Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221130/5/Ga/La

Linz, 22.12.1994

VwSen-221130/5/Ga/La Linz, am 22. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Kurt DANNER in Pfarrkirchen bei Bad Hall, Pfarrkirchnerstraße 6, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. November 1994, Zl.

Ge96-63-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1 bis Z3, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom 15.

März 1994 bis 8. April 1994 zwei durch Namen und Wohnort näher bezeichnete Arbeitnehmer mit der Montage von Holzfenstern beschäftigt und somit das eingeschränkte Tischlergewerbe ausgeübt, ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung besessen zu haben.

Dadurch habe er § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verletzt. Deswegen wurde der Berufungswerber "gemäß § 366 Abs.1 leg.cit." mit Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig bestraft.

2. Das gegen den Berufungswerber geführte, aus dem zugleich mit der Berufung vorgelegten Strafakt zu Zl. Ge96-63-1994 ersichtliche Strafverfahren ist aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegenden Gesetzmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

2.1. § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 qualifiziert die berechtigungslose Ausübung eines Gewerbes, das nur auf Grund einer erforderlichen und erlangten Gewerbeberechtigung ausgeübt werden darf, als Verwaltungsübertretung, die gemäß § 366 Abs.1 Einleitung dieser Vorschrift mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist.

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 wird die Gewerbeberechtigung grundsätzlich durch Anmeldung des betreffenden Gewerbes erlangt. Zu diesen Gewerben, für die die Anmeldung rechtsbegründend als Antritts- und Ausübungsvoraussetzung vorgesehen ist, zählen jedenfalls gemäß § 5 Abs.2 Z1 GewO 1994 die Handwerke, vorliegend das unter § 94 Z37 leg.cit.

eingereihte Tischlerhandwerk.

Danach steht fest, daß dieses Handwerk schon mit erfolgter Gewerbeanmeldung (§ 339 Abs.1 iVm § 340 Abs.4 GewO 1994) ausgeübt werden darf. Unter "Ausübung" eines Gewerbes versteht die GewO 1994 eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit. Sinngemäß gleiches gilt für die auf bestimmte Teiltätigkeiten eines Gewerbes eingeschränkte Gewerbeausübung.

2.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Grunde des aus dieser Vorschrift abgeleiteten Bestimmtheitsgebotes hat der Beschuldigte ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert und welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde.

Um diesen Grundsätzen zu entsprechen, muß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht (vgl. dazu die allgemeinen Fußnoten zu § 44a VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.

Auflage 1990, 936 ff). Diesen Bestimmtheitsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die (erste) Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl. das bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 294 ff., zu § 32 unter E5. zit. Erk. VwSlg. 12.375 A/1987; ferner zB VwGH 9.7.1992, 92/10/0004; uva).

2.3. Vorliegend enthält die Tatanlastung des Schuldspruchs keinen Tatort. Ohne eine den dargestellten Grundsätzen genügende, präzise Angabe des Ortes, an dem die berechtigungslose Gewerbeausübung stattgefunden haben soll, kann weder die angelastete Gesetzesübertretung festgestellt noch überprüft werden, ob die belangte Behörde im zugrundeliegenden Verfahren als Strafbehörde überhaupt gemäß § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG örtlich zuständig gewesen ist.

Die im Schuldspruch des bereits nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen, angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Ortsangaben sind, wie aus der Aktenlage unzweifelhaft hervorgeht, die Wohnadressen der involvierten Arbeitnehmer des Berufungswerbers; mit dem Tatort haben diese Adressen - entgegen der insoweit aktenwidrigen und irreführenden Darstellung im ersten Absatz der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses - nichts zu tun. Auch die Adresse in der Zustellverfügung des Straferkenntnisses scheidet nach den Umständen dieses Falles als Bezeichnung des Tatortes aus. Gleiches gilt für die im Akt auffindbare erste Verfolgungshandlung.

Aber auch schon die Anzeige vom 9. Mai 1994 enthält keine Angaben, aus denen ein Tatort zweifelsfrei abgeleitet werden könnte. Es geht daraus lediglich hervor, daß die involvierten Arbeitnehmer in Wien Montagearbeiten verrichtet hätten. Dieser Inhalt hätte eine Auseinandersetzung der belangten Behörde in dem von ihr geführten Ermittlungsverfahren dahingehend verlangt, ob sie als Tatort den Ort der Montagearbeiten zugrundelegt oder vielmehr jenen (Stand-)Ort, an dem die inkriminierten Tätigkeiten auf Rechnung und Gefahr des Berufungswerbers ausgeübt worden sind. Irgendwelche schlüssigen Hinweise aber, daß die in der Zustellverfügung des Straferkenntnisses angegebene Adresse allenfalls nicht bloß die Wohnadresse des Beschuldigten ist, sondern gleichlautend auch die Adresse eines als Tatort zu verstehenden Standortes oder Sitzes der unbefugten Gewerbeausübung, sind weder dem Straferkenntnis noch dem Strafakt zu entnehmen.

3. Zusammenfassend ist dem Berufungswerber eine Gesetzesübertretung ohne Tatort, somit eine nicht hinlänglich individualisierte Tat angelastet worden. Konnte aber diese Unbestimmtheit des Tatvorwurfs wegen hier schon zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses eingetreten gewesener Verfolgungsverjährung auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht saniert werden, war daher auf Aufhebung zu erkennen. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

4. Aus Gründen der Verfahrensökonomie (vgl. VwGH 22.11.1994, 94/04/0156) hält der unabhängige Verwaltungssenat noch fest:

Vorliegend sind auch die Spruchelemente gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG mit solchen Mängeln, die Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses bewirken, behaftet. Die im Schuldausspruch als verletzt angegebene Rechtsvorschrift normiert allein den Tatbestand der Verwaltungsübertretung; als iSd § 44a Z2 VStG hier eigentlich verletzte Gebotsnorm wäre zusätzlich jedenfalls § 5 Abs.1 GewO 1994 anzuführen gewesen.

Daß der Strafausspruch für eine Verwaltungsübertretung wie der vorliegend angelasteten iSd § 44a Z3 VStG nicht unspezifiziert auf den gesamten § 366 Abs.1 GewO 1994 gestützt werden darf, sondern hiefür allein § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 anzuführen ist, hat unmißverständlich der unabhängige Verwaltungssenat - in Weitergabe der diesbezüglich strengen Formaljudikatur des VwGH - schon wiederholt ausgesprochen.

Und schließlich verstößt das angefochtene Straferkenntnis dadurch, daß es sich zum Strafausspruch/zur Strafbemessung jeglicher Begründung enthält, in eklatanter Weise gegen die der belangten Behörde auch in solchen Fällen gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG auferlegte Begründungspflicht.

5. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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