpunkt) den Gaststättenbetrieb in der Betriebsart einer Bar im Standort Linz, H gasse , entgegen den Bestimmungen des § 198 Abs.2 GewO 1973 noch offen gehalten und 40 Gästen, die Getränke konsumierten, das weitere Verweilen im Lokal gestattet hat, obwohl die Sperrstunde für das Lokal mit 6.00 Uhr festgelegt ist.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S festgelegt.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, mit welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde. Begründend wurde zunächst ausgeführt, daß eine unrechte Würdigung dahingehend vorgenommen wurde, daß die angegebenen Stichproben offensichtlich nicht geeignet seien, Übertretungen der Sperrstunde hintanzuhalten, und daß nur wider Erwarten die Einhaltung der Sperrstunde zur Tatzeit dem beauftragten H Ka nicht gelungen sei.

Im übrigen sei die Verantwortlichkeitsregelung dahingehend unrichtig ausgelegt worden, indem dem § 9 Abs.2 VStG nur subsidiäre Geltung zugemessen wurde. Vielmehr müsse - den faktischen Verhältnissen Rechnung tragend - dem Unternehmer zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigenen Tätigkeiten auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, daß in gewerberechtlichen Angelegenheiten die Bestimmung des § 9 Abs.2 VStG nicht Anwendung finde. Allenfalls werde eine verfassungsrechtliche Überprüfung angeregt, bzw. befand sich der Beschuldigte in einem entschuldbaren Rechtsirrtum. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß die in den nunmehr vier angefochtenen Straferkenntnissen angelasteten Sperrstundenüberschreitungen am 24.10., 7.11. und 24.12.1992 sowie 6.1.1993 zu Unrecht gesondert bestraft wurden, weil hier ein fortgesetztes Delikt vorgelegen sei. Es hätte daher nur eine einzige Strafe verhängt werden dürfen. Schließlich seien nach der Judikatur des VwGH bei einem fortgesetzten Delikt sämtliche davor gelegenen gleichartigen Übertretungen umfaßt, weshalb eine unzulässige Doppelbestrafung stattgefunden habe. Hinsichtlich der Strafe sei die Verhängung der Höchststrafe als unangemessen und exzessiv anzusehen, weshalb eine Herabsetzung beantragt wurde.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt L, Bezirksverwaltungsamt, hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

4. Es wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsstrafakt sowie die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.4.1995, zu welcher die Verfahrensparteien ordnungsgemäß geladen wurden. Die Zustellung der Ladung ist je gesondert im Akt ausgewiesen. Der Berufungswerber ist unentschuldigt zur Verhandlung nicht erschienen. Bei der mündlichen Verhandlung sind die geladenen Zeugen H K und RI M H (BPD L ) einvernommen worden.

Unbestritten vom Berufungswerber und im Ergebnis erwiesen blieb, daß sich zum Tatzeitpunkt im Lokal "V ", H gasse , L , 40 Gäste aufhielten, welche Getränke konsumierten.

Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisverfahrens konnte weiters als erwiesen festgestellt werden, daß den Gästen auch ein weiteres Verweilen im Lokal gestattet war. Diese Feststellung ergibt sich aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Aussage des einvernommenen Meldungslegers RI M H , welcher auf seine Anzeige verwies und diese bestätigte, und überdies zu Sperrstundenkontrollen, welche dann zu einer Anzeige führten, ausführte, daß es sich zum Kontrollzeitpunkt immer um einen ganz normalen Gastgewerbebetrieb handelte, wobei für einen Laien erkennbar war, daß eine Sperrstundenüberschreitung vorlag. Die Kellner haben dann immer nur Ausreden gehabt, wie daß es sich um eine geschlossene Gesellschaft oder nur um zum Lokal gehörige Kellner handle. Auch wußte der Zeuge nichts von einer Rechtfertigung dahingehend, daß die Sperrstunde dahingehend verkündet wurde, daß das Licht einige Male abgedreht und wieder aufgedreht wurde. Auch konnte er ausschließen, daß er jemals vom Lokal zu Hilfe gerufen wurde, um die Sperrstunde zu machen. Vielmehr gab er glaubwürdig zum Tattag an, daß er die Sperrstunde verkündet habe und dann in zeitlichem Abstand noch einmal nachschaute, ob sie eingehalten wird. Daher ergab sich aus der Anzeige auch der lange Zeitraum.

