Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221066/2/Schi/Rd

Linz, 11.10.1995

VwSen-221066/2/Schi/Rd Linz, am 11. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des S R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.7.1994, Ge-96/401/1993/Ew, wegen einer Übertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich deshalb auf 100 S; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991, idF BGBl.Nr. 620/1995.

zu II.: §§ 64 Abs.2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 6.7.1994 über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z59 und § 1 Abs.4 sowie § 339 Abs.1 GewO 1994, BGBl.Nr. 194 idF BGBl.Nr. 314/1994, eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) kostenpflichtig verhängt, weil er am 31.10.1993 in A, wie von einem von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft beauftragten Berufsdetektiv gestellt wurde, Gebäck wie Salzstangerl, Mohnweckerl und Kipferl hergestellt und an Kunden zu einem Preis von 3,50 S/Stück verkauft habe und dadurch das "Bäckergewerbe" ausgeübt habe, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

2. Mit Schriftsatz vom 15.7.1994 hat der Rechtsmittelwerber gegen das zitierte Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben, in eventu gemäß § 21 VStG von der Strafe abzusehen oder die Geldstrafe herabzusetzen. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß zwar der Sachverhalt an sich außer Streit gestellt werde, jedoch sei seinerseits keine Wiederholungsabsicht vorgelegen; vielmehr handelte es sich lediglich um eine Gefälligkeit. Weiters habe er keine Ahnung gehabt, daß dieses geringfügige Backen strafbar sein könne, vielmehr läge lediglich eine Gefälligkeitsbäckerei vor und stelle ein Bagatelldelikt dar. Auch sei keine volkswirtschaftliche Schädlichkeit gegeben. Im übrigen ersuche er im Hinblick auf sein geringes Einkommen und seine Sorgepflichten die Strafe entsprechend zu mildern.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer zufolge Z1 ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann.

4.2. Insofern der Berufungswerber die "Wiederholungsabsicht" in Abrede stellt, ist zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu verweisen, wo auf die Angaben des Berufungswerbers gegenüber dem Berufsdetektiv hingewiesen wird; demnach gab der Berufungswerber seinerzeit an, wöchentlich ca. 80 Gebäcke auf Bestellung herzustellen. Weiters unterstützt wird dieses Argument durch die Ausführungen in der Berufung, wonach der Berufungswerber offenbar durch die bevorstehende Schließung der einzigen Bäckerei in Allhaming diese Marktlücke ausfüllen wollte.

Es ist daher neben den (unbestritten gebliebenen) Tatbestandsmerkmalen der Selbständigkeit und Ertragsabsicht auch jenes der Regelmäßigkeit bzw. der Wiederholungsabsicht gegeben.

4.3. Zur behaupteten "Ahnungslosigkeit" des Berufungswerbers ist festzustellen, daß die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Auslegung des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhält nissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist.

Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt mindestens ein fahrlässiges Verhalten (VwGH 7.12.1973, 1951/72) vor. Demnach ist, wer ein Gewerbe betreibt, verpflichtet sich vor Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (VwGH 22.2.1979, 2435/76). In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß der Berufungswerber selbst zugesteht, daß "höchstens Fahrlässigkeit" vorliege.

Die weiteren Einwendungen des Berufungswerbers, wonach die Tat an einem Sonntag stattfand, es sich nach seiner Ansicht um ein Bagatelldelikt gehandelt habe und keine Schädlichkeit für die Gesellschaft oder eine Schädigung volkswirtschaftlicher Interessen nicht vorliege, sowie daß ein persönlicher Racheakt hinter dieser Anzeige stehe, sind hier rechtlich völlig unerheblich.

5. Zur Straffrage:

5.1. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14). Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

5.2. Der O.ö. Verwaltungssenat kann nicht erkennen, daß im gegenständlichen Fall das Verschulden des Berufungswerbers so geringfügig ist, daß es ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG rechtfertigen würde, zumal der Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert im gegenständlichen Fall keinesfalls so minimal sind, daß es sich um eine entschuldbare Fehlleistung handelt; vielmehr war das nicht unerhebliche Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld eindeutig zu bejahen.

Daß im gegenständlichen Fall die Folgen der Übertretung angeblich unbedeutend waren, zumal niemandem ein Konkurrenzschaden etc erwachsen ist, war somit iSd Judikatur des VwGH nicht mehr zu prüfen und auch hier rechtlich unerheblich; es erübrigt sich daher, über die Folgen der Übertretung weitere Erörterungen anzustellen (VwGH 30.4.1986, 85/03/0170).

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Im Hinblick auf die vom Berufungswerber bekanntgegebenen allseitigen Verhältnisse (Pension 9.300 S davon 3.300 S an Unterhalt für Gattin bzw. Sorgepflichten für Gattin und zwei Kinder im Alter von 15 und 17 Jahren) war die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen. Um im Lichte des § 16 VStG die Verhältnismäßigkeit der Ersatzfreiheitsstrafe zu wahren, war auch sie entsprechend herabzusetzen.

7. Der Ausspruch über den (verminderten) Verfahrenskostenbeitrag hat seinen Grund in der angeführten Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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