Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220992/9/Ga/La

Linz, 09.07.1996

VwSen-220992/9/Ga/La Linz, am 9. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des A... F..., vertreten durch Dr. W... P..., Rechtsanwalt in L..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Mai 1994, Zl.502-32/Kn/We/202/ 93e, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; die zu 1.a, b und c sowie 2. verhängten Geldstrafen werden auf je 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: auf je 38 Stunden) herabgesetzt.

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde zu 1.a, b und c sowie 2.

wird auf je 800 S, das sind zusammengezählt 3.200 S, herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen:

"Der Beschuldigte, Herr A... F..., geb: ..., wohnhaft: H..., ... L..., hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma G... - N... GesmbH, L..., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der Firma S... D... - A... A...

F... GesmbH & Co KG, L..., H..., ist und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma S... D...

- A... A... F... GesmbH & Co KG zu vertreten, daß, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, am 12.8.1993 1) im S... A... 3 Arbeitnehmer der o.a. Firma, nämlich a) Herr A... P...

b) Herr J... B...

c) Herr L... R...

zu Steinbrucharbeiten herangezogen wurden, wobei sie bei dieser Tätigkeit der Einwirkung von Quarzstaub ausgesetzt waren, ohne daß die Arbeitnehmer vor Beginn der Arbeiten im Quarzstaubbereich einer ärztlichen Untersuchung unterzogen wurden, durch die festgestellt worden wäre, ob ihre Gesundheit eine derartige Beschäftigung zuläßt, obwohl § 3 Abs. 1 Ziffer 14 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten vorschreibt, daß Arbeitnehmer bei Einwirkungen durch quarz-, asbest- oder sonstige silikathaltige Staube, zu solchen Tätigkeiten erst herangezogen werden dürfen, nachdem durch eine besondere ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß ihr Gesundheitszustand vor allem hinsichtlich der spezifisch in Betracht kommenden Organe eine derartige Beschäftigung zuläßt; 2) im S... G... ein Arbeitnehmer der o.a. Firma, nämlich Herr L... S..., als Bohrist beschäftigt wurde, wobei er bei dieser Tätigkeit der Einwirkung von Quarzstaub ausgesetzt und somit mit einer Tätigkeit beschäftigt war, bei der gemäß § 3 Abs. 3 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern die Arbeitnehmer in bestimmten Zeitabständen daraufhin ärztlich untersucht werden müssen, ob es ihr Gesundheitszustand zuläßt, daß sie weiterhin Tätigkeiten ausführen, die mit solchen Einwirkungen oder Belastungen verbunden sind, obwohl dieser Arbeitnehmer welcher zuletzt am 24.9.1991 im Sinne der o.a. Verordnung untersucht wurde und für den der gem. § 3 Abs.4 der o.a.

Verordnung vorgeschriebene Zeitabstand (Untersuchung alle 2 Jahre) hinsichtlich der periodischen Überwachung seines Gesundheitszustandes gem. § 3 Abs. 6 der o.a. Verordnung mit einem Schreiben des arbeitsinspektionsärztlichen Dienstes vom 18.10.1991 insofern verkürzt wurde, als eine Nachuntersuchung bereits nach 6 Monaten erfolgen sollte, seit der letzten Untersuchung am 24.9.1991 keiner periodischen Untersuchung mehr unterzogen wurde." Dadurch habe der Berufungswerber § 31 Abs.2 lit.d iVm § 8 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) sowie iVm näher angeführte Vorschriften der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten, BGBl.Nr. 39/1974 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen sei über den Berufungswerber jeweils gemäß § 31 Abs.2 ANSchG und in Anwendung des § 22 VStG zu 1. a, b und c sowie 2. eine Geldstrafe in der Höhe von je 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je zwei Tage) je kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

1.2. Die Höhe der verhängten Strafen begründend, verweist die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des Unrechtsgehalts der Tat darauf, daß die Nichteinhaltung der verletzten Schutzvorschriften unter Umständen für die Arbeitnehmer massive gesundheitliche Probleme mit sich bringen könnten. Schuldseitig sei für die Strafbemessung im Grunde eines Ungehorsamsdeliktes von Fahrlässigkeit auszugehen gewesen. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten, straferschwerend sei kein Umstand gewertet worden. Schließlich seien der Strafbemessung die geschätzten - und vorgehaltenen - Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen 30.000 S; Sorgepflichten für Gattin und zwei Kinder) zugrundezulegen gewesen, sodaß insgesamt die vom Arbeitsinspektorat in dieser Höhe beantragten Strafen als tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Abschreckungszweck erfüllend zu verhängen gewesen seien.

2. Der Berufungswerber hat mit Schriftsatz vom 5. Juli 1996 seine ursprüngliche Berufung, mit der er schon nicht den spruchgemäß zugrundegelegten Sachverhalt und die objektive Tatbestandsmäßigkeit, sondern nur das ihm angelastete Verschulden und die Höhe der verhängten Strafen bekämpft hatte, ausdrücklich auf ein nur gegen die Strafe gerichtetes Rechtsmittel eingeschränkt und beantragt, die Geldstrafe "entsprechend" herabzusetzen.

Die Schuldsprüche in sämtlichen Fakten sind somit teilrechtskräftig geworden.

3. Zugleich mit der Berufung legte die belangte Behörde zu Zl. 502-32/Kn/We/202/93g den Strafverfahrensakt vor.

Das als Amtspartei auch am h. Verfahren teilnehmende Arbeitsinspektorat für den 17. Aufsichtsbezirk in Krems (AI; im Schuldspruch offenbar irrtümlich als Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk angegeben) wurde zum Inhalt der Berufung angehört und gab an, den ursprünglichen Strafantrag aufrechtzuhalten, weil die Übertretung der Vorschriften über die Untersuchungstermine eine gravierende Verletzung der Arbeitgeberpflichten darstelle.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 31 Abs.2 ANSchG Geldstrafe bis zu 50.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde ihre Ermessensübung in Teilbereichen nicht gänzlich nachvollziehbar dargestellt.

4.2.1. So hat die in der Begründung zur Strafbemessung angegebene Berücksichtigung eines Milderungsgrundes im spruchgemäß festgesetzten Ausmaß der Strafen ersichtlich keinen Niederschlag gefunden. Diesbezüglich ist nämlich davon auszugehen, daß schon das anzeigende AI im Strafantrag vom 27. August 1993 die Verhängung von je 10.000 S zu allen vier Fakten beantragt und hiezu begründend angegeben hatte, es sei "als erschwerend" zu berücksichtigen, daß die gegenständlich involvierte Gesellschaft bereits mit Schreiben vom 8. Juli 1991, Zl. 0680/9-A17/91 unter "Strafandrohung" aufgefordert werden mußte, die gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen durchführen zu lassen.

Indem nun die belangte Behörde die Strafen zwar in derselben Höhe wie beantragt festsetzte, konträr aber zum Strafantrag des AI ausdrücklich festhielt, daß sie bei ihrer Ermessensentscheidung keinen Erschwerungsgrund, hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten als strafmildernd gewertet habe, offenbart sich darin ein Widerspruch zwischen Begründung und Strafausspruch.

Das im Vorverfahren dem unabhängigen Verwaltungssenat vom AI als Beweismittel zur Verfügung gestellte, im oben zit. Strafantrag erwähnte Aufforderungsschreiben vom 8. Juli 1991 ist als Grundlage eines Erschwerungsgrundes iSd § 19 Abs.2 VStG iVm § 33 StGB, wie dies dem AI erkennbar vorschwebte, jedoch nicht geeignet. Diese an den Beschuldigten gerichtet gewesene Aufforderung gemäß § 6 Abs.1 ArbIG 1974 hindert andererseits aber nicht die Annahme des Milderungsgrundes iSd § 34 Z2 StGB, weil nach der Aktenlage davon ausgegangen werden muß, daß die mit dieser Aufforderung für den Arbeitnehmer L... S... als noch ausständig reklamierte Lungenfunktionsprüfung schließlich am 24. September 1991 nachgeholt worden war; die anderen in diesem Aufforderungsschreiben erwähnten Arbeitnehmer sind vorliegend nicht involviert bzw. sind diese seinerzeit der Untersuchung immerhin zugeführt gewesen, allerdings nicht bei einem hiezu ermächtigten Arzt.

4.2.2. Aus allen diesen Gründen waren die verhängten Strafen in Würdigung des angegebenen Milderungsgrundes bei gleichzeitigem Fehlen von Erschwerungsgründen herabzusetzen und hält der unabhängige Verwaltungssenat die nun festgesetzten Geldstrafen in der Höhe von je 8.000 S für tat- und schuldangemessen. Berücksichtigt ist dabei auch, daß im Hinblick auf die Unbescholtenheit des Berufungswerbers die Spezialprävention in den Hintergrund zu treten hatte.

Einer weiteren Herabsetzung steht der von der belangten Behörde zutreffend als beträchtlich angenommene Unrechtsgehalt der Taten, aber auch - damit zusammenhängend - die Bedachtnahme auf den generellen Abschreckungszweck der Sanktion entgegen.

Als Folge waren auch die Ersatzfreiheitsstrafen in einem das Verhältnis zu den geminderten Geldstrafen wahrenden Ausmaß herabzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschuldigten von Gesetzes wegen Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen; ebenso im Gesetz begründet ist die Herabsetzung des dem Berufungswerber aufgetragenen Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde.

6. Zu der zur h. Zahl VwSen-220993/1994 protokollierten Berufung des AI gegen dasselbe Straferkenntnis wird auf die als Berichtigungsbescheid getroffene Entscheidung vom heutigen Tag verwiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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