Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221150/3/Ga/La

Linz, 23.12.1994

VwSen-221150/3/Ga/La Linz, am 23. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K D in P bei B H , Pstraße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 16. November 1994, Zl.

Ge96-114-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1 bis Z3, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom 10.

April 1994 bis Ende Juli 1994 als Subunternehmer einer namentlich bezeichneten Gesellschaft "auf Baustellen in W , M ," die Montage von Fenstern und Türen vorgenommen, "ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung besessen zu haben".

Dadurch habe er § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verletzt. Deswegen wurde der Berufungswerber "gemäß § 366 Abs.1 leg.cit." mit Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig bestraft.

2. Das aus dem zugleich mit der Berufung vorgelegten Strafakt zu Zl. Ge96-114-1994 ersichtliche Strafverfahren ist aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegenden Gesetzmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

2.1. § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 qualifiziert die berechtigungslose Ausübung eines Gewerbes, das nur auf Grund einer erforderlichen (und erlangten) Gewerbeberechtigung ausgeübt werden darf, als Verwaltungsübertretung, die gemäß § 366 Abs.1 Einleitung dieser Vorschrift mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist.

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 wird die Gewerbeberechtigung grundsätzlich durch Anmeldung des betreffenden Gewerbes erlangt. Zu diesen Gewerben, für die die Anmeldung rechtsbegründend als Antritts- und Ausübungsvoraussetzung vorgesehen und somit erforderlich ist, zählen jedenfalls gemäß § 5 Abs.2 Z1 GewO 1994 die Handwerke.

Danach steht fest, daß Handwerksgewerbe schon mit erfolgter Gewerbeanmeldung (§ 339 Abs.1 iVm § 340 Abs.4 GewO 1994) ausgeübt werden dürfen. Unter "Ausübung" eines Gewerbes versteht die GewO 1994 eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit. Sinngemäß gleiches gilt für die auf bestimmte Teiltätigkeiten eines Gewerbes eingeschränkte Gewerbeausübung.

2.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Grunde des aus dieser Vorschrift abgeleiteten Bestimmtheitsgebotes hat der Beschuldigte ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert und welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde.

Um diesen Grundsätzen zu entsprechen, muß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht (vgl. dazu die allgemeinen Fußnoten zu § 44a VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.

Auflage 1990, 936 ff). Diesen Bestimmtheitsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die (erste) Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl. das bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 294 ff., zu § 32 unter E5. zit. Erk. VwSlg. 12.375 A/1987; ferner zB VwGH 9.7.1992, 92/10/0004; uva).

2.3. Für die Spruchfassung eines Straferkenntnisses, das einen bestimmten Täter einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 schuldig spricht, verlangt das Bestimmtheitsgebot, daß jenes Gewerbe, dessen unbefugte Ausübung angelastet wird, durch wörtliche Anführung zu bezeichnen ist (vgl. VwGH 29.1.1991, 90/04/0126). Vorliegend enthält der Schuldspruch eine solche Bezeichnung des nach Auffassung der belangten Behörde unbefugt ausgeübten Gewerbes nicht. Auch die erste Verfolgungshandlung, das ist die am 24. August 1994 hinausgegebene Aufforderung zur Rechtfertigung, ist mit diesem Defizit behaftet.

Nach Lage des Falles ist die Unbestimmtheit des Spruchs auch nicht mit Hilfe der Begründung des noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen (und somit als Verfolgungshandlung grundsätzlich heranziehbaren) Straferkenntnisses zu beseitigen. Zwar ist ausgeführt, daß der Beschuldigte nicht bestreite, "diese Tätigkeiten, die dem Schlosser-, Tischler- oder Kunststoffverarbeiterhandwerk vorbehalten sind, ausgeführt zu haben." Durch die Verwendung jedoch des Wortes "oder" als Synonym für eine Alternative in Verbindung mit der daran anknüpfenden Wortgruppe "zumindest eines dieser Handwerke", wird gerade keine eindeutige Aussage darüber getroffen, welches der genannten Handwerke der Beschuldigte ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt haben soll und bleibt auch die Begründung insoweit indifferent.

2.4. Dem Schuldspruch mangelt es aber auch an Identität, weil ein hinlänglich bestimmter Tatort nicht angegeben ist.

Die Bezeichnung: "auf Baustellen in Wien, M ," ist im Lichte des Bestimmtheitsgebotes als Tatort gänzlich ungeeignet, weil diese Ortsbezeichnung den Berufungswerber nicht im Sinne der Rechtsprechung des VwGH davor schützt, wegen derselben Tat wiederholt bestraft zu werden.

Andere Tatortangaben enthält das Straferkenntnis nicht.

Insbesondere kann der Adresse in der Zustellverfügung im Zweifel keine Tatortbedeutung bescheinigt werden; diesbezüglich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die Entscheidungsgründe seines Erkenntnisses vom 22.

Dezember 1994, VwSen-221130/5/Ga/La, das zu einem denselben Beschuldigten betreffenden, hier vergleichbaren Fall erlassen worden ist.

2.5. Die Unbestimmtheit des vorliegend angefochtenen Straferkenntnisses wird verstärkt dadurch, daß die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift im Spruchelement gemäß § 44a Z2 VStG unvollständig, weil nur den Übertretungstatbestand enthaltend, angeführt ist. Als iSd § 44a Z2 VStG eigentlich verletzte Gebotsnorm wäre zusätzlich jedenfalls § 5 Abs.1 GewO 1994 anzuführen gewesen.

3. Aus all diesen Gründen ermöglicht der in Berufung gezogene Schuldspruch nicht, die Tat in Ansehung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zuzuordnen und ist auch Tatidentität (Unverwechselbarkeit der Tat) nicht gewährleistet.

Das Straferkenntnis war aufzuheben, weil die Tat so, wie sie der Schuldspruch anlastet, nicht die zugrundegelegte Verwaltungsübertretung bildet; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

4. Zur Strafbemessung Im Berufungsfall ist eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt worden. Warum überhaupt eine Strafe bzw. warum eine Strafe in dieser Höhe ausgemessen wurde, verschweigt die belangte Behörde.

Deswegen hält es der unabhängige Verwaltungssenat unbeschadet der Aufhebung - für erforderlich, auf das h.

Erkenntnis vom 11. März 1994, VwSen-220659/10/Ga/La, das zum Strafbescheid der belangten Behörde vom 13. Juli 1993, Zl.

Ge96-239-1993+1, erlassen worden ist, zu verweisen. In den Entscheidungsgründen jenes Erkenntnisses hat der unabhängige Verwaltungssenat unter 3.1. ausgeführt:

"Ob überhaupt und mit welchen Feststellungen bzw.

Beurteilungen die belangte Behörde ein an den Kriterien des § 19 Abs.1 und Abs.2 iVm § 16 Abs.2 letzter Satz VStG orientiertes Strafbemessungsverfahren durchgeführt hat, ist dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen. In Verletzung des § 60 AVG (§ 24 VStG) enthält das Straferkenntnis diesbezüglich nur eine völlig inhaltsleere Kulissenbegründung. Weder der zugrundegelegte Unwert der Tat noch das dem Berufungswerber zugemessene Verschuldensmaß, auch nicht die gegeneinander abgewogenen, allfälligen Erschwerungs- und Milderungsgründe und schließlich auch nicht die für die Geldstrafe berücksichtigten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers sind aus dem Straferkenntnis nachvollziehbar." Für den vorliegenden Fall gelten diese Ausführungen in gleicher Weise. Mit dem Satz: "Es war somit unter Rücksichtnahme auf § 19 VStG spruchgemäß zu entscheiden.", dem begründend sonst nichts beigefügt ist, hat sich die belangte Behörde auch in diesem Fall der gesetzlich aufgetragenen Pflicht zur Begründung des Strafausspruchs entschlagen. Auch dadurch ist das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig.

5. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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