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VwSen-221246/2/Gu/Atz

Linz, 30.06.1995

VwSen-221246/2/Gu/Atz Linz, am 30. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des H. P., ..............., ............, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Stadtmagistrates) von Innsbruck vom 12.5.1995, Zl. I-3478/95, wegen Übertretung der Gewerbeordnung sowie des Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetzes, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 29a VStG, § 45 Abs.1 Z1 2. Sachverhalt VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 286 Abs.2 GewO 1994, § 16 Arbeitsruhegesetz iVm § 2 Abs.1 Z1 lit.a Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck hat gegen den Rechtsmittelwerber ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"1. Sie haben am 11. und 12.3.95 den Handel mit Glas, Porzellan, Silber und Bildern in einer weiteren Betriebsstätte in .........., .............., gewerbsmäßig ausgeübt, ohne diese weitere Betriebsstätte von ..........., ............., der do. Gewerbebehörde i.S. des § 46 Abs.3 GewO ordnungsgem. angezeigt zu haben.

2. Sie haben am 12.3.95 (Sonntag) im Zuge der Ausübung der unter Pkt. 1 beschr. Tätigkeit die dafür erforderl.

Betriebsstätte in 4050 Traun, Neubauerstr. 11, entgegen den Best. des § 2 Abs.2 des Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetzes zw. 11.00 und 18.00 Uhr für den Kundenverkehr offengehalten und dadurch zu 1. eine Verwaltungsübertretung nach § 368 Z.1 Pkt. 10 GewO und zu 2. eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.2 Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1. und 2. je 1.000,-- je 24 Stunden § 368 (Einleitungssatz) GewO, § 4 Abs.1 BZG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 50 S angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.200,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen dargetan, daß ihm eine Woche vor der Tatzeit in Linz anläßlich einer geschäftlichen Verrichtung bekannt geworden sei, daß in der Zeit zwischen 11.3.1995 und 12.3.1995 eine Messe (Antiquitätenmarkt, Raritätenmesse) in Traun, Neubauerstraße 11, stattfinden soll, wodurch er sich kurzfristig entschlossen habe, ebenfalls dort teilzunehmen. Da ihm der Veranstalter bekannt war und auch von seinem Geschäftspartner empfohlen worden war, habe er auch keine Zweifel gehegt, daß der Veranstalter alle im Zusammenhang mit dieser Messe erforderlichen Genehmigungen besitze. Erst bei der Messe selbst habe er sich nach Beanstandung durch die Gendarmerie unverzüglich mit dem Veranstalter in Verbindung gesetzt und habe ihm dieser den Bescheid der Stadt Traun vom 22.2.1995, Zl. Z-1114-260/95, hinsichtlich der Genehmigung zur erwerbsmäßigen Durchführung der Veranstaltung "Antiquitätenverkauf" sowie das Schreiben des Stadtamtes Traun vom 22.2.1995 vorgewiesen, sodaß er keinen Zweifel hegte, daß er im Rahmen dieses Verkaufsmarktes sein Gewerbe ausüben habe dürfen. Dadurch hatte er auch keine Bedenken, das Gewerbe am anschließenden Sonntag auszuüben. Im Ergebnis begehrt der Rechtsmittelwerber wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Da bereits die Aktenlage eine Grundlage für die Entscheidung bildet, war von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Folgender Sachverhalt liegt zugrunde:

Am 11. und 12.3.1995 veranstaltete die Firma Bon Coeur, Inh.

Marina GAOUI im Volksheim in Traun, Neubauerstraße 11, einen Antiquitätenmarkt, wozu sie mehrere einschlägige Unternehmer bzw. Teilnehmer aus dem In- und Ausland einlud. Darunter befand sich auch Horst Hans PITTNER - der Beschuldigte - der Glas, Porzellan, Silberwaren und Bilder zum Verkauf anbot.

Der Beschuldigte besitzt im Standort Innsbruck, Salurner Straße 15, ein Handelsgewerbe gemäß § 126 Z14 GewO 1973 (idF der Gewerberechtsnovelle 1992).

Die Veranstalterin Marina GAOUI besaß von der Stadt Traun eine Bewilligung zur Durchführung "der Veranstaltung Antiquitätenverkauf". Aus einem Begleitschreiben des Stadtamtes Traun an die Bewilligungsinhaberin findet sich folgender Text:

"Geschätzte Frau Gaoui! Diese Bewilligung lautet auf Ihren Namen. Wenn Sie einen Gewerbeschein haben und die übrigen Aussteller im Rahmen Ihrer Veranstaltung verkaufen, sind keine anderen Unterlagen erforderlich. Sollten Sie jedoch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung sein, so haben alle Aussteller ihren Gewerbeschein mitzubringen und auf Verlangen der Behörde vorzuweisen." Der Beschuldigte wurde am 11. und am 12.3.1995 von Organen des GPK Traun beobachtet, als er die vorerwähnten Gegenstände zur Besichtigung und zum Verkauf anbot.

Die darauf erstattete Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde von dieser gemäß § 29a VStG zur Durchführung eines Strafverfahrens an den Magistrat Innsbruck abgetreten.

Zu bemerken ist, daß der Beschuldigte wohl in Innsbruck einen Standort für das Handelsgewerbe besitzt; sein Wohnsitz ist jedoch in Thaur, Dörferstraße 34, gelegen.

Abgesehen davon, daß die Abtretung eines Verfahrens nur an die Behörde des Wohnsitzes oder Aufenthaltes - worunter gemeinhin auch bei letzterem Begriff ein Anknüpfungspunkt mit einer Unterkunft verstanden wird - und somit das Verwaltungsstrafverfahren von einer unzuständigen Behörde durchgeführt wurde, ergaben sich noch folgende rechtliche Überlegungen:

Die Stadtgemeinde Traun hat auf einem Formular nach dem O.ö.

Veranstaltungsgesetz aufgrund des Wortes Antiquitätenverkauf und den Text des Begleitschreibens im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches offensichtlich unter Bedachtnahme auf § 286 Abs.2 GewO 1994 einen Gelegenheitsmarkt bewilligt.

Eine solche Kompetenz gelangte erst mit Wirksamwerden der Gewerberechtsnovelle 1992 in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Früher war für die Verleihung eines Marktrechtes der Landeshauptmann und für die Bewilligung eines Gelegenheitsmarktes die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

Das Recht, einen Gelegenheitsmarkt abzuhalten, war nur für eine Gemeinde als Trägerin zulässig. Durch die Neufassung der Bestimmungen über die Märkte und durch den Entfall der Regelung, daß um einen Gelegenheitsmarkt eine Gemeinde anzusuchen hat, kann aus dem System, daß ein Marktrecht von der Gemeinde zu verordnen ist, ein Gelegenheitsmarkt jedoch von der Gemeinde zu bewilligen ist, als Träger des Gelegenheitsmarktes auch eine andere natürliche oder juristische Person in Frage kommen.

Gegenteiliges geht aus den Gesetzesmaterialien nicht hervor.

Wenngleich die äußere Erscheinungsform der Bewilligung offensichtlich aufgrund der geringen Erfahrung mit dem Gewerberecht unzulänglich zum Ausdruck gebracht wurde, so kann an dem wahren Gehalt und dem Bescheidwillen hiefür kein Zweifel bestehen.

Wenn daher der Beschuldigte an dem Gelegenheitsmarkt teilnahm und dabei den Gewerbeschein mitführte, war sein Verhalten rechtens und bedurfte es keiner Anzeige einer weiteren Betriebsstätte (vergl. § 326 Abs.3 GewO 1973).

Handelte es sich aber, wie festgestellt, um einen Markt bzw.

um eine marktähnliche Veranstaltung, so hätte der Gewerbeinhaber gemäß § 16 des Arbeitsruhegesetzes auch zu Zeiten der Wochenend- und Feiertagsruhe Arbeitnehmer beschäftigen dürfen.

Aufgrund des Verweises des § 2 Abs.1 Z1 lit.a Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz auf die arbeitsrechtlichen Vorschriften war die Ausübung der Tätigkeit am Sonntag kraft gesetzlicher Ausnahmeregelung zulässig.

Aus all diesen Gründen war nicht nur das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, sondern es war auch gleichzeitig - um weiteren Verfahrensaufwand zu vermeiden - die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

Der Erfolg der Berufung befreite den Rechtsmittelwerber von Verfahrenskostenbeiträgen für das Berufungsverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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