Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221214/5/Schi/Ka

Linz, 05.09.1995

VwSen-221214/5/Schi/Ka Linz, am 5. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Ing. J R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.2.1995, Ge96-284-1994, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung (GewO) 1994), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II. § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.2.1995, Ge96-284-1994, wurden über den Berufungswerber (Bw) in den Punkten Ia - f und IIa - f Geldstrafen von je 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 GewO 1994 verhängt, weil der Bw am 23.6.1994 in seiner Betriebsanlage in R, auf den Grundstücken Nr. und KG R, Gemeinde R, I. a) einen Maschinenschuppen b) eine Brückenwaage mit Waaghaus c) eine Kiessortiermischanlage d) eine Kiessortieranlage mit Aufgabebunker, Siebanlagen und Förderbändern e) eine Trockensortieranlage mit Aufgabe und Backenbrecher und f) Kiesboxen, Behälter und Wasserbecken errichtet gehabt habe und sohin eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert habe; II. a) einen Maschinenschuppen b) eine Brückenwaage mit Waaghaus c) eine Kiessortiermischanlage d) eine Kiessortieranlage mit Aufgabebunker, Siebanlagen und Förderbändern e) eine Trockensortieranlage mit Aufgabe und Backenbrecher und f) Kiesboxen, Behälter und Wasserbecken ohne die dafür erforderliche Genehmigung betrieben habe.

Begründend wurde im wesentlichen - nach Zitierung der einschlägigen Bestimmungen der GewO 1994 - ausgeführt, daß anläßlich einer Amtshandlung festgestellt worden sei, daß bereits sämtliche im Spruch angeführten Anlagen errichtet worden waren bzw auch schon betrieben würden. Da sich der Bw auch dazu nicht geäußert habe, bestehe kein Zweifel, daß die Übertretungen begangen wurden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig beim O.ö.

Verwaltungssenat eingebrachte Berufung, in der der Bw darauf hinweist, daß für seine gewerbliche Betriebsanlage mehrere Betriebsgenehmigungen bestünden. Insbesondere verweist der Bw in diesem Zusammenhang auf den Bescheid und die Verhandlungsschrift zu Ge3009-1983 vom 13.6.1983. Der Bw ersucht schließlich, das Straferkenntnis aufzuheben.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 der GewO 1994, BGBl.Nr.194/1994 in der Fassung BGBl.Nr.314/1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer Z3 eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2.) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.3. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

5. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

5.1. Die belangte Behörde wirft dem Bw im Rechtshilfeersuchen vom 5.7.1994 (als erster Verfolgungshandlung) sowie im angefochtenen Straferkenntnis vor, er habe am 23.6.1994 in seiner Betriebsanlage in Roitham a) einen Maschinenschuppen, b) eine Brückenwaage mit Waaghaus, c) eine Kiessortiermischanlage, d) eine Kiessortieranlage mit Aufgabebunker, Siebanlagen und Förderbändern, e) eine Trockensortieranlage mit Aufgabe und Backenbrecher und f) Kiesboxen, Behälter und Wasserbecken errichtet gehabt und sohin eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert (Spruchabschnitt I) bzw ohne die dafür erforderliche Genehmigung betrieben (Spruchabschnitt II). Aufgrund der Zitierung der §§ 81 Abs.1 und 74 Abs.2 Z2 GewO geht die Behörde erkennbar von der Genehmigungspflicht der solcherart geänderten Betriebsanlage aus und verhängte daher die angeführten Strafen, da die genehmigte Betriebsanlage dergestalt geändert und auch betrieben wurde.

5.2. Mit diesen Sachverhaltsfeststellungen und der diesbezüglichen rechtlichen Würdigung ist die belangte Behörde jedoch einem Irrtum unterlegen. Als gewerbliche Betriebsanlage ist die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, welche dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind; eine Betriebsanlage stellt, soweit der lokale Zusammenhang aller dieser Einrichtungen gegeben ist, gewerberechtlich ein einheitliches Objekt dar (vgl.

Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, 2.

Auflage, RZ 168). Nicht etwa die einzelnen Einrichtungen bzw. die beim Betrieb vorkommenden Manipulationen bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die Gesamtanlage und die in ihr vorzunehmenden Tätigkeiten.

