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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221079/9/Gu/Atz

Linz, 16.12.1994

VwSen-221079/9/Gu/Atz Linz, am 16. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des A P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. P N gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.8.1994, Zl. Ge-96/416/1993/Ew, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes nach der am 15. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Spruchteil 1) des angefochtenen Straferkenntnisses wird aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hiezu sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Im übrigen, und zwar bezüglich der Fakten 2) und 3) wird das angefochtene Straferkenntnis im Schuld-, Straf- und Kostenausspruch bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat diesbezüglich als Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren die Beträge 2 x 600 S, sohin in Summe 1.200 S an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 11 Abs.1, § 28 Abs.1 AZG, § 19 VStG, § 31 Abs.1 und 2, § 32 Abs.2, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3 VStG, § 64 Abs.1 und 2, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber als Inhaber der protokollierten Einzelfirma A P mit dem Sitz in L, schuldig erkannt, drei namentlich angeführte Arbeitnehmerinnen in drei verschiedenen Würstelständen an im einzelnen angeführten Tagen der Monate Februar bis März 1993, während im einzelnen dazu angegebenen Tagesarbeitszeiten, welche jeweils mehr als sechs Stunden betrugen, keine Ruhepausen von mindestens einer halben Stunde gewährt zu haben, obwohl gemäß § 11 Abs.1 des AZG die Arbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen ist, wenn die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeiten mehr als sechs Stunden beträgt.

Wegen dreier fortgesetzter Delikte nach § 28 Abs.1 iVm § 11 Abs.1 AZG wurden dem Rechtsmittelwerber in Ansehung der drei Fakten Geldstrafen von einerseits 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und schließlich 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) sowie Verfahrenskostenbeiträge im Ausmaß von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafen auferlegt.

In seiner rechtzeitig durch seinen Vertreter eingebrachten Berufung macht der Beschuldigte bezüglich aller drei Fakten Verfolgungsverjährung geltend. In allen drei Fakten sei die Tat nicht hinreichend konkretisiert, weil der Beginn und das Ende der Arbeitszeit nicht im einzelnen angeführt worden sei.

Bezüglich der letzten beiden Fakten betreffend die Arbeitnehmerinnen T und Z lägen innerhalb der Verjährungsfristen überhaupt keine Verfolgungshandlungen vor.

Eine genaue Bezeichnung der jeweiligen Arbeitszeit sei deshalb von Bedeutung, da auch eine Beschäftigung zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr hätte erfolgen können, was eine weitere Strafbarkeit wegen Verletzung des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen hätte bedeuten können.

Die Zurechnungsbezeichnung in der Strafverfügung, welche Nichtgewährung der Ruhepausen an H S betraf, sei insofern mangelhaft gewesen, weil er bloß als haftbarer Arbeitgeber der Einzelfirma, nicht aber als Inhaber der protokollierten Einzelfirma A P bezeichnet worden sei. Im übrigen seien die 30-minütigen Ruhepausen allen Arbeitnehmerinnen regelmäßig gewährt worden, was sich aus der zeugenschaftlichen Vernehmung der M Z und aus schriftlichen Erklärungen der Arbeitnehmerinnen ergebe.

Aus diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens und im Schlußplädoyer hilfsweise die Herabsetzung der Strafen.

Aufgrund der Berufung wurde am 15. Dezember 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuziehung des Beschuldigten, seines Vertreters und einer Vertreterin des Arbeitsinspektorates Linz durchgeführt, in deren Rahmen dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, in die in Ablichtung vorhandenen Arbeitszeitaufzeichnungen betreffend die Dienstnehmerinnen H S, U T und M Z, Einsicht genommen und zur Erörterung gestellt.

Ferner wurden die Erklärungen der H S und der U T, erliegend in der Stellungnahme des Vertreters des Beschuldigten vom 25.4.1994 verlesen. Darüber hinaus wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschuldigten vom 15.7.1993 des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Zl. 101-6/3-A2, welche am 16.8.1993 postabgefertigt und am 17.8.1993 laut Zustellurkunde vom Beschuldigten persönlich übernommen wurde, zur Erörterung gestellt.

Daraus und bezüglich des Faktums 1), auch unter Berücksichtigung der übrigen Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Anlastung der Nichtgewährung von entsprechenden Ruhepausen bezüglich H S und deren Beschäftigung beim Würstelstand L, erfolgte erstmalig durch Strafverfügung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 13.5.1993. Darin wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, die Arbeitnehmerin H S vom 22. bis 26.3.1993 wie folgt entgegen den Bestimmungen des AZG beschäftigt zu haben:

"An sämtlichen Tagen wurde Schwarz bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden (zwischen 9 und 10 Stunden) keine Ruhepause gewährt." Auf den rechtzeitig erfolgten Einspruch hin hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz an den eingeschrittenen Vertreter des Beschuldigten mit Datum 6.9.1993 (Postabfertigung 9.9.1993) eine Aufforderung zur Rechtfertigung mit dem selben Text gesandt.

Nachdem der Sitz des Unternehmens im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gelegen und dieser Behörde der Akt zuständigkeitshalber zugegangen ist, versandte letztere eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Vertreter des Beschuldigten mit Datum 21. Februar 1994, postabgefertigt am 28.2.1994, in der für die Tage 22. bis 26.3.1993 der tägliche Beginn und das tägliche Ende der Arbeitszeit im einzelnen beschrieben war. Bezüglich dieses Faktums 1) war daher rechtlich zu erwägen:

Die bloße zeitraumhafte Angabe der Arbeitszeiten mit gleitender Angabe der täglichen Arbeitszeit erfüllte die Konkretisierungspflicht nicht, weil danach der Unrechtsgehalt, welcher bei Verstoß gegen § 11 Abs.1 AZG gegeben sein kann, nicht hinreichend bestimmt ist. Die ersterwähnten beiden Verfolgungshandlungen waren daher nicht rechtzeitig, die letzterwähnte zufolge der bloß mit einem halben Jahr gegebenen Verfolgungsverjährungsfrist im Sinn des § 31 Abs. 2 VStG verspätet.

Die rechtzeitige Verfolgungshandlung des, wenn auch zunächst unzuständigen Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz betreffend die Beschäftigung der U T und M Z ohne Ruhepausen u.z. am 1.2., 2.2., 3.2., 4.2., 5.2., 1.3., 2.3., 3.3., 4.3. und 5.3.1993 (T) und der Arbeitnehmerin Z am 8.2., 9.2., 10.2., 11.2., 12.2., 1.3., 2.3., 3.3., 4.3. und 5.3.1993 genügte zur Beurteilung des Lebenssachverhaltes am Tatbild, zumal an den einzelnen Tagen die Dauer der Beschäftigung (laut Arbeitszeitaufzeichnungen des Betriebes) einzeln ausgewiesen war und die Nichtgewährung von festgesetzten mindestens halbstündigen Ruhepausen am Maßstab des geschützten Interesses nachvollziehbar war.

Andere als das Erholungsbedürfnis eines Arbeitnehmers bei länger dauernder Arbeit auslösende Wertungen sind in § 11 Abs.1 AZG nicht enthalten. Andere Gesichtspunkte können (im Sinne von den Höchstgerichten derzeit noch als geltend angesehenen Kumulationsprinzipes bei Idealkonkurrenz) bei Heranziehung anderer Normen eine Rolle spielen. Für den Gegenstand der Betrachtung sind sie entbehrlich.

Diesbezüglich reichte somit die Verfolgungshandlung, was die Vollständigkeit anlangt und auch was die Rechtzeitigkeit anlangt, aus. Die von der nach dem Sitz des Unternehmens zuständigen Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung war für die Beurteilung der Sache bedeutungslos.

Letzteres gilt auch für den Einwand, daß der Beschuldigte zunächst nicht als Inhaber "der protokollierten Einzelfirma Adolf PLATZL" angeführt worden ist. Bedeutsam war, daß der Arbeitgeber eine natürliche Person ist. Dies kam allemale hinreichend zum Ausdruck. Selbst wenn der Arbeitgeber eine juristische Person gewesen wäre, ist eine diesbezügliche Spruchergänzung auch noch im Berufungsverfahren nicht ausgeschlossen, da der Verwaltungsgerichtshof darin kein Sachverhaltselement erblickt (vergl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990, Seite 756 und die dort zitierte Judikatur).

Auch die versehentliche Ortsfehlbezeichnung des Tätigkeitsfeldes (Würstelstandes), welcher von M Z betreut wurde, konnte der Wirksamkeit der Verfolgungshandlung keinen Abbruch tun, da der Sitz des Unternehmens in L, gelegen ist und beim AZG für alle Fakten nach der obergerichtlichen Judikatur den Tatort bildet, von wo aus der Beschuldigte hätte handeln sollen und demnach Anweisungen bezüglich der Regelung der Arbeitszeit und der Ruhepausen hätte geben sollen.

Die Identität der Tat und somit die Verteidigungsrechte des Beschuldigten waren insoferne nicht beeinträchtigt, zumal die Arbeitszeitaufzeichnungen, welche die Grundlage für die Beurteilung lieferten, ohnedies aus seinem Betriebe stammten.

Wohl nicht der Buchstabe des Gesetzes, so aber die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte Judikatur zur Auslegung des § 11 Abs.1 AZG verlangt es, daß die Ruhepausen bei mehr als sechsstündiger Beschäftigung eines Dienstnehmers von vorneherein feststehen und nicht ins Belieben der Bediensteten gestellt werden dürfen um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen (vergl. Erk. VwGH vom 8.7.1993, Zl.

93/18/0025 und vom 24.9.1990, Zl. 90/19/0245 und viele andere mehr).

Das durchaus glaubwürdige Innehalten bei der Arbeit bei den in Rede stehenden Würstelständen durch die eingesetzten Dienstnehmerinnen waren daher keine Ruhepausen, wie sie das Gesetz verlangt.

Daß, wie behauptet ähnliche Arbeitszeitaufzeichnungen bei früheren Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat unbeanstandet blieben, vermochten im Sinn des § 5 Abs.1 VStG den Beschuldigten nicht gänzlich zu entlasten, zumal die näheren Umstände, unter welchem Blickwinkel die Kontrolle geführt wurde nicht mehr nachvollziehbar erschienen, wohl aber ein bloß geringes Maß an Verschulden zu begründen.

Da die objektive und subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen sind, waren die Fakten 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen. Zusätzlich wird auf die zutreffende und ausführliche Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

Auch, was die Strafzumessung anlangt, hat die erste Instanz angemessen reagiert. Dabei war ein nicht sehr gewichtiger Unrechtsgehalt bei der vorliegenden Ausübung des Dienstleistungsgewerbes eines Würstelstandes im Vergleich zur Handhabung von Pausen etwa in der Schwerindustrie mit festzustellen, wodurch vermieden wurde ungleiche Lebenssachverhalte gleich zu ahnden. Den daran orientierten Ermessensspielraum hat die erste Instanz unter weiterer Bedachtnahme auf den geringen Grad des Verschuldens sowie auf das Nichtvorliegen von besonderen straferschwerenden oder strafmildernden Umständen sowie unter Bedachtnahme auf das monatliche Nettoeinkommen von 12.000 S und die Sorgepflicht für ein Kind nicht überschritten.

Die objektive Tatseite wog aber auch nicht so gering, als das mit dem Absehen von einem Strafausspruch hätte vorgegangen werden können (§ 21 Abs.1 VStG).

Der Teilerfolg der Berufung befreite den Rechtsmittelwerber in diesem Bereich von Verfahrenskostenbeiträgen.

Aufgrund der Bestätigung der Fakten 2) und 3) ist der Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG zur Zahlung eines 20-%igen Kostenbeitrages für jene selbständigen Teile des Berufungsverfahrens gehalten.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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