Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221127/10/Schi/Ka

Linz, 22.12.1995

VwSen-221127/10/Schi/Ka Linz, am 22. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Fragner, Berichter: Dr. Schieferer) über die Berufung des K S , W, S Straße gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 3.11.1994, Ge96-246-1994/Ew, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen.

II. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung Folge gegeben und die Geldstrafe auf 15.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage, herabgesetzt.

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde vermindert sich daher auf 1.500 S; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I und II: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr.

471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2, sowie 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 3.11.1994, Ge96-246-1994/Ew, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen) verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Handelsgewerbe, beschränkt auf den Handel mit Farben und Lacken, sowie Tapeten und Bodenbelägen aus Kunststoff der "S Farben- und Tapetenvertrieb Gesellschaft mbH" im Standort W, S S , zu vertreten habe, daß in der weiteren Betriebsstätte in L , W r Straße , wie von Organen der Bezirkshauptmannschaft anläßlich einer Überprüfung am 25.7.1994 festgestellt wurde, von der genannten Gesellschaft eine Betriebsanlage für den Handel mit Farben und Lacken ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wurde, indem auf der Parzelle KG L im nördlichen Trakt des do.

Gebäudes ein Verkaufsraum zur Abgabe der Ware an Großhändler und Endverbraucher mit einer Lackmischanlage bestehend aus Vorratsbehältern und Dosiereinheit betrieben wurde und im Süd-Ost-Trakt IV Lagerräume zur Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten, Dispersionen, gefährlichen Abfällen wie Lösemitteln, unbrauchbare Dispersionen, Farbmittel und dgl.

betrieben wurden, wodurch die Möglichkeit einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, im Falle einer Explosion oder eines Brandes der gelagerten brennbaren Flüssigkeiten, einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm und Geruch beim Betrieb der Lackmischanlage, beim Zu- und Abtransport der Farben und Lacke, bei Manipulationen im Zuge der Be- und Entladetätigkeiten und beim innerbetrieblichen Transport der Farben und Lacke vom Lager- zum Verkaufsraum, und einer Beeinträchtigung von Gewässern im Falle von Lekagen von Behältnissen und Gebinden der in der Betriebsanlage gelagerten wassergefährdenden Flüssigkeiten wie Lösemitteln, Farben und Lacken, Dispersionen, etc.

bestand. Der Beschuldigte habe dadurch § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z1, Z2 und Z5 GewO 1994 verletzt, weshalb über ihn die oben angeführte Strafe gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 verhängt wurde. Gemäß § 64 VStG wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Strafkostenbeitrages von 2.500 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 16.11.1994 rechtzeitig Berufung erhoben.

Der Bw ersucht zwar ausdrücklich (nur) "um eine weitere Ermäßigung der ausgesprochenen Strafhöhe auf die Hälfte", jedoch ist dem Inhalt der Berufung zu entnehmen, daß sich diese auch gegen die Schuld richtet.

Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß zwar die Argumente im Straferkenntnis dem Text des Gesetzes nach richtig sind; jedoch könne in der Praxis eine Gefährdung praktisch ausgeschlossen werden, zumal dieser Betrieb in der gleichen Art durch Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft ohne Beanstandung und noch dazu in einem Wohnhaus existiert habe.

Weiters gebe es keine Lösungsmittel der Klasse I in der gegenständlichen Betriebsanlage; die Wahrnehmungen anläßlich einer Betriebsbegehung durch die Behörde sei schon mehrfach beeinsprucht worden, weil sie nicht den Tatsachen entsprechen. Insbesondere sei es nicht richtig, daß unbrauch bare Dispersionen etc als Abfälle gelagert würden. Hier handelte es sich um zur Wiederverwendung bestimmte Restmengen.

Es sei zwar eine uneingeschränkte Fehlleistung, daß die behördlichen Notwendigkeiten nicht in der richtigen Form nachvollzogen worden seien. Der Bw gibt aber zu bedenken, daß er nicht in der Lage war, zwischen der seiner Meinung nach "eigenständigen Gemeinde L " und der Einbindung in die BH zu unterscheiden; deshalb auch sein Ansuchen an diese Behörde. Nunmehr sei die Sache klar, und er möchte ausdrücklich festhalten, daß im Hinblick auf die Lösungsmittelverordnung und die Notwendigkeit der Wiederverwertung das Wort Abfälle im L Betrieb nur dann zur Anwendung gebracht werden könne, wenn es sich tatsächlich nicht um wiederverwertbare Produkte handelt, was im Jahr 1994 für einen Zeitraum von 16 Monaten (?) zu einer Entsorgung von 150 l verschmutzter Lösungsmittel geführt habe.

Er sei sich der Verfehlungen bewußt, bitte aber zu berücksichtigen, daß sie nicht vorsätzlich entstanden seien, sondern aus persönlichen Gründen, aber auch aus der Unkenntnis der "geographischen Verhältnisse", bzw aus der Nichtinformation durch die Stadtgemeinde L.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die nach der Geschäftsverteilung zu ständige Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde. Da somit der Sachverhalt klar gegeben war und sich die Berufungsausführungen ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung sowie die Strafbemessung richten, war iS des § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht anzuberaumen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z2), oder eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist (Z5).

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 370 Abs.2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung in § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 755 mit Nachweis).

Gemäß § 9 Abs.1 der GewO 1973 können juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer bestellen. Es muß sich daher der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO 1973). Unter diesem Aspekt ist auch die Regelung des § 370 Abs.2 GewO 1973, wonach Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind, naheliegend bzw. logische Folge.

4.2. Im gegenständlichen Fall sind sowohl das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage und deren Betrieb zum angeführten Zeitpunkt sowie die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als gewerberechtlicher Geschäftsführer der in Rede stehenden GesmbH unbestritten. Der Bw gesteht auch seine diesbezügliche Fehlleistung eindeutig zu. Die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes liegt daher im vorliegenden Fall eindeutig vor.

Die Rechtswidrigkeit ist vorliegend indiziert durch den Verstoß gegen §§ 366 Abs.1 Z2 iVm 74 Abs. 2 Z1, Z2 und Z5 GewO 1994.

Der Bw hat somit jedenfalls tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt.

4.3. Zur Schuldfrage:

4.3.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann.

Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2.

April 1990, Zl. 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Berufungswerber aber - wie gleich zu zeigen sein wird nicht erstattet.

4.3.2. Der Hinweis des Bw, wonach dieser gleichartige Betrieb einige Häuser weiter jahrelang betrieben wurde, kann der Berufung insofern nicht zum Erfolg verhelfen, zumal die Genehmigungspflicht des ggst. Betriebes eindeutig zu bejahen war. Ebensowenig vermag die Feststellung, wonach es keine Lösungsmittel der Klasse I in der Betriebsanlage des Bw gäbe und außerdem unbrauchbare Dispersionen nicht als Abfälle gelagert würden, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen, weil es im Hinblick auf die Genehmigungspflicht unerheblich ist, zu welchem Zweck (ob als Abfälle oder zur Wiederverwertung) diese Gegenstände bzw Flüssigkeiten gelagert werden.

4.3.3. Zur Behauptung, daß der Bw nicht in der Lage gewesen sei, zwischen der "eigenständigen Gemeinde L " und der "Einbindung in die BH" habe unterscheiden können, bzw daß ihm aus Unkenntnis der "geographischen Verhältnisse" und auch aus der Nichtinformation durch die Stadtgemeinde L die Zuständigkeiten unklar geblieben sind, ist festzuhalten, daß der Bw offenbar im Ergebnis einen Rechtsirrtum (Gesetzesirrtum) hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörden geltend machen und damit eine Schuldminderung erreichen will.

4.3.4. Dazu ist vorweg festzustellen, daß ein solcher Gesetzesirrtum schon deshalb auszuschließen ist, weil sich aus der Aktenlage ergibt, daß der Bw selbst bereits mit Schreiben vom 18.8.1993 an die (zuständige) BH einen Antrag auf Genehmigung der Betriebsanlage gestellt hat. Auch in der Folge wurde immer wieder zwischen dem Bw bzw dessen GesmbH und der BH eine Korrespondenz über die Genehmigung der Betriebsanlage und die erforderlichen Unterlagen geführt. Zum Tatzeitpunkt 25.7.1994 kann daher ein solcher Gesetzesirrtum über die Zuständigkeit schon aus logischen Gründen nicht mehr in Betracht kommen.

Außerdem ergibt sich aus den im Akt einliegenden Geschäftspapieren des Bw, daß die Sefra GesmbH weitere Niederlassungen (die nach eigenen Angaben des Bw sogar größer sind als jene in ) in verschiedensten Städten Österreichs (Wien, Graz, Salzburg, Villach, Klagenfurt, Mödling, Oberwart, Kufstein) betreibt. Augrund dieses Umstandes muß angenommen werden, daß dem Bw bekannt ist, daß in den Statutarstädten Wien, Graz, Salzburg, Villach und Klagenfurt die Organe dieser Städte zugleich Gemeinde- und Bezirksinstanzen und als solche zur Vollziehung von Bauordnung und GewO zuständig sind, während für den vorliegenden Standort L - ebenso wie für die Standorte Mödling, Oberwart und Kufstein - die jeweils örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft zur Vollziehung der GewO berufen ist. Es erscheint daher auch insofern ein Gesetzesirrtum durch den Bw ausgeschlossen, zumal der VwGH in ständiger Rechtsprechung darlegt, daß, wer ein Gewerbe betreibt, verpflichtet ist, sich entsprechend darüber zu unterrichten (VwSlg.

7603A/1969). Dazu gehört schon als logische Voraussetzung die Kenntnis der zuständigen Behörde(n). Wenn auch einzuräumen ist, daß die diesbezügliche Behördenzuständigkeit im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Sonderstellung der Stadt Wien, sowie die in den Kompetenzen sich auswirkende Sonderstellung der Statutarstädte für den Normunterworfenen nicht immer leicht erkennbar ist, so trägt dennoch die Rechtsprechung dem Bürger hier spezifische Erkundungspflichten (vgl. VwGH 30.1.1991, 90/01/0107mwN) auf, vorzugsweise bei der - zuständigen - Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person (VwGH 21.3.1991, 90/09/0097) oder einer für derartige Auskünfte eingerichteten Stelle, etwa im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung (hier: Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft; VwGH 23.12.1991, 87/17/0316). Die Unterlassung der rechtzeitigen - Einholung entsprechender Erkundigungen war somit dem Berufungswerber anzulasten bzw seinem diesbezüglichen Einwand - sofern er überhaupt von Relevanz ist - zu erwidern.

4.3.5. Insgesamt ergibt sich daher, daß der Bw auch schuldhaft, und zwar fahrlässig, gehandelt hat.

4.4. Zur Strafbemessung:

4.4.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.4.2. Die belangte Behörde führt dazu im wesentlichen aus, daß im vorliegenden Fall konkret auf die Möglichkeit der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen, der Beeinträchtigung von Nachbarinteressen sowie einer Gefährdung von Gewässern Bedacht genommen werden muß. Besonderes Gewicht komme hiebei der Tatsache zu, daß am 25.7.1994 in einem Lagerraum ohne explosionsgeschützte Ausführung der Elektroinstallation brennbare gefährliche Abfälle gelagert waren und im Verkaufsraum die gemäß der Verordnung über die Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten zulässige Menge an brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I wesentlich überschritten worden sei. Bei der Bewertung des Unrechtsgehaltes der Tat sei somit auf das nicht unbedeutende Gefahrenpotential hinsichtlich des Personen- und Nachbarschaftsschutzes besonderes Augenmerk zu richten gewesen.

Weiters wirkte sich der lange Zeitraum des konsenslosen Betriebes der Betriebsanlage in L , W Straße (laut Angaben der Rechtfertigung vom 29.8.1994 seit zumindest 10.2.1993) straferschwerend aus. Sonstige straferschwerende Umstände seien nicht vorgelegen, strafmildernd wurde die Vorstrafenfreiheit des Bw gewertet. Die tatsächlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse haben bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden können, da der Bw trotz Aufforderung diese nicht bekanntgegeben habe. Es mußte daher, wie angekündigt, davon ausgegangen werden, daß der Bw kein Vermögen besitze, keine Sorgepflichten habe und über ein monatliches Nettoeinkommen von 25.000 S verfüge.

4.4.3. Dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw kommt zum Teil Berechtigung zu. Die belangte Behörde hat zwar bei ihrer Strafbemessung offensichtlich die Grundsätze des § 19 VStG angewendet, den Unrechtsgehalt der Tat und das Ausmaß des Verschuldens entsprechend dargelegt. Aus den dort dargelegten Gründen ist die belangte Behörde zu Recht von einem nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalt ausgegangen. Dennoch aber hat die belangte Behörde bei ihrer Ermessensübung mit der verhängten Geldstrafe von 25.000 S zu hoch gegriffen, und zwar deshalb, weil sie die lange Dauer des konsenslosen Betriebes der Betriebsanlage (und zwar ausdrücklich in der Zeit vom 10.2.1993 bis 25.7.1994) als straferschwerend gewertet hat. Da im Spruch des Straferkenntnisses als Tatzeitpunkt lediglich der 25.7.1994 angeführt worden war, durfte der angeführte lange Tatzeitraum nicht ausdrücklich als straferschwerend herangezogen werden (vgl VwSen-221310/2/Ga vom 12.12.1995). Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher eine entsprechende Korrektur bei der Höhe der verhängten Geldstrafe anzubringen.

4.4.4. Unter diesen Umständen und im Hinblick auf den nach der Aktenlage von der belangten Behörde zutreffend gewerteten Milderungsgrund der Unbescholtenheit erscheint eine auf 15.000 S herabgesetzte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen. Nach der Aktenlage ist die Bezahlung der herabgesetzten Geldstrafe dem Berufungswerber zumutbar. Eine weitere Herabsetzung verbietet sich wegen der gröblichen Sorgfaltsverletzung des Bw, zumal letztlich sogar ein Schließungsbescheid gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 erlassen werden mußte, um den Bw von dem Weiterbetrieb abzuhalten.

4.4.5. Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Sinne des § 16 VStG entsprechend herabzusetzen, um die annähernde Proportionalität zur herabgesetzten Geldstrafe zu wahren.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war auch die Reduzierung des erstbehördlich festgesetzten Strafkostenbeitrages vorzunehmen; der Entfall eines Strafkostenbeitrages zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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