Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221333/2/Le/Fb

Linz, 06.12.1996

VwSen-221333/2/Le/Fb Linz, am 6. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 13.2.1996, Ge96-105-1995-Fr/Gut, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 13.2.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, "in der Nacht zum 31.8., 8.9., 9.9., 16.9., 17.9., 23.9.1995 sowie am 5. und 12.11.1995 ab 21.00 Uhr" in seinem Gastgewerbebetrieb (Betriebsart "Gasthaus") in D, in dem im 1. Stock gelegenen und als Veranstaltungssaal gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlagenteil eine Diskothekenanlage betrieben zu haben, welche aufgrund ihrer Betriebsweise geeignet sei, die Nachbarn durch Lärm zu beeinträchtigen. Dies sei bereits gewerbebehördlich aufgrund von Nachbarbeschwerden sowie durch Erhebungen festgestellt worden und laufe auch ein diesbezügliches Genehmigungsverfahren iSd § 81 Abs.1 GewO.

Der Beschuldigte hätte daher eine genehmigungspflichtige Änderung einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage vorgenommen bzw. die geänderte Anlage betrieben, obwohl er hiefür keine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung erlangt hätte.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der im Spruch bezeichnete Sachverhalt im Zuge von Amtshandlungen an Ort und Stelle durch Organe der Gendarmerie festgestellt worden sei. Diese Änderung hätte zumindest in den verfahrensgegenständlich relevanten Zeiträumen dazu geführt, daß die Nachbarn in ihrer Nachtruhe gestört wurden bzw. die geschützten Interessen der angrenzenden Nachbarn wesentlich beeinträchtigt wurden.

Zur Rechtfertigung des Beschuldigten, wonach der Veranstaltungssaal bereits 1979 gewerbebehördlich genehmigt worden sei und bei entsprechender Einstellung des Limiters gemäß Auflage Punkt I.2. des Bescheides vom 5.2.1979 das Abspielen von Oldies-Platten im Veranstaltungssaal somit konsensgemäß wäre, stellte die Erstbehörde fest, daß weder im Projekt noch im Zuge des durchgeführten Verfahrens im Jahr 1979 vom Einbau bzw. Betrieb einer Musikanlage in diesem Veranstaltungssaal die Rede gewesen wäre, weshalb dafür auch keine Genehmigung erteilt werden konnte. Obwohl der Beschuldigte zwischenzeitlich um eine diesbezügliche Änderung zum Einbau einer Musikanlage mit Verstärkern im bestehenden Veranstaltungssaal angesucht habe, sei die Betriebsanlagengenehmigung bezüglich des Betriebsanlagenteiles "Veranstaltungssaal im Obergeschoß" nach wie vor auf der Basis des Bescheides vom 5.2.1979 rechtsgültig. Die Tatsache, daß der Beschuldigte aufgrund von Nachbarbeschwerden nunmehr um den Einbau einer Musikanlage im Veranstaltungssaal angesucht hätte, widerlege seine Behauptung, daß die Tatbestandsvoraussetzung einer Änderung nicht vorliege. Das Erfordernis der Wahrung der in § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Interessen habe der Beschuldigte sogar selbst respektiert, da er sonst nicht um die Genehmigung zum Einbau einer Musikanlage mit Verstärkern angesucht hätte.

Daß der Beschuldigte den Veranstaltungssaal in der genehmigungspflichtigen geänderten Form betrieben hätte, stehe außer Zweifel und wäre von ihm auch nie in Abrede gestellt worden.

Nach den Umständen der Tat wäre eine vorsätzliche, zumindest grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen, weshalb das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden könne.

Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 23.2.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu wurde ausgeführt, daß der Saal im Obergeschoß durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 5.2.1979 als Veranstaltungssaal genehmigt sei.

Punkt I.2. des Spruches läge die Lärmaussendung des gesamten Betriebes und sohin auch des Saales im Obergeschoß zur Nachtzeit mit maximal 40 dB(A) fest. Von dieser Auslegung des Bescheides sei auch der Verhandlungsleiter im Verfahren Ge-20-03-1995 (Protokoll vom 1.6.1995, Seite 8f) ausgegangen, wo zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes dem Einschreiter folgendes aufgetragen worden sei:

"hinsichtlich der Verstärkeranlage im ersten Obergeschoß (Gasthofbereich) ist die Einstellung des Limiters gemäß Auflage Punkt I.2. des Bescheides vom 5.2.1979, zu Ge-147-1978, so vorzunehmen, daß in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr ein maximaler Lärmpegel von 40 dB(A), gemessen beim Nachbarobjekt R, nicht überschritten wird." Es hätte sich daher bei diesem Saal zu keinem Zeitpunkt um einen Speisesaal gehandelt, sondern wurde dieser bereits 1979 als Veranstaltungs- bzw Tanzsaal genehmigt. Tatsächlich wurde der Saal seither für verschiedenste Veranstaltungen genutzt, wobei immer Musik, entweder von einer Kapelle mit entsprechender Verstärkeranlage oder von Tonträgern gespielt wurde.

Zu den im Bescheid festgestellten Tatzeitpunkten handelte es sich um Veranstaltungen, bei denen Oldies-Platten gespielt wurden. Erhebungen, welche technischen Geräte hiezu verwendet wurden, fehlen im Straferkenntnis ebenso wie Ausführungen, worin die Behörde eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage zu erkennen glaubt.

Wenn die erkennende Behörde ausführt, daß der Umstand, daß der Bw selbst um die Genehmigung der Änderung angesucht habe, deren Genehmigungspflicht dokumentiere, so vermische sie die Prüfung des Vorliegens einer Änderung der genehmigten Anlage mit der Frage der Genehmigungspflicht einer Änderung der genehmigten Anlage. Der Einschreiter hätte, unsicher durch ständige Nachbaranzeigen, übereifrig und ohne entsprechende Rechtsberatung im Zweifel mögliche Änderungen in seinem Betrieb angezeigt und nur deshalb um die Bewilligung angesucht, um zu beweisen, daß er bemüht sei, sich ja keiner Unkorrektheit schuldig zu machen. Dies habe jedoch keinen Einfluß auf die von Amts wegen zu prüfende Frage des Vorliegens einer Genehmigungspflicht.

Sodann verweist der Bw auf die Anzeigen der Gendarmeriebeamten, in denen lediglich einmal festgestellt worden sei, daß die im ersten Obergeschoß gespielte Musik bis zum Haus des Anzeigers deutlich zu hören gewesen wäre.

Schließlich wurde gerügt, daß hinsichtlich der vorgeworfenen vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Handlungsweise keine Ermittlungen der Behörde aktenkundig wären.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 366 Abs.1 Z3 GewO bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, begeht, wer 3. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

§ 81 Abs.1 GewO bestimmt, daß auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung erfaßt § 366 Abs.1 Z3 GewO mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage, durch die sich die im § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen ergeben können (VwGH 17.2.1987, 85/04/0191; 7.9.1988, 88/18/0031).

Die Genehmigungspflicht einer Änderung einer bereits genehmigten Betriebsanlage muß bei Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO von der Behörde erwiesen werden.

Im vorliegenden Fall ist dies der Erstbehörde jedoch nicht gelungen: Sie bezieht sich in der Begründung zu ihrem Straferkenntnis auf Anzeigen der Gendarmerie, in denen aber überwiegend festgestellt worden war, daß eine Lärmbelästigung eben nicht festgestellt wurde (siehe hiezu die Anzeigen vom 2.9., 11.9., 7.11., und 15.11.; in den Anzeigen vom 15. und 25.9.1995 wurden dazu überhaupt keine Angaben gemacht; lediglich bei der Anzeige vom 19.9. über die Kontrolle am 16.9.1995 wurde festgestellt, daß die Musik bis zum Haus des Anzeigers deutlich zu hören gewesen war.

Damit wurde jedoch nicht erwiesen, daß diese Musikanlage genehmigungspflichtig ist.

Die Erstbehörde hat auch keine Ermittlungen dahingehend angestellt, obwohl dies bereits in der Stellungnahme zur Aufforderung zur Rechtfertigung vorgebracht worden ist, in welcher Weise die nunmehr installierte Musikanlage vom bisherigen Konsens in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen sei. Es ist aktenkundig, daß bereits mit Bescheid vom 5.2.1979 unter anderem der verfahrensgegenständliche Saal im ersten Obergeschoß des Gasthauses als "Veranstaltungssaal" genehmigt wurde und hinsichtlich der Gesamtanlage eine Lärmbegrenzung, bezogen auf das Nachbarobjekt R, im Wege einer Auflage vorgeschrieben wurde. Die Behörde hat es unterlassen, zu ermitteln bzw. in der Begründung des Straferkenntnisses deutlich darzulegen, worin nun - in bezug auf die durch § 74 Abs.2 GewO geschützten Nachbarinteressen - eine genehmigungspflichtige Änderung durchgeführt worden ist.

4.3. Ein weiterer Verfahrensmangel ist die aktenwidrige Feststellung der Tatzeiten:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Bw zur Last gelegt, die inkriminierte Handlung "in der Nacht zum 31.8., 8.9., 9.9., 16.9., 17.9., 23.9." begangen zu haben.

Die Formulierung "in der Nacht zum ..." bedeutet nach dem allgemeinen Wortsinn, daß es sich hiebei um jene Nacht handelt, die dem angegebenen Datum vorangeht. Die Formulierung "in der Nacht zum 31.8." bezeichnet sohin die Abend- und Nachtstunden des 30.8. bis 24.00 Uhr dieses Tages.

Tatsächlich wurde jedoch für 30.8.1995 keine Übertretung angezeigt und wurde an diesem Tag von der Gendarmerie auch nichts wahrgenommen. Die diesbezügliche Anzeige des Gendarmeriepostens vom 2.9.1995 bezog sich denn auch eindeutig auf den 31. August 1995, wo um 22.30 Uhr die Gendarmeriebeamten vor dem Betrieb des Bw eintrafen und dort feststellten, daß Disko-Musik gespielt wurde.

Ebenso ist auch in der Anzeige des Gendarmeriepostens vom 11.9.1995 eindeutig davon die Rede, daß am 8.9.1995 um 21.50 Uhr die Gendarmeriebeamten beim Betrieb des Bw eintrafen (und nicht schon am 7.9.1995).

In der Anzeige des Gendarmeriepostens vom 15.9.1995 wurde der Betrieb am 9.9.1995 um 22.45 Uhr von der Gendarmerie überprüft.

Ebenso verhielt es sich für die Tattage 16.9. und 23.9.1995.

Es ist daher nach der Formulierung des Straferkenntnisses davon auszugehen, daß jeweils die Tage vor den angegebenen Daten die vorgeworfenen Tattage sind. Dies stimmt jedoch mit den Erhebungen der Gendarmerie nicht überein.

Lediglich hinsichtlich des 5. November 1995 stimmen die Anzeige und das Straferkenntnis überein. Für 12.11.1995 gibt es keine Gendarmerieanzeige, zumal die Anzeige des Gendarmeriepostens Pabneukirchen vom 15. November 1995 sich auf den 11. November 1995 bezogen hatte.

Damit ist festzustellen, daß dem Bw im gegenständlichen Straferkenntnis unrichtige Tatzeiten vorgehalten wurden, was jedoch, weil außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.1 VStG liegend, vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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