Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221323/9/Le/La

Linz, 09.10.1996

VwSen-221323/9/Le/La Linz, am 9. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des H K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 9.1.1996, GZ 502-32/Sta/13/95u, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24,45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 9.1.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) iVm Auflagenpunkt 2. eines näher bezeichneten Bescheides des Magistrates Linz, sowie des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO Geldstrafen in der Höhe von elfmal 1.000 S sowie einmal 3.000 S verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im ersten Spruchabschnitt wurde ihm vorgeworfen, im Lokal "Vanilli" zu näher bestimmten Zeiten die Musikanlage über das genehmigte Ausmaß hinaus in einer solchen Lautstärke betrieben zu haben, daß der Musiklärm sowie die entstehenden Vibrationen überlaut vernehmbar bzw. körperlich spürbar waren, sohin die (im einzelnen zitierte) Auflage Nr. 2 des (näher bezeichneten) Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht eingehalten zu haben.

Im zweiten Spruchabschnitt wurde ihm vorgeworfen, ohne rechtskräftiger Betriebsanlagengenehmigung die Leergebindemanipulationen zeitlich ausgeweitet zu haben, indem am 21.12.1994 um ca. 22.55 Uhr eine mit einem weißen T-Shirt bekleidete Person Leergebinde zertrümmert und somit damit manipuliert hätte.

Diese Übertretungen wurden dem Bw als gewerberechtlichen Geschäftsführer angelastet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 23.1.1996, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu führte der Bw aus, die angeführten Übertretungen nicht begangen zu haben und ersuchte um Einvernahme von drei namentlich bezeichneten Personen als Zeugen.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der O.ö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der die Erstbehörde sowie der Berufungswerber teilnahmen und bei der die vom Bw beantragten Zeugen vernommen wurden. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde von der Ladung der jeweiligen Anzeiger L L, S S und A P Abstand genommen, doch wurden deren vor der Erstbehörde abgegebenen Zeugenaussagen in der Verhandlung verlesen.

3.2. Demnach steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der von der Erstbehörde festgestellte und im angefochtenen Straferkenntnis dargestellte Sachverhalt, wonach es der Bw zu verantworten habe, daß 1. zu den im Spruchabschnitt 1. angeführten Zeiten die Musikanlage entgegen der Auflage 2. des gültigen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides mit überhöhter Lautstärke betrieben worden sei, wurde durch die zeugenschaftlichen Aussagen der Anrainer L L, S S und A P bestätigt. Überdies ergab eine Kontrolle der Musikanlage durch Organe des Magistrates Linz am 18.5.1995, daß an dem Mikrophon, welches den Leistungsbegrenzer ansteuert, ein versteckter Schalter angebracht gewesen war, durch den es technisch möglich war, den Leistungsbegrenzer außer Funktion zu setzen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat konnten die vom Bw namhaft gemachten Zeugen diese konkreten Zeugenaussagen der Anzeiger nicht entkräften, zumal sich die Entlastungszeugen an die einzelnen Vorfälle nicht mehr genau erinnern konnten und lediglich allgemein gehaltene Aussagen über übliche Betriebsvorgänge und übliche Verhaltensweisen geben konnten.

Hinsichtlich des Vorwurfes, daß das Lied "Last Christmas" am 23.12.1994 um 22.10 Uhr so laut abgespielt worden wäre, daß es im Nachbargebäude Hofgasse 10 im vierten Geschoß in der Wohnung des A P noch deutlich zu hören war, gab die Zeugin S H an, daß dies nicht richtig sei. Sie beginne täglich erst um 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr mit dem Auflegen der Platten und wäre um 22.10 Uhr an diesem Tage daher nur ein sehr geringer Betrieb im Lokal gewesen.

Die übrigen Zeugen konnten sich an diesen Tatvorwurf nur erinnern, weil nach der Polizeianzeige davon in der Firma gesprochen worden war, konnten aber selbst nicht ausschließen, daß dieses Lied so laut gespielt worden war.

Der Zeuge Pletz, dessen Aussage vom 21.11.1995 vor der Erstbehörde in der mündlichen Verhandlung des unabhängigen Verwaltungssenates verlesen wurde, hatte angegeben, sicher zu sein, daß der Lärm aus dem "Vanilli" gekommen war, da er auf Grund früherer Erfahrungen Lärm aus dem "Vanilli" eindeutig von dem Musiklärm aus den Lokalen "Schrebers" und "Asfalt" unterscheiden konnte.

Auch hinsichtlich der überhöhten Lautstärke an den weiteren Tattagen ist davon auszugehen, daß sie durch die Anzeiger, die ihre Angaben vor der Erstbehörde als Zeugen förmlich bestätigt und auch ausgeführt haben, warum sie den Musiklärm eindeutig dem Lokal "Vanilli" und nicht den beiden anderen Lokalen "Schrebers" und "Asfalt" zugeordnet haben, begründet ist. Am 11.1.1995 wurde dies auch durch polizeiliche Wahrnehmungen bestätigt (siehe Anzeige vom 12.1.1995).

3.3. Zum Tatvorwurf des Manipulierens mit Leergebinden im Hinterhof des "Vanilli" haben die drei Entlastungszeugen des Bw angegeben, daß sie den strikten Auftrag vom Bw hätten, nach 21.00 Uhr nicht mehr in den Hinterhof zu gehen. Sie räumten allerdings ein, daß die Möglichkeit dazu bestehen würde, weil diese Tür als Notausgang immer offen sein müsse.

Zudem bestätigten sowohl der Bw als auch die Zeugen H und K, daß zu dieser Zeit weiße Kellnerschürzen und schwarze Hemden zu ihrer Berufskleidung gehört hätten. Lediglich der Zeuge Probst sprach von einer schwarzen Kellnerschürze zu dieser Zeit, was aber doch ein Irrtum dieses Zeugen sein dürfte.

Fest steht aber, daß Herr L L in seiner Anzeige vom 22.12.1994 betreffend den Vorfall vom 21.12.1994 angegeben hatte, daß jemand, der mit einem weißen T-Shirt bekleidet war, Leergebinde zertrümmere und dadurch Lärm erzeugt werde.

Diese Angaben wurden laut Polizeiprotokoll auch von einer Frau H bestätigt, die um dieselbe Zeit im Wachzimmer anrief.

Erst in der Zeugenaussage vom 21.11.1995 sprach Herr L davon, daß die Person entweder mit einer weißen Schürze oder einem weißen T-Shirt bekleidet gewesen sei und lautstark in belästigender Weise mit Leergebinde manipuliert hätte und dabei auch Kisten mit leeren Flaschen in den Hinterhof geworfen worden seien, wobei einige Flaschen hinausgefallen und zu Bruch gegangen wären.

In diesem Tatvorwurf divergieren Anzeige und Zeugenaussage in zwei wesentlichen Punkten, nämlich hinsichtlich der Bekleidung und hinsichtlich der Manipulationsvorgänge so wesentlich, daß die Verantwortung des Bw, daß es sich um eine betriebsfremde Person gehandelt haben könnte, durch das Beweisergebnis nicht widerlegt ist.

3.4. Festgestellt wird, daß eine schalltechnische Messung des Musiklärms im "Vanilli" zu den vorgeworfenen Tatzeiten mit einem technischen Schallpegelmeßgerät nicht erfolgt ist.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 367 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer 25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Im Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 25.2.1993, GZ 501/W-7003/90c, war der F W Gastronomie Ges.m.b.H. & Co KG, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Lokal "V" der Bw ist, für das Gastlokal in der Hofgasse 8 unter anderem folgende Auflage vorgeschrieben worden:

"2) Die Musikanlage ist mit einem elektronischen Leistungsbegrenzer auszustatten, der derart eingestellt sein muß, daß bei Vollbetrieb der Musikanlage ein A-bewerteter Innenraumpegel von 85 dB in allen Räumen des leeren Lokales (ohne die Anwesenheit von Gästen) nicht überschritten wird." Zur Überprüfung der Einstellung dieses Leistungsbegrenzers bzw. zur Feststellung, daß der Innenraumpegel von 85 dB in allen Räumen des leeren Lokales überschritten wurde, hätte die Behörde daher entsprechende Messungen mit einem hiefür geeigneten technischen Gerät durchführen müssen, was sie hinsichtlich der vorgeworfenen Tatzeitpunkte jedoch nicht getan hat. Anzeigen von Nachbarn wegen Ruhestörung durch zu lautes Abspielen von Musik können jedoch nicht beweisen, daß tatsächlich die Auflage Nr. 2. des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht eingehalten wurde, da das subjektive Empfinden von Nachbarn eine Schallpegelmessung im Lokal selbst nicht ersetzen kann.

Nachbarn können zwar das Abspielen von Musik subjektiv als zu laut empfinden, sie können jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Überschreitung eines ziffernmäßig bestimmten Grenzwertes des Schallpegels im Innenraum eines Lokales objektiv feststellen.

Damit ist aber der Tatvorwurf, daß gegen die Auflage Nr. 2.

des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides verstoßen wurde, nicht durch ausreichende Beweisergebnisse gesichert, weshalb die angelastete Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Gewißheit bewiesen ist.

4.3. Auch die unter Spruchabschnitt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Verwaltungsübertretung konnte, wie schon oben unter 3.3. ausgeführt, nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren nötigen Sicherheit nachgewiesen werden.

Es ist durch das Beweisverfahren erwiesen, daß die Kellner des Lokales "Vanilli" zur vorgeworfenen Tatzeit keine weißen T-Shirts trugen (wie dies sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.1995 als auch im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wurde), sondern schwarze Hemden, und daß andere Mitarbeiter, insbesonders Reinigungspersonal, um diese Zeit nicht im Lokal sind, sodaß die durchaus plausibel klingende Verantwortung des Bw, daß es sich hiebei um einen Fremden gehandelt haben dürfte, der etwa durch die immer unversperrte Notausgangstür in den Hinterhof gelangt ist, nicht widerlegt werden konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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