Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521078/13/Sch/Hu

Linz, 28.03.2006

 

 

 

VwSen-521078/13/Sch/Hu Linz, am 28. März 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau H G vom 9. August 2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. August 2005, VerkR21-217-2005/Lai, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem o.a. Bescheid wurde Frau H G, R, P, gemäß § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz (FSG) die von der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau am 22. April 1980 unter Zl. 38157 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen. Weiters wurde gemäß § 25 Abs.1 und 2 FSG ausgesprochen, dass die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer der Nichteignung festgesetzt wird sowie gemäß § 29 Abs.3 FSG der Führerschein ab Rechtskraft des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden abzuliefern ist.

 

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 30.9.2005, VwSen-521078/4/Sch/Pe, abgewiesen.

Dagegen hat die Berufungswerberin Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, der die obige Berufungsentscheidung mit Erkenntnis vom 21.2.2006, 2005/11/0209-6, aufgehoben hat. Begründend führt der Gerichtshof im Wesentlichen aus:

 

"Psychische Krankheiten und Behinderungen im Sinne des § 13 FSG-GV schließen nicht schlechthin die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus, sondern nur dann, wenn sie auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr, somit auf das Fahrverhalten, von Einfluss sein könnten. Ob die festgestellte psychische Krankheit eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lässt, hat der Amtsarzt bei Erstattung des Gutachtens gemäß § 8 Abs.2 FSG unter Berücksichtigung der psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0039, mwN).

 

Im Beschwerdefall enthält das "Gutachten" des Amtsarztes nach § 8 FSG lediglich die handschriftliche Begründung "schizoaffekt. Störung (neg. FA-Bef. Psychiatrie v. 25.5.05)", und beurteilt die Beschwerdeführerin als "dzt." nicht geeignet. Auch wenn man davon ausgehen wollte, der amtsärztliche Sachverständige habe sich vollinhaltlich der Einschätzung in der psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme anschließen wollen, fehlte es an einer nachvollziehbaren Begründung:

 

Macht sich der amtsärztliche Sachverständige die im Vorbefund und -gutachten vertretene Ansicht zu Eigen, die er in sein eigenes Gutachten integriert, stellt das Fehlen von näheren Ausführungen im Gutachten selbst keinen Verfahrensmangel dar, wenn das Vorgutachten schlüssig ist und den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestellten Anforderungen entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, Zl. 2003/11/0256). Für die Überprüfbarkeit der Schlüssigkeit eines Gutachtens ist es notwendig, dass der Befund all jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung nennt, die für das Gutachten werden wurden. Fehlt es daran, belastet dies das Sachverständigengutachten mit einem wesentlichen Mangel (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 151f zu § 52 AVG zitierte hg. Judikatur).

 

Der fachärztliche Befund des Dr. H. Sch. vom 25. Mai 2005 lässt den konkreten Inhalt der wesentlichen Angaben der Beschwerdeführerin, die auf den Sachverständigen "kompliziert und etwas verworren" gewirkt haben, nicht erkennen. Damit ist aber die einleitende Befundfeststellung "Sichtlich besteht eine formale Denkstörung mit beschleunigtem, zum Teil inkohärentem Redefluss." nicht nachvollziehbar begründet, zumal der Sachverständige einräumt, dass bei "Umstellung auf einfache, konkrete Fragen zum Lebenslauf" sich die Situation anders darstelle, die Beschwerdeführerin nämlich "konkret und korrekt auf die Fragen eingeht". Soweit im Ergebnis formuliert wird, man werde "im Längsschnittverlauf wohl eine bipolare affektive Störung (allenfalls auch schizoaffektive Störung) annehmen müssen", ist diese Einschätzung ebenso wenig nachvollziehbar wie die Prognose des Sachverständigen, die Beschwerdeführerin werde "eine fachärztliche Behandlung ziemlich sicher nicht wahrnehmen". Insbesondere fehlt aber auch eine Begründung für die Annahme, warum das bei der Beschwerdeführerin festgestellte Zustandsbild Einfluss auf ihr Fahrverhalten haben könnte, warum also die "Fahrtüchtigkeit derzeit nicht gegeben" sei.

 

Die Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides, die Gutachten seien "eindeutig" bzw. "schlüssig und mit keinem Widerspruch behaftet", haben daher den Charakter einer bloßen Leerformel, was den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

 

Auf die oben zitierten weiteren Ausführungen der belangten Behörde vermögen die von ihr angenommene fehlende gesundheitliche Eignung der Beschwerdeführerin nämlich nicht zu stützen:

 

Bei einer allfälligen Neigung der Beschwerdeführerin, "massive Aversionen gegen Personen zu entwickeln, die ihr Unrecht zugefügt hätten", ist ein Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen ebenso wenig zu sehen wie bei Auseinandersetzungen mit dem Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde oder ihrem geschiedenen Ehemann, auch wenn die jeweiligen "Anlässe nicht schlüssig nachvollzogen" werden können (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0149, wonach auch ein "nicht unproblematisches Persönlichkeitsbild" allein keine Zweifel an der geistigen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen begründen müsse).

 

Auf allfällige Auffälligkeiten im Persönlichkeitsbild der Beschwerdeführerin, die den Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, erwecken, wäre im Übrigen in der gemäß 3 3 Abs.3 FSG-GV einzuholenden fachärztlichen Stellungnahme einzugehen und diese wäre vom amtsärztlichen Sachverständigen im Rahmen seiner Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen.

 

Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs.2 Z3 lit.b und c VwGG aufzuheben."

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat war bestrebt, ein den oa. Ausführungen entsprechendes Berufungsverfahren abzuführen. Eine Bereitschaft der Berufungswerberin zur Durchführung weiterer (fach-)ärztlicher Untersuchungen lag allerdings nicht vor.

 

4. Nach Ansicht der Berufungsbehörde könnte nunmehr die Erstbehörde - unvorgreiflich deren Beurteilung der Angelegenheit - das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung der Berufungswerberin mangels gesundheitlicher Eignung neuerlich einleiten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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