Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221025/2/Kl/Rd

Linz, 24.03.1995

VwSen-221025/2/Kl/Rd Linz, am 24. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H Z, vertreten durch RA Dr. U S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3.6.1994, GZ: 502-32/Kb/We/105/93c, (Faktum 1) wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis (Faktum 1) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II. § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3.6.1994, GZ: 502-32/Kb/We/105/93c, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 und 5 GewO, BGBl.Nr.

50/1974 idgF, verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Z Transporte und Baggerungen GesmbH P, und somit als gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, daß von der oa Firma 1. zumindest in der Zeit von 1.3.1992 bis 18.9.1992 im Standort L, im nördlichen Bereich des Grdst.Nr. KG L, eine gem. § 74 Abs.2 Z2 und 5 Gewerbeordnung (GewO) genehmigungspflichtige Betriebsanlage, bestehend aus einer mobilen Brecheranlage, einem Radlager, einem Raupenbagger, einem Förderband beim Brecher, 4 abgestellten Förderbändern und einem Lagerplatz für Asphaltaufbruch und gebrochenem Asphalt betrieben wurde, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage aufgrund der durchgeführten Arbeiten und der Zu- und Abfahrt von Lastkraftwagen im Zusammenhang mit dem Transport der gelagerten Materialien, geeignet ist, Nachbarn durch Lärm, Staub und Geruch zu belästigen und weiters aufgrund der Versickerung verunreinigter Niederschlagswässer eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wurden. Begründend wurde ausgeführt, daß die verfahrensgegenständlichen Gerätschaften nicht ständig und ununterbrochen zwischen 1.3. und 18.9.1992 auf dem Grundstück KG L, sondern auch auf anderen Baustellen verwendet wurden, sodaß nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Recht des Berufungswerbers, wegen desselben Delikts nicht zweimal bestraft zu werden, verletzt wird. Die Zeiträume der Unterbrechung (wegen Nichtvorhandenseins der Gerätschaften) hätten im Spruch des Erkenntnisses einfließen müssen. Im übrigen sei auch keine gewerbliche Betriebsanlage gegeben, weil darunter nur eine örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen ist, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist; die diesbezüglichen Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil es sich um eine mobile Brecheranlage handle, eine längerfristig eingegangene Abnahmeverpflichtung nicht bestehe, die auf einem Tiefladeanhänger montierte Brecheranlage dem KFG unterstehe, die vier Förderbänder nicht der Tätigkeit unterliegen würden und Regelmäßigkeit nicht gegeben sei. Auch zu der im Spruch angeführten Beeinträchtigung wurde angeführt, daß Nachbarn nicht vorhanden seien und im übrigen Asphalt im gesamten Bundesgebiet als Straßenbelag ohne Bedenken eingesetzt sei. Schließlich wurde auch der Ausspruch der Strafe bekämpft.

3. Der Magistrat der Stadt Linz als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung Abstand genommen.

4. Zum Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses ist vom O.ö. Verwaltungssenat zu Zahl VwSen-210170/6/Le bereits eine Entscheidung ergangen.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 Gewerbeordnung 1973 - GewO, BGBl.Nr. 50/1974 idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.1 GewO ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 74 Abs.2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in Z1 bis Z5 angeführten Interessen zu verletzen.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

5.3. Die belangte Behörde wirft dem Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung (als erster Verfolgungshandlung) sowie im angefochtenen Straferkenntnis vor, eine "genehmigungspflichtige Betriebsanlage, bestehend aus einer mobilen Brecheranlage, ... betrieben" zu haben, und wiederholt diese Formulierung als erwiesenen Sachverhalt auf Seite 4 der Begründung des Straferkenntnisses. Bei der rechtlichen Würdigung hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit allerdings geht die belangte Behörde im Hinblick auf die örtliche Gebundenheit einer Betriebsanlage nur mehr auf die mobile Brecheranlage ein und kommt zu dem Schluß, daß "die verfahrensgegenständliche Anlage daher - geht man auch von ihrer Mobilität in technischer Hinsicht aus - der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs.2 GewO 1973 unterliegt".

Mit diesen Sachverhaltsfeststellungen und der diesbezüglichen rechtlichen Würdigung ist die belangte Behörde jedoch einem Irrtum unterlegen. Als gewerbliche Betriebsanlage ist die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, welche dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind; eine Betriebsanlage stellt, soweit der lokale Zusammenhang aller dieser Einrichtungen gegeben ist, gewerberechtlich ein einheitliches Objekt dar (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, 2. Auflage, RZ 168). Nicht etwa die einzelnen Einrichtungen bzw. die beim Betrieb vorkommenden Manipulationen bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die Gesamtanlage und die in ihr vorzunehmenden Tätigkeiten. Gegenstand einer Prüfung durch die Gewerbebehörde im Verfahren nach den §§ 74 ff sind nämlich nicht einzelne Maschinen und Geräte oder beim Betrieb vorkommende Tätigkeiten, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt.

Indem die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich Anlagenteile bzw. Gerätschaften oder Einrichtungen anführt, hat sie aber die Betriebsanlage selbst nicht umschrieben. Jedenfalls fehlen dem Spruch die in der Betriebsanlage vorzunehmenden gewerblichen Tätigkeiten. Es kann daher auch keine Zuordnung stattfinden, welchen gewerblichen Tätigkeiten die Betriebsanlage dient. Daß sich auf der (örtlich gebundenen) Betriebsanlage auch mobile Gerätschaften und Maschinen, wie zB eine mobile Brecheranlage, befinden, ist daher für die Genehmigungspflicht der (gesamten) Betriebsanlage nur insofern von Bedeutung, als durch den Betrieb dieser Maschinen die in § 74 Abs.2 Z1 bis Z5 angeführten Interessen verletzt werden können. Aus diesem Grund ist die belangte Behörde mit ihren Ausführungen zur örtlichen Gebundenheit der Brecheranlage als Kriterium der Bewilligungspflicht nicht im Recht. Genehmigungspflichtig ist im gegenständlichen Fall nicht gesondert nur die Brecheranlage, sondern die gesamte Betriebsanlage, wovon die Brecheranlage nur einen Anlagenteil bildet. Was aber die Gesamtbetriebsanlage tatsächlich ist und wozu sie dient, ist dem Spruch nicht zu entnehmen.

Nach der Judikatur des VwGH (vgl. Erk. vom 26.4.1994, 93/04/0243) hat es die belangte Behörde aber auch verabsäumt, "darzulegen, worin das Betreiben gelegen sein soll".

Damit wurde auch verabsäumt, das Tatverhalten hinlänglich iSd § 44a Z1 VStG - darzulegen.

Im übrigen hat nach der ständigen Judikatur des VwGH ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände zu enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist. Wenn die belangte Behörde iSd § 74 Abs.2 Z5 GewO "aufgrund der Versickerung verunreinigter Niederschlagswässer eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer" annimmt, so fehlen aber dieser Umschreibung jene konkreten Tatumstände, die eine Beurteilung des Vorliegens einer Genehmigungspflicht iSd § 74 Abs.2 Z5 GewO zulassen. Es ist dem Spruch nämlich nicht zu entnehmen, durch welche Tätigkeit oder wodurch eine Verunreinigung der Niederschlagswässer und aufgrund welcher Umstände eine Versickerung dieser Wässer und daher nachteilige Einwirkung auf die Gewässerbeschaffenheit zu befürchten ist. Auch der Begründung des Straferkenntnisses sind solche Umstände nicht zu entnehmen.

Schließlich sei noch angemerkt, daß nach der Rechtsprechung des VwGH (Erk. vom 23.11.1993, 93/04/0131), "um beurteilen zu können, ob eine Betriebsanlage unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs.2 GewO 1973 unterliegt, es neben der Feststellung der von der Betriebsanlage möglicherweise ausgehenden Einwirkungen auch konkrete Feststellungen über das Vorhandensein von Nachbarn bedarf, die durch solche Einwirkungen gefährdet, beeinträchtigt oder belästigt werden könnten. Diesem Erfordernis kam die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als daraus nicht erkennbar ist, ob und allenfalls in welcher Entfernung von der Betriebsanlage Nachbarn vorhanden sind, die durch von der Betriebsanlage ausgehende Emissionen gefährdet, beeinträchtigt oder belastet werden könnten". Wie nämlich aus der Akteneinsicht im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen zu entnehmen ist, ist das tatsächliche Vorhandensein von Nachbarn bestritten bzw. nicht nachgewiesen.

Schließlich wird angemerkt, daß der Beginn des Tatzeitraumes mit 1.3.1992 in bezug auf die jeweilige - nicht näher beschriebene - Betriebsanlage und gewerbliche Tätigkeit aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht abzuleiten und zu erweisen ist.

5.4. Aus den angeführten Gründen war daher, weil eine entsprechende Berichtigung und Ergänzung des Schuldspruches wegen der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr möglich war, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Aus diesem Grund war auf die weiteren Berufungsausführungen nicht näher einzugehen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis - weil das Strafverfahren zur Einstellung gelangte - entfiel die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem erkennenden Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum