Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221086/5/Ga/La

Linz, 21.05.1996

VwSen-221086/5/Ga/La Linz, am 21. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M... B..., vertreten durch Dr. H... H..., Rechtsanwalt in M..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. August 1994, Zl.

Ge-96/279/1993/Ew, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG ('durch die Tat verletzte Rechtsvorschriften') angeführte § 31 Abs.5 ANSchG zu entfallen hat, der dort gleichfalls angeführte § 33 Abs.7 ANSchG hingegen als im Spruchteil gemäß § 44a Z3 VStG ('Norm, nach der die Strafe verhängt wird') angegeben gilt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und 2.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe es "als verantwortlicher Arbeitgeber und Inhaber des Tischlergewerbes im Standort ... L..., W..., zu vertreten, daß am 28.6.1993 auf der Baustelle Bundesoberstufenrealgymnasium, D..., ... P..., wie durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Überprüfung festgestellt wurde, die Arbeitnehmer S... R...

und M... K... in ca. 4 m Höhe mit dem Ausbau von Fenstern beschäftigt wurden, wobei Absturzgefahr bestand, ohne daß die Arbeitnehmer bei dieser Tätigkeit angeseilt waren und ohne daß Einrichtungen angebracht waren, die ein Abstürzen von Dienstnehmern verhindern oder ein Weiterfallen hintanhalten, obwohl gemäß § 7 Abs.1 erster Satz Bauarbeitenschutzverordnung an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen sind, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze; gem. § 7 Abs.2 leg.cit. kann die Anbringung der im Abs.1 vorgesehenen Schutzeinrichtungen unterbleiben, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch ist gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeit, in solchen Fällen sind die Dienstnehmer durch Anseilen gegen Absturz zu sichern." Dadurch habe er § 7 Abs.1 und 2 der Bauarbeitenschutzverordnung (BArbSchV) iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 sowie § 31 Abs.2 lit.p und Abs.5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) verletzt und sei er gemäß § 31 Abs.2 ANSchG mit einer Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

1.2. Nach Darlegung des Verfahrenslaufes, der Ergebnisse des ordentlichen Ermittlungsverfahrens und der Rechtslage begründet die belangte Behörde ihren Schuldspruch damit, daß der vom Arbeitsinspektorat angezeigte Sachverhalt vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt wurde und die Tatbestandsmäßigkeit erfüllt sei. Persönlich zuzurechnen sei die Übertretung dem Beschuldigten aus folgenden Gründen: So sei durch das Ermittlungsverfahren, insbesondere die förmliche Vernehmung des Vorarbeiters S... als Zeuge hervorgekommen, daß dieser nicht als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlicher Bevollmächtigter des Arbeitgebers angesehen werden könne.

Damit aber habe der Beschuldigte selbst für die Tat einzutreten und sei sein Verschulden im Lichte des hier vorliegenden Ungehorsamsdeliktes mit dem Ergebnis zu beurteilen gewesen, daß Fahrlässigkeit des Berufungswerbers von Gesetzes wegen anzunehmen gewesen, ihm als Täter die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit jedoch nicht gelungen sei; dies deshalb nicht, weil die von ihm eingewendeten Weisungen und Belehrungen sowie Stichprobenkontrollen das vom Verwaltungsgerichtshof in solchen Fällen verlangte effiziente, im Detail darzulegende Kontrollsystem nicht zu ersetzen vermögen. Zur Strafbemessung stellte die belangte Behörde das von ihr nach den Kriterien des § 19 VStG in diesem Fall gehandhabte Ermessen dar.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, zu deren Inhalt die Amtspartei (Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk Linz) angehört wurde. Neue Aspekte zur Tat haben sich aus der Anhörung nicht ergeben.

2.2. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. Ge-96/279/1993/Ew/Amv vorgelegt. Das daraus ersichtliche Ermittlungsverfahren erlaubt dem unabhängigen Verwaltungssenat - unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - die abschließende Beurteilung in der Tatfrage. Den auf Grund der Anzeige des Arbeitsinspektorates dem Berufungswerber angelasteten und so auch dem Schuldspruch als maßgebend zugrundegelegten Sachverhalt hat der Beschuldigte schon im Ermittlungsverfahren vor der Strafbehörde nicht bestritten. Aber auch die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers kann aus der Aktenlage abschließend beurteilt werden.

Weil daher im Berufungsfall weitere Beweise zur Tat und zur Verantwortlichkeit nicht aufzunehmen und im übrigen nur Rechtsfragen zu beurteilen waren bzw. in Wahrheit nur Rechtsmängel in der Berufungsschrift behauptet wurden, konnte die - vom Berufungswerber auch nicht beantragte öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. In diesem Fall ist weder der angelastete Sachverhalt noch die Tatbestandsmäßigkeit strittig.

Der Berufungswerber wendet sich ausschließlich dagegen, daß die Gesetzesübertretung ihm mit persönlichem Verschulden zugerechnet wird. Aber ebenso wie die Tatbestandsmäßigkeit hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis auch die Verwirklichung der Schuldseite zutreffend und ausreichend begründet. Insbesondere ist sie auf Grund eines fehlerfrei geführten Ermittlungsverfahrens zu dem rechtsrichtigen Ergebnis gekommen, daß vorliegend keine wirksame Bevollmächtigung iSd § 31 Abs.2 ANSchG stattgefunden hat, weil weder dem Vorarbeiter S... noch einer anderen Person die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auf der in Rede stehenden Baustelle - neben dem Berufungswerber oder an seiner statt - übertragen gewesen ist. Daher war, wie die belangte Behörde richtig erkannte, das Verschulden des Berufungswerbers nicht anhand der Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs.5 ANSchG und nicht insofern nach den Prinzipien der materiellen Wahrheit von Amts wegen festzustellen. Vielmehr war im Grunde des hier somit verwirklichten Ungehorsamsdeliktes Fahrlässigkeit des Berufungswerbers schon von Gesetzes wegen anzunehmen und hätte er dieser Schuldvermutung durch eigenes initiatives Tatsachenvorbringen, um damit seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen, entgegenzuwirken gehabt.

Daß vor diesem Hintergrund aber dem Berufungswerber die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht gelungen ist, kann der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ebenso zutreffend wie nachvollziehbar entnommen werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf diese Begründung und sind dieselben tragenden Gründe auch für diese Entscheidung maßgebend, sodaß der angefochtene Schuldspruch - mit der Maßgabe der gebotenen Richtigstellung der Spruchteile gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG, wodurch jedoch der Abspruchsgegenstand nicht erweitert wird - zu bestätigen war.

3.2. Auch das Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis:

So rügt der Berufungswerber als Verfahrensmangel unter III.1., daß der von ihm beantragte, von der belangten Behörde jedoch nicht aufgenommene Zeugenbeweis M... zu seinen Gunsten ergeben hätte, daß Weisungen regelmäßig erteilt worden seien. Mit einem solchen Beweisergebnis aber wäre für den Berufungswerber nichts gewonnen, weil der Schuldspruch - die subjektive Tatseite betreffend - nicht maßgeblich darauf gestützt ist, daß keine Weisungen erteilt wurden, sondern vielmehr darauf, daß Weisungen allein, mögen sie nur behauptetermaßen oder tatsächlich stattgefunden haben, noch nicht jenes Maß an Sorgfalt bescheinigen, welches die gesetzliche Vermutung der Fahrlässigkeitsschuld abwenden könnte. Vielmehr kommt es, wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt, auf die wirksame Kontrolle der vom Berufungswerber erteilten Weisungen an und darauf, wie er selbst - an der Spitze der Verantwortungshierarchie stehend - konkret in das Kontrollsystem zur Gewährleistung des Arbeitnehmerschutzes eingebunden ist. Die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems ist dem Berufungswerber jedoch schon behauptungsmäßig - diesbezüglich ist von der Vollständigkeit seines Tatsachenvorbringens auszugehen (vgl.