Gegenstand einer Prüfung durch die Gewerbebehörde im Verfahren nach den §§ 74 ff sind nämlich nicht einzelne Maschinen und Geräte oder beim Betrieb vorkommende Tätigkeiten, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt (Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage).

5.3. Indem die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich Anlagenteile bzw. Gerätschaften oder Einrichtungen anführt, hat sie aber die Betriebsanlage selbst nicht umschrieben. Jedenfalls fehlen dem Spruch die in der Betriebsanlage vorzunehmenden gewerblichen Tätigkeiten. Es kann daher auch keine Zuordnung stattfinden, welchen gewerblichen Tätigkeiten die Betriebsanlage dient.

Genehmigungspflichtig sind im gegenständlichen Fall nicht gesondert nur die im Spruch jeweils unter a bis f beschriebenen Anlagen, sondern die gesamte Betriebsanlage, wovon der Maschinenschuppen, die Brückenwaage mit Waaghaus, die Kiessortieranlage usw. nur Anlagenteile bilden. Was aber die Gesamtbetriebsanlage tatsächlich ist und wozu sie dient, ist dem Spruch (und auch dem Straferkenntnis) nicht zu entnehmen.

5.4. Nach der Judikatur des VwGH (vgl. Erk. vom 26.4.1994, 93/04/0243) hat es die belangte Behörde aber auch verabsäumt, "darzulegen, worin das Betreiben gelegen sein soll". Damit wurde auch verabsäumt, das Tatverhalten hinlänglich - iSd § 44a Z1 VStG - zu umschreiben.

5.5. Im übrigen hat nach der ständigen Judikatur des VwGH ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände zu enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist. Sollte die belangte Behörde iSd § 74 Abs.2 Z5 GewO implicite, da weder Spruch noch Begründung des Straferkenntnisses darüber etwas aussagen, aufgrund der in lit. f angeführten "Wasserbecken" eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer annehmen, so fehlen aber dieser Umschreibung jene konkreten Tatumstände, die eine Beurteilung des Vorliegens einer Genehmigungspflicht iSd § 74 Abs.2 Z5 GewO zulassen. Es ist dem Spruch nämlich nicht zu entnehmen, durch welche Tätigkeit oder wodurch eine Verunreinigung der Gewässer bzw.

aufgrund welcher Umstände eine nachteilige Einwirkung auf die Gewässerbeschaffenheit zu befürchten ist. Auch der Begründung des Straferkenntnisses sind solche Umstände nicht zu entnehmen.

5.6. Schließlich sei noch angemerkt, daß nach der Rechtsprechung des VwGH (Erk. vom 23.11.1993, 93/04/0131), "um beurteilen zu können, ob eine Betriebsanlage unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs.2 GewO 1973 unterliegt, es neben der Feststellung der von der Betriebsanlage möglicherweise ausgehenden Einwirkungen auch konkrete Feststellungen über das Vorhandensein von Nachbarn bedarf, die durch solche Einwirkungen gefährdet, beeinträchtigt oder belästigt werden könnten. Diesem Erfordernis kam die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als daraus nicht erkennbar ist, ob und allenfalls in welcher Entfernung von der Betriebsanlage Nachbarn vorhanden sind, die durch von der Betriebsanlage ausgehende Emissionen gefährdet, beeinträchtigt oder belastet werden könnten".

5.7. Schließlich ist es, um den Sprucherfordernis des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, unbedingt erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses zur Konkretisierung der genehmigten Betriebsanlage der Genehmigungsbescheid der gewerblichen Betriebsanlage angeführt wird (vgl. VwGH 28.1.1993, Zl.91/04/0246). Auch eine bloße Erwähnung des Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides lediglich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (welche ohnedies ebensowenig erfolgt ist) würde diesen Erfordernissen nicht Genüge tun.

6. Aus den angeführten Gründen war daher, weil eine entsprechende Berichtigung und Ergänzung des Schuldspruches wegen der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr möglich war, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Aus diesem Grund war auf die weiteren Berufungsausführungen nicht näher einzugehen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis - weil das Strafverfahren zur Einstellung gelangte - entfiel die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem erkennenden Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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