Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221259/2/Schi/Ka

Linz, 04.06.1996

VwSen-221259/2/Schi/Ka Linz, am 4. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des W S bzw. vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M D und Dr. G S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 28.6.1995, Ge96-146-1994, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis vom 28.6.1995, Ge96-146-1994, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Rücküberweisung der bezahlten Geldstrafbeträge wird wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Berufungswerber hat keinerlei Strafkostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z.1, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 66 Abs. 4 AVG, 64 Abs.1 AVG iVm 24 VStG sowie 52a und 54b VStG; 1 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz - VVG; zu III: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis vom 28.6.1995, Ge96-146-1994, wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 2.9.1986, Ge-0603-4925, eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt, weil der Bw entgegen Auflagepunkt 2 des Bescheides der BH Braunau vom 2.9.1986, Ge-0603-4925, worin die Tragfähigkeit der Decken über dem Erdgeschoß durch einen Zivilingenieur für Bauwesen oder durch einen befugten Baugewerbetreibenden überprüft werden mußte und die Bestätigung hierüber der Gewerbebehörde zur Einsichtnahme vorzulegen war, wobei der Bw diese bis zumindest 22.6.1995 der Gewerbebehörde nicht vorgelegt hat und somit die genannte Auflage des Genehmigungsbescheides vom 2.9.1986 ab 4.5.1994 bis zumindest 22.6.1995 nicht eingehalten hat.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 7.7.1995 rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt, den angefochtenen Bescheid infolge Rechtswidrigkeit aufzuheben, da die Bescheidauflage 2 rechtswidrig sei.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 17.7.1995 hat der Bw den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30.6.1995, Ge-441673/1-1995/Sch/Th, vorgelegt und darauf hingewiesen, daß darin ausdrücklich die diesbezügliche Auflage im Genehmigungsbescheid behoben worden war, zumal sie rechtswidrig gewesen ist.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet (Z1).

Mit dem (vom Bw im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten) Bescheid vom 30.6.1995, Ge-441673/1-1995/Sch/Th hat der Landeshauptmann von Oberösterreich in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 68 Abs.2 AVG den Auflagepunkt 2 des Genehmigungsbescheides vom 2.9.1986, Ge-0603-4925 der BH Braunau behoben. Begründend wurde ausgeführt, daß die Auflage im Punkt 2 des angeführten Bescheides eindeutig bautechnischen Inhaltes ist. Zur Wahrnehmung der Tragfähigkeit und Statik von Gebäuden oder Gebäudeteilen ist die Baubehörde und nicht die Gewerbebehörde zuständig.

Mangels Zuständigkeit der Gewerbebehörde - die Auflage dient nicht zur Wahrnehmung der Interessen nach § 74 Abs.2 GewO wird daher der Auflagepunkt 2 des Genehmigungsbescheides behoben.

4.2. Es hat daher die zuständige Behörde, nämlich der Landeshauptmann von Oberösterreich, mit dem angeführten Berufungsbescheid rechtskräftig ausgesprochen, daß die Auflage im Punkt 2 des Genehmigungsbescheides vom 2.9.1986, Ge-0603-4925, eindeutig rechtswidrig war; somit bildete die dem Bw zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung, weshalb der Berufung Folge zu geben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

5.1. Hingegen mußte der "Antrag auf Rücküberweisung der vom Bw bezahlten Geldstrafbeträge" als unzulässig zurückgewiesen werden, zumal hiefür dem O.ö. Verwaltungssenat keinerlei Zuständigkeit zukommt. Im übrigen ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt überhaupt nicht erkennbar, ob der Bw den diesbezüglichen Strafbetrag (7.000 S) samt Verfahrenskostenbeitrag (700 S) bezahlt hat, zumal einer rechtzeitigen Berufung ex lege (§ 64 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG) aufschiebende Wirkung zukommt und somit bis zur Entscheidung über die Berufung keinerlei Geldstrafe oder Verfahrenskostenbeitrag zu bezahlen sind. Dies ergibt sich auch aus dem Hinweis der Zahlungsfristen im angefochtenen Straferkenntnis ("Wenn Sie keine Berufung erheben, ist der Bescheid sofort vollstreckbar"). Jedenfalls ist der Bw hinsichtlich eines allenfalls bereits bezahlten Strafbetrages einschließlich Verfahrenskostenbeitrages an die belangte Behörde zu verweisen.

5.2. Zur Anregung, wonach der O.ö. Verwaltungssenat in Anwendung der "§§ 24 VStG iVm 68 AVG" die in der Vergangenheit erlassenen Straferkenntnisse aufheben sollte (gemeint ist wohl das in der gleichen Sache ergangene Straferkenntnis vom 30.3.1994) ist der Bw auf § 52a VStG (amtswegige Aufhebung rechtskräftiger Bescheide) zu verweisen. Danach kann von Amts wegen ein rechtskräftiger erstinstanzlicher Bescheid, durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden ist, von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben und abgeändert werden. Das gleiche steht den unabhängigen Verwaltungssenaten für die von ihnen erlassenen rechtskräftigen Erkenntnisse zu. Auf die Ausübung dieses Rechtes hat niemand einen Anspruch.

5.3. Wie sich aus diesen Bestimmungen ergibt, ist hiefür wiederum ausschließlich die belangte Behörde zuständig, zumal gegen das Straferkenntnis vom 30.3.1994 keine Berufung erhoben worden war und somit auch kein rechtskräftiges Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vorliegt; weiters dem unabhängigen Verwaltungssenat die Stellung einer sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde im Verhältnis zur belangten Behörde nicht zukommt.

6. Die Aufhebung und Einstellung bewirkte auf der Kostenseite, daß der Bw keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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