Diese Aussagen wurden auch nicht durch eine zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn H K widerlegt, zumal sich dieser an konkrete Angaben nicht mehr erinnern kann. Er berief sich nur darauf, daß er als sogenannter Geschäftsführer für die Einhaltung der Sperrstunde verantwortlich sei und er gab an, daß sehr oft eine Kontrolle zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr stattgefunden habe, wonach er nur den Eindruck hatte, daß es um eine Anzeigenerstattung ging und nicht zu sehr darum, daß die Sperrstunde gemacht werde. Diese Aussagen wurden aber vom Meldungsleger widerlegt, zumal der gegenständliche Tatzeitpunkt von 7.15 Uhr bis 7.50 Uhr gelegen war und der Meldungsleger auch eindeutig und glaubwürdig darlegte, daß an eine Sperrstunde gar nicht hinzudenken war. Im übrigen verwies der Zeuge H K auf seine zeugenschaftlichen Aussagen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, ebenfalls zu Sperrstundenüberschreitungen im Lokal "V ", woraus eindeutig und erwiesen hervor kam, daß erst auf jüngstes Anraten (erst im Jahr 1994) (vgl. VwSen-220738) des rechtsfreundlichen Vertreters die Polizei Linz ab 6.30 Uhr zum Machen der Sperrstunde zu Hilfe geholt wurde. Dies traf jedenfalls zum gegenständlichen Tatzeitpunkt nicht zu.

Selbst aus den Berufungsausführungen und auch aus dem Verweis des Zeugen K zu früheren Aussagen ergab sich, daß eine Kontrolle durch den Berufungswerber nur ein bis zwei Mal pro Woche stattfand, konkrete Besprechungen zu Anzeigen betreffend Sperrstundenüberschreitungen gab es nie.

Es war daher erwiesen, daß den Gästen ein weiteres Verweilen im Lokal über die Sperrstunde hinaus gestattet wurde, und daß stichprobenartige Kontrollen seitens des Berufungswerbers eher am Abend und daher nicht zu den Sperrstunden erfolgten. Weitere Maßnahmen des Berufungswerbers konnten nicht festgestellt werden.

Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und genehmigt.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 198 Abs.1 der GewO 1973 idF BGBl.Nr. 450/1992, wurde mit der Sperrzeiten-VO 1978, LGBl.Nr. 73/1977, im § 1 Abs.1 lit.f für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar die Sperrstunde mit 6.00 Uhr und die Aufsperrstunde mit 18.00 Uhr festgelegt.

Gemäß § 198 Abs.2 GewO 1973 hat der Gewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

Diesen Inhalt regelt auch § 3 Abs.1 der obzitierten Verordnung, welche aber entsprechend dem Erkenntnis des VwGH vom 28.1.1993, 92/04/0129-7, nur einen deklarativen Hinweis darstellt.

5.2. Vom Berufungswerber blieb unbestritten, daß sich zum genannten Tatzeitpunkt am Tatort Personen im Lokal aufhielten und Getränke konsumierten. Das Beweisverfahren hat auch erwiesen, daß diesen Personen das weitere Verweilen gestattet wurde.

Dies steht aber im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 198 Abs.2 GewO bzw. § 3 Abs.1 der Sperrzeiten-VO 1978. Danach sind nämlich die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen und sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. Es ist daher weder der Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch das weitere Verweilen gestattet und es dürfen die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt nach Eintritt der Sperrstunde bewirtet werden.

Es hätten daher die Gäste bereits spätestens zur Sperrstunde, also im Fall einer Bar spätestens um 6.00 Uhr, den Gastgewerbebetrieb zu verlassen gehabt.

Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. VwGH vom 29.3.1994, 93/04/0263 bis 0265) dargetan hat, schließt der der Pflicht der Gäste, den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen, korrespondierende Ausdruck "gestatten" die Verpflichtung des Gewerbetreibenden in sich, bis zum Eintritt der Sperrstunde das Ziel zu erreichen, daß sich keine Gäste mehr im Betrieb aufhalten und somit bei Zeiten alle jene Maßnahmen zu ergreifen, die zur Verfügung stehen, um gerade auch im Tatsachenbereich keine Voraussetzungen für ein Verweilen über den Eintritt der Sperrstunde hinaus zu bieten, oder mit anderen Worten ausgedrückt, um ein solches, bereits mit dem Eintritt der Sperrstunde unzulässiges Verweilen abzuwenden. Als Mittel, um die Einhaltung der Sperrstundenvorschrift zu gewährleisten, kommt insbesondere auch die Inanspruchnahme der Sicherheitsorgane in Betracht.

Daß er aber die Gäste rechtzeitig - nämlich noch vor Eintritt der Sperrstunde - zum Verlassen des Lokals aufgefordert hat und diese sich geweigert haben, hat der Berufungswerber in seinem gesamten Berufungsvorbringen nicht behauptet bzw. wurde sein Vorbringen durch das abgeführte Beweisverfahren widerlegt. Auch brachte er nichts vor, welche Maßnahmen er zur Vermeidung versucht habe. Die Zeugenaussage ergab vielmehr, daß erst später - nach dem Tattag - und weil es vom Rechtsanwalt angeraten wurde, eine Verständigung der Polizei erfolgte, nicht jedoch am Tattag.

Es war daher aus dem Umstand, daß sich Gäste nach der Sperrstunde im Lokal aufhielten und noch dazu Getränke konsumierten, ersichtlich, daß das Verweilen gestattet wurde.

Gemäß § 368 Z11 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 198 Abs.2 oder gemäß § 198 Abs.1 der erlassenen Verordnungen über Sperrund Aufsperrstunden nicht einhält.

Es wurde daher der Tatbestand objektiv erfüllt.

Zur verletzten Rechtsvorschrift ist jedoch auszuführen, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art und Maß mildere Strafdrohung vorsieht. Daraus erhellt auch, daß die Änderung der Rechtslage lediglich die Änderung der Strafnorm berühren kann, keinesfalls aber eine Änderung in der Übertretungsnorm.

Es war daher die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden. Eine entsprechende Spruchkorrektur war daher erforderlich.

5.3. Wenn der Berufungswerber seine Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestreitet und allenfalls die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG geltend machen will, so geht dieses Vorbringen ins Leere. Der O.ö. Verwaltungssenat hat zu diesem Rechtsproblem bereits in mehreren gegen den Berufungswerber bereits rechtskräftig entschiedenen Verwaltungsstrafverfahren wegen der gleichen Übertretungen (VwSen-220213 und VwSen-220203/1993) ausführlich Stellung genommen. Diese Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof auch als seiner bisherigen Judikatur nicht widersprechend festgestellt. Auch im jüngsten Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates, VwSen-220561, wurde zur diesbezüglichen Frage ausführlich begründet und wird daher auf den diesbezüglichen Begründungspunkt 5.3. des letztgenannten Erkenntnisses verwiesen.

5.4. Zum Verschulden ist zu bemerken, daß die Berufung neben der Bestreitung der Verantwortlichkeit darauf hinweist, daß ein Nachweis, daß den Berufungswerber an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, dadurch erbracht worden sei, daß er Herrn H K mit der Einhaltung beauftragt habe, und diesen auch in Stichproben überprüft habe.

Dazu ist auszuführen:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt ist, ist daher iSd obigen gesetzlichen Bestimmung Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen. Darüber hinaus ist aber zu beachten, daß einem Gewerbetreibenden, wie es auch der Berufungswerber ist, bzw. einem gewerberechtlichen Geschäftsführer zugemutet werden kann, daß er die Kenntnis der maßgeblichen (gewerberechtlichen) Vorschriften, insbesondere auch die Vorschriften über die Sperrzeiten-VO, hat oder sich zumindest Kenntnis über diese Bestimmungen verschafft.

Gerade aber im Hinblick auf die Geschäftsführereigenschaft, wonach er die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes zu gewährleisten hat, ist hinsichtlich seines rechtswidrigen Verhaltens schon grobe Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz gegeben. Insbesondere ist dabei auch zu berücksichtigen, daß gegen den Berufungswerber bereits gleich artige rechtskräftige Vorstrafen vorliegen bzw. noch weitere gleichlautende Strafverfahren anhängig sind, sodaß dem Berufungswerber Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens hätten kommen müssen und daher schon eher zu vermuten ist, daß er das strafbare Verhalten in Kauf genommen hat.

Die Behauptung des Berufungswerbers, daß er einen Verantwortlichen zur Einhaltung der Sperrstunde bestellt habe bzw.

Herrn H K mit der Einhaltung der Sperrstunde betraut habe, ist neben den Berufungsausführungen zu § 9 Abs.2 VStG (s.o. 5.3.) auch als Argument für das nicht gegebene Verschulden des Berufungswerbers zu sehen. Wenn er vermeint, mit der Betrauung dieser Aufgabe auch einen Nachweis für ein mangelndes Verschulden gemäß § 5 Abs.1 letzter Satz VStG erbracht zu haben, so kann diesem Vorbringen nicht Rechnung getragen werden. Wenn auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken, so ist doch das mangelnde Verschulden dann dadurch nachzuweisen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Hiebei kann jedoch der dem Beschuldigten obliegende Entlastungsnachweis nicht allein schon durch den Nachweis erbracht werden, daß die ihn treffende Verpflichtung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist (ein solches wird vom Berufungswerber nachdrücklich behauptet). Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH 18.9.1987, 86/17/0021).

Es kann daher die Namhaftmachung einer Person und die Berufung auf ihre Tauglichkeit den Berufungswerber noch nicht entlasten.

Schließlich wurde vom Berufungswerber nicht einmal behauptet und kein Nachweis dazu angeboten, daß er es bei der Auswahl des von ihm Beauftragten und bei dessen Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit habe fehlen lassen. Es hat nämlich der VwGH dazu auch in einer ausführlichen Judikatur dargelegt, daß kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht den Anforderungen eines wirksamen Kontrollsystems, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, daß es die tatsächliche Einhaltung der Verwaltungsvorschrift sicherstellt, genügen. Auch die bloße Erteilung von Weisungen reicht zur Entlastung nicht aus (VwGH 21.1.1988, 87/03/0230). Vielmehr sind solche Maßnahmen zu treffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen.

Behauptungen darüber, ob und welche Maßnahmen er getroffen hat, fehlen aber in der Berufung und wurden auch im Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat nicht vorgebracht und auch keine diesbezüglichen Beweisanbote gestellt.

Vielmehr hat der Berufungswerber behauptet und ist auch vor dem O.ö. Verwaltungssenat durch das Beweisverfahren erwiesen, daß die Kontrollen nur ein- bis zweimal wöchentlich und nur abends erfolgten, nicht jedoch konkret zur Sperrstunde am Morgen. Weiters hat auch die Zeugenaussage einwandfrei ergeben, daß über die Einhaltung der Sperrstunde bzw.

diesbezügliche Anzeigen und Vorkommnisse nie gesprochen wurde und auch diesbezügliche Maßnahmen zur Abstellung solcher Mißstände nie gesetzt wurden. Vielmehr haben nicht einmal bereits erfolgte Bestrafungen wegen Nichteinhaltung der Sperrstunde den Beschwerdeführer veranlaßt, die Besorgung der übertragenen Aufgaben durch den Beauftragten entsprechend zu überwachen und dafür zu sorgen, daß die Mängel beseitigt werden und daß in Hinkunft die Einhaltung der Sperrstunde gewährleistet ist. Mit Kontrollen allein, ohne die hiebei festgestellten Mängel abzustellen, sowie mit intensiven Gesprächen mit den leitenden Mitarbeitern über die ihnen obliegenden Aufsichtspflichten - ein solches wurde nicht einmal behauptet -, ohne die Einhaltung dieser Pflicht auch zu überwachen, ist es nicht getan (vgl. VwGH vom 23.4.1982, 02/2984/80).

Ein wirksames Kontrollsystem hat hingegen der Berufungswerber gar nicht behauptet und konnte daher auch nicht nachgewiesen werden. Ein solches lückenloses Kontrollnetz wäre aber in Anbetracht der von ihm (in anderen amtsbekannten Verfahren) relevierten Vielzahl von Filialen (Unternehmen) erforderlich gewesen (VwGH v. 16.10.1981, 3148/80).

Bei Zugrundelegung dieser Ausführungen war daher der Nachweis eines mangelnden Verschuldens nicht gelungen.

5.5. Zum Einwand des fortgesetzten Delikts bzw. einer Doppelbestrafung ist hingegen auszuführen, daß nach ständiger Judikatur des VwGH das fortgesetzte Delikt dadurch gekennzeichnet ist, daß eine Reihe von Einzelhandlungen vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände und der zeitlichen Kontinuität zu einer Einheit zusammentreten. Alle Einzelhandlungen sind von einem einheitlichen Entschluß des Täters, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, erfaßt und bilden solcher Art zusammen nicht nur eine (einzige) strafbare Handlung, sondern es ist auch die Verjährungsfrist für dieses eine Delikt erst von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem diese abgeschlossen worden ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 877 mwN).

Mangelt es schon allenfalls an der Gleichartigkeit der Begehungsform (zum angeführten Tatzeitpunkt 24.12.1992 wurde nämlich entgegen der geregelten Aufsperrstunde um 11.00 Uhr das Lokal wieder aufgesperrt; danach ergibt sich ohnehin ein anders gelagertes Delikt), so ist ebensfalls die Kontinuität nicht vorhanden. Vielmehr stellen sich die vorgeworfenen Tatzeitpunkte so dar, daß je nach Gästeanfall und Gelegenheit und Umsatzaussicht dann jeweils die Sperrstunde nicht eingehalten wurde. Einen einheitlichen Vorsatz, das Lokal "V " zur geregelten Sperrstunde generell nicht schließen zu wollen, hat der Berufungswerber hingegen selbst nie behauptet. Vielmehr stellte sich aus den Aussagen des Zeugen K sowie auch aus den punktuellen Aussagen der Meldungsleger die Situation so dar, daß eben sporadisch, wenn besonders viel Betrieb war, oder auch aus Unaufmerksamkeit die Sperrstunde dann überschritten wurde. Nach der Zusammenschau aller Aussagen der Meldungsleger, daß häufig bzw. auch täglich Kontrollen hinsichtlich der Sperrstunde durchgeführt wurden, aber nicht regelmäßig Anzeigen zu erstatten waren, ergab sich daher kein einheitlicher Tatentschluß.

Nach den in der Berufung angeführten Tatzeitpunkten (der 24.12.1992 war ohnedies auszuklammern) waren die einzelnen Handlungen durch einen großen Zeitraum unterbrochen, sodaß der Zusammenhang äußerlich durch zeitliche Verbundenheit nicht mehr zu objektivieren war.

Was hingegen die angeführte Doppelbestrafung anlangt, so ist diese im Zusammenhang mit dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt zu betrachten, wonach eine Bestrafung für einen bestimmten Strafzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfaßt (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 823, E.7). Vor dem Tatzeitraum gelegene Tatzeitpunkte sind daher entgegen den Berufungsausführungen jedenfalls nicht erfaßt. Es ist daher der Schluß des Berufungswerbers nicht richtig, daß die bereits rechtskräftig erfolgte Bestrafung für Sperrstundenüberschreitungen im Jahr 1993 auch nunmehr geahndete Sperrstundenüberschreitungen im Jahr 1992 umfaßt. Im übrigen kamen diese Erwägungen mangels eines fortgesetzten Deliktes ohnehin nicht zum Tragen, weil eine Strafe jeweils nur für den jeweiligen Tattag verhängt wurde.

Der Vollständigkeit halber sei aber angeführt, daß das in der Berufung angeführte rechtskräftige Straferkenntnis vom 28.3.1994, GZ: 100-1/16, den Zeitraum vom 18.4.1993 bis 3.8.1993 betrifft, weshalb die nunmehr geahndeten Sperrstundenüberschreitungen außerhalb dieses Zeitraumes gelegen sind und daher keinesfalls von dieser rechtskräftigen Strafe abgedeckt sind.

