Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-220998/7/Ga/La

Linz, 08.11.1994

VwSen-220998/7/Ga/La Linz, am 8. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des Ing. A B in L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.

September 1994, GZ 100-1/16, wegen Übertretung der Linzer Marktordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in der Weise Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 250 S (3 Stunden) herabgesetzt wird.

II. Die Strafnorm hat zu lauten: "gemäß § 368 Einleitung GewO 1994".

III. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 25 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

Zu I. u. II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Zu III.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am 30. Juli 1994 von 7.50 Uhr bis 9.50 Uhr auf einer näher bezeichneten Stelle im Gelände des Detailmarktes U ein bestimmtes Kraftfahrzeug entgegen dem im Marktgelände für die Verkaufszeit angeordneten Parkverbot geparkt. Er habe dadurch § 368 Z13 GewO 1994 iVm § 9 Z 9.4. der Linzer Marktordnung, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt mit Nr. vom 25. April 1994, verletzt und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen, weshalb über ihn gemäß § 368 Z13 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwölf Stunden) kostenpflichtig verhängt wurde.

2. Über die als Strafnachsichtsbitte formulierte, von der belangten Behörde zusammen mit dem Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Der Berufungswerber bekämpft nicht den seiner Bestrafung zugrundegelegten Tatvorwurf, sondern begehrt die "Streichung der Strafe".

Als rechtliche Konsequenz aus einer solcherart auf die Strafe eingeschränkten Berufung ist das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld (Spruchelemente gemäß § 44a Z1 und Z2 VStG) rechtskräftig geworden. Der Kognition des unabhängigen Verwaltungssenates unterliegt nur noch das Ausmaß der verhängten Strafe bzw. die Rechtmäßigkeit des Strafbemessungsverfahrens der belangten Behörde.

2.2. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 368 Einleitung GewO 1994 Geldstrafe bis zu 15.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, für die die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß heranzuziehen sind, gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG hingegen kann die Strafbehörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gleichzeitig jedoch kann die Strafbehörde den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

2.3. Die Strafnachsichtsbitte des Berufungswerbers muß zunächst aus dem Blickwinkel des § 21 Abs.1 VStG bewertet werden. Auf die Anwendung dieser Bestimmung hätte der Berufungswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann einen Anspruch, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Mit der belangten Behörde geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß dem Berufungswerber in diesem Fall ein bloß geringfügiges Verschulden nicht zugutegehalten werden kann. Aus dem Strafakt ist erkennbar, daß der Berufungswerber den Detailmarkt in Urfahr regelmäßig besucht hat. Es mußte ihm daher die im Marktgelände geltende Parkregelung bekannt gewesen sein. Laut informell eingeholter Auskunft bei der belangten Behörde (§ 66 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG) ist die den Fahrzeugverkehr betreffende Parkregelung nach Maßgabe der im Amtsblatt der Landeshauptstadt Nr. 8/1994 veröffentlichten Linzer Marktordnung im Marktgelände auf solche geeignete Weise affichiert gewesen, daß sie einem durchschnittlich wahrnehmungsfähigen Teilnehmer am Marktverkehr unter Aufwendung einer zumutbaren Aufmerksamkeit nicht verborgen bleiben konnte. Somit aber ist das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers unter diesen Umständen nicht, wie dies die einschlägige Judikatur des VwGH verlangt, hinter dem in der hier zugrundegelegten Strafdrohung typisierten Unrechtsund Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben (vgl. zB VwGH 14.1.1988, 86/08/0073 uva.).

2.4. Der Berufungswerber bringt jedoch mit seinem Rechtsmittel solche persönlichen Verhältnisse vor, die eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nun festgesetzte Ausmaß rechtfertigen.

Wenn diesbezüglich die belangte Behörde ausführt, daß der Berufungswerber zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen keine Angaben gemacht hätte (und daher keine ungünstigen solchen Verhältnisse angenommen worden seien), so übersieht sie, daß nach der Aktenlage der Berufungswerber zu keiner Zeit des ordentlichen Strafverfahrens aufgefordert worden ist, Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen zu machen.

Indem nun aber der Berufungswerber - von der belangten Behörde im Vorlageschreiben nicht widersprochen - eine schwierige finanzielle Lage mit hohem Schuldenstand, zu dessen Linderung nicht nur seine Frau zu einem Geldverdienst, sondern auch er zu einer zusätzlichen Beschäftigung beim Österreichischen Wachdienst gezwungen sei, vorbringt, macht er gerade solche ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse geltend, von deren Nichtvorliegen die belangte Behörde, ohne ein darauf gerichtetes Ermittlungsverfahren geführt zu haben, ausgegangen ist.

Die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe um die Hälfte berücksichtigt auch, daß der spezialpräventive Abschreckungszweck der Strafe wegen absoluter Unbescholtenheit des Berufungswerbers in den Hintergrund zu treten hatte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hält die Geldstrafe im nun herabgesetzten Ausmaß für zumutbar, weil nach der Aktenlage und nach dem Vorbringen in der Berufung (unter Einbeziehung des Ergänzungsschriftsatzes vom 17. Oktober 1994) weder die Gefährdung des Unterhalts des Berufungswerbers selbst noch anderer Unterhaltspflichten (§ 14 Abs.1 VStG) zu besorgen ist.

3. Um im Lichte des § 16 VStG die Verhältnismäßigkeit der Ersatzfreiheitsstrafe herzustellen, war auch sie entsprechend zu mindern.

4. Dieses Verfahrensergebnis hat auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von seinem 20%igen Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Herabsetzung des Kostenbeitrages im Straferkenntnis vom 13. September 1994 zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner