Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220996/9/Schi/Ka

Linz, 09.09.1996

VwSen-220996/9/Schi/Ka Linz, am 9. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des F S gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.5.1994, Ge-459-1993, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt werden. Im übrigen wird Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Strafverfahren in erster Instanz ermäßigt sich daher auf 1.000 S; ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren hat zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der BH Schärding vom 26.5.1994, Ge-459-1993, wurde über den Berufungswerber (Bw) hinsichtlich Punkt 1 eine Geldstrafe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 4 und 24 Abs.1 Z5d des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 verhängt, weil er, wie anläßlich einer am 14.12.1993 um ca. 10.00 Uhr vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck in seinem Tischlereibetrieb in E, durchgeführten Kontrolle festgestellt worden ist, dem Arbeitsinspektionsorgan Ing. W W die Fortführung der Besichtigung der Betriebsstätte vereitelt habe, indem er diesen im Verlauf der Überprüfung der Werkstätte verwiesen habe. Gleichzeitig wurde hinsichtlich Punkt 1 ein Verfahrenskostenbeitrag von 2.500 S auferlegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 7.6.1994 Berufung eingebracht. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei nicht richtig, daß die Fortführung der Besichtigung der Betriebsstätte vereitelt worden wäre, da die Amtshandlung im wesentlichen abgeschlossen war. Der Bw sei deshalb so in Rage geraten, weil der Arbeitsinspektor Furnierplatten beschädigt habe. Der Arbeitsinspektor habe diese Furnierblätter als Unterlage verwendet und so ungeschickt durchgedrückt, daß diese abknickten. Nachdem sich der Bw schon zuvor mehrfach über die rüde Behandlung durch den Arbeitsinspektor geärgert hatte, habe ihn diese Beschädigung derart in Rage gebracht, daß er den Arbeitsinspektor aus der Werkstatt verwies. Er sei aber auch schon deshalb aufgebracht gewesen, da er sich als Tischlermeister, der kurz vor der Pension stehe, vom Arbeitsinspektor wie ein Schulbub behandelt vorgekommen sei.

Zur Strafbemessung wird noch ausgeführt, daß der Bw Bankschulden in Höhe von 1,5 Mill. S zu bedienen habe. In den letzten Jahren sei es ihm daher nie möglich gewesen, einen Gewinn zu schreiben, sondern habe er mit seiner Firma regelmäßig Verluste eingefahren. Außerdem habe er aufgrund von Auflagen betreffend Betriebsanlagengenehmigung Investitionen von zusätzlich 550.000 S zu tätigen. Seine Gattin beziehe nur eine kleine Rente mit Ausgleichszulage, von der er im wesentlichen versuche, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn die Bezirkshauptmannschaft zur derart hohen Strafe im Punkt 1 ausspreche, daß diese notwendig sei, um eine Wiederholung ausschließen zu können, sei dies unzutreffend, weil dieses Vergehen von ihm nur in heftiger Gemütserregung begangen worden sei. Es sei unwahrscheinlich, daß die gleiche Situation wieder eintrete. Der Bw stellt daher den Antrag, das Straferkenntnis zu beheben oder zumindest das Strafausmaß auf ein dem geringen Verschulden entsprechendes Ausmaß herabzusetzen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die zuständige Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.3. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck zur Kenntnis übermittelt. Mit Schreiben vom 29.11.1995, Zl.1160/50-18/95, hat das Arbeitsinspektorat eine Stellungnahme abgegeben. Diese wurde wiederum mit Schreiben vom 7.12.1995 dem Bw gemäß § 45 Abs.3 AVG zur Kenntnis gebracht; der Bw hat mit Schriftsatz vom 9.1.1996 eine abschließende Stellungnahme abgegeben.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und in Verbindung mit den weiteren Erhebungen einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden, welcher ohne Aktenwidrigkeit dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegt wurde. Es konnte sich der O.ö. Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen. Auch wurde in der Berufung kein weiterer oder neuer Sachverhalt dargelegt und es wurden insbesondere in der Berufung zu Punkt 1 keine Beweisanträge gestellt. Weil der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt nicht bestritten wurde und sich die Berufung im wesentlichen nur gegen die rechtliche Beurteilung bzw das Strafausmaß richtet und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4.2. Es konnte daher der O.ö. Verwaltungssenat von dem bereits dem angefochtenen Erkenntnis zugrundegelegten Sachverhalt, nämlich daß der Bw am 14.12.1993 um ca. 10.00 Uhr in seinem Tischlereibetrieb in E, die Fortführung der Besichtigung der Betriebsstätte dadurch vereitelt hat, indem er den Arbeitsinspektor Ing. W im Verlauf der Überprüfung aus der Werkstätte verwiesen hat, ausgehen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG, BGBl.Nr.27/1993 idF BGBl.Nr.871/1995 sind die Organe der Arbeitsinspektion zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Arbeitsstellen sowie die von Arbeitgebern den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Wohnräume und Unterkünfte sowie Wohlfahrtseinrichtungen jederzeit zu betreten und zu besichtigen. Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt der Besichtigung in der Betriebsstätte oder auf der Arbeitsstelle keine Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Gemäß § 24 Abs.1 Z5 lit.d ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 50.000 S, im Wiederholungsfall von 1.000 S bis 50.000 S zu bestrafen, wer, soweit nicht Z1 bis Z4 zur Anwendung kommen, auf sonstige Weise die Organe der Arbeitsinspektion oder des Zentral-Arbeitsinspektorates bei der Ausübung der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Aufgaben behindert oder die Erfüllung der ihnen gesetzlichen Aufgaben vereitelt.

5.2. Aufgrund der Aktenlage geht hervor, daß zwar die gegenständliche Amtshandlung noch nicht abgeschlossen, andererseits aber doch weitgehend im wesentlichen durchgeführt worden war, zumal neben den in den Punkten 2 bis 4 im Straferkenntnis angeführten Beanstandungen auch weitere Belange des Arbeitnehmerschutzes vom Arbeitsinspektionsorgan kontrolliert worden waren (so zB die Arbeitszeitregelungen sowie die Arbeitszeitaufzeichnungen betreffend das Jahr 1993.

Es wurde somit der vorgeworfene Tatbestand objektiv noch erfüllt.

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Obwohl die belangte Behörde hiezu nichts ausführt, kann erschließbar angenommen werden, daß sie als Verschuldensform grobe Fahrlässigkeit angenommen hat; Hinweise hiefür bieten die Formulierung des vorgeworfenen Tatbestandes sowie die Strafhöhe und die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu Punkt 1.

Es liegt daher jedenfalls auch ein schuldhaftes Verhalten des Bw vor.

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde jedoch nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates eine unangemessen hohe Geldstrafe verhängt. Denn zunächst ist darauf zu verweisen, daß im gegenständlichen Fall die gesetzliche Höchststrafe gemäß § 24 Abs.1 ArbIG 50.000 S und die Mindeststrafe 500 S betragen; im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Hälfte des gesetzlich möglichen Strafrahmens ausgeschöpft, obwohl der Bw bisher unbescholten war, einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 34 Z2 StGB). Schon aus diesem Grund war die verhängte Strafe entsprechend zu vermindern.

Weiters kommt noch hinzu, daß aufgrund der Aktenlage hervorgeht, daß die Amtshandlung zwar noch nicht formell beendet, jedoch de facto weitgehend abgeschlossen war, sodaß schon aus logischen Gründen nicht die Hälfte der gesetzlichen Höchststrafe verhängt werden kann.

Weiters ist dem Bw zuzugestehen, daß er sich zur Tat in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hinreißen hat lassen, zumal die - auch durch die von der Erstbehörde vernommenen Zeugen objektiv erwiesene Beschädigung einer Furnierplatte durch den Arbeitsinspektor beim Bw weitere Emotionen geweckt hat, die er offenbar nicht mehr ganz beherrschen hat können. Es war daher auch aus Gründen des § 34 Z8 StGB die verhängte Strafe entsprechend herabzusetzen.

6.3. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß für den vergleichbaren Straftatbestand des § 82 Abs.1 SPG ("Wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert") lediglich eine Geldstrafe bis zu 3.000 S vorgesehen ist.

Lediglich bei Vorliegen erschwerender Umstände kann eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Eine vergleichende Betrachtung der Strafrahmen läßt zwar erkennen, daß der Gesetzgeber offenbar insofern dem Arbeitnehmerschutz einen höheren Stellenwert beimißt, als der Besorgung der Sicherheitsverwaltung. Dennoch kann aber ein so krasses Mißverhältnis bei der Gesetzesvollziehung (Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 25.000 S bei bisheriger Unbescholtenheit für die "Vereitelung" einer fast abgeschlossenen Amtshandlung) nicht hingenommen werden. Auch diesfalls war daher die verhängte Strafe entsprechend herabzusetzen.

6.4. Die solcherart herabgesetzte Geldstrafe berücksichtigt entsprechend die Erschwerungs- und Milderungsgründe, entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat sowie den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen des Bw. Gemäß § 16 Abs.2 VStG war daher auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend neu festzusetzen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen einen entsprechend verminderten Verfahrenskostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz zu tragen; ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren hat zu entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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