5.6. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Danach hat die belangte Behörde zu Recht das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung und am Hintanhalten einer Verzerrung der Konkurrenzsituation bei Nichteinhaltung der Sperrstunde ins Treffen geführt, und sie hat auch schutzwürdige Interessen an der Hintanhaltung einer Benachteiligung des gesamten sozialen Umfeldes einschließlich des Kundenkreises dargelegt. Es wurden daher die schutzwürdigen Interessen in nicht unerheblichem Maße verletzt. Nachteilige Folgen sind nicht bekannt geworden.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend die Straferschwerungs- und Milderungsgründe ausgeführt und gewertet.

Danach lagen keine mildernden Umstände vor, straferschwerend waren mehrere einschlägige Vorstrafen. Auch hat die belangte Behörde zu Recht im Grunde der Ausführungen zum Verschulden angenommen, daß das Ausmaß des Verschuldens nicht geringfügig ist und sie hat auch richtig ausgeführt, daß die Hintanhaltung der Übertretung eine besondere Aufmerksamkeit nicht erfordert hätte, und die Verwirklichung des Tatbestandes - auch nicht nur erschwert - hätte vermieden werden können. Vielmehr ist dem Berufungswerber eine außerordentliche Sorgfaltslosigkeit anzulasten, wenn nicht überhaupt ein bedingter Vorsatz.

Auch wurden bereits im angefochtenen Straferkenntnis die persönlichen Verhältnisse durch die belangte Behörde ausreichend gewürdigt. Entsprechend den Berufungsausführungen war gemäß dem Akteninhalt von einem Monatsbruttoeinkommen von 35.000 S auszugehen. Nachweise über ein anderes Einkommen wurden trotz Aufforderungen nicht erbracht. Die verhängte Geldstrafe ist daher im Verhältnis zum Einkommen angemessen. Auch hat die belangte Behörde bereits die Sorgepflicht für die Ehefrau und ein Kind berücksichtigt.

Hingegen konnte im Hinblick auf die Mißachtung der geschützten Werte durch den Berufungswerber sowie auch im Hinblick auf die zahlreichen Vorstrafen, darunter auch einschlägige Vorstrafen des Berufungswerbers, eine Herabsetzung der Strafe nicht ausgesprochen werden. Es zeigt nämlich der Berufungswerber eine beharrliche Uneinsichtigkeit sowohl hinsichtlich der Einhaltung der festgelegten Sperrstunde als auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit und bringt er immer wieder zum Ausdruck, daß er die behördlichen Ausführungen dazu nicht für richtig hält und nicht einzuhalten gewillt ist. Im Hinblick auf die Vorstrafen war aber nunmehr die Verhängung der gesetzlichen Höchststrafe durchaus tat- und schuldangemessen und auch iSd Unrechtsgehaltes der Tat gerechtfertigt. Jedenfalls ist aber auch die Strafe im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber Geschäftsführer mehrerer Gaststätten ist, aus spezialpräventiven Gründen, nämlich um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung (auch hinsichtlich anderer von ihm geführten Gastbetriebe) abzuhalten, die Verhängung einer Höchststrafe angemessen und gerechtfertigt.

Milderungsgründe hat der Berufungswerber hingegen nicht angeführt. Die Existenzgefährdung hingegen ist nicht geeignet, eine Herabsetzung der Strafe zu bewirken, weil dem Berufungswerber einerseits ein Ansuchen auf Ratenzahlungen und andererseits ein Strafaufschub noch offensteht.

Schließlich ist auch das Argument des Berufungswerbers, daß schon aufgrund der dem Straferkenntnis vorausgegangenen Strafverfügung, worin eine Geldstrafe von 3.000 S ausgesprochen wurde, keine höhere Strafe verhängt werden dürfe, nicht zutreffend, weil keine unzulässige reformatio in peius vorliegt, wenn im ordentlichen Strafverfahren eine höhere Strafe verhängt wird als in der beeinspruchten Strafverfügung, zumal bei einer Strafbemessung im ordentlichen Strafverfahren neben den objektiven Kriterien des § 19 Abs.1 VStG, die Grundlage für die Strafbemessung sind, auch die subjektiven Kriterien gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. zu berücksichtigen sind (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band II, zu § 49 VStG, E.23 und 24 mN).

6. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 3.000 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstellen zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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