Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221230/2/Schi/Ka

Linz, 30.05.1996

VwSen-221230/2/Schi/Ka Linz, am 30. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 3.4.1995, Ge96/285/1993, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung (GewO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch a) die verletzte Verwaltungsvorschrift iS des § 44a Z.2 VStG " § 74 Abs. 2 iVm § 366 Abs.1 Z. 2 GewO 1994" und b) die Strafnorm im Sinne des § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitungssatz iVm § 370 Abs. 2 GewO 1994" zu lauten haben.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 3.4.1995, Ge96/285/1993, wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 GewO 1973 eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) kostenpflichtig verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H GesmbH, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, daß diese Gesellschaft seit dem 1.7.1993 zumindest bis 18.10.1993 im Standort R, eine Gaststättenbetriebsanlage betrieben habe, obwohl für das Gasthaus zum "B" keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vorhanden war.

Die Genehmigungspflicht der Gaststättenbetriebsanlage ergebe sich daraus, daß durch den Gaststättenbetrieb infolge des von den Gästen erzeugten Lärms in der Betriebsanlage durch die Veranstaltung von Live-Musik im Kellerraum, durch den Betrieb der Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie durch die Fahrbewegungen der Fahrzeuge der Gäste auf dem Parkplatz vor der Gaststättenbetriebsanlage eine Belästigung von Nachbarn durch Lärm, Geruch bzw Staub bewirkt werden kann.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 28.4.1995 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, bzw von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

3.2. Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes in Verbindung mit der Berufung ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

3.2.1. Das verfahrensgegenständliche Gasthaus "B" in R besteht bereits seit längerer Zeit, zumindest aber seit dem Jahr 1964. Damals wurde dem seinerzeitigen Besitzer R B mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 23.7.1964, Zl.Ge-0603-1108 die gewerbebehördliche Genehmigung für den Neubau einer automatischen Kegelbahn im gegenständlichen Gasthaus in R erteilt. Für die Gaststättenbetriebsanlage wurde jedoch niemals eine gewerberechtliche Genehmigung erteilt.

3.2.2. Am 18.10.1993 wurde eine gewerberechtliche Überprüfungsverhandlung des Gasthauses "B" in R, Gemeinde P, durchgeführt. Als Vertreter der H GmbH war damals S H anwesend und gab an, daß das Gastlokal seit 1.2.1993 von der Halix GmbH betrieben wird. Bei der Besichtigung der Betriebsräumlichkeiten wurde festgestellt, daß neben den im Erdgeschoß vorhandenen Gasträumen nunmehr anstelle der ursprünglichen Kegelbahn im Keller ein Raum mit ca. 100 Verabreichungsplätzen eingerichtet wurde. In diesem Raum werden auch Veranstaltungen mit Live-Musik durchgeführt.

Seitens des Anlagenbetreibers wurde darauf hingewiesen, daß Probleme mit den Parkplätzen an Wochenenden auftreten; zu diesen Zeitpunkten reichten die vor dem Gasthaus befindlichen Parkplätze nicht aus, sodaß die Gäste ihre Fahrzeuge ua auch im Bereich der Zufahrt zur gegenüberliegenden Siedlung bzw teilweise auch auf der angrenzenden Wiese abgestellt würden.

3.2.3. Bereits mit Schreiben vom 27.7.1993 wurde seitens des Gemeindeamtes P an die H GmbH ein Schreiben gerichtet, in dem die Gesellschaft aufgefordert wurde, dafür zu sorgen, daß die Störung der Nachbarn durch Lärmbeeinträchtigung im Zusammenhang mit dem im Standort R , St. P ausgeübten Gastgewerbe eingestellt wird. Aufgrund dieses Schreibens hat auch die Gewerbebehörde (BH Braunau) mit Schreiben vom 19.8.1993 die H GmbH aufgefordert, ein Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage einzubringen. Am 26.7.1993 hat sich eine Anrainerin bzw Bewohnerin des Hauses R bei der Gewerbebehörde über eine unzumutbare Lärmbelästigung durch das Gasthaus B beschwert. Danach entstand die Lärmbelästigung dadurch, daß im Keller des Gasthauses eine Art Diskothek teilweise mit Live-Musik betrieben wird, wobei der Betrieb oft bis 5.00 Uhr oder 6.00 Uhr morgens stattfinde. Weiters fühlte sie sich auch durch den Lärm, verursacht durch zu- und abfahrende PKW, durch Zuschlagen von Autotüren etc. belästigt.

3.2.4. Aus dem Gewerberegister ergibt sich, daß der Bw vom 1.7.1993 bis 14.3.1994 gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. H HandelsgmbH war. Als Tatzeit im vorliegenden Fall für das genehmigungslose Betreiben der gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage wurde der Zeitraum von 1.7.1993 bis 18.10.1993 angenommen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z2), oder eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist (Z5).

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 370 Abs.2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

4.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung in § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 755 mit Nachweis).

4.3. Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter bestellen.

Es muß sich daher der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO 1994). Unter diesem Aspekt ist auch die Regelung des § 370 Abs.2 GewO 1994, wonach Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind, naheliegend bzw. logische Folge.

4.4. Gemäß § 1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (Abs.1). Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in 1. Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre (Abs.2).

4.5. Obwohl nun die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr.29/1973 zufolge Art.IV Abs.1 am 1.7.1993 in Kraft getreten ist, wobei die Wiederverlautbarung der GewO 1973 als Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 - mit 19.3.1994 in Wirksamkeit getreten ist, hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall unrichtigerweise die GewO 1973 angewendet; dazu kommt noch, daß der Beginn des Tatzeitraumes (1.7.1993) sogar mit dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 am 1.7.1993 zusammenfiel; weiters daß das angeführte Straferkenntnis (erst) mit 3.4.1995 geschöpft und mit 14.4.1995 durch Zustellung erlassen worden ist. Zu diesen Zeitpunkten war somit längst die Gewerberechtsnovelle 1992 in der Fassung der Wiederverlautbarung, somit als GewO 1994, in Kraft. Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher im Sinne des § 1 VStG und der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die gegenständlichen (allerdings zum Teil textgleichen) Bestimmungen der GewO 1994 anzuwenden bzw das angefochtene Straferkenntnis dahingehend entsprechend zu korrigieren.

5. Zu den Einwendungen des Bw:

5.1. Zunächst führt der Bw ausdrücklich an, es sei eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich, zumal das Gasthaus Zum Bergmann in Riedersbach 6 seit Jahrzehnten in dieser Form genutzt worden wäre, keine Änderung eingetreten sei, und eine Betriebsanlagengenehmigung von der Behörde nie verlangt worden wäre.

5.2. Dazu ist vorweg festzustellen, daß, wie oben unter Punkt 3.2.3. bereits ausgeführt wurde, die belangte Behörde ausdrücklich mit Schreiben vom 19.8.1993, Ge-0603-6352/La, die H GmbH aufgefordert hat, für die gegenständliche Gaststättenbetriebsanlage eine gewerberechtliche Genehmigung zu beantragen und die hiefür erforderlichen, im einzelnen angeführten, Unterlagen anzuschließen. Weiters wurde anläßlich der gewerberechtlichen Überprüfung am 18.10.1993 ebenfalls ausdrücklich auf die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage hingewiesen. Dem Bw mußte dies als gewerberechtlicher Geschäftsführer ebenfalls bekannt sein.

Sollte dies nicht der Fall sein, so muß er jedenfalls für die fahrlässige Unkenntnis dafür entsprechend einstehen (siehe unten Pkt. 6.2.).

5.3. Zum Berufungsvorbringen, daß der Gastgewerbebetrieb bereits seit "Jahrzehnten" in dieser Form genützt würde, ist folgendes zu bemerken:

5.3.1 Gemäß § 376 Z11 Abs.2 GewO 1994 bedürfen die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes errichteten Betriebsanlagen, die nach den bisher geltenden Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären, keiner Genehmigung gemäß § 74 Abs.2; zutreffendenfalls finden die §§ 79 und 81 leg.cit. sinngemäß Anwendung.

Die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 376 Z11 Abs.2 setzt voraus, daß eine Anlage, die - was nach der Aktenlage für das gegenständliche Gasthaus zutrifft - am 1.

August 1974 errichtet war, vor diesem Tag nach den Bestimmungen der GewO 1859 nicht genehmigungspflichtig war, hingegen mit diesem Tag am Maßstab der damals in Kraft getretenen Bestimmungen der GewO 1973 als genehmigungspflichtig zu qualifizieren gewesen wäre. Nur für solche Fälle schafft die Übergangsbestimmung eine Ausnahme, nicht aber auch für Betriebsanlagen, die am 1. August 1974 errichtet und bereits nach den Bestimmungen der GewO 1859 genehmigungspflichtig waren und die seit dem 1. August 1974 auch nach den Bestimmungen der GewO 1973 als genehmigungspflichtig zu qualifizieren sind (vgl.

Stolzlechner/Wendl/Zitta [Hrsg], Die gewerbliche Betriebsanlage, 2. A [1991], Rz 167 und die dort zit. Jud.

des VwGH).

5.3.2. Die gesetzliche Bestimmung, die die Genehmigungspflicht von Altanlagen normierte, war § 25 GewO 1859. Dieser § 25 war ähnlich konstruiert wie § 74 GewO 1973. Genehmigungspflicht lag demgemäß dann vor, wenn durch die von einer Betriebsanlage ausgehenden Auswirkungen die Nachbarschaft gefährdet bzw. belästigt werden konnte. Im Hinblick auf das in § 25 GewO 1859 enthaltene Wort "geeignet" war der tatsächliche Eintritt einer Gefährdung bzw. Belästigung jedoch nicht gefordert.

5.4. Im gegenständlichen Fall kann es dahingestellt bleiben, ob die gegenständliche Gastgewerbebetriebsanlage nach der GewO 1859 bzw. 1973 genehmigungspflichtig war, denn durch eine derartig gravierende Änderung, wie sie anläßlich des Lokalaugenscheines am 18.10.1993 festgestellt wurde, nämlich die Änderung der Nutzung der ehemaligen Kegelbahn im Keller als Raum mit ca. 100 Verabreichungsplätzen, wobei auch Veranstaltungen mit Live-Musik durchgeführt werden, wurde auf jeden Fall eine Genehmigungspflicht der gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage ausgelöst. Dies hat auch die belangte Behörde zutreffend im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgehoben, nämlich daß sich infolge des von den (zahlreichen) Gästen erzeugten Lärms der Betriebsanlage, durch die Veranstaltung von Live-Musik im Kellerraum, durch den Betrieb der Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie durch die Fahrbewegungen der Fahrzeuge der Gäste auf dem Parkplatz und vor der Gaststättenbetriebsanlage eine Belästigung von Nachbarn durch Lärm, Geruch bzw Staub erfolgt und daraus die Genehmigungspflicht resultiert. Daß diese Lärmbelästigung sogar tatsächlich eingetreten ist, haben die Anrainerbeschwerden und die Beschwerde des Gemeindeamtes St.

P erwiesen. Wie sich außerdem bereits aus dem Wortlaut des oben zitierten Einleitungssatzes des Paragraphen 74 Abs.2 GewO 1994 ergibt, begründet bereits die (bloße) grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, die in den Z1 bis Z5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht. Ob solche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen im konkreten Einzelfall tatsächlich von der Betriebsanlage ausgehen, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und, je nach dem Ergebnis dieser Prüfung - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung nach § 77 GewO 1994 zu erteilen oder zu versagen (VwGH vom 20.12.1994, Zl.94/04/0162). Im gegenständlichen Fall ist darüber hinaus durch die angeführten Beschwerden sogar erwiesen, daß die angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen auch tatsächlich stattgefunden haben. Es mußte daher der diesbezügliche Einwand des Bw als verfehlt zurückgewiesen werden.

5.5. Zur Behauptung des Bw, er habe ausdrücklich Anweisung erteilt, daß eine Führung des Betriebes nicht erfolgen dürfe, solange nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien und der Betrieb durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer deshalb nicht hätte geführt werden dürfen sowie zum Einwand, daß Umbauarbeiten, die allenfalls die Notwendigkeit (einer Bewilligung) ausgelöst haben mögen, dem Bw nie zur Kenntnis gebracht worden seien, ist folgendes zu sagen: Diese Behauptung zeigt, daß der Bw offenbar seine Verpflichtung als gewerberechtlicher Geschäftsführer der GesmbH völlig verkennt. Denn als solcher ist er jedenfalls im Sinne des § 9 Abs.1 VStG iVm § 370 Abs.2 GewO 1994 für sämtliche Vorgänge in seinem Betrieb verantwortlich (siehe unten Pkt. 6.1 und 6.2.).

5.6. Der Bw hat somit jedenfalls tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt.

6. Zur Schuldfrage:

6.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war.

Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl. 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Berufungswerber aber - wie gleich zu zeigen sein wird nicht erstattet.

6.2. Bei der dem Bw angelasteten Übertretung handelt es sich sohin um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG.

Dabei hat der Beschuldigte - wie eben ausgeführt - initiativ und in konkreter Form, dh durch konkretes Tatsachenvorbringen (vgl. VwGH 17.9.1985, Zl.84/04/0237) alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Es ist somit von der Vollständigkeit des Tatsachenvorbringens zum errichteten Kontrollsystem auszugehen. Nun hat aber der Bw ein derartiges Kontrollsystem nicht einmal behauptet, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß er entsprechende Anweisungen gegeben habe. Er ist hier darauf hinzuweisen, daß es nicht einmal ausreichen würde, ein Kontroll- und Informationssystem zu behaupten; vielmehr wäre der Bw in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer gehalten gewesen, unabhängig von den ihm zukommenden Informationen die ihm unterstellten Mitarbeiter auf die Einhaltung ihrer Informationspflicht zu kontrollieren.

Darüber hinaus hätte der Bw die aus Sicht des gewerberechtlichen Betriebsanlagenrechtes relevanten Geschehnisse von sich aus zu verfolgen gehabt und sich nicht nur mit ihm zukommenden Informationen (oder wie hier: nicht einmal Informationen erhalten zu haben) begnügen dürfen.

Denn die Effizienz eines Kontrollsystems wird nicht an der subjektiven Meinung des Bw oder der im Kontrollsystem eingebundenen Personen gemessen, sondern nach einem objektiven Maßstab. Daß aber der Bw sich überhaupt Informationen beschafft hat, hat er nicht einmal behauptet; schon überhaupt nicht hat er darauf hingewiesen, daß er jemals seine Anweisungen entsprechend kontrolliert hat (VwGH 27.2.1996, Zl.94/04/0214).

6.3. Insgesamt ergibt sich daher, daß der Bw auch schuldhaft, und zwar sogar grob fahrlässig gehandelt hat.

7. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

7.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

7.2. Das Verschulden kann nur geringfügig sein, wenn es sich um eine (leichte) Fahrlässigkeit handelt (aA Gaisbauer, Rechtslexikon; Helbling II, 190; Körner, ÖVBl 1933, 5; VwGH 19.11.1987, Zl.87/08/0251). Die Folgen sind zB dann als unbedeutend anzusehen, wenn Folgen nach dem Tatbestand gar nicht in Frage kommen (sogenannte Formaldelikte); wohl ist aber zu beachten, wenn ein bloßes Formaldelikt tatsächlich Folgen nach sich gezogen hat (Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rz.818).

7.3. Wie oben bereits mehrfach dargestellt wurde, hat die gegenständliche Verwaltungsübertretung sehr wohl Folgen nach sich gezogen, nämlich über eine lange Zeit wurde die Nachbarschaft der ggst. Gastgewerbebetriebsanlage schwerstens beeinträchtigt. Da außerdem bereits festgestellt wurde, daß im gegenständlichen Fall grobe Fahrlässigkeit des Bw vorliegt, kann ein Absehen von der Strafe keinesfalls zur Anwendung kommen.

8. Zur Strafbemessung:

8.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

8.2. Die Strafbemessung wurde von der belangten Behörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (bis 50.000 S) gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht als überhöht anzusehen. Dafür, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte, haben sich im Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergeben, zumal ohnedies eine - wie schon ausgeführt - im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe verhängt wurde. Es war daher auch im Hinblick auf die angebliche Einkommenslosigkeit des Bw die verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Im Hinblick auf die geschützten Interessen der Nachbarn waren aber für die Strafbemessung auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen; auch diesbezüglich dürfte die verhängte Geldstrafe gerade noch ausreichen.

9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 600 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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