Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221180/7/Schi/Ka

Linz, 26.02.1996

VwSen-221180/7/Schi/Ka Linz, am 26. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung der S, vertreten durch RAe Dr. E. H und Dr. K. H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom "14. 10. 1994", Zl. Ge96-318-1994/Ew, wegen Übertretung der GewO 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24.10.1995 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vom 14.10.1994, Ge96-318-1994/Ew hinsichtlich Z1 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1955, iVm §§ 24, 51 Abs.1 , 51c und 51e Abs.1 und Abs.5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991, idF BGBl.Nr. 620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Punkt 1. des eingangs bezeichneten Straferkenntnisses vom 14.10.1994, Ge96-318-1994/Ew, über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z1 und Z2 GewO 1994 gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt, weil sie als verantwortliche Inhaberin des Handelsgewerbes, beschränkt auf den Einzelhandel mit Holzfertigteilen, im Standort T, am 13.10.1994 in T, wie von Organen der BH Linz-Land festgestellt wurde, 1.) auf der dortigen nicht befestigten Liegenschaft eine Bürobaracke im Ausmaß von ca. 4,5 m x 4,5 m, ein Flugdach im Ausmaß von 6 x 8 m zur Ausstellung von Holzgeländern, Balkonen und Stiegen, udgl., ein weiteres Flugdach im Ausmaß von 2 x 4 m, 3 Holzhütten und eine Blechhütte zur Lagerung von Geräten und Hilfsstoffen für Baustellen betrieben und auf den freien Flächen Zäune und Geländer aufgestellt und Hölzer gelagert und dadurch eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, welche geeignet ist, das Leben und die Gesundheit von Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, im Falle eines Einsturzes der konsenslos aufgestellten Flugdächer zu gefährden und Nachbarn durch Lärm und Geruch bei den Fahrtbewegungen von Kraftfahrzeugen im Rahmen der Zu- und Abtransporte und der Kundenbesuche (Motorlärm und Abgasgeruch) sowie bei Manipulationen mit den gelagerten Ausstellungsstücken, Geräten und Hilfsstoffen zu belästigen, ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Behörde betrieben.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Schriftsatz vom 2.1.1995 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Strafausmaß zu reduzieren und jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

Begründend wurde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs insofern angeführt, als das angefochtene Straferkenntnis mit 14.10.1994 datiert wurde, die Aufforderung zur Rechtfertigung jedoch erst nachher, nämlich am 11.11.1994 durch Hinterlegung zugestellt wurde und mit 27.10.1994 datiert worden war. Daraus sei ersichtlich, daß die Erstbehörde, bevor sie ihr Gelegenheit gegeben habe, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und sich zu rechtfertigen, bereits ein Straferkenntnis ausgefertigt gehabt hätte. Dies stelle eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung und eine Verletzung des rechtlichen Parteiengehörs dar. Weiters wurde ausgeführt, daß die Bw die diesbezügliche Verwaltungsübertretung nicht begangen habe und der Spruch nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche. Dazu wurde anläßlich der mündlichen Verhandlung am 24.10.1995 präzisiert, daß es sich beim Haus K in T um ein Grundstück der Ehegatten Mag. H und M R, Grundstücksnr. handle. Aus dem Betriebsanlagenakt sei ersichtlich, daß das Grundstück Nr.

der Bw in T die Nr. der K betrifft. Aus diesem Grund sei die erste Verfolgungshandlung sowie auch das weitere Strafverfahren hinsichtlich eines falschen Tatortes, nämlich K Nr. statt Nr., eingeleitet und durchgeführt worden.

Richtigerweise hätte der Spruch K lauten müssen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

3.2. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise waren nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat weiters über Antrag der Bw Beweis erhoben durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.10.1995 am Sitz des O.ö.

Verwaltungssenates in Linz, Fabrikstraße 32.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., zu § 32 E5 sowie E30 ff).

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet (Z1).

4.3. Tatsächlich wurden von der Bw in der mündlichen Verhandlung, Grundbuchsauszüge, die als Beilagen 1 und 2 zur Verhandlungsschrift genommen wurden, vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß es sich bei der Grundstücknr. um die Adresse K handelt, wobei als Eigentümer Mag. R und R aufscheinen.

Weiters existieren zwar Geschäftspapiere der Bw, die sowohl mit Hausnummer als auch mit Hausnummer versehen sind; dies kann aber kein hinreichendes Indiz dafür darstellen, daß die gegenständliche Verwaltungsübertretung tatsächlich am Grundstück des Hauses Nr. begangen worden war. Da in der mündlichen Verhandlung auch der Vertreter der belangten Behörde nicht angeben konnte, ob die verfahrensgegenständliche gewerbliche Betriebsanlage, die offenbar inzwischen wieder beseitigt worden ist, auf dem mit K Nr. oder Nr. bezeichneten Grundstück gelegen war, mußte das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt werden, weil der Beschuldigten die zur Last gelegte Tat hinsichtlich des Tatortes nicht nachgewiesen werden konnte. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß eine Strafverfügung aus dem Jahr 1991 mit dem Tatort Kremstalbundesstraße 62 rechtskräftig geworden ist; weiters das Schreiben des Stadtamtes Traun an die Bw und an einen gewissen W F, beide wh. K. Denn hier handelt es sich offenbar um Wohnanschriften; daß die ggst.

Verwaltungsübertretung entsprechend ihrem Spruch nicht in einem Wohnobjekt begangen werden konnte, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

4.4. Aufgrund aller dieser Umstände konnte jedenfalls mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit der exakte Tatort nicht (mehr) ermittelt werden; im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher, um die Bw vor einer allfälligen Doppelbestrafung zu schützen, nach diesen strengen Tatortanforderungen vorzugehen und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Auch eine allfällige Sanierung auf den bzw Berichtigung mit den Tatort K war ferner wegen Ablaufes der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.1 und 2 VStG) nicht mehr möglich.

5. Die Aufhebung und Einstellung bewirkte auf der Kostenseite, daß die Bw keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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