VwGH 27.2.1996, 94/04/0214) - nicht gelungen. Schon nämlich in seiner Stellungnahme vom 15. Juni 1994 hat er sich dahingehend gerechtfertigt, daß ein "näheres" Kontrollsystem nicht nötig gewesen sei, weil die von ihm vorgenommenen Stichproben ausreichend gewesen seien. Diese Darstellung aber blieb im Kern auch in der Berufungsschrift unrevidiert.

Indem der Berufungswerber unter III.2. weiters die Auffassung vertritt, er habe "für eine entsprechende Beaufsichtigung der Baustelle durch einen Bevollmächtigten gesorgt", verkennt er die Rechtsfigur des Bevollmächtigten gemäß § 31 Abs.2 ANSchG (alte Rechtslage). Keineswegs nämlich ist ohne weiteres schon mit der bloß internen Stellung eines Vorarbeiters ipso facti auch die Stellung eines derartigen Bevollmächtigten, der grundsätzlich neben dem Arbeitgeber für die Einhaltung der Schutzvorschriften verwaltungsstrafrechtlich (nach außen; dem öffentlichen Interesse gegenüber) verantwortlich ist, verbunden. Hiezu bedarf es vielmehr, über die Betrauung mit der innerbetrieblichen Aufgabe eines Vorarbeiters wesentlich hinausgehend, der besonderen Bestellung zum Bevollmächtigten in diesem Sinne. Nach der Judikatur kann diese Bevollmächtigung, wenn ihre Einvernehmlichkeit nicht ohnehin aus einem entsprechenden Formalakt erweislich ist, auch nachträglich und konkludent durch eigene Angaben ("Eingeständnis") des Arbeitnehmers nachgewiesen werden. Immer aber setzt die wirksame Bevollmächtigung iSd § 31 Abs.2 ANSchG das Einverständnis des Arbeitnehmers voraus (vgl. VwGH 9.6.1988, 88/08/0104; ua). Gerade das aber hat der Zeuge Sallaberger mit seiner Antwort auf die diesbezügliche Frage 1) für sich eindeutig ausgeschlossen! Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und an der Richtigkeit seiner Aussage sind nicht hervorgekommen; auch der Berufungswerber hat diese, ihm von der belangten Behörde zur Kenntnis gebrachte Aussage nicht beeinsprucht. Irgendeinen anderen geeigneten Nachweis über die Bestellung des Vorarbeiters Sallaberger zum Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.2 ANSchG hat der Beschuldigte aber auch im Berufungsverfahren nicht vorgelegt.

Darin aber, daß der Berufungswerber, wie aus allen diesen Gründen zu folgern ist, hinsichtlich des in seinem konkreten Betrieb erforderlichen, effizienten Kontrollsystems nicht das bei Ausnutzung aller ihm tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel Mögliche und Zumutbare vorgekehrt hat (vgl. VwGH 6.12.1983, 11/2999/80), liegt der haftungsauslösende Sorgfaltsmangel.

4. Zur Strafbemessung und zur Strafhöhe bringt der Berufungswerber nichts vor. Insbesondere tut er nicht dar, daß und aus welchen Gründen die belangte Behörde die für die Strafbemessung maßgeblichen Kriterien des § 19 VStG ermessensmißbräuchlich gehandhabt haben soll.

Angesichts der in der Begründung des Straferkenntnisses nachvollziehbar dargestellten, nicht als rechtswidrig zu erkennenden Erwägungen der belangten Behörde besteht auch für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Grund zur Annahme, die verhängte und den hier vom Gesetz vorgesehenen Strafrahmen nur zu einem Zehntel ausschöpfende Geldstrafe sei in unangemessener Höhe festgesetzt worden.

Auch die Höhe der Strafe war daher zu bestätigen.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Berufungswerber zusätzlich der gesetzlich bestimmte Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzulegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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