Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221014/12/Ga/La

Linz, 12.09.1995

VwSen-221014/12/Ga/La Linz, am 12. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des K... B..., vertreten durch Dr. E... H..., Dr.

R... L..., Rechtsanwälte in L..., L..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Mai 1994, Zl. 502-32/Kb/We/39/94b, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 17. August 1995, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; im Spruchpunkt 2. wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 und Abs.2, § 51g, § 51i; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Spruchpunkt 2. wirft das angefochtene Straferkenntnis dem Berufungswerber vor, er sei schuldig, er habe gemäß § 9 VStG in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich für die B... B..., Sitz in M..., dafür einzutreten, daß diese Gesellschaft auf dem Grundstück Nr. ..., KG L..., in L... "zumindest" in der Zeit von 18. Mai bis 18. August 1992 eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich eine mobile Bauschuttrennanlage für Asphalt und Beton, betrieben habe, ohne daß die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage "aufgrund der durchgeführten Tätigkeiten" geeignet gewesen sei, Nachbarn durch Lärm, Staub und Geruch zu belästigen und durch die Versickerung verunreinigter Niederschlagswasser eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern herbeizuführen.

Dadurch habe er § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 verletzt, weshalb er mit einer Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen sei.

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde rechtsfreundlich eingebrachte, mit näherer Begründung gegen Schuld und Strafe gerichtete, unter anderem die nur jeweils tageweise Aufstellung der mobilen Anlage auf dem bezeichneten Grundstück sowie die ausschließliche Verarbeitung des bei der dort befindlichen Baustelle angefallenen Bauschutts einwendende Berufung. Dieses Rechtsmittel hat die belangte Behörde zugleich mit dem Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegt.

Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe, jedenfalls aber die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

3.1. Zur Klärung von Tatfragen hat der unabhängige Verwaltungssenat am 17. August 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenpartei und ihres Rechtsfreundes durchgeführt. Die gleichfalls geladene belangte Behörde war nicht vertreten. Dabei wurden der bisherige Verfahrensgang und die Verhandlungsgrundlage anhand des zu Zl. 502-32/Kb/39/94d vorgelegten Strafaktes dargestellt. Im Beweisverfahren erfolgte die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigter; auch nahm die Kammer Einsicht in Bescheinigungsmittel. Der eingehend befragte Berufungswerber hinterließ für die Kammermitglieder einen glaubwürdigen Eindruck. In seinen Antworten wirkte er sicher und plausibel; Widersprüchlichkeiten zu seinem aus dem Strafakt ersichtlichen bisherigen Vorbringen waren nicht festzustellen. Das eingesehene Bescheinigungsmittel (Transportaufzeichnungen betr. die gegenständliche Maschine) erschien schlüssig und zur Glaubhaftmachung der bezüglichen Behauptung des Berufungswerbers geeignet.

3.2. Das Ergebnis des Beweisverfahrens ist unter Hinweis auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 51i VStG dahin auf den Punkt zu bringen, daß der zur gegenständlichen Maschine ermittelte Lebenssachverhalt deren rechtliche Einordnung als eigenständige gewerbliche Betriebsanlage nicht erlaubt.

Im einzelnen stellt der unabhängige Verwaltungssenat als maßgebenden Sachverhalt fest:

Die vom Berufungswerber vertretene Gesellschaft ist ein auch im Großraum Linz tätiges Abbruchunternehmen. Auch bei der Baustelle auf dem Grundstück Nr. ... im O... handelte es sich um einen - baubehördlich bewilligten - Abbruchauftrag.

Konkret ging es um den Abbruch der dort befindlichen Sulfatkreislaufanlage. Diese Baustelle hat sich glaublich über den Zeitraum von 1990 bis 1993 erstreckt. Dabei war ein kontinuierlicher Abbruch produktionsbedingt nicht möglich.

Vielmehr erfolgte der Abbruch je nach technischen Möglichkeiten in Bauetappen, dergestalt, daß das in einer Abbruchphase angelaufene Material jeweils von der Maschine gebrochen wurde. Dieses Bruchmaterial wurde dann im Betriebsgelände der OMV verfüllt. War das angelaufene Material aufgearbeitet, wurde die Maschine vom angegebenen Ort weggebracht und anderweitig eingesetzt. In den Einsatzphasen auf dem nämlichen Grundstück wurde kein von Dritten herangeschafftes, fremdes Bruchmaterial aufbereitet.

Die Maschine läuft auf einem Kettenfahrwerk und hat ein Gesamtgewicht von etwa 50 t; ihr An- und Abtransport mittels Tieflader ist ohne größeren technischen Aufwand durchführbar und geschieht wie sonst bei einer herkömmlichen Baumaschine.

Der Einsatz dieser Anlage erfolgt im Rahmen der Gewerbeberechtigungen der Gesellschaft. Innerhalb des als Tatzeit spruchgemäß vorgeworfenen Zeitraumes war die Maschine entgegen der Annahme der belangten Behörde keineswegs ununterbrochen auf dem bezeichneten Grundstück, sondern jedenfalls - wie aus der vom Berufungswerber im Zuge seiner Vernehmung vorgelegten Aufstellung hervorgeht - auch an einem anderen Ort eingesetzt. Bauherr der Baustelle war die A... (Tochter der ... L...); ihr war für diese Baustelle auch die Abbruchgenehmigung nach der O.ö. Bauordnung mit entsprechenden Auflagen im Interesse des Nachbarschutzes erteilt worden. Der von der A... durch den Berufungswerber übernommene Auftrag umfaßte den Abbruch und die weitere Versorgung des Materials. Dabei hatte sich der Berufungswerber als Abbruch-Auftragnehmer an die Auflagen der Baubehörde in der Abbruchbewilligung zu halten.

Nachbarbeschwerden aus dem Baugeschehen, die in ein Strafverfahren gemündet hätten, sind nicht bekannt geworden.

Mit welcher Maschine der übernommene Auftrag in Übereinstimmung mit der Abbruchbewilligung durchgeführt wird, war dem Verantwortungsbereich des Berufungswerbers überlassen. Das im Strafakt einliegende Verzeichnis des Vereins "Österreichischer Baustoff-Recyclingverband" (Stand:

April 1993) wird zwei bis drei Mal im Jahr neu erstellt und war auch im Jahr 1992 aufliegend; aus der bloßen Existenz dieses Verzeichnisses aber ist - entgegen der erschließbaren Auffassung der belangten Behörde (Begründung Seite 5 unten) - ein zwingender Rückschluß dahin, daß die im Verzeichnis aufscheinenden Anbieter schon allein zufolge dieses Umstandes auch tatsächlich an der angegebenen Adresse jeweils Fremdmaterial übernehmen wollten oder übernommen haben, weder allgemein noch konkret für den vorliegenden Fall zulässig.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die für die rechtliche Beurteilung in diesem Fall maßgebenden Vorschriften der Gewerbeordnung in der zur Tatzeit geltenden Fassung (§ 74 Abs.1, § 74 Abs.2 Z2 und Z5, § 366 Abs.1 Z3) sind in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vollständig wiedergegeben, sodaß zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie verwiesen werden kann.

Vor diesem Hintergrund steht fest, daß der Berufungswerber die ihm spruchgemäß angelastete Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht hat.

4.2. Das Wesensmerkmal der "örtlichen Gebundenheit" für eine gewerbliche Betriebsanlage ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB das auch im angefochtenen Strafbescheid zit. Erkenntnis VwGH 24.6.1992, 91/12/0097) nicht nur dann gegeben, wenn die Einrichtung schon ihrer physischen Natur nach unbeweglich ist, sondern auch dann, wenn die ihrer Natur nach zwar bewegliche Einrichtung nach der Absicht des Gewerbetreibenden ausschließlich oder überwiegend und für längere Zeit an einem bestimmten Standort der Entfaltung der gewerblichen Tätigkeit dienen soll.

Vorliegend jedoch hat die belangte Behörde zu Unrecht angenommen, daß zu dieser Maschine an ihrem Aufstellungsort auch von anderen Standorten Abfälle zur Aufarbeitung gebracht worden sind. Die diesbezügliche Darstellung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 7 letzter Absatz) enthält in Wahrheit nicht mehr als nur die Annahme eines Verdachtes, ohne hiefür den zur Verdachtserhärtung konkret ermittelten, maßgebenden Sachverhalt (§ 37 und § 60 AVG iVm § 24 VStG) darzutun.

Konträr zur somit unbegründet gebliebenen Verdachts-Annahme der belangten Behörde sind gerade keine Fremdmaterialien zum Standort der Maschine gebracht worden, sondern hat die Trennanlage nur das im Rahmen des vom Berufungswerber übernommenen Abbruch-Auftrages DORT jeweils angefallene Bruchmaterial aufgearbeitet und ist sodann zu anderen Einsatzorten verbracht worden. In der Konsequenz hat sich daher auch der vom Schuldspruch zugrundegelegte dreimonatige (ununterbrochene) Tatzeitraum als unrichtig herausgestellt, weil die Maschine im Juni, Juli 1992 an anderer Stelle eingesetzt gewesen ist.

Zusammengefaßt ergibt sich daraus, daß hinsichtlich dieser mobilen Bauschuttrennanlage das für die Wertung als Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 GewO 1973 vorauszusetzende Wesensmerkmal der "örtlichen Gebundenheit" in diesem Fall nicht vorlag. Fehlte aber schon dieses Wesensmerkmal einer gewerblichen Betriebsanlage, so durfte vorliegend auch nicht von einer Genehmigungspflicht der Maschine im Grunde des § 74 Abs.2 GewO 1973 ausgegangen werden.

5. Aus allen diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt 2. aufzuheben, weil der Berufungswerber wegen eines Deliktes, das er nicht begangen hat, bestraft worden ist. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z2 erster Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den zugleich angefochtenen Spruchpunkt 1. ist das Einzelmitglied zuständig.

6. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers zu diesem Spruchpunkt gänzlich (die Aufhebung bewirkt diesbezüglich zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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