Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221158/8/Gu/Atz

Linz, 13.02.1995

VwSen-221158/8/Gu/Atz Linz, am 13. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des H Ö , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L L , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L vom 25.8.1994, Zl. Ge96-135-1994/Ew, wegen Übertretung der Gewerbeordnung, nach der am 9. Februar 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Schuldspruch wird mit der Maßgabe bestätigt, daß das Wort "Straferkenntnis" zu entfallen hat und an dessen Stelle das Wort "Bescheid" zu treten hat. Ferner hat nach dem Worte Manipulationen die Wortfolge "in der Halle und" zu entfallen.

Der Straf- und der Kostenausspruch wird behoben und an dessen Stelle in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG dem Beschuldigten eine Ermahnung erteilt.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 366 Abs.1 Z2 iVm § 24 Abs.2 Z2 GewO 1994, § 5 Abs.1, § 21 Abs.1, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Handelsgewerbe der "R Ö Meisterbäcker GesmbH." mit dem Sitz in D , schuldig erkannt, es vertreten zu müssen, daß von der genannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung in A , F straße , in der Zeit vom 20.1.1994 bis 5.7.1994, zumindest jedoch am 20.1.1994 und am 5.7.1994, eine Lagerhalle zur Zwischenlagerung von Backwaren mit einer Rampe zur Be- und Entladung von LKW an der östlichen Seite des Gebäudes täglich von 5.00 Uhr bis 7.00 Uhr und somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, welche geeignet ist, Nachbarn durch Lärm und Geruch infolge der Zu- und Abfahrtsbewegungen der LKW (Motorlärm und Abgasgeruch) und von Manipulationen in der Halle und bei der Beladung der LKW zu belästigen, ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei.

Wegen Verletzung des § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.

Begründend führt die erste Instanz in ihrem Straferkenntnis unter Wiedergabe des Gesetzestextes und den Rechtfertigungsangaben aus, daß der tatsächliche Betrieb des Auslieferungslagers zu der im Spruch angeführten Tatzeit durch die dienstlichen Wahrnehmungen von Organen des Stadtamtes A und von Organen der Bezirkshauptmannschaft L erwiesen sei. Die Lagerhalle zur Zwischenlagerung von Backwaren mit einer Rampe zur Be- und Entladung der LKW an der östlichen Seite des Gebäudes täglich von 5.00 Uhr bis 7.00 Uhr erfülle die Kriterien der Genehmigungspflicht gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994, da nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm und Geruch infolge der Zu- und Abfahrtsbewegungen der LKW (Motorlärm und Abgasgeruch) und von Manipulationen in der Halle und bei der Beladung der LKW nicht von vornherein auszuschließen sei. Besondere Beachtung verdiene in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß sowohl in der Verhandlungsschrift des Stadtamtes A im Bauverfahren, als auch in jener der Bezirkshauptmannschaft L Befürchtungen von Anrainern hinsichtlich von Lärmbelästigungen, ausgehend von der gegenständlichen Betriebsanlage protokolliert seien.

Wenngleich sich in unmittelbarer Nähe des Areals nur Geschäfts- und Betriebsgebäude befinden, sei festzuhalten, daß im Norden und Osten der Halle auch Wohngebäude situiert sind. Für eine Beeinträchtigungsmöglichkeit kämen sowohl Nachbarn als auch Arbeitnehmer von benachbarten Betrieben in Frage.

Die behauptete Einholung von Auskünften vom Vermieter der Lagerhalle könnte den Beschuldigten von seiner Sorgfaltspflicht, sich in ausreichendem Maße von der zuständigen Behörde Gewißheit über das Erfordernis der Betriebsanlagengenehmigung zu verschaffen, nicht entbinden.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber geltend, daß im angefochtenen Straferkenntnis Tatsachenfeststellungen darüber fehlten, ob Nachbarn überhaupt vorhanden seien, bejahendenfalls, wie weit die Lagerhalle von ihnen entfernt sei, welche LKW die "Rudolf Ö M GesmbH." für Transporteinsätze und in welcher Anzahl diese Fahrten stattfänden, in welchem Ausmaß dabei Lärm und Abgas entstehe und ob Betriebsvorgänge in der Halle, insbesondere beim Beladen der Fahrzeuge mit Lärmentwicklung verbunden sind. Er habe bereits in seiner Rechtfertigung vorgebracht, daß in der Umgebung der Halle keine Wohnbauten existierten, sodaß Nachbarn nicht belästigt werden könnten. Der Umstand, daß in zwei Verhandlungsschriften Befürchtungen von Anrainern über Lärmbelästigungen protokolliert seien, vermögen die fehlende Tatsachenfeststellungen nicht zu ersetzen.

Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

Aufgrund der Berufung wurde am 9.2.1995 in Gegenwart eines Vertreters des Beschuldigten die mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen ein Lokalaugenschein abgehalten, sowie in den Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1.8.1989, Ge-8794/1-1989/V/Kn, und in die hiebei angeschlossene Verhandlungsschrift sowie die zugrundeliegenden Projektsunterlagen Einsicht genommen.

Ferner wurde Einsicht genommen in die Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft L vom 5.7.1994, Ge-20-12040-1-1994-V-Eß, sowie in die Verhandlungsschrift des Stadtamtes A vom 20.1.1994, GZ.

605/2-973/93 Be/Br, und das Gutachten der Amtssachverständigen für Medizin Dr. S im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren der "Ö Meisterbäcker GesmbH.".

Demnach ist erwiesen:

Das in Rede stehende Objekt in Ansfelden, F straße steht nach wie vor im Eigentum der Ehegatten H und T P . Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 1.8.1989, Ge-8794/1-1989/V/Kn, wurde der T , Technische Kunststoff- und Metallwaren Gesellschaft mbH., die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Lagerhalle samt Büro und einem Freilager, und zwar als ein Auslieferungslager, für die in Wien erzeugten Kunststoffrohre und Formstücke verschiedenster Dimensionen erteilt. Demgemäß wurde die Halle auch betrieben, wobei eine Betriebszeit von Montag bis Donnerstag 7.30 Uhr bis 12.00 Uhr und 12.45 Uhr bis 16.30 Uhr, Freitag 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr beantragt und genehmigt war. Nach dem Wegziehen dieses Unternehmens pachtete die "Ö Meisterbäcker GesmbH.", deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, die Halle von den vorerwähnten Grundeigentümern; diese nahm sie in der im Straferkenntnis beschriebenen Tatzeit (bis herauf zur Gegenwart) als Auslieferungs- und Verteilungslager für die in V erzeugten Backwaren in Betrieb.

Der Betriebsablauf gestaltet sich hiebei so, daß die Waren mittels LKW-Fernzuges zur Nachtzeit angeliefert werden, welcher Fernzug vom öffentlichen Straßennetz kommend die asphaltierten Wege bzw. Freiflächen an der Hinter = Nordseite des Gebäudes befährt, um dann rückwärts, und zwar in paralleler Fahrbewegung zur ostseitigen Stirnwand, an eine dort befindliche Entladerampe anzudocken.

Die Bäckereiwaren werden dann mittels handbewegtem Hubwagen in das Innere der unbeheizten geräumigen Halle befördert. An der Nordseite wurden in die Halle sechs Öffnungen eingeschnitten und darin händisch betätigbare Hubgliedertore montiert. In der Zeit zwischen 5.00 Uhr und 7.00 Uhr morgens werden die Bäckereiwaren von den Lenkern, welche als Auslieferer fungieren, in sechs dieselbetriebene Klein-LKWs, welche somit an der Nordseite des Gebäudes rückwärts angedockt stehen, händisch eingetragen und in Fächer verteilt bzw. verladen.

Diese Klein-LKWs verlassen anschließend nach Beladung das Firmenareal im Wege über die zuvor beschriebenen asphaltierten Freiflächen.

Von diesem nördlichen Bereich, an dem die LKWs andocken und ihre Fahrtbewegungen aufnehmen bzw. beenden, besteht im Wege über landwirtschaftlich genutzte Flächen Sichtverbindung zu mehreren Wohnobjekten, welche je nach Situierung einen Abstand von 120 - 150 m aufweisen. Das gesamte Firmenareal befindet sich im Nahbereich der Autobahnanschlußstelle Westautobahn - Mühlkreisautobahn, welche von einer relativ hohen Verkehrslast gekennzeichnet ist.

Charakter und Intensität der dem Betrieb zurechenbaren Emissionen, es sind dies vor allem solche, welche durch die Fahrbewegung und das Be- und Entladen der LKW entstehen, ähneln dem der vorgegebenen Umgebungssituation. Eine Anhebung des gesamten Umgebungslärms ist nicht verifizierbar. Durch den Betrieb der Anlage konnte von der dem Betriebsanlagenverfahren zugezogenen amtsärztlichen Sachverständigen eine erhebliche Belästigung bzw. Gefährdung der Gesundheit für einen normal empfindenden Erwachsenen bzw. ein Kind ausgeschlossen werden. Hinsichtlich von Schallpegelspitzen konnte jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß einzelne Spitzenpegel für Nachbarn wahrnehmbar und als betriebskausal zuordenbar sind.

Gerade jene letzte Feststellung begründet die Genehmigungspflicht für den vorgeworfenen Betrieb der örtlichen Einrichtung. Manipulationen in der Anlage führen hingegen zu keinen Beeinträchtigungsmöglichkeiten, weshalb dieser Teil des Spruches herauszunehmen war.

Die objektive Tatseite ist somit erfüllt. Diesbezüglich wird, was die rechtliche Würdigung anlangt, auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen und ergänzt, daß nachbarliche Wohnobjekte vorhanden sind, deren Bewohner die bei der Fahrbewegung und bei der Be- bzw.

Entladung auftretenden Lärmspitzen wahrnehmen können. Diese bloße Möglichkeit genügt für das Bestehen einer Genehmigungspflicht (vergl. die Wortfolge "wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind" in § 74 Abs.2 GewO 1994).

Der O.ö. Verwaltungssenat kam aufgrund der Tatsache, daß ein Auslieferungslager für Bäckereifrischwaren, welche von der Natur der Sache her in den Nachtstunden und in den frühesten Morgenstunden betrieben wird, einen völlig anderen Betrieb darstellt als ein Auslieferungslager für Kunststoffrohre oder Kunststoffteile, welche zu Betriebszeiten von handwerklichen oder industriellen Betrieben angefordert und ausgeliefert werden. Es handelte sich somit - wovon die erste Instanz ausging - nicht um die Genehmigungspflicht für die Änderung einer Betriebsanlage, sondern um die Genehmigungspflicht für eine neue Betriebsanlage, somit für ein "aliud." Was die subjektive Tatseite anlangt, so handelt es sich bei der Wahrnehmung der Verpflichtung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, vor dem Betrieb einer Betriebsanlage die rechtskräftige Genehmigung zu erwirken, um eine Berufsvorschrift und muß der Beschuldigte die Fahrlässigkeit, mit der der Betrieb ohne Abwicklung des Behördenverfahrens begonnen wurde, vertreten.

Die Glaubhaftmachung seiner Unschuld ist ihm auch durch das Berufungsvorbringen nicht gelungen (vergl. § 5 Abs.1, 2. Satz VStG). Ihm ist allerdings zugute zu halten, daß nach äußerem Anschein des Pachtobjektes und dessen Situierung ein noch geringes Verschulden zugebilligt werden kann.

Dieser Umstand und daß auf der objektiven Tatseite tatsächlich Nachbarn weder gefährdet noch ungebührlich belästigt werden (nur die Mitbenutzung eines vom Vorgänger asphaltierten Grünstreifens, welcher ohnedies bei der Flächenwidmung eine bloße Alibifunktion einnimmt und wegen seiner geringen Breite Emissionen nicht wirkungslos machen kann, verhindert die gewerbebehördliche Genehmigung) im Zusammenhalt damit, daß sich der Beschuldigte um eine Betriebsanlagengenehmigung redlich bemüht hat, läßt auch die verletzte objektive Tatseite - die Abführung eines ordentlichen Verfahrens vor Betriebsaufnahme - ohne besonderes Gewicht erscheinen, sodaß in Anwendung des § 21 VStG vom Ausspruch einer Bestrafung abgesehen werden konnte.

Da das Betriebsanlagenverfahren jedoch noch nicht abgeschlossen ist, war zur zielstrebigen Gestaltung rechtlich gangbarer Verhältnisse (unter Ausschluß der Benützung des Grünstreifens) für die Beibringung der Projektsunterlagen und Betreibung des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens der Ausspruch einer Ermahnung notwendig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum