Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221102/4/Schi/Atz

Linz, 05.08.1996

VwSen-221102/4/Schi/Atz Linz, am 5. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. SCHIEFERER über die Berufung des Ing. F. ST., vertreten durch Dr. H., Dr. F. und Mag.

SCH.-S., Rechtsanwälte in Wels, ...straße .., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. September 1994, Zl. Ge96-10-1-1994/Um, wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung AAV, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Feststellung, daß es von einer unzuständigen Behörde erlassen worden ist, aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 2 Abs.2, 27 Abs.1, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe als außenvertretungsbefugter Geschäftsführer des Bauunternehmens Dipl.-Ing. F. GesmbH. und somit auch gleichzeitig außenvertretungsbefugtes Organ der Bauunternehmung R. G. KG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, daß auf der von dieser Unternehmung betriebenen Baustelle beim Kindergarten Handenberg bestimmte Vorschriften der AAV durch Mißachtung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht des Arbeitgebers verletzt worden seien (am 6.10.1993 um 9.00 Uhr hat sich bei der Baustelle beim Kindergarten Handenberg der Arbeitnehmer F.

D. bei Ausschalarbeiten einen Nagel eingetreten, da er keine Sicherheitsarbeitsschuhe getragen hat).

2. Dagegen hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 13.10.1994 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, allenfalls eine Ermahnung zu erteilen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Mit Schreiben vom 19.12.1995 wurde dem Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck die Berufung gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme gebracht. Das Arbeitsinspektorat hat keine Stellungnahme mehr abgegeben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengl eingetreten ist.

Begangen wird eine Übertretung gemäß § 2 Abs.2 VStG dort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Diese ist für den Bereich des VStG in Sachen, die sich - wie hier auf den Betrieb einer gleichwohl in Zweigniederlassungen gegliederten Unternehmung beziehen, hinsichtlich gebotener, jedoch unterlassener Vorsorgehandlungen regelmäßig der Sitz der Unternehmensleitung.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, daß der Tatort hinsichtlich der Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (VwGH 25.1.1994, Zl. 93/11/227). Abgesehen von der Konstellation eines ausdrücklich für einen bestimmten Standort einer Filiale (Zweigniederlassung) bestellten verantwortlichen Beauftragten liegt der Tatort somit am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung.

Aus dem h. Akt VwSen-220999/4/Ga/La (Erkenntnis vom 21.11.1994) betreffend den weiteren Geschäftsführer Dipl.-Ing. R. F. bzw. der Bauunternehmung R. G. KG, geht aus dem Firmenbuch hervor (Stichtag 20.1.1994), daß seit der letzten Firmenbucheintragung am 21.7.1992 der Sitz der Bauunternehmung R. G. KG in der Gemeinde Wels gelegen ist (Geschäftsanschrift: ...straße 25, 4600 Wels).

Daraus folgt iVm dem für die Beurteilung dieses Falles wesentlichen Umstand, wonach der Bw als zur Vertretung nach außen berufenes Organ im Sinne des § 9 Abs.1 letzter Halbsatz VStG in die strafrechtliche Verantwortung für diese Bauunternehmung gezogen worden ist, daß nicht die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, sondern der Bürgermeister der Stadt Wels in diesem Fall als Strafbehörde örtlich zuständig gewesen wäre.

Wenngleich die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde in der Berufung nicht releviert worden ist, war dennoch dieser Aufhebungsgrund durch den unabhängigen Verwaltungssenat im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vergl. Erkenntnis vom 24.6.1994, Zl. 94/02/0021), von Amts wegen wahrzunehmen. Eine materielle Einstellungswirkung ist diesfalls mit der Aufhebung des Straferkenntnisses nicht verbunden (VwGH 8.10.1992, 92/18/0391-0392) und obliegt die Beantwortung der Frage, ob das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw fortgeführt werden kann oder ob nicht vielmehr mit einer Einstellungsverfügung gemäß § 45 Abs.1 Einleitungssatz VStG vorzugehen sein wird, der sachlich und örtlich zuständigen Strafbehörde.

5. Mit dieser Aufhebung, die sich schon im Sinne des § 51e Abs.1 VStG aus der Aktenlage, ohne daß eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden mußte, ergab, ist von Gesetzes wegen die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zu den Kosten des Verfahrens verbunden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Herrn Ing. F. ST., z.Hd. Rechtsanwälte Dr. G. H., Dr. A.

F. und Mag. Ursula SCH.-S., ...straße 14, 4600 Wels; 2. Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk, Ferdinand-Öttl-Straße 12, 4840 Vöcklabruck zur Zahl 1050/89-18/93; 3. Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, Hammersteinplatz 1, 5280 Braunau am Inn, unter Aktenrückschluß zu Zahl Ge96-10-1-1994/Um vom 17.10.1994 mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung des Erkenntnisoriginals an die Vertreter des Berufungswerbers und einer Mehrausfertigung an das Arbeitsinspektorat.

Beilagen Dr. S c h i e f e r e r

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