Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221221/2/Schi/Ka

Linz, 14.05.1996

VwSen-221221/2/Schi/Ka Linz, am 14. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des G R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Wels vom 9.3.1995, MA2-Pol-6039-1995ff.Scho, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 44a Z.1, 45 Abs.1, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 9.3.1995 wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der GastronomiegesmbH., Wels, zu verantworten, daß der von der GastronomiegesmbH geführte Gastgewerbebetrieb "S", A, wie aufgrund von periodisch durchgeführten Kontrollen seitens der Bundespolizeidirektion Wels und durch Überprüfungen der hs. Gewerbebehörde sowie aufgrund seiner im Zuge des Ermittlungsverfahrens gemachten Angaben feststehe, in der Zeit vom 10.12.1994 bis 26.2.1995 ohne gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben wurde. Der Bw habe deshalb § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 verletzt und es wurde daher wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Bw habe selbst ausgeführt, er sei gewerberechtlicher Geschäftsführer, habe aber mit der tatsächlichen Führung des gegenständlichen Lokales nichts zu tun. Das Lokal werde von Herrn Ilaz Arifi geführt. Von den jeweiligen Kontrollen seitens der BPD Wels habe er erst Mitte Februar 1995 durch das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren Kenntnis erlangt.

Er habe Mitte November 1994 das Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung und alle hiezu erforderlichen Einreichunterlagen bei der Gewerbebehörde eingereicht. Da ihm eine baldige Kommissionierung in Aussicht gestellt worden sei, wäre das gegenständliche Lokal ab 10.2.1994 betrieben worden. Bei der am 27.1.1995 durchgeführten Betriebsanlagengenehmigungsverhandlung seien lediglich zwei Mängel (Notausgang und Musikanlage) festgestellt und zu deren Behebung eine Frist bis 28.2.1995 gesetzt worden.

Bereits am 27.2.1995 sei das Lokal vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen bezüglich der geforderten Maßnahme überprüft und dabei die ordnungsgemäße Erfüllung der Auflagen festgestellt worden.

2. Die Strafbehörde hat dazu festgestellt, daß aufgrund der Anzeige der BPD Wels, der von der Gewerbebehörde durchgeführten Lokalüberprüfung unter Angaben des Beschuldigten in der Strafverhandlung vom 15.2. und 2.3.1995 die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung erwiesen worden sei. Zu den Aufgaben eines gewerberechtlichen Geschäftsführers gehöre vor allem, sich zu vergewissern, ob alle für die Führung des betreffenden Betriebes erforderlichen gewerberechtlichen Vorschriften beachtet werden. Bei der Festsetzung der verhängten geringen Geldstrafe konnten einige Milderungsgründe zum Tragen kommen. So die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten, die termingerechte Erfüllung der aufgetragenen Maßnahmen und schließlich die finanziell schwierige Lage, in der sich der Beschuldigte infolge von erheblichen Zahlungsrückständen im Zusammenhang mit dem vorher von ihm geführten Burgcafe, das wegen schlechten Geschäftsganges geschlossen werden mußte, derzeit befinde. Die verhängte Geldstrafe erscheine daher im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten angemessen gerechtfertigt.

3.1. In der rechtzeitig eingebrachten Berufung weist der Bw daraufhin, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer keine Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich der tatsächlichen Führung des gegenständlichen Lokales gehabt hätte; dieses sei damals von Herrn Ilaz Arifi geführt worden. Er habe auch von den Kontrollen und Abmahnungen der BPD Wels keine Kenntnis gehabt. Eine rechtswidrige Handlungsweise liege daher nicht vor und deshalb sei das Straferkenntnis nicht berechtigt.

3.2. Das Lokal sei damals von Ilaz Arifi sofort betrieben worden, aufgrund der mündlichen Zusage des damaligen Leiters der Gewerbeabteilung des Magistrates der Stadt Wels, insbesondere, da auch sämtliche Auflagen bereits erfüllt worden wären und keinerlei sonstige Maßnahme mehr notwendig gewesen sei. Es liege zumindest ein Rechtsirrtum vor, der aufgrund der früheren Zusagen auch als Schuldausschließungsgrund anzuerkennen sei. Gegebenenfalls hätte auch eine Abmahnung genügt, um aufgrund der Unbescholtenheit des gewerberechtlichen Geschäftsführers diesen von weiteren Straftaten abzuhalten. Es werde daher der Berufungsantrag gestellt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und zumindest im Zweifel das Strafverfahren einzustellen.

4.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

4.2. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Da schon aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abbs. 1 VStG).

4.3. Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes in Verbindung mit den Berufungsausführungen geht der unabhängige Verwaltungssenat von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

In der Zeit vom 10.12.1994 bis 26.2.1995 wurde der von der GastronomiegesmbH geführte Gastgewerbebetrieb "S, in W, A, ohne gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben. Zu dieser Zeit war der Bw gewerberechtlicher Geschäftsführer der GastronomiegesmbH mit Sitz in Wels, A.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.3. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., zu § 32 E5 sowie E30 ff).

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet (Z1).

5.4. Diese Ausführungen bedeuten, daß die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten vorgeworfen werden müssen. Diesen Anforderungen haben im gegenständlichen Fall weder der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch die im Akt ersichtlichen Verfolgungshandlungen (Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren) entsprochen.

Aufgrund der diesbezüglichen (strengen) verwaltungsgerichtlichen Judikatur hätte die belangte Behörde jedenfalls dem Bw bereits in der ersten Verfolgungshandlung, spätestens aber im Straferkenntnis vorwerfen müssen, wodurch die Gastgewerbebetriebsanlage betrieben worden war. Dies wäre aufgrund der Anzeigen ohne weiters möglich gewesen, zumal sich daraus ergibt, daß im gegenständlichen Gastlokal immer mehrere Gäste anwesend waren und Getränke konsumierten. Weiters hätte es noch der Anführung der Betriebsart (Bar, Cafe, Gasthaus) bedurft und schließlich der Anführung jener Umstände, die die Genehmigungspflicht der Gastgewerbebetriebsanlagen begründen, insbesondere den Umstand, daß dadurch Nachbarn allenfalls durch den von dort ausgehenden Lärm beeinträchtigt werden können.

5.5. Aufgrund der mittlerweile diesbezüglich eingetretenen Verfolgungsverjährung war es auch dem unabhängigen Verwaltungssenat untersagt, eine entsprechende Spruchsanierung durchzuführen. Dies hatte zur Folge, daß das gegenständliche Straferkenntnis aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden mußte.

6. Die Aufhebung und Einstellung bewirkte auf der Kostenseite, daß der Bw